Der Ruhrpilot

Pro NRW: Helfershelfer aus Österreich…Süddeutsche

NRW: Linkspartei droht der SPD…RP Online

NRW II: Wer soll die NRW-FDP durchs tiefe Tal führen?…Welt

NRW III: CDU muss Strafe zahlen…Süddeutsche

NRW IV: Droht dem Land ein Aufstand der Kumpel?…Welt

NRW V: Bürger sollen wohl über Pipeline mitentscheiden…Der Westen

Dortmund: Arm aber blöd…Jojoclub

Dortmund II: Bürgervotum zum Flughafen findet keine Mehrheit…Der Westen

Dortmund III: Deal mit neuem Betreiber perfekt…Ruhr Nachrichten

Dortmund IV: Envio gefährdet 170 Arbeitsplätze bei ABP…Der Westen

Gelsenkirchen: Bundeskongress der Grünen Jugend…Welt

Bochum: „Next Generation – Das Stück“…Ruhr Nachrichten

Oberhausen: Eiserne Zeiten…Zeit

Umland: Klimawandel und Heimatzeitung…Zoom

Umland II: Naziaufmarsch in Ahlen…DL

Tatort Internet: Fachmeinung vs. Facebook-Hetze…Netzpolitik

DuMont: Stefan Niggemeier, Georg Altrogge und Panama…Weissgarnix

21 neue iPads werden in Deutschland getestet

21 neue iPads sollen zur Zeit in Deutschland getestet werden. Zu den wenigen Privilegierten mit neuen iPads in den Taschen gehören auch ausgesuchte Medienpolitiker.

Und mit einem von ihnen habe ich mich über das neue iPad unterhalten. Er hat es mir nicht gezeigt, schwärmte aber von dem Gerät. Es bietet wenige Überraschungen: Das Display ist etwas kleiner. Das iPad ist leichter – 750 Gramm und man soll auf ihm besser Tippen können als auf dem Vorgänger.  Apple hat scheint ein Interesse an einem guten Verhältnis zu Medienpolitikern zu haben – denn, dafür kenn ich meinen Gesprächspartner, der vertrauenswürdig ist, gut genug: Ahnung von Computern und IT hat er soviel wie ein Elefant vom Schlittschuhlaufen.

Büchereiensterben: Eine Frage des Einflusses

Immer mehr Städte sparen an ihren Büchereien. Aussenstellen werden geschlossen, Bücherbusse stillgelegt. Imageträchtige Großprojekte werden hingegen weiter gefördert. Alles eine Frage des Einflusses.

Bis Mitte 20 war ich ständig in Büchereien. Als Jugendlicher war mein erster Leseausweis die der Schlüssel für eine neue Welt. Ich genoss die in meinen Augen schier unendliche Vielfalt des Angebots, las mich durch die Regale. Irgendwann begann ich mir alle Bücher die ich lesen wollte zu kaufen – ich war einfach zu schlunzig mit der Rückgabe und die Strafgebühren wurden mir zu hoch. Auf mein Angebot, die Gebühren einfach von meinem Konto abzubuchen,  wollte die zustände Fachkraft leider nicht eingehen. Ich mag Bücher. Und es macht mich nicht nur traurig, sondern auch wütend, wenn ich einen Artikel wie den auf Der Westen lese, der vom Niedergang der Stadtbüchereien berichtet. In Duisburg ist gar kein Geld mehr Neuanschaffungen da. In vielen Städten werden Stadtteilbüchereien geschlossen. Die Bücherbusse werden stillgelegt. Sicher, die Städte haben kein Geld, aber das ist nicht der Hauptgrund. Der eigentliche Grund für die Schließung der Büchereien ist die Schwäche ihrer Benutzer. Sie haben keine Lobby. Die Büchereien und ihre Leser sind nicht glamorös.

