Ins Bett mit Ranga Yogeshwar: WDR Köln sucht Zuschauer, die sich über ihr Sexleben befragen lassen wollen

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Eigentlich ist für mehr Sex im Kölner Fernsehen doch RTL zuständig. Und es gab auch mal Liebe Sünde. Doch der Staatsfunk holt auf: 400 Freiwillige dürfen nun über ihr Sexleben Auskunft geben – und ins ARD-TV-Studio.

Man scheint dazuzulernen in Köln: Vor 10 Jahren klagte man sich noch fremde E-Mail-Adressen ein, um mehr über das Privatleben der Deutschen zu erfahren. Doch das nahmen die so „Beglückten“ dem Sender übel.

Jetzt lockt man damit, zu Ranga Yogeshwar ins Fernsehstudio zu kommen und seine intimen Geheimnisse freiwillig preis zu geben.

Allerdings – keine Angst – Sie müssen keine sexuellen Geständnisse vor laufender Kamera machen, so wie einst bei Liebe Sünde. Das war dann ja Pornografie und wurde von den dummen Bayern, die natürlich gar keine Ahnung von modernem Lifestyle hatten, schon vor Jahren mit einer Polizeirazzia geahndet. Deshalb gibt es diese Sendung auch nicht mehr.

Ranga Yogeshwar ist dagegen schlau und befragt niemanden selbst. Das machen die deutsche Gesellschaft für Sexualforschung und Infratest für ihn. Anonym und schriftlich.

Wer dann den Fragebogen ausgefüllt hat, darf am 29. Oktober als Puplikum (sic! Also bitte alle brav Bohnen essen am Abend vor der Sendung! Mal schauen, ob Herr Yogeshwar dann ins Hyperventilieren kommt…) ins Fernsehstudio. Wenn er schnell genug ist, denn so groß ist das Studio nicht – es passen nur 400 Zuschauer hinein. Außerdem erwerben die Teilnehmer automatisch eine Waschmaschine, drei Handyverträge, ein Abo einer TV-Zeitschrift ihrer Wahl und natürlich das Fragezeichen. Die Sendung heißt Wer Wie liebt Deutschland? und hier ist das Bewerbungsformular der Kölner Castingagentur.

Anti-Sauerland Demo fällt aus

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Adolf Sauerland

Die für Morgen in Duisburg geplante Anti-Sauerland Demo findet nicht statt. Der Grund: Der Veranstalter geht von einer sehr geringen Beteiligung aus.

Eigentlich war für den morgigen Samstag eine weiterer Anti-Sauerland Demonstration in Duisburg geplant. Die Demo wurde gerade eben vom Veranstalter Stefan Schneider abgesagt, will aber weitermachen:

„Da die Demonstration relativ kurzfrstig angekündigt wurde lässt sich eine Teilnehmerzahl, die entsprechend lautstark und kräftig den Rücktritt des OB Adolf Sauerland fordert nicht erreichen. Es sind durch den Aufruf aber zahlreiche neue Kontakte entstanden, die ihre Unterstützung zugesagt haben.

Wir werden die Sache weiter beobachten und erneut mobilisieren!“

Sauerland weigert nach wie vor sich die politische Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe zu übernehmen. Vom Steuerzahler finanzierte Anwaltsberichte und ein PR-Berater sollten ihm stattdessen helfen, im Amt zu bleiben.  Der PR-Berater hat mittlerweile aufgegeben. Sauerland hat kein Kommunikationsproblem – Sauerland hat ein moralisches Problem.

„Die Sprache der Kunst ist Englisch“ – oder wie ich einmal der politischen Korrektheit bezichtigt wurde.

Es gibt Veranstaltungen mit einem besonders hohen Grad an  niveauvoller Geschwätzigkeit bei gleichzeitig überproportionalen Erleuchtungsanteilen. Dazu zählen auf jeden Fall kollektiv organisierte und moderierte Gespräche über Kunst.

In diesem Fall über die Emscherkunst, denn gestern wurde im Nordsternpark endlich der Katalog zur Ausstellung präsentiert. Auf meine Frage, wieso der Katalog in Deutsch und Englisch nicht auch eine türkische Übersetzung zumindest der wichtigsten Texteile enthält, bekam ich dort zwei der Welt mitteilenswerte Antworten.

