Ingo Wolf war ein unauffälliger Innenminister. Eine Leerstelle im Kabinett Rüttgers. Kurz vor seinem Ende bekam „Superingo“ nun noch vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Klatsche.
Wolf wollte dem Regionalverband Ruhr (RVR) zwingen, sich von einer Beteiligung an einem Windrad auf der Halde Hoppenbruch in Herten zu trennen. Das war eines der Symbole für neue Energie im Ruhrgebiet und das gefiel dem Hinterbänkler auf der Regierungsbank nicht.
Der RVR klagte und bekam nun vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen weitgehend Recht. Das Gericht erkannte an, dass die Änderungen im neuen RVR-Gesetz nicht ausreichen um einen sofortigen Ausstieg aus der Windradbetreibergesellschaft zu verlangen. Der RVR darf nun bis 2014 weiter auf der Halde für Windenergie im Revier werben. Die Grünen im RVR wollen an der Beteiligung festhalten. Martin Tönnes: „Innenminister Wolf ist mit seiner Anordnung vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in der Luft zerrissen worden. Wir werden in der nächsten Sitzung des Verbandsausschuss beantragen, dass der RVR an der Beteiligung festhalten soll. Das Innenministerium ist nunmehr aufgefordert seine offenkundig willkürliche Anordnung zurück zu nehmen. Wir wollen dass die Erträge aus der Beteiligung durch den RVR in die Region reinvestiert werden. Gescheitert dagegen sind die Pläne des FDP-Innenministers die Gewinne in die private Tasche wandern zu lassen.“
Auch wenn sich ihre Machtchancen verringert haben: Hannelore Kraft hat gestern gezeigt, dass sie das Zeug zur Ministerpräsidentin hat. Wenn die CDU nicht bereit ist, sie zur Ministerpräsidentin zu wählen, sollten die Bürger erneut entscheiden können.
Mit der Absage an eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei haben Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann gestern für eine Sternstunde der Landespolitik gesorgt: Beide stellten die Verantwortung dem Land gegenüber über den eigenen Machtwillen. Von solchen Menschen regiert zu werden ist nicht das Schlechteste was einem passieren kann.
Hätten Grüne und SPD, wie es die FDP forderte, erst gar nicht mit der Linkspartei reden sollen? Nein, es war gut dass es das gestrige Sondierungsgespräch gab. Löhrmann und Kraft haben die Linkspartei als Betonköpfe und Dilletanten entlarvt. Beispiel gefällig? In einer Schreiben an die Mitglieder zitiert Parteisprecher Ral Michalowski Wolfgang Zimmermann: „…die beiden Parteien (SPD und Grüne. d. Red) waren interessiert, entgegen ihren Programmen, die West LB zu privatisieren.“ Schade nur, dass die Privatisierung der WestLB von der EU vorgeschrieben wurde – die neuen Bank des Landes ist die NRWBank. Sowas sollte man schon wissen, wenn man mitregieren will.
Über das Verhältnis zur SED-Diktatur wurde hier schon an anderen Stellen diskutiert – das will ich alles gar nicht wiederholen.
Auch die Parteizentrale der Linken in Berlin war wohl nicht so erpicht auf ein Gelingen der Verhandlungen. Sie kannte ihre Pappenheimer in NRW und schickte mit Ulrich Maurer als Nanny jemanden aus der dritten, bestenfalls zweiten Reihe. Seine Beschädigung durch die gestrige Pleite wirkt sich auf die Partei nicht weiter aus.
Nun wird die SPD mit der CDU reden. Rüttgers gab gestern noch den Ministerpräsidenten. Dead Man Talking. Seine Zeit ist vorbei. Seine ohnehin nicht hohe Akzeptanz in der Bevölkerung dürfte sich mittlerweile dem Nullpunkt genähert haben. Er sollte seinen Platz räumen. Wenn es zu einer großen Koalition kommen sollte, kann die Ministerpräsidentin nur Hannelore Kraft heißen. Sie verfügt über die breiteste Basis im Parlament und wäre jederzeit in der Lage mit den Stimmen der Grünen eine relative Mehrheit zu erhalten.