In Duisburg haben sie eine neue Konzerthalle gebaut, in Dortmund für Millionen den U-Turm ausgebaut in Bochum träumt immer noch von einem neuen Konzerthaus. In anderen Städten ist die Lage nicht anders. Für imageträchtige Repräsentationskultur ist immer noch eine Menge Geld da. Für Büchereien nicht mehr. Eigentlich sollte auf jedem Konzerthausplatz ein Zettel liegen, auf dem steht: „Für das Geld, dass die Stadt für Ihre Eintrittskarte hingelegt hat, hätten man auch zehn Bücher für die Stadtbücherei kaufen können.“

Aber das wird nicht geschehen. Konzerthäuser, Theater und Festivals gelten als Standortfaktoren.  Ein SPD-Ratsherr begründete den Konzerthausbau in Bochum einmal sehr ehrlich: Man müsse was für die Großkopferten tun.  Und die  Großkopferten gehen nicht in die Stadtbücherei. Sie müssen sich keine Mathebücher ausleihen, wenn sie das Abitur nachholen. Für ihren Nachwuchs ist die Kinderecke nicht die einzige Chance, überhaupt an Bücher ranzukommen und sie brauchen auch keinen öffentlichen Bestand an Romanen und Gedichtbänden um ihren Lesehunger zu befriedigen. In Bochum gab es Milionenspenden für ein absolut überflüssiges Konzerthaus. Grönemeyer gab ein Konzert im Ruhrstadion und spielte ein paar Stücke in der Innenstadt. Die Gebühren eines Parkplatzes in der Innenstadt kommen dem Konzerthaus zu Gute. Die Debatte um das Konzerthaus wurde so intensiv und leidenschaftlich geführt , als hinge die Zukunft Abendlandes von seinem Bau ab. Prominente rührten die Werbetrommel. Wenn es um die Sicherung der eigenen, teuren Kulturnedürfnisse geht, kann die selbsternannte Elite sogar rabiat werden.

Auch die Kulturhauptstadt hat sich nicht für Stadtbüchereien interessiert – allerdings auch nicht für Off-Theater, kleine Konzertveranstalter und alles andere, wo man sich nicht selbst  feiern kann. Wäre ein schönes Thema gewesen. Wie so vieles andere auch, das auf der Strecke blieb.

Werbung


Der Ruhrpilot

NRW: Gründe drohen mit Neuwahlen…Spiegel

Loveparade: Gutachten zur wirft Fragen auf…Der Westen

IT: Neues System für ePass legt Bürgerbüros lahm…Der Westen

Dortmund: SPD-Fraktionschef unter Polizeischutz…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: FZW-Vertrag kein Problem, das Booking aber schon….Der Westen

Bochum: „Next Generation – Das Stück“…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Geschichte der “Judenhäuser”…Bo Alternativ

Umland: Köln am Abgrund…Spiegel

Umland II: Lob und Tadel fürs Bergische…RP Online

Umland III: Sage den Genossen mal, wie Kommunalpolitik geht!…Zoom

Parteien: Wenn Piraten sich enthalten…F!XMBR

Internet: Wie Filesharing den Verkauf antreibt…Netzpolitik

Google: Street-View-Autos erfassten private Passwörter…Welt

Wie wird die SPD wieder sexy?

Es gibt Aufgaben, die man sich nicht aussucht. Nie würde ich auf die Idee kommen, Einsteins Relativitätstheorien mit der Heisenbergschen Unschärferelation vereinen zu wollen. Aber nicht immer kann man sich solchen Herausforderungen entziehen.

Und dann klingelt das Telefon und Uwe Knüpfer, der frischgebackene Chefredakteur des SPD-Magazins Vorwärts, ist dran. Ich wollte mich gerade dafür entschuldigen, dass ich ihm nicht wie versprochen die Telefonnummer von Martin Kaysh  geschickt habe, weil ich seine aktuelle E-Mail-Adresse nicht kenne, da fragt er mich: „Wie macht man die SPD wieder sexy?“. Mein Herz setzte aus und meine Kippe fiel in den Fußraum meines gerade über die A42  rasenden Opels. Ein paar Nahtoderfahrungen später frage ich nach: „Sie wollen von mir wissen, wie man die SPD wieder sexy machen kann?“ Fröhlich bejahte Knüpfer seine Frage und wir verabredeten, dass ich darüber etwas schreibe.

Und hier nun Antwort auf die Frage: Die SPD wird nie wieder sexy sein. Und wenn sie das auch nur versucht, macht sie sich lächerlich. Ein paar Anläufe der Reerotisierung der Partei gab es ja: In den 90ern die Anzeigenkampagne mit einem schwulen „Love-Juso“ auf Rollerskates. Und dann noch den Techno tanzenden Oscar Lafontaine auf irgendeinem Juso-Kongress. Das Video suche ich regelmäßig auf Youtube, um die Anhänger der Linkspartei auf den Ruhrbaronen demütigen zu können – bislang leider  vergebens.