Die eine von Professor Petzinka. Die lautete sinngemäß: Im Ruhrgebiet werden mittlerweile über 100 Sprachen gesprochen, da müsste man entweder in alle Sprachen übersetzen  oder aber nur  in Englisch. Auf meinen Hinweis, dass in der Stadt New York noch viel mehr Sprachen als im Ruhrgebiet gesprochen würden, aber mittlerweile mehr als 40% der Einwohner spanisch als  Muttersprache hätten, und deswegen alle wichtigen Mitteilungen dort in englsch und spanisch  gemacht würden, bekam ich keine Antwort.

Genauer gesagt bekam ich sie nicht von ihm sondern von einem der vielen anwesenden Kunstprofessoren, namens Prof. Dr. Huber. Während ihn Professor Petzinka dankbar anstrahlte wollte mir der  auch als renommierter Künstler bekannte Mann offensichtlich unmissverständlich deutlich machen, dass allein meine Frage schon eine Beleidigung seines erkenntisgesättigten Verstandes sei. Und er wollte dabei offensichtlich auch noch witzig sein.

„Ich als bekennender Bayer kann auf diesem Podium einfach mal politisch unkorrekt sein und muss deswegen ohne wenn und aber klarstellen: Die Sprache der Kunst ist Englisch.  Aus und Punkt!“ Im inoffiziellen Teil der Veranstaltung teilte mir der Mann im Vorbeigehen noch mit, dass der Katalog eigentlich nur in Englisch hätte verfasst werden müssen, weil eigentlich auch  Deutsch nicht die Sprache  der Kunst sei.

Meine Antwort, dass die Sprache der Kunst nur die Sprache der Künstler sein kann und dass das Englische nicht deswegen schon die Sprache der Kunst ist, weil sie zur Zeit die Rolle einer Weltsprache einnimt, bekam der Mann natürlich nicht mehr mit.  Ich fragte mich dann, was und in welcher Sprache z.B. Pablo Picasso oder Frida Kahlo oder Leonardo Da Vinci zu Herrn Huber gesagt hätten. Aber was sind die gegen einen deutschen Kunstprofessor von dem ich im Internet keinen einzigen von ihm selbst verfassten englischen Text gefunden habe. Aber vielleicht habe ich nicht lange genug gesucht.

„Ebay deckt auf“: Der Blick unter deutsche Bettdecken

Ebay-BettNichts bleibt einem erspart. Jetzt guckt einem auch noch Ebay ins Schlafzimmer. „Kann die Ost-Frau besser mit dem Nord-Mann“? Oder doch nur mit seiner Tanne? Nur in den Pott haben sie sich nicht getraut.

Eine Pressemeldung plumpste den Baronen lautstark auf den Tisch:

Der Norden liebt bunte Nachthemden aus Spitze, im Osten ist gelbe Bettwäsche aus Mikrofaser der Verkaufsschlager und im Süden sind Wasserbetten besonders beliebt: Eine umfassende Datenerhebung des Online-Marktplatzes eBay enthüllt, wie es in deutschen Schlafzimmern tatsächlich aussieht.

Doch stimmen Wirklichkeit und Wunsch überein? Welche Nachtwäsche sollte der Partner tragen? Sexy Nachthemden aus Spitze oder schlichte T-Shirts? Und passt der Ostdeutsche unter der Bettdecke vielleicht besser mit der Frau in Norddeutschland zusammen?

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Zwischenraum: Traumimmobilie im Dortmunder Kreuzviertel

Für den Prinz gehört das Kreuzviertel zu den schönsten Stadtteilen des Ruhrgebiets. Und im Kreuzviertel befindet sich auch die erste Immobilie die wir zur Zwischennutzung vorstellen.

Das Kreuzviertel bietet seinen Bewohnern zahlreiche Annehmlichkeiten: Es gibt schöne Kneipen und der Westpark ist nicht weit. Gute Schulen, die Nähe zur Innenstadt und hervorragende Einkaufsmöglichkeiten in Verbindung mit einem attraktiven Altbaubestand machen es zu einem der Hip-Quartiere des Reviers. Schön, dass unsere erste Immobilie, die wir für einen Neu- oder Zwischennutzung vorschlagen, hier liegt. Besser kann man kaum starten – dank an den Tippgeber aus Dortmund.

