Update – Kronenbrauerei in Dortmund besetzt und geräumt

Dortmund, Märkische Straße 87 - Kronenbrauerei besetzt

Rund hundert Besetzer und Besetzerinnen wollen nach vielen Monaten der Suche nach einem Gebäude für freie Kunst und Kultur künftig die Kronenbrauerei in Dortmund als unabhängiges Kulturzentrum nutzen.

Das Haus liegt in der Märkischen Straße 87.

Update, 17.58 Uhr. Abschlußerklärung der BesetzerInnen und deren Aufruf zur Spontandemo heute:

„Daher rufen wir alle interessierten Menschen für heute 18.30 Uhr zur Demo beginnend am Alten Markt in der City auf und werden die für heute geplanten Konzerte 20.00 Uhr auf der Kapellenwiese (am Ende der Brückstraße) durchführen. Hier kocht u.a. Food not Bombs für Euch. Kommt zahlreich!“

Update, 15.47 Uhr. Nach Auskunft eines vor Ort anwesenden Sprechers der Dortmunder Polizei Stefan gegenüber habe der Eigentümer der Liegenschaft Strafanträge wegen Hausfriedensbruches gestellt und auf Räumung gedrungen. Kronenbrachebesitzer Hans-Georg Hovermann war Mitglied der kommunalen CDU-Fraktion und ist nach eigener Aussage ehemaliger Amateurmusiker.

Die Räumung verliefe laut der Pressestelle im Polizeipräsidium friedlich, man sei zuversichtlich, „den Einsatz im Laufe des Nachmittags beenden zu können“.

Die Personalienfeststellung der Besetzer verliefe im Rahmen der Beweissicherung, erläutert man aus der Pressestelle der Dortmunder Polizei. Generell sei es möglich, daß ein Immobilienbesitzer bei Antragsdelikten wie Hausfriedensbruch seine Strafanträge jederzeit wieder zurücknehmen könne. Dann würden Besetzer nicht weiterhin verfolgt werden.

Update, 14.43 Uhr: Polizeikräfte sind auf dem Brauereigelände, die Räumung ist im Gange. Personalien der widerstandslos abziehenden Besetzer werden aufgenommen.

Der Liegenschaftsbesitzer habe Strafanträge gestellt, berichten Stefan Polizisten vor Ort. Man werde es den Besetzern allerdings gestatten,  ihre Kunstgegenstände usf aus dem Haus zu holen.

Update, 14.38 Uhr. Stefan berichtet aus dem Gelände heraus vom Räumungsbeginn: Polizeikräfte trügen Helme, man filme die Lage. Das Gelände sei von Polizei umstellt.

BesetzerInnen wären aufgefordert worden, das Gelände durch eine Personenschleuse zu verlassen, dort würde die Polizei deren Identität feststellen wollen.

Update, 14.29 Uhr. Nach Auskunft der Dortmunder Polizei-Pressetelle verliefe zur Stunde „alles friedlich, es laufen Verhandlungen.“

Stefan, der vor Ort ist, berichtet allerdings von einem mittlerweile durch eine Polizeikette gesperrten Eingang.

Die Polizei versucht zur Zeit, den Einzug der Künstler zu erschweren. Gleichwohl ist die Lage nach Stefans Beobachtungen friedlich.

Die Besetzung der ehemaligen Brauerei ist die zweite Aktion im Ruhrgebiet innerhalb weniger Wochen. Man habe die Besetzung ein halbes Jahr vorbereitet, sagen die Besetzenden.

Tino Buchholz, einer der Sprecher der Initiative: „Ohne Initiativen wie unsere passiert nichts.“

In den Räumen sollen Konzerte und Theaterveranstaltungen stattfinden. Auch Atelier- und Proberäume sind geplant.

Mindestens eine Woche wollen die Besetzer bleiben und auch im Rahmen der Kulturhauptstadt aktiv sein.

Dafür haben sie schon ein Programm konzipiert. Allein ab heute nachmittag, Freitag 16.00 Uhr, würden sechs Veranstaltungen stattfinden.

Zu denen die BesetzerInnen natürlich alle Interessierte einladen.

