Ruhrpilot

NRW: Krafts Regierungserklärung…Der Westen

NRW II: Der langsame Abschied von den Studiengebühren…Welt

NRW III: Loveparade-Ausschuss darf Polizeiakten nicht sehen…Der Westen

CDU: Lammert zweifelt an längeren Laufzeiten…Welt

Pop: Ratinger Hof…Spiegel

Dortmund: Weiterer PCB-Verursacher im Hafen…Ruhr Nachrichten

Bochum: IHK – Diegel  folgt auf Neinhaus…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Bochum feiert weiter…Der Westen

Medien: Netzwerk Recherche kritisiert Strategiepapier der Atom-Lobby…Zoom

Internet: 10 Thesen zu Wikileaks…Netzpolitik

TV: Ska-Paket mit Macken…Pottblog

Pro NRW buhlt um Politically Incorrect

Lange Zeit hatte man den Eindruck Pro NRW und das Blog Politically Incorrect (PI) seien gleichgeschaltet: Das rechtspopulistische Blog berichtete wohlwollend über die rechtspopulistische Kleinpartei von Markus Beisicht und tat so, als ob es eine ernstzunehmende Partei sei.

Doch damit ist es vorbei. Pro NRW fühlt sich von PI ungerecht behandelt. In einem offenen Brief an den PI Gründer Stefan Herre schlägt die Pro Köln Fraktionsvorsitzende Judith Wolter den gewohnt weinerlichen Pro NRW Ton an:

Wie Du weißt, hat ein großer Anteil der Leserschaft von PI bei den letzten Wahlen pro NRW gewählt oder hat unsere Bürgerbewegung unterstützt. Jetzt ist aber jeder konstruktive Dialog zwischen der veröffentlichten Meinung bei PI und pro NRW bzw. pro Köln abgebrochen. Ja, es ist für uns bitter, das wir dies feststellen müssen: Es gibt auch bei PI mittlerweile einen Unterschied zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung. Das allein wäre schon Anlass genug zur Sorge. PI hat in seiner Berichterstattung die Arbeit der Pro-Bewegung unter die allseits bekannte Schweigespirale gelegt, und wir möchten Dich öffentlich fragen, warum?

Der Grund für die Sorge ist die Gründung der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ in Berlin durch die CDU Politiker René Stadtkewitz und Marc Doll sowie den ehemaligen Piraten-Funktionär Aaron Koenig.  PI hatte wohlwollend über die Gründung berichtet. PI-Gründer Herre wohl Kontakt zu Stadtkewitz. Stadtkewitzs Partei hat gegenüber Pro NRW und Pro Deutschland bislang einen großen Vorteil: Die Führungskräfte sind zwar stramm rechtspopulistisch, haben aber, im Gegensatz zur Pro NRW-Führung, bislang keine ehemaligen Nazis in ihren Reihen. Bei Pro NRW hingegen tummeln sich ehemalige Funktionäre der NPD, der Republikaner und anderer rechtsradikaler Gruppen. Pro NRW wird in NRW auch vom Verfassungsschutz beobachtet – alles Hindernisse für einen Erfolg der Partei in bürgerliche Kreise  hinein.

Die Freiheit hat solche Probleme bislang nicht. Aber man kann davon ausgehen, dass dies nicht mehr lange so sein wird. Die Gründung einer rechtspopulistischen Partei in Deutschland wird aktive und ehemalige Nazis anziehen. Vor allem die Aussicht auf Mandate und die damit verbundenen Gelder dürfte so machen der regelmäßigen Erwerbsarbeit entwöhnten Rechten anziehen.

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Stream zur Diskussion „Kulturhauptstadt2010 – Chance genutzt?“

Am vergangenen Freitag fand im Forum  Kunst und Architektur eine Diskussionsveranstaltung darüber statt, wie die  Kulturhauptstadt ihre Chancen genutzt hat.