Ich kann die SPD ja verstehen – irgendwann einmal in den 70er Jahren fühlte man sich auf der Höhe der Zeit: Willy Brandt Buttons steckten an den Parkas irgendwelcher Frauen, die aussahen wie Uschi Obermaier und an den Parkas irgendwelcher Männer, die aussahen, als ob sie lieber Haarwuchsmittel als Bier trinken würden.

Damals war die SPD natürlich groovy. Irgendwie. Und wer die Zeit als Sozialdemokrat mitbekommen hat, wird sie sich vielleicht zurückwünschen. Aber malt die Erinnerung auch hier nicht mit goldenen Lettern?

Die Konflikte um den Radikalenerlass, den Ausbau der Kernenergie und nur wenig später der Nachrüstung sorgten dafür, dass die SPD kurz darauf  ihren Status als Zeitgeistpartei verlor. Genosse Trend war ausgetreten. Viele der  Männer mit der Vorliebe für Haarwuchsmittel wechselten zu den Grünen. Wo die Frauen, die wie  Uschi Obermaier aussahen, geblieben sind, wird wohl noch Generationen von Historikern beschäftigen.

Der damals begonnene Fall der SPD konnte bis heute nicht gestoppt werden. Die Grünen und die spätere Linkspartei nahmen der SPD in nicht unerheblichem Maße Stimmen ab. Viele einstige Stammwähler blieben bei Wahlen einfach zu Hause. Die Begeisterung für die SPD schlug zum Teil in ein kaum zu erklärendes Maß an Verachtung um. Ich kenne einen heutigen Landtagsabgeordneten der Linkspartei, der schon über die SPD herzog, als er noch für Jahre ihr Mitglied sein sollte. Er hatte der Partei und ihrer Politik alles zu verdanken: Die Möglichkeit, das Abitur nachmachen zu können, das Studium auf einer Gesamthochschule, die Umwandlung des Graduierten-Abschlusses in ein Diplom und den späteren Job im Kulturamt einer Kleinstadt – lukrativ und wenig anstrengend. Seine Mittagspause – eine halbe Stunde von zwölf bis zwei, wie er uns Schülern augenzwinkernd erklärte – nutze er, um vor dem Tschibo-Kaffeeausschank in der Fußgängerzone jedem zu erzählen, was für ein elender Haufen die Sozialemokratie doch sei. Ich hielt ihn für undankbar.

Begeisterung ist für eine Partei ein süßes Gift. Ein Blick in Niccolo MachiavellisDer Fürst“ – das dünne Bändchen sollte seinen Platz auf dem Nachttisch jedes Realpolitikers haben – reicht aus, das Problem zu erfassen:

Und die Menschen nehmen weniger Anstand, Einen, der sich lieben macht, zu beleidigen, als Einen, der sich fürchten macht; weil die Liebe an einem Bande hängt, das, da die Menschen schlimm sind, auf jeden Anlaß des eignen Nutzens zerrissen wird; hingegen die Furcht hängt fest an einem Schrecken vor Strafe, welches dich niemals verläßt.

Lassen wir mal die Furcht beiseite, zeigt sich bis heute, dass der Florentiner Politikberater sein Handwerk verstand. Und ersetzen wir die Furcht mit all ihren beschriebenen Konsequenzen durch den Verstand, sieht man, wohin die SPD gehen muss:

Sie muss ihren Wählern klar machen, dass es ihnen mit ihr besser geht,  als wenn andere Parteien regieren. Und sie muss es aushalten, dass immer einer kommt, der, wie die Linkspartei, das Blaue vom Himmel verspricht. Ja, die Linkspartei hat Fans. Auf ihren Parteitagen geht es zu wie auf einem Phil Collins-Konzert: Alte Menschen tragen lächerliche T-Shirts und fühlen sich wie 20jährige. Das ist schön für sie. Aber wenn die Party zu Ende ist, werden sie es zu schätzen wissen, dass da jemand ist, der sich um die Kostenerstattung für die künstliche Hüfte und die Therapie des Bandscheibenvorfalls kümmert. Und zwar nicht in einer fernen, utopischen Welt oder auf Cuba sondern heute Nachmittag in Wanne-Eickel.