Bei dem Objekt handelt es sich um das 1907 erbaute ehemalige Königliche Gymnasium. Die Adresse: Lindemannstraße 6 – 8. Die ehemalige Schule bietet eine Nutzfläche von 2.127,00 m² bei 2.819,00 m² Gesamtfläche und ist im Besitz des Landes Nordrhein Westfalen. Das bietet das leerstehende Gebäude zum Kauf an.  Bislang ohne Erfolg, wie man dem Eintrag auf Immoscout entnehmen kann.

Das renovierungsbedürftige Gebäude mit dem mittlerweile romantisch verwilderten Schulhof könnte vielfältig genutzt werden: Ateliers, Schulungsräume (Klar, dafür wurde es ja gebaut) oder Probebühnen sind  ebenso denkbar wie ein großes Terrarium mit Doom-Effekt: Hinter welcher Tür lauert wohl der hungrige Waran?

Über Anfragen zu Zwischen- oder Umnutzung freut sich Heiner Jansen vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen  (www.blb.nrw.de). Tel.: 0211/61700211. Ein Gespräch mit den Landtagsabgeordneten von SPD und Grünen aus Dortmund könnte hilfreich für alle sein, die die Initiative ergreifen wollen.

Ebenfalls zu diesem Thema:

Vom Sinn und Unsinn der Zwischennutzung…Klick
Aufruf: Wir suchen leerstehende Häuser…Klick

Der Ruhrpilot

Loveparade: Das Desaster – eine Kette von Fehlern…Der Westen

Loveparade II: Sauerlands Comeback…Welt

Ruhr2010: Programm geht weiter…Focus

NRW: Grüne wollen Geschäfte um 22 Uhr schließen…Der Westen

Bochum: Jüdisches Restaurant Matzen eröffnet…Genussbereit

Bochum II: Kemnade International…Ruhr Nachrichten

Umland: Junge Union ringt mit Bodo Ramelow…Zoom

Gamescom: „eine Glaubensfrage“…Spiegel

Bundesliga: Weg mit Schalke!…FAZ

Bundesliga II: Tippspiel…Pottblog

Kultur: Haldern Pop 2010 – A place to come home to…Coffee and TV

Kultur II: Area4…Ruhr Nachrichten

Open Data: hohe gesellschaftliche Akzeptanz…Netzpolitik

Wir suchen leerstehende Häuser

Im Ruhrgebiet gibt es immer mehr Leerstand. Aber es gibt auch eine Menge Initiativen, Gruppen oder Personen, die dringend günstige Räume suchen. Wir wollen helfen, beides zusammen zu bringen.

Die Hausbesetzungen in Essen und Dortmund in den vergangenen Wochen haben gezeigt, dass es einen großen Bedarf an günstigen Räumen gibt. In beiden Fällen wollten die Besetzer die Häsuser zwischennutzen bis die Besitzer der leerstehenden Gebäude eine Nutzung gefunden hätten. Wir denken dass die Zwischennutzung nicht nur Künstler und andere Kreative interessant ist. Warum sollen nicht auch Handwerker, eine Stadtteilgruppe oder eine Hausaufgabenhilfe leerstehende Räume zweitweise belegen?

Wir wollen, das über Zwischennutzung diskutiert wird. Und wir wollen Zwischennutzung ermöglichen. Gerne aber auch eine unbefristete neue Nutzung, denn für viele Immobilien gibt es im schrumpfenden Ruhrgebiet keine wirtschaftliche Perspektive.

Deshalb suchen wir Gebäude die sich für solche Konzepte eignen. Wir glauben das  Gebäude die im Besitz der Städte, ihrer Tochterunternehmen, des Landes, des Bundes, der Kirchen und Gewerkschaften sind sich am besten für Zwischen- oder Neunutzung eignen – hier ist die Möglichkeit über politischen Druck und öffentliche Diskussionen etwas zu erreichen am größten.

Wir haben am Wochenende angefangen, uns nach passenden Gebäuden  umzuschauen. Und wie das bei Immobilien so üblich ist, haben wir das Augenmerk auf die drei wichtigsten Immobilieneigenschaften gelegt: Lage, Lage, Lage.