Veranstalter der Diskussion war der unprojekte e.v. Mit dabei waren Bernd Fesel stellv. Direktor European Center for Creative Economy(ecce); Berater Ruhr.2010 GmbH, Jan-Paul Laarmann Herausgeber Literaturzeitschrift „Richtungsding“ (Literatur-Unprojekt); Regina-Dolores Stieler-Hinz Kulturhauptstadt-Beauftragte der Stadt Herne; Sprecherin des Verbundprojektes KulturKanal; Peter Brdenk stellv. Vorsitzender Forum Kunst + Architektur; BDA; Kulturbeirat Stadt Essen und ich. Die Moderation übernahm  Moderation von unprojekte e.V. Ich fand, es war ein unterhaltsamer Abend und eine interessante Diskussion. Und wer nicht konnte, kann sich das Ganze jetzt als Stream online anhören. Und ja, ich weiß, ich rede zu schnell.


„Abfälle schluckt der Staubsauger“ – das Atomkraftwerk zum Selberbauen

Die Lebkuchen stapeln sich seit Wochen in den Supermärkten, Weihnachten muss vor der Tür stehen, Zeit also, nach passenden Geschenken Ausschau zu halten.

Hier wäre die ideale Gabe für die technisch versierte Kanzlerin Angela Merkel und ihren strahlenden Atomschutz-Minister, pardon, Atom- und Umwelt-Schutzmininister Norbert Röttgen: Das Atomkraftwerk zum Selberbauen aus dem Jahr 1983, Maßstab 1:350, mit herausnehmbaren Brennelementen. Es entspricht einem „DWR 1300 MW“, wie er derzeit etwa in Lingen vor sich hin rottet, und sollte zu Übungszwecken in keinem ordentlichen Terroristenhaushalt fehlen. Wer so ein Bastelkraftwerk bislang nur aus Loriots legendärem Weihnachtssketch mit der Familie Hoppenstedt kannte, kennt aber die KWU nicht (mehr). Vorsichtig, wenn du dich an den Namen noch erinnern kannst, bist du in einem Alter, in dem hast du auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr.

Die Siemens-Tochter aus Erlangen, Erbauerin praktisch aller ewig laufenden Reaktoren in Deutschland, ist längst weg von der Atomkraft und dem alten Namen, baut heute großartig wirksame Gas- und Dampfturbinen und nennt sich Siemens Power Generation. Das heißt nicht, dass hier die Nachfolger der Generation Praktikum eine Heimat fänden, sondern, soviel Englischkenntnisse besaß auch ich vor kurzem nicht, dass es hier um Kraftgewinnung geht. Als ich die wunderschöne Firma 2008 einmal besuchen durfte anlässlich ihrer Qualitätstage, wurde wenig später bekannt, dass man im Jahr zuvor Nonconformance-Kosten in Höhe von 300 Millionen Euro fabriziert hatte. Um den Blick ins Online-Wörterbuch zu sparen: Die hatten für 300 Millionen Schrott gebaut. So stand es in der Zeitung, beim Termin selbst wurde eine andere Zahl genannt, die ich hier nicht wiedergeben darf, mich aber hoffen ließ, ich würde eines Tages für von mir geschaffenen Müll auch so großzügig entlohnt wie die Siemensleute.

Wie hoch bei denen die Murksrate Jahre zuvor war, als man noch Atomkraftwerke entwickelte, blieb bei dem Besuch unerwähnt. Um die Komplexität ihrer Arbeit wussten die Ingenieure indes; ihrem Atompappwerk haben sie damals nebst 27-seitiger Bauanleitung auch einen Übungsbogen für das ungefährliche Büro- und Sozialgebäude beigefügt. Damit konnte später beim Einsätzen der Brennstäbe mit der x–x-x-Falz (nach vorne knicken) und der o-o-o-o-Rillkante nichts falsch laufen.  Für den Modellbau gelten die gleichen Regeln wie für das, was sich heute Energiepolitik nennt: Es „gibt es Kniffe und Kunstgriffe, die man zumindest kennenlernen muß. Im Laufe der Zeit knobelt sich jeder sein eigenes System aus.“ Das Basteln am Atomkraftwerk war auch 1983 schon umweltfreundlich, denn „der Modellbau mit Karton verursacht keinerlei Geräusche, die Abfälle schluckt der Staubsauger und der Klebstoff kommt aus der handlichen Tube“. Atomfreunde brauchen weder besondere Fertigkeiten noch besondere Werkzeuge. Strick- und Stopfnadel, Zahnstocher, ein paar Rundhölzer tun es im Grunde schon, nur sollte man „bei der Anschaffung einer Pinzette nicht am falschen Platz sparen!“