Die Besetzer sehen ihre Perspektive allerdings längerfristig. Tino Buchholz: „Wir wollen das Gebäude instandsetzen, beheizen und daraus ein Zentrum für Alternativkultur machen.“

Die Kronenbrauerei wird im Moment nicht genutzt, sie steht leer.

Die Initiative will sie so lange nutzen, bis eine neue Nutzung gefunden worden ist.

Buchholz: „Die Zwischennutzung ist eine Win-Win-Situation für alle –  Die Künstler haben Räume und der Verfall des Gebäudes wird gestoppt. Das nutzt auch dem Besitzer.“

Was langandauernd positiv wirken kann. Zumal der Immobilienmarkt im Ruhrgebiet im Augenblick als gesättigt gilt.

Von Stefan Laurin (Dortmund) und Thomas Meiser (Desk).

„Ich hab noch’n Koffer Cäsium 137 in Berlin…“


Dieser Tage geht eine Meldung durch die Medien, daß die Leute unter anderem Katzenstreu, Gebisse und Schlachtermesser im Taxi liegen lassen. Dahinter steckt ein PR-Text von „Skyscanner“, aber so lustiges Zeug wird ja immer gern genommen. Heute früh war das auch im Radio. „Katzenstreu? Die wollen wohl, daß wir jetzt Muschiwitze machen, aber wir sind doch Rocker, das ist uns jetzt zu platt“.

Ach, was haben wir gelacht. Solche Programme erträgt man nur, wenn man wirklich noch nicht wach ist…

Nun mögen ja Taxifahrgäste mitunter etwas verpeilt sein, weil schon zu besoffen, um noch den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können.

Bauarbeiter sind aber anscheinend auch nicht besser:

Continue Reading

Pakistan: Warum helfen wir so wenig?

Das Spendenaufkommen für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan ist aussergewöhnlich gering. Nun kommt die Debatte auf, warum das so ist. Dabei liegen die Hauptgründe dafür auf der Hand: Die Atombombe und die Taliban.

Die Bilder aus Pakistan sind erschüttert: Viele Tote, Menschen die alles verloren haben und das in einem Staat, der seinen Bürgern nicht helfen können wird. Auf Jahre hinaus haben die Überlebenden jede Perspektive verloren. Es geht nicht nur um schnelle Hilfe zum Überleben, es geht darum, eine ganze Region mit vielen Millionen Menschen wieder aufzubauen. Aber die Hilfsbereitschaft dazu ist gering. Nicht nur im Netz, wie die Zeit feststellt. Trotz zahlreicher Aufrufe laufen die Spenden der sonst gebefreudigen Deutschen immer noch in relativ geringen Maße ein. Warum ist das so?

Dafür fallen mir zwei Gründe ein. Einer ist die Atombombe. Wir alle wissen, das Pakistan ein bettelarmes Land ist. Aber wir wissen auch, es hat die Atombombe, ist für das Chaos in Afghanistan mitverantwortlich. Der Bau von Atombomben kostet viele Milliarden. Die könnte Pakistan nun für seine Bürger gut gebrauchen – aber davon, das Pakistan sein teures Atomprogramm runterfährt oder aufgibt, um Geld für die Nothilfe und den Wiederaufbau zu haben, hört man nichts. Die Atombombe blockiert die Hilfe. Die Rüstungspolitik der Pakistanischen Regierung kommt der Bevölkerung also in mehrfacher Hinsicht sehr teuer zu stehen. Sie verändert unsere Wahrnehmung auf das Land.

Und dann sind da die Taliban. Kaum eine politische Gruppierung ist im Westen dermassen verhasst. Und dafür gibt es viele gute Gründe: Sie stehen gegen die Werte des Westens wie kaum jemand sonst auf der Welt. Sie sind, auch im militärischen Sinne, „der Feind“. Jeder der nur dann und wann einmal einen Blick in eine Zeitung wirft oder die Nachrichten sieht weiß, dass die Taliban von Pakistan unterstützt werden und dass sie dort ihre Rückzugsräume haben. Und sehr viele Sympathisanten.  Und nun, in der Katastrophe, sind die Taliban da und engagieren sich für die Flutopfer. Auch das dürfte die Bereitschaft zu helfen im Westen schmälern. Die Opfer der Flut sind also auch die Opfer eines politischen Konflikts. Sie zahlen nun für ihre Regierung und die Taliban. Sie sind die Opfer  unserer Wahrnehmung Pakistans.