Was wir suchen sind  leerstehende Gebäude in den Innenstädten oder Innenstadtrandlagen von Bochum, Dortmund, Essen und Duisburg. Im Idealfall sind sie im Besitz der  öffentlicher Hand. Wir werden diese Immobilien hier veröffentlichen. Wir werden die Immobilien beschreiben und Ansprechpartner benennen, mit denen man über Zwischennutzungen diskutieren kann. Wir freuen uns natürlich auch über private oder öffentliche Immobilienbesitzer, die hier ihre Gebäude oder Ladenlokale für eine Zwischen- oder Neunutzung anbieten wollen.

Wir glauben, dass auch die Immobilienbesitzer von Ideen wie der Zwischennutzung profitieren können. In Wuppertal hat man das  erkannt. Dort gibt es die  Zwischennutzungsagentur. Kommende Woche würden wir gerne die ersten Immobilien hier veröffentlichen mit der Diskussion beginnen, warum sie leer stehen und was man mit den Gebäuden so machen könnte.

Stefan Laurin, Christian Werthschulte

Informationen bitte an: info(at)ruhrbarone.de

Auch zu diesem Thema:

Vom Sinn und Unsinn der Zwischennutzung…Klack

Raumnot im Ödgebiet…Klack

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Veranstaltungshinweis: 10. Radio-Tag im Neanderthal in der Sternwarte

Radio BeneluxIm Ruhrgebiet gab es im Radio immer nur den Staatsfunk aus Köln und etwas, das nur so tut, als ob es Privatfunk ist (Radio NRW). Nur im Fernsehen gibt es noch andere Sender (RTL), die die Welt allerdings auch nicht unbedingt braucht. Alternative Sender, ob „Piraten“ oder „Bürgerfunk“, waren daher immer schon sehr beliebt. Am 11.9. treffen sich Radiomacher und -fans deshalb zum 10. Mal in Erkrath.

Radio Benelux“ war einer der bekanntesten Sender, der dem Kölner Staatsfunk von knapp hinter der Grenze aus Belgien lautstark und frech dazwischenfunkte. Auch andere Piratensender gingen ins belgische Exil, um den Pott zu beschallen.

Die Macher von Radio Benelux – der eine oder andere war später auch mal beim „Erzfeind“ in Köln tätig – sind, ebenso wie andere ehemalige und heute noch aktive Alternativ-Radiomacher einmal im Jahr in der Erkrather Sternwarte zu finden. Das diesjährige Programm:

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Bier, Wahnsinn, Scherben

Drei Männer, drei Gitarren und drei Mal ganz gehörig Muffensausen. Drei Perspektiven auf das Leben und eine zerstörte Bühne. Carsten Marc Pfeffer, Malte von Griesgram und Tommy Debone läuten den Start der Singer-Songwriter-Reihe im Bochumer Rottstr5-Theater mit einem echten Knalleffekt ein. Flaschen fliegen, Züge donnern über die Köpfe der Zuhörer hinweg und die erste Veranstaltung der Singer-Songwriter-Reihe hat bewiesen, was für eine großartige Idee die Jungs von der Rottstr5 da hatten. Von unserer Gastautorin Chantal Stauder

Debone, in Jeans und Karohemd betritt garniert mit einem Drei-Tage-Bart die Bühne des Bochumer Off-Theaters. Seine Stimme klingt sympathisch, nach ganz viel Whiskey und noch mehr Zigaretten. Ein Kerl, der locker von Tom Waits sozialisiert worden sein könnte. Schüchtern, solange er spricht, ein Draufgänger, sobald er singt. Irgendwie verwegen, aber merklich nervös. Ein postmoderner Großstadtwestern, gespickt mit lässigem Groove, von mehr als einer komödiantischen Episode unterbrochen. Er ist dankbar für seinen ersten Auftritt in der Rottstr5, weil er den Laden „scheiße geil“ findet. Bevor es losgeht schickt er noch eine letzte Warnung an sein Publikum: „Da müssen wir jetzt beide durch. Also ihr und ich.“ Die Songtexte des Achtundzwanzigjährigen zeugen von einer gewissen Selbstironie, aber auch von reichlich Schwermut. Es ist Musik, die man sich als Soundtrack für die Paarungs-Pirsch in heruntergekommenen Bars wünscht. Debone präsentiert sich noch eckig und kantig. Bei ihm hat noch nicht die sonst so allgegenwärtige Geschmeidigkeit Einzug gehalten, mit der sich geübtere Barden gewöhnlich auf der Bühne bewegen.