Union und SPD sollten in diesem Fall auf die Grünen zugehen, die Minderheitenrechte der „kleinen“ Parteien stärken und so die Nachteile einer großen Koalition abfedern. Und wenn die Union das nicht will und an Rüttgers festhält, bleiben nur Neuwahlen. Rot-Grün könnte mit einer stabilen Mehrheit rechnen.
Slime und viele andere Bands, Samstag, 22. Mai, Ganztägig auf dem Festival Ruhrpott-Rodeo – geht auch am Sonntag weiter, Nähe Flugplatz Schwarze Heide, Hünxe
Aus. Es wird in NRW keine Rot-Rot-Grüne Koalition geben. Schon nach wenigen Stunden sind die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und Linkspartei gescheitert. Die SPD hat nun der Union Gespräche angeboten. Die könnte Armin Laschet als Versöhnungskandidaten präsentieren.
Hannelore Kraft begründete nach Angaben von Spiegel.de den Abbruch der Gespräche mit den relativierenden Äusserungen der Linkspartei zur DDR Vergangenheit. Auch die Weigerung der Linkspartei über Stellenstreichungen zu reden waren ein Grund für das Scheitern. Ohne Stellenstreichungen wird NRW bei der angespannten Haushaltlage kaum auskommen.
Ein Sozialdemokrat sagte den Ruhrbaronen: „Eine Option ist jetzt weg und weniger Optionen zu haben ist immer schlecht. Die große Koalition ist jetzt die einzige Option und die ist für die SPD sehr ungünstig.“ Die Linkspartei wäre ohne die ernste Absicht zur Zusammenarbeit in die Sondierungsgespräche gegangen: „Wer so viele Vorbedingungen stellt, will keinen gemeinsamen Erfolg.“ Hannelore Kraft hätte Recht damit behalten, dass die Linkspartei nicht regierungsfähig sei: „Man muss sich fragen ob es nicht verfassungsfeindlich ist, solche Nullen in den Landtag zu schicken wie es die Linkspartei getan hat.“
Nach unseren Informationen wollte die Linkspartei weiterhin als Partei offiziell gegen die dann gemeinsame Regierungspolitik protestieren können. Grünen und SPD gefiel das nicht. Streit gab es auch beim Thema Verfassungsschutz: Die Linke wollte deutlich machen, dass der Verfassungsschutz bislang nicht auf Basis der Verfassung gearbeitet hat – und dies künftig erst unter Kontrolle der Linkspartei tun würde.
Parteinanny-Maurer soll während der Gespräche mehrmals bei den Aussagen seiner Parteifreunde die Hände über den Kopf zusammengeschlagen haben.
In der CDU, die der nächste Gesprächspartner der SPD sein wird, werden indes die Stimmen lauter Jürgen Rüttgers zurückzuziehen. Er sei der SPD nicht zuzumuten. Integrationsminister Armin Laschet könnte der neue Kandidat der Union werden.
Linkspartei Sprecherin Katharina Schwabedissen sagte Grüne und SPD hätten für das Scheitern „vorgeschobene Gründe vorgeschoben“ die keine inhaltliche Basis gehabt hätten.
Mittlerweile hat Klaus Ernst, der Vorsitzende der Linkspartei eine Erklärung veröffentlicht: „Der Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen“, sagt Ernst, „ist an SPD und Grünen gescheitert. Das waren keine echten Sondierungen sondern nur Scheinverhandlungen. Die DDR existiert seit 20 Jahren nicht mehr. Dass sie jetzt als Grund für das Scheitern der Gespräche herhalten muss, zeigt, dass es SPD und Grünen nie ernst mit einer Einigung war.“
Bei den heutigen Sondierungsgesprächen zwischen SPD, Grünen undLinkspartei geht es nicht nur um die Programme. SPD und Grüne wollen auch die Demokratiefähigkeit der Linkspartei testen. Helfen soll dabei ein Papier aus Thüringen.