Das alles hilft Kindern, die ihre Eltern verloren haben nicht. Es sind auch keine guten Gründe, den Menschen nicht zu helfen. Denn durch nichts besseres als entschlossene und großzügige Hilfe können wir den Vorurteilen gegen den Westen in dieser Region entgegentreten.

Werbung


Der Ruhrpilot

Ruhr2010: Kreativität in „2-3 Straßen“…RP Online

Ruhr2010 II: „Apfelinsel“ im Baldeneysee ist abgesagt…Der Westen

Loveparade: Vielfache Rückendeckung für die Polizei…Der Westen

Umland: Neonazi-Marsch genehmigt – Gegendemo verboten…Spiegel

Duisburg: Was erlauben Sie sich eigentlich, Herr Jansen?…Mimi

Dortmund: Lichterfest am Samstag…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Zahl der PCB-Betroffenen wächst weiter…Ruhr Nachrichten

Bochum: Toleranz ist der Schlüssel…Der Westen

RAG-Chef Bonse-Geuking vor Ablösung?

Als Chef der RAG-Stiftung ist Wilhelm Bonse-Geuking  für die Abwicklung der Steinkohle verantwortlich. Doch noch vor der Kohle könnte Bonse-Geuking abgewickelt werden.

In den vergangenen Tagen wurde Wilhelm Bonse-Geuking, Chef der RAG-Stiftung, immer wieder wegen der Rügen der Rechnungshöfe von Bund, NRW und dem Saarland kritisiert. Der RAG-Stiftung wurde mangelnde Transparenz beim Verkauf eines Aktienpakets am Energie- und Chemiekonzern Evonik an den Finanzinvestor CVC vorgeworfen. Vor allem das Handelsblatt gingt mit Bonse-Geuking hart ins Gericht.

Wie wir erfahren haben, soll Bonse-Geuking nun möglicherweise vor der Ablösung stehen. Auch über Nachfolger wird bereits spekuliert. Einer der möglichen Kandidaten: Der ehemalige RAG-Chef Werner Müller. Der sah sich schon vor Jahren als künftiger Ruhrbaron und wollte im Revier mit den Geldern der RAG-Stiftung Industriepoltik im großen Stil machen. Die schwarz-gelbe Landesregierung stoppte Müller und setzte mit Bonse-Geuking auf jemanden, der nur ein Ziel hatte: Die  Abwicklung des Bergbaus. Bei der scheint  Bonse-Geuking Fehler gemacht zu haben. Bislang konnten wir keine Reaktion der RAG-Stiftung zu den Gerüchten erhalten.

Die Sommerschule: Wir machen ein Mett-Hähnchen

Gutes Essen mit Freunden – das macht Spaß und liegt im Trend. In unserer Sommerschule widmen wir uns daher heute dem Thema Kochen.   Passend zur Jahreszeit stellen wir ein leichtes Sommergericht vor: Das Mett-Hähnchen.

Die Zutaten für das Mett-Hähnchen gibt es in jedem gutsortierten Supermarkt: Ein Hähnchen, Mett, Zwiebeln, Salz, Pfeffer und Paprika.

Das Hähnchen: Bevor wie uns dem toten Geflügel widmen gilt es den Pürzel zu entfernen. Die kleine Fettdrüse am Hühnerpo scheidet auch im Backofen Fett aus uns sorgt so für überflüssige Kalorien.   Wenn der Bürzel weg ist das Hähnchen mit Salz, Pfeffer und Paprika einreiben.

Das Mett: Je nach Größe des Hähnchens nehmen wir zwischen 300 und 600 Gramm Mett. Wir wählen die bewährte Mischung aus Rind- und Schweinefleisch. Das ist gut für den Geschmack und sorgt für die nötige Saftigkeit. Könner mischen Zwiebeln und Knoblauch unter das Mett, ganz verwegene auch noch eine kleingeschnittene Peperoni.