Wenn die SPD diese Partei ist, wird sie keine Probleme haben. Es geht nicht um Sex, es geht nicht um den idealistischen Rausch. Es geht um Vertrauen – und sei es um das Vertrauen, mit der SPD das kleinere Übel zu wählen. Auch diese Stimmen zählen.

Den Menschen zu erklären, dass man sich für ihre Bedürfnisse einsetzt und das mit Augenmaß, Ernsthaftigkeit und Vernunft ist das Gegenteil von sexy. Aber wer möchte Lady Gaga als Kanzlerin haben? Oder Oscar Lafontaine?

Und vor allem ganz einfach das Marketinggeschwätz vergessen: Partei als Marke, sexy, Ich AG, Teams für Arbeit  und all diesen Quatsch. Das Schlimmste an der Agenda 2010 war  diese Sprache. Die Menschen fühlten sich für dumm verkauft. Der Kern der Agenda ist übrigens für die SPD ein guter Grund, stolz zu sein. Für die Versuche, sie den Menschen zu erklären, muss sie sich allerdings schämen.

Wird die SPD damit wieder zu ihrer alten Größe zurückfinden? Natürlich nicht. Diese Zeiten sind vorbei – für beide Volksparteien. Die Gesellschaft ist unübersichtlicher und vielschichtiger geworden. Analysen darüber gibt es genug. Ich persönlich halte das für einen Fortschritt. Und 30 Prozent der Wählerstimmen sind auch noch eine ganze Menge. Und das ist drin. Manchmal sogar vielleicht noch mehr. Auch in Zukunft.

Natürlich reicht leidenschaftsloses Vertrauen der Wähler alleine nicht aus. Eine Partei lebt von ihren Mitgliedern – und davon, immer neue Mitglieder binden zu können. Ein großes Problem sind die Ortsverbände.  Sie schrecken Neueinsteiger ab, die sich engagieren wollen. Vorträge von Handwerkern, Streuselkuchengelage und ab und an eine halbverbrannte Bratwurst auf einem Sommerfest – damit begeistert man niemanden. Da muss man sich etwas einfallen lassen: Mehr Arbeitskreise, in denen Politik zumindest auf lokaler Ebene direkt mitbestimmt werden kann, wären eine Lösung. Mitgliederbefragungen, Vorwahlen, Online-Foren, virtuelle Ortsverbände und vieles mehr müssen verstärkt genutzt werden. Nicht alles wird klappen. Die Menschen, die wissen wie das geht, hat die SPD. Ein paar kenne ich. Ihr Wissen und ihr Engagement sollte genutzt werden. Auch wenn sie nicht unbedingt sexy sind…

Wattenscheider Schule: Ein Schauspieler und ein Journalist ziehen in die Welt…

Wattenscheider Schule live Foto: Matthäus Dolibog

Max beklagte in einem Kommentar die Lieblosigkeit im gestrigen Text über die Wattenscheider Schule. Er mag in der Tendenz Recht haben. Denkt man, wenn man den Text liest. Ein Schnellschuss. Stefan Laurin ist kein Kulturkritiker. Das war ein grandioser Abend am Mittwoch in der Rottstraße. Nach kleinen Vorpremieren gab es die Wattenscheider Schule erstmals bei einem Heimspiel, das immer als Auswärtsspiel zählen wird, im Herzen der Bochumer Innenstadt.

Schlange und Joswig, gebürtige Gesinnungswattenscheider, erzählen die Geschichten aus dem Revier und bereisen aus dem Revier heraus die Republik. Reportagen sind das angeblich, so sehen diese Stories auf den ersten Blick auch aus. Faktensicher, in der Zeit und mehr der Wahrheit als der Wirklichkeit verpflichtet, stehen sie dabei ganz nebenbei in der Tradition von Egon Erwin Kisch, der die Wirklichkeit gerne mal der zu erzählenden Wahrheit unterordnete. Wenn ab Neujahr von der Nachhaltigkeit der Ruhr.2010 wenig übrig geblieben sein wird, werden die Reportagen der Wattenscheider Schule weiter zu lesen sein. Man kann nur hoffen, dass es sie auch weiter zu hören gibt. Wenn sich Koloniebewohner, Taubenväter, Stahlkocher und Bergleute endgültig verabschiedet haben, wird der Kern des Ruhrgebiets übrig bleiben: Haltung.