Wenn Parteien über ein Koalition beraten geht es in der Regel um Inhalte und Vertrauen: Passen die Programme, kann man mit den anderen mehrere Jahre zusammenarbeiten oder ist Streit vom ersten Tag an vorprogrammiert. Bei den Gesprächen zwischen der SPD, den Grünen und der Linkspartei geht es aber auch noch um andere Fragen: Ist die Linkspartei demokratisch? Wie hält sie es mit der DDR Diktatur und der Verfassung? Das Lob von Ulla Jelpke,einer NRW-Bundestagsabgeordneten der Linkspartei für die Stasi hat die Fragezeichen erst einmal vergrößert. Hannelore Kraft hat angekündigt, dass die Linkspartei Demokratiefähigkeit beweisen müsse. Dazu soll auch eine Stasi-PÜberprüfung gehören.
Nach Informationen der Ruhrbarone werden SPD und Grüne der Linkspartei zudem im Laufe der Verhandlungen ein Papier vorlegen, dass sich an einer von der SPD und den Grünen in Thüringen entwickelten Resolution orientiert und grundsätzliche Fragen zum Thema Demokratie und DDR-Vergangenheit zum Thema hat. Die Linkspartei in Thüringen hatte damit kein Problem und begrüßte die inhaltliche Ausrichtung des Papiers weitgehend:
“Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution ist die Notwenigkeit einer Aufarbeitung der Vergangenheit der SED-Diktatur in all ihren Facetten weder überflüssig noch rückwärtsgewandt. Sie ist die Voraussetzung für gelingende Demokratie. Wer nicht erkennt, dass Unrecht und Diktatur nicht einfach durch Zeit überwunden werden, wird Zukunft in der Demokratie nicht gestalten können. Wer die DDR für einen im Grunde gerechten Staat erklärt, in dem alle ihre Chance hatten und der nur ein paar hässliche Auswüchse hatte wie das MfS, wird dem heutigen Anspruch an historische und gesellschaftliche Aufarbeitung nicht gerecht. Jedes Recht und jede Gerechtigkeit konnte in der DDR ein Ende haben, wenn es einer der kleinen oder großen Mächtigen so wollte. Jedes Recht und Gerechtigkeit waren für denjenigen verloren, der sich nicht systemkonform verhielt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist aus dem Zusammenschluss von großen Teilen der DDR-Bürgerrechtsbewegung hervorgegangen und hat entscheidenden Anteil an der Beendigung des Unrechtsstaates DDR. Die Linkspartei steht in der Nachfolge der SED, der Partei, welche die Diktatur in der DDR ausübte. Die so genannte „führende Rolle der SED“ relativiert nicht den Anteil der Blockparteien, aber sie macht dennoch den Unterschied aus, zwischen ihr und den anderen, den in der DDR gewollten Unterschied…
Die SPD konnte erst – nach der Zwangsvereinigung 1946 – wieder in der Freiheit ihre politische Arbeit aufnehmen.
Wenn heute im Jahr 2009 Politik gestaltet werden soll, müssen einfache Muster der Aufarbeitung erweitert werden. Zunächst einmal geht es um die Anerkennung dessen, was tatsächlich war.
Das ist nicht gleichbedeutend mit der Herabwürdigung von Biographien, allerdings hat sich jedes Leben in der DDR eben dort abgespielt und nicht im luftleeren Raum. Wir müssen die enge Sichtweise, hier Täter – immer gleichbedeutend mit einer Zusammen- oder Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit – und dort Opfer – die nur Opfer sind, wenn sie z.B. inhaftiert waren – erweitern. Vielmehr geht es um eine konsequente und schonungslose Aufarbeitung der Alltagsdiktatur. Nur so kann Aufarbeitung im gesellschaftlichen Rahmen gelingen, nur so lässt sich für heute daraus lernen. Nicht nur die heute gut dokumentierte Einflussnahme der Staatssicherheit, die Schwert und Schild der SED war, auf den Lebensweg und die Freiheit eines einzelnen Menschen, sondern die unerträgliche Einflussname in alle Bereiche des Lebens in der DDR durch den von der SED geführten Staat wollen wir aufarbeiten.