Die Hochzeit: Nun das Mett durch den Po in das Hähnchen hineinschieben. Ab in den Backofen. 90 Minuten bei 210 Grad reichen aus. Als Beilage machen sich auch hier Frikadellen gut.

Die Estnische (I) – 2:1 gegen Faröer

2010, Ruhrgebiet ist bald vorüber. Das nächste große Ding heisst Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten von der See, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

Estland gegen Faröer Inseln guckt man sich an, wenn… es nicht anders geht! Nach den ersten Tagen in Tallinn ist es zum so genannten Le Coq Stadion nur ein kurzer Spaziergang durch tiefgrüne Kastanienblätteräste. Hier spricht man eher vom Kastaaniiblaattiaesti. Zum Finnischen soll sich das Estnische wie Georgisch zum Deutschen verhalten, oder war es Albanisch? Alt-Dänisch?

Tatsächlich haben die beiden nur durch einen wenig stark entwickelten Meerbusen getrennten Nordlichtstaaten die gleiche Wurzel: einen kaukasischen Volksstamm, der sich und seine merkwürdige Sprache vor Urzeiten in zwei, drei Himmelsrichtungen verstreute. Ich weiß nicht mehr, ob mit oder vor oder nach der Völkerwanderung.

Für mich ist Estnisch ein Buch mit sieben Siegeln und mindestens 14 Fällen, die fein zu unterscheiden wissen, ob dieser jemand vorne oder hinten aus dem Haus geht.  Zum Glück gibt es im Nahversorger und Supermarkt aber „Eis-Tee“ zu kaufen oder „Vorst“ oder Brot als „Leib“ oder „Sprühsahne“, „Luftpumpen“… Tallinn hat übrigens verdammt viele Supermärkte, sogar Kaufburgen, riesige. Sogar im Le Coq Stadion, immerhin nur für Fußballsachen.

Kickend ist Estland der klein wenig größere Zwerg gegenüber den Faröer Inseln, in der ewigen Welttabelle trennen die beiden Staaten nur wenige Plätze. Dennoch gehen die Faröer Inseln in Führung, richtig muss es heißen: die Mannschaft der Faröer Inseln. Nach Kopfballkuddelmuddel schießt die Nummer 11, der immerhin bei Newcastle United spielt und an einen St. Pauli Stürmer erinnert, den Ball platziert in die rechte Torecke. Die Esten haben zwar rund 1,3 Millionen Einwohner, einige spielen als Profis in Holland, Norwegen, Dänemark, Griechenland, Azerbeidschan, Russland – doch zusammenspielen können sie nicht. Gar nicht.

Trotzdem bleiben die knapp 5.000 Zuschauer erstaunlich guter Dinge. Die Sonne scheint auf die Gegengerade, blaue Minivuvuzelas brüllen ins Spielfeld hinein, es ist warm, das Stadion ist steiler als der alte Bökelberg, es gibt dunkel geröstete Brotfinger in Bierbechern. Die Leute erleben  gerade den schönsten Sommer seit Menschengedenken – ohne Waldbrände profitiert das Land vom kontinentalen Dauerhoch, das den russischen Nachbarn im Osten so zu schaffen macht.

Ich hatte mir vor dem Spiel Sorgen gemacht, ob mir in meiner neuen kleinen postsowjetischen Teilzeitheimat ein wiederentdeckter nationaler Überschwang jeden Spaß am Fußball rauben wird – aber es war nur der eigensinnige Fußball. Selbst der Hymne wurde lässig zugehört. Ich war vor einem Jahr bei den finno-ugrischen Stammesbrüdern in Ungarn, da singen die Leute ergriffen vor jedem Ligaspiel, Hand aufs Herz.

Meine kleinen Beobachtungen über Estland werden intensiviert  – in der nächsten Folge habe ich dann auch wieder Internet und versuche zu erklären, warum alle Russen als Kleinkinder in Kokainfässer fallen und in Brombeerschnapsbecher. Warum Odinshühner wie kleine Schnepfen aussehen. Und wie sich der Nachfolger des Ruhrgebiets als europäische Kulturhauptstadt so anstellt.

Werbung