Textsymmetrie aus der Phrasenkiste

Malte von Griesgram dagegen setzt auf Textsymmetrie und greift dabei manchmal ein Stück zu tief in die Phrasenkiste. Zur Einleitung gibt es lässige Provokationen: „Die Wenigsten kennen mich und ich kenne die Wenigsten von euch. Es kann also eine hocherotische Angelegenheit werden.“ Die ersten Songs sind treffend, rund und erzählen von Liebe, Frauen und Gefühlen. Von Griesgram weiß, während wir leben, sammeln wir die Bilder für den Abspann. Es geht um schöne Momente und deren Wiederholung. Seine Texte sind ein bunt zusammen gepflückter Strauß rhetorischer Stilblüten, bei denen von Griesgram gern mal in umliegende Kitsch-Pfützen tritt. Manchmal wirkt es ein bisschen wie zuviel Puderzucker auf der süßen Waffel. Es klingt ein bisschen zu pathetisch, zu dick aufgetragen, womit er seine Zuhörer verzaubern möchte. Ein Song, der das Herz nicht berührt, langweilt das Ohr. So können seine Songs am Ende nicht halten, was sie zu Anfang versprachen.

Carsten Marc Pfeffer betritt die Bühne und murmelt dabei selbstvergessen und nervengebündelt vor sich hin. Aufwendig bindet er seine Krawatte, stimmt minutenlang seine Gitarre und tritt dann ans Mikro, um sich in epischer Breite über Hannes Wader und Konstantin Wecker auszukotzen, die gleichzeitig im Bochumer Ruhrkongress ein Konzert spielen. Dass er seine Tiraden im feinsten Cockney-Englisch hält, macht die Situation noch befremdlicher. Er beginnt eine spinnerte Beck-Version von „I was made for loving you“, die er lachend abbricht. Die Irritation im Publikum könnte nicht größer sein. Das macht dem Liedermacher ersichtlich großen Spaß. Er schnippt sich ein Bier auf, zündet sich eine Zigarette an. Dann erst geht es richtig los.

Die Heiligkeit der blöden Kuh

Sofort der erste Song zielt direkt ins Herz. Pfeffer schreibt deutschsprachige Lieder für Frauen, die es eigentlich nicht verdient haben. Das macht er ziemlich gut. Dabei gelingt es ihm immer wieder, den größten Schweinkram mit einer poetischen Aura des Mystischen zu umgeben. Man möchte ihm zustimmen, wenn er bemerkt, dass es für einen Liedermacher beizeiten ganz hilfreich sein kann, wenn einem ab und zu eine blöde Kuh über den Weg läuft. Er singt mit einer Verletzlichkeit und Intensität, die die Welt aus den Angeln hebt. Die Bochumer sind begeistert und fast ein bisschen verliebt, weil sich da einer so sehr verschenkt. Schweißüberströmt und von der Stimmung des Abends ergriffen, zerlegt Pfeffer dann kurzerhand die Bühne der Rottstr5. Requisiten fliegen ins Publikum, eine Frau schreit auf, die Diskokugel klatscht gegen die Theaterwand: Bier, Wahnsinn, Scherben. Verdammt viel Stil hat es aber auch, als sich der Intendant der Rottstr5. von diesem Radau anstecken lässt und die erste Bierflasche höchstpersönlich auf die Bühne wirft. Fight Club: Arne Nobel als Pfeffers Tyler Durden – einfach geil. „Mit dem Pfeffer würde ich überall hingehen“, so Nobel. Pfeffer sagt über sich selbst, dass er im Punk sozialisiert wurde. Er ist das personifizierte Punk-Zitat. Doch sein Thema ist nicht der Hass, sondern die Liebe. Das Zuviel der Liebe.

Als das Publikum nach der zweiten Zugabe immer noch keine Ruhe geben will, zückt Pfeffer den Revolver. „Schnauze“, brüllt er in den Applaus hinein, die Waffe auf das Publikum gerichtet. Doch kann er machen, was er will, der Applaus nimmt eher noch zu. Pfeffer hat sich an diesem Abend Narrenfreiheit erspielt. Bei so einem irren Kerl wie diesem geht den Bochumern einfach das Herz auf. Und noch einmal: einfach geil.