Dabei geht es um die demokratische Kultur von morgen. Wer die Vergangenheit verharmlost, wird nur eine Demokratie der Formen, nicht aber der Herzen erhalten. Vor einer Aufarbeitung in die Gesellschaft hinein muss das Bekenntnis zur DDR als einem Staat stehen, der eine Diktatur war, der nicht nur kein Rechtsstaat war, sondern ein Willkürstaat, der in der Konsequenz Unrechtsstaat genannt werden muss.
Darüber hinaus vereinbaren wir ein engagiertes, auf lange Sicht angelegtes Projekt der politischen Bildung in dem die Vergangenheit der DDR vielfältig und beispielhaft für die gesamte Bundesrepublik aufgearbeitet wird. Dabei geht es um eine politische Bildung insbesondere mit dem Ziel der Bildung zur Demokratie.
Wir verständigen uns darauf, nicht mit Organisationen, die das DDR Unrecht relativieren wollen, zusammenzuarbeiten. Ebenso sollen Menschen, die leugnen, dass die DDR kein Rechtsstaat war, keine Verantwortung in der gemeinsamen politischen Arbeit für Thüringen wahrnehmen. Mit allen, die in der DDR Schuld auf sich geladen haben, diese Schuld aber eingestehen, bekennen und ihren Beitrag zur Aufarbeitung leisten wollen, werden wir zusammenarbeiten.
Mal schauen was die Basis der Linkspartei am Wochenende beim Sonderparteitag in Bottrop zu dem besonderen Umgang von Grünen und SPD mit der eigenen Partei sagt..
Unschulds-Lammert unter Druck: Heute soll im Ältestenrat des Bundestages seine Affäre um eine als unabhängig getarnte CDU-Wählerinitiative aus Bochum besprochen werden. Der oberste Prüfer aller Parteien und zweite Mann im Staat baut eine Mauer des Schweigens um seinen von der CDU organisierten dubiosen Fan-Club. Einige auf einem Flyer benannten Unterstützer fühlen sich getäuscht. Der Intendant des Bochumer Schauspielhauses Elmar Goerden sagte zu den Ruhrbaronen: „Ich hätte niemals eine CDU-Initiative unterstützt.“
„Die Vorgänge um Lammerts Wählerinitiative sehen auf den ersten Blick sehr seltsam aus,“ sagte der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Nachdem die Frankfurter Rundschau publik machte, dass die als überparteilich bezeichnete Initiative „Bochumer Bürger für Norbert Lammert“ von der CDU bezahlt und organisiert wurde, hat der Bochumer Abgeordnete vor wenigen Tagen die Prüfung an seinen Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD) übertragen. Auch dies ist laut Beck fragwürdig. Das Parteiengesetz sehe nicht vor, dass der Bundestagsvize diese Aufgaben übernehmen könne.
Dass Lammert als oberster Prüfer aller Parteienfinanzen nun selbst ins Visier gerät ist pikant. Transparenz über die Geldquellen der Parteien gibt er als Leitlinie aus. Sein eigenes inzwischen umstrittenes Handeln im Bundestagswahlkampf 2009 aber lässt er trotz mehrmaliger Nachfragen im Nebel. Sein Berliner Büro verweist auf die Bochumer CDU, diese wiederum lässt Fragen bis heute unbeantwortet. So verweigert sie Aussagen dazu, wie teuer letztendlich der Druck und die Konzeption der Flyer gewesen ist und wer genau die Veranstaltungen mit CDU-Prominenten wie Bernhard Vogel organisiert hat. Telefonische Nachfragen wurden zuletzt mit einem Hörerauflegen beantwortet. Eine Mauer des Schweigens umgibt das System Lammert.