Wer dann noch im Primärkreislauf die „Explosionszeichnung auf Rückseite von Teil 216“ beachtet, hat nach etwa 130 Mannstunden den Reaktor stehen. Komplizierter ist die neue Atompolitik der Regierung auch nicht. Auch wenn man annehmen darf, dass Norbert Röttgens Basteln am Kartonmodell ähnlich misslingen würde wie das selbstgebastelte Energiekonzept von CDU/FDP. Er würde seine AKW-Ruine nach außen schon gut verkaufen, wie er die Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten auch verkauft mit schönem Politikersprech von der Brückentechnologie. Wo doch Krücken- oder Tückentechnologie mindestens ebenso schön klänge. Wenn die Atomkraft die Brücke in eine  Welt erneuerbarer Energien ist, dann war das Giftgas des Ersten Weltkrieges auch nur die Brücke zur Atombombe von Hiroshima.

Aber das ist eine Ewigkeit her, und die spielt bei der Atomkraft bekanntlich keine Rolle, jedenfalls nicht bei den Kosten. Das unterscheidet sie von der heimischen Steinkohle, deren Ewigkeitskosten sie unbezahlbar erscheinen lässt. Da haben auch revolutionäre Kohle-Tunnel-Konzepte (um mal die Brücke zu meiden) keine Chance. Eines habe ich als Teilzeitsteiger und Ehrenhauer auf Auguste Victoria entwickelt. Um die letzten Ruhrgebietszechen zu retten, will ich auf dem Weltmarkt riesige Kohlenmengen zu 80 Euro pro Tonne kaufen, auf Prosper/Haniel in Bottrop nach untertage verbringen, von dort nach Marl befördern und sie auf AV dann als deutsche Steinkohle für 170 Euro/Tonne wieder ans Tageslicht fördern. Ausgefeilter erscheint die Atompolitik derzeit auch nicht. Außerdem: Mit polnischen Schweinen und Parmaschinken soll das in der EU bekanntlich gut klappen.

Der Nachteil des KWU-Atomkraftwerks zum Selberbauen soll zum Schluss nicht verschwiegen werden. Im Gegensatz zum Weihnachtsgeschenk der Hoppenstedts kannst du getrost alles falsch machen. Es macht nicht „puff“, und es fallen auch keine Häuser und keine Kühe um. Fantastisch.

Ein neueres Atomkraftwerk zum Nachbau findet sich hier:

http://www.mtp-studio.de/epr-online/uebersicht.htm

Der Ruhrpilot

adolf_sauerland
Adolf Sauerland

Loveparade: Sauerlands Doppelmoral…Zeit

Loveparade II: Sauerland sitzt Loveparade aus – Blockade droht…Ruhr Nachrichten

Loveparade III: Polizeigewerkschaft verteidigt Sauerland…Der Westen

Ruhrgebiet: Neuer RVR-Chef will Klima-Expo in NRW…RP Online

Ruhrgebiet II: Leidensgeschichte Ruhrpilot…FAZ

Ruhr2010: Kein Denkverbot trotz Geldnot…Ruhr Nachrichten

Gelsenkirchen: Synagoge Gelsenkirchen…Hometown Glory

Nahverkehr: VRR-Fahrschein kommt erst im Januar 2012…Der Westen

Haushalt: offenerhaushalt.de – für einen transparenten Bundeshaushalt…Netzpolitik

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NRW – Ein Land kürzt sich ab

Wie viele Journalisten krieg ich jeden Tag Post aus Düsseldorf, aus den Landesministerien. Ungefähr zehn Mails, Tag für Tag an die Mitglieder der Landespresse. Und die Schreiben nerven nicht etwa, weil es um den Strahlenschutzbericht geht, der erfreulicherweise vermeldet, dass es nichts zu vermelden gibt. Oder um eine Kondolenzadresse für eine Medienerbin. Oder um Flaggen am Tag der Heimatvertriebenen. Nein, die Post aus Düsseldorf nervt deshalb