Das Duo ist genial, nicht nur bei den Lesungen, die nie die erzählenden Typen hinter den Texten verstecken. Ein Schauspieler und ein Journalist ziehen in die Welt und setzen sich den Absonderlichkeiten des modernen Lebens aus, bleiben stets Außenseiter, Loser, auch oder gerade in der Masse. Dazu wenden sie wirkungsvoll einen simplen Kunstgriff an, der nun mehr Schauspiel ist als Journalismus. Das Duo Bastian Schlange und Patrick Joswig inszeniert das Duo Schlange/Joswig. In ihren Texten umgehen sie das reporteronkelhafte: “Wir… betreten den Raum”, wenn der Schreiber eigentlich sich meint, aber um jeden Preis das peinliche “Ich” vermeiden will, und verfallen auch nicht in das nicht weniger dumme “der Berichterstatter schaut verwundert”, um eine leere Hülle der Objektivität vorzutäuschen. Sie schreiben von sich in der dritten Person, aber diese beiden Dritten sind fein und genau gezeichnet, irgendwie tölpelig, versoffen oder verkatert, zumindest vollkommen verpeilt. Das leben sie nicht nur im Außen-, sondern auch im Binnenverhältnis aus. Mal trägt der eine zum Ärger des anderen die nützlichen langen Unterhosen beim Auswärtsspiel der SG Wattenscheid, mal zeigt einer sich als Festivalprofi (“Jesus Freaks”) und packt die rettenden Flipflops ein. Und wechselseitig hilft man sich bei alkoholgeschuldeten Aussetzern weiter. Was da im einzelnen Pose und was Geschehenes ist, bleibt uns Zuhörern verborgen. Egal. Wichtig ist die Story, denn, das wusste schon Alfred Polgar: “Geschichten werden niemals richtig erlebt, nur manchmal, sehr selten, richtig erzählt.” Das tun die Beiden.

Erstaunlicherweise entsteht gerade aus ihrer charmanten Deppenperspektive der klare Blick des inszenierten Außenseiters. Das ist ein alter Comedian-Kunstgriff: “be vulnerable”, sei angreifbar, verwundbar. So funktioniert Komik. Journalismus ist eher das Gegenteil.

Die Wattenscheider interessiert die Masse, und auch hier steht, scheinbar widersprüchlich, der Außenseiter im Fokus. Sie fahren mit der SG Wattenscheid im Linienbus zum Auswärtsspiel statt in der Schalker Nordkurve zu stehen, besuchen die Jesus Freaks statt beim Hurricane abzuhängen und betreten die absonderliche Welt des Halterner Prickinghofs, wo andere Disneyland ansteuern würden. Entsprechend ist das Personal der Reportagegeschichten, eher abwegig, seltsam, verloren. Über die Schönen und Reichen der Republik sollen andere schreiben, die aus Frankfurt kommen, oder aus Düsseldorf.

Das großartige Label der “Wattenscheider Schule” scheint weniger Gag als berechtigte Einordnung. Komisch wie die Neue Frankfurter Schule, Pop wie die Hamburger Schule und Philosophie wie die Mutter aller Schulen, die Frankfurter. Wer das Reporterduo ergründen will, schaue nur einmal in Siegfried Kracauers “Ornament der Masse”.

Kritik soll auch sein, gerne. Vor Veröffentlichung sollte an seine Texte noch einmal gegenlesen lassen. Es sind Winzigkeiten. So gibt es zu Bauer Ewald eben keine Butter-, sondern Kaffeefahrten, beides ist beileibe nicht synonym. Ein Jungsozialist würde im SDAJ-Pfingstcamp nicht viel Freude haben, gemeint ist auch ein junger Sozialist. Das sind Lächerlichkeiten, da zuckt der Klugscheißer kurz beim Zuhören. Wirklich schade ist, dass Joswig und Schlange manchmal ihren Texten nicht trauen. Der schmierige Kellner vom Prickingshof etwa muss nicht auch noch “menschenverachtend” gucken. Der Text hat uns längst verraten, was dort geschieht. (Dieser Absatz sollte vor allem der Glaubwürdigkeit der Kritik dienen, bewahrt er doch den Lehrsatz: Nie mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit der Guten.)