Schriftlich bestätigt hat Lammerts Berliner Büro inzwischen, dass die Bochumer CDU aus ihrem Budget für den Bundestagswahlkampf 2009 die Flyer, Veranstaltungen und Zeitungsanzeigen der Initiative bezahlte. Das Budget wiederum speiste sich laut dem damaligen Bochumer Schatzmeister Roland Mitschke aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. „Gerade vor der Bundestagswahl 2009 gab es diese Zuwendungen in größerer Anzahl“, so Mitschke. Ob auch Unterstützer der Initiative womöglich ohne deren Wissen an die CDU spendeten lässt er offen. Genau dies ist aber der Knackpunkt. Sollten Mitglieder der Initiative Geld gegeben haben und dies wäre in den Parteitopf geflossen, hätte sich Lammert womöglich unrechtmäßig Parteienzuschüsse einverleibt. Jeder gespendete Euro wird vom Staat mit 38 Cent bezuschusst.
Wählerinitiativen sind ohnehin umstrittene Spieler im Wahlkampf. Auch die SPD hatte eine in Bochum. Im Unterschied zu Lammerts trat sie aber nicht als überparteilich auf. Der Christdemokrat hat seine Initiative selbst aufgebaut. Zwar fungierte als offizielles Gründungsmitglied der CDU-Kulturpolitiker Klemens Kreuzer. Aber viele der Unterstützer der angeblichen unabhängigen Gruppe, die den Werbe-Flyer unterzeichneten, wurden von Lammert angesprochen und stehen in seiner persönlichen Schuld. Menschen wie Steven Sloane, der die Bochumer Symphoniker leitet und seit Jahren auf ein eigenes Konzerthaus hofft. Lammert hatte öffentlich für den Bau geworben und zu Spenden aufgerufen. Oder Menschen wie Elmar Goerden, Intendant des Bochumer Schauspielhauses, in dessen Verwaltungsrat Kreuzer sitzt. Im vergangenen Juli erhielten diese Prominenten Briefe mit der Bitte, sich für Lammert zu engagieren. Dass es letztendlich um eine CDU-Wahlwerbung ging habe Goerden jetzt überrascht, heißt es aus seinem Umfeld.
Ähnlich ergeht es dem Bochumer Politikprofessor und Unterzeichner des Faltblattes Uwe Andersen. Er wird von Lammert regelmäßig mit seinen Studierenden im Bundestag empfangen. „Seitdem schätze ich ihn persönlich sehr“, so Andersen zur FR. Für die CDU habe er aber nicht werben wollen. „Dieser Hintergrund war mir nicht bekannt.“ Andersen kann sich sogar „vorstellen, dass Spenden eingeworben wurden.“
Die Bochumer SPD, langjährige Regierungspartei in der Revierkommune, war „vollkommen überrascht über die Liste der Unterzeichner“, so der Vorsitzende der Ratsfraktion Dieter Fleskes. Viele von ihnen hätten durchaus auch schon mal mit der SPD zusammen gearbeitet. In persönlichen Gespräche hätten sich viele dann wieder von Lammert distanziert.
Dieses widersprüchliche Verhalten ist nur mit Lammerts Macht in Bochum zu erklären. Der 61-Jährige, langjähriger Chef der Revier-CDU, gilt im organisatorisch zerfaserten Ruhrgebiet als Integrationsfigur. Regelmäßig lädt er Journalisten und einflussreiche Personen zu politischen Gesprächen ein, ist in zahlreichen Initiativen aktiv und einflussreiche Stimme im Bundestag. Der Politikwissenschaftler ist aber auch bekannt dafür, gerne in der Öffentlichkeit zu stehen und nach Anerkennung zu gieren. Legendär ist sein Lamento, die Bundestagsdebatten, die er ja leitet, müssten im Fernsehen gesendet werden. Mehrfach soll er sich beim NRW-Haussender WDR beschwert haben, nicht ausreichend medial gewürdigt worden zu sein. Und auf dem laut Insidern von ihm mit abgesegneten Flyer heißt es: „Ein Bochumer in Berlin, der nicht nur seine Stadt sondern auch das Land glänzend vertritt. Kompetent, souverän, humorvoll.“
Heute reden die Grünen in NRW mit der Linkspartei. Rot-Rot-Grün wäre nicht einfach eine Koalition dreier „linker“ Parteien. Für die Grünen wäre es ein zweifacher Verrat ihrer eigenen Wurzeln.