„Einladung MWEBWV NRW – Termin 16. September 2010“

und deshalb

„Pressestelle MAIS NRW – 1078/8/2010. Minister…“

und deshalb

„Pressestelle MFKJKS NRW 1077/8/2010 -„

und deshalb

„Pressestelle MWEBWV NRW 1076/8/2010 – Minister Voigtsberger…“

und natürlich auch deshalb

„Pressestelle MKULNV NRW – 1075/8/2010 – Nordrhein-Westfalen… „


Nordrhein-Westfalen – ein Land kürzt sich ab.
Da hat selbst Google keinen Bock mehr drauf:

Point Alpha, „Haus auf der Grenze“: In der Landschaft ist die Mauer verschwunden, in den Köpfen noch nicht

Point Alpha ist eine Gedenkstätte an der ehemaligen Grenze zur DDR. Sie kann beispielsweise von Schulklassen besucht werden. Erwachsene, die die DDR noch erlebt haben, werden sie leider eher meiden.

W6270059crDas Ruhrgebiet ist von der deutsch-deutschen Grenze am wenigsten tangiert worden. Viele Ostdeutsche geben sich deshalb heute Fremden gegenüber als Bewohner des Pott aus. Sie schafften die Flucht aus ihrem Land nicht, als es noch existierte und versuchen es nun zu verleugnen, wo dies gar keinen Sinn mehr ergibt. Zudem verrät die Sprache diese späten „Republikflüchtlinge“ – weshalb sie Telefonate auch eher vermeiden und lieber schriftlich kommunizieren.

Nur einer jener merkwürdigen, traumatischen Effekte, die das „bessere Deutschland“ bis heute hinterlassen hat, über 20 Jahre nach dem Fall der Mauer. Denn in den Köpfen ist sie oft noch existent, wobei die Betroffenen in einer Mischung aus Opfer und Täter agieren. So werden sie als Lehrer beispielsweise heute von dem Staat bezahlt, den sie einst bekämpften. Und mißtrauen ihm immer noch:

Ich habe mein Staatsbürgerkundebuch immer gelesen und verstanden

Der Mauerfall ist für viele immer noch wie ein verlorener Krieg:

Der Gorbatschow ist ein Verbrecher – der hat unsere schöne DDR verraten!

oder auch:

Am 17. Juni gab es keinen Aufstand – das ist doch alles Westpropaganda!

W6270082crNatürlich ist das eine Minderheit – damals wie heute. Es erschrickt trotzdem, wie sehr die damalige Indoktrination weit über das Ende einer Diktatur hinaus fortwirkt, die doch eigentlich nur das Beste wollte – wenn auch nicht unbedingt für die Bevölkerung.

Der linken Weltanschauung, die ja durchaus positiv begann, die Menschen befreien wollte, nicht wie die rechte das Gegenteil wollte, erweisen diese ewig Gestrigen damit einen Bärendienst.

Sie werden „Point Alpha“ also wohl nie besuchen, denn es ist ein ehemaliger Stützpunkt des Klassenfeinds, der US-Armee. Man sah hier hinüber nach Geisa, in die DDR, da man wenn, dann an dieser Stelle, im sogenannten Fulda Gap, einen Einmarsch russischer Panzer befürchtete.

W6270097crUnd auch die Opfer des DDR-Regimes werden sich „Point Alpha“ kaum ansehen – zu groß dürfte der Schmerz sein.

Neugierigen „Wessies“ und eben Schulklassen hat dieses Freiluftmuseum jedoch einiges zu bieten. Neben dem „Haus auf der Grenze“ kann eben der ehemalige Stützpunkt Alpha der US-Armee besichtigt werden sowie ein ehemaliger DDR-Grenzturm. Dieser allerdings nur von außen.

Die im Museum ausgestellte eher gruslige Maske ist übrigens keine Atomschutzmaske, sondern lediglich die Winterausrüstung der US-Armee.

Alle Bilder: Jo Frank

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