Für die Grünen ist Rot-Rot-Grün nicht einfach eine Koalitionsoption unter mehreren. Die Grünen haben sich auch gegen große Teile der heutigen Linkspartei gegründet und das gleich zwei Mal in ihrer Geschichte.
Das erste Mal 1980: Die Gründung der Grünen war damals auch ein Signal gegen all die K-Gruppen, die damals innerhalb der Linken eine wichtige Rolle spielten. KBW, KPD/ML, KPD, KABD, GIM – es gab damals hunderte kleiner und kleinster autoritärer linker Gruppen. Allen gemein war, dass sie sich für die wirklichen Probleme der Menschen nicht interessierten, feuchten Revolutionsträumen hinterherhingen und toten politischen Führern huldigten: Lenin, Trotzki, Stalin, Mao – je wahnsinniger die Theorie, je blutiger die Praxis umso größer die Anbetung.
Klar, viele der damaligen Gründer der Grünen waren selbst irgendwann einmal in diesen Gruppen, aber mit der Gründung der Grünen und dem, umstrittenen, Verbot, von Partei-Doppelmitgliedschaften , hatten sie einen Bruch vollzogen: Weg von autoritären Sektenspinnereien hin zu einer Politik der Emanzipation des Einzelnen, der Ökologie und der Demokratisierung der Gesellschaft. Die Grünen waren postmaterialistisch, pluralistisch und antiautoritär. Das sind sie in weiten Teilen bis heute geblieben. Den hirnlosen Parteisoldaten ohne eigene Meinung findet man in ihren Reihen selten.
In der Linkspartei treffen die Grünen heute auf all die Deppen, von denen sie sich damals lossagten, die heute noch in klandestinen Grüppchen agieren und für die die Linkspartei vor allem ein Vehikel zum Transport ihres Ideologiemülls ist. Die Grünen wissen das. Ich kennen keinen der die Linkspartei nicht zutiefst verachtet. Selbst viele linke Grünen wollen mit ihnen nichts zu tun haben.
Die zweite Gründung der Grünen war ein auch Zeichen gegen die autoritäre Linke: 1991 bildeten Bündnis 90 und die Grünen einen neue Partei. Als einzige Partei gaben die Grünen ihren Namen auf und schlossen sich neu mit Teilen der DDR-Bürgerrechtsbewegung zusammen. Das klappte gut, weil es schon vor dem Mauerfall enge Kontakte zur DDR-Opposition gab: Petra Kelly protestierte in Ostberlin gegen die Politik der DDR. Grüne Ortsverbände unterstützten DDR-Oppositionsgruppen mit Geld, und Druckmaschinen, sorgten bei Verhaftungen ihrer Freunde hinter der Mauer für Öffentlichkeit. Die Grünen im Osten wurden von Bürgerrechtlern gegründet, von Verfolgten, von Menschen die im Gefängnis saßen und von der Stasi verfolgt wurden. DDR-Jubler wie Ulla Jelpke oder Gunhild Böth, die in der Linkspartei in NRW den Ton angeben, Kommunistinnen wie Sarah Wagenknecht können für die Grünen mit ihrer stolzen Tradition keine Partner sein.
Bedeutet das, dass die Linkspartei nie ein Bündnispartner der Grünen sein kann? Nein. Es bedeutet, dass nur eine gewandelte Linkspartei ein Partner für die Grünen sein kann. Die Grünen können nur mit einer Linkspartei koalieren, für die die DDR ein Unrechtsstaat war, die keinen Platz in ihren Reihen für Trotzkisten und Stalinisten hat. Die sich nicht nur mit einem Lippenbekenntnis zu Demokratie bekennt.
Keine Partei im Landtag ist so weit von allem entfernt wofür die Grünen stehen.
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