Der Rezensent hat alle drei Lesungen der Jungs nüchtern mitbekommen. Er hat jedes Mal in den vermeintlich bekannten Texten Neues entdeckt. Jede Lesung war besser. Am Mittwoch mussten wir die Veranstaltung leider kurz vor Schluss verlassen, es gab noch eine Geschichte zu erleben in Dortmund.

Mieterforum Ruhr gegen THS Privatisierung

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die RAG-Stiftung die RAG in ihre Einzelteile zerlegt. Auch die Wohnungsbaugesellschaft THS könnte dann einen neuen Besitzer bekommen. Und das macht dem Mieterforum Ruhr Sorgen.

10 Milliarden muss die RAG-Stiftung zusammen bekommen, um die Ewigkeitskosten des Bergbaus zu stemmen – und selbst das wird wahrscheinlich nicht reichen. Um das zu erreichen, muss sie verkaufen was sie hat: Evonik. Der Mischkonzern besitzt eine Chemieunternehmen (Degussa) betreibt Kraftwerke (Steag) und ist einer der größten Immobilienbesitzer Deutschland: Evonik-Wohnen und THS. Das passt alles nicht zusammen und ist in seinen Einzelteilen wertvoller als als Konzern. Für einen Börsengang keine gute Aussichten. Also zerschlagen.

Einige Stadtwerke des Ruhrgebiets planen bei der STEAG einzusteigen, die Chemiesparte wird man verkaufen oder einzeln an die Börse bringen können – bleiben die Wohnungsbauunternehmen.

Sowohl Evonik-Wohnen als auch THS haben einen großen Teil ihres Bestandes in der Emscher-Lippe-Zone – der unattraktivsten Region des Ruhrgebiets. Wegzug und niedrige Mieten bestimmen hier das Bild auf dem Immobilienmarkt. Die Perspektiven sind schlecht. Wer kauft sowas? Jemand der schnell Kasse machen will und die Bedeutung des Wortes Investition erst einmal im Wörterbuch nachschlagen muss. Das haben in den vergangenen Jahren die Erfahrungen mit Unternehmen wie Gagfah oder Deutsche Annington gezeigt, die ganze Siedlungen erworben haben. Man könnte eine Bibliothek füllen, mit den Skandalen rund um dieses Unternehmen.

Und dass die Geschichte der missratenen Privatisierungen weiter geht, ist die Sorge des Mieterformus Ruhr, einem Zusammenschluss von Mieterinitiativen aus dem Ruhrgebiet. Sie fürchten, das der Evonik-Anteilseigner CVC die THS übernimmt. Das machte das Mieterforum gestern in einer Pressemitteilung deutlich. Das Mieterforum fordert, das die THS bei der Stiftung bleibt:

Mieterforum Ruhr fordert, dass die Wohnungen dauerhaft bei der RAG-Stiftung und unter besonderem Einfluss von Land und IG BCE bleiben. Helmut Lierhaus, Sprecher Mieterforum Ruhr: „Nach den zahllosen negativen Erfahrungen mit Finanzgesellschaften auf dem Wohnungsmarkt ist es nicht zu verantworten, den wechselhaften Kapitalmarkt an einem Wohnungsunternehmen zu beteiligen, das sozial und ökologisch ausgerichtet sein soll. Es ist zwar positiv, dass IG BCE und RAG Stiftung, wo ein großer politischer Einfluss besteht, u.a. durch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, im Boot bleiben wollen und auch ein Börsengang der Wohnungen ausgeschlossen werden soll. Mit einem „Wolf im Schafspelz“ im Wohnungsunternehmen bleibt die Beunruhigung bei den Evonik- und THS-Mietern aber bestehen.“

Und nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre haben die Mieter auch jeden Grund sich für den Fall, das CVC die THS übernimmt, Sorgen zu machen.

Werbung


Der Ruhrpilot

Oberster Ampel-Fan Andreas Pinkwart

NRW: FDP muss Pinkwarts Abgang zur Profilierung nutzen…Welt

NRW II: „Es hat Spaß gemacht“…FAZ

Duisburg: Jung, wild, betrunken…Spiegel

S21: Wenige Protestler bei Stuttgart 21-Demos in Bochum…Der Westen

Ruhrgebiet: Teures Rheinland, günstiges Ruhrgebiet…Süddeutsche

Ruhrgebiet II:…auf der Spielemesse…Pottblog

Bochum: Vierte Runde im Tortenprozess…Bo Alternativ

Bochum II: NPD-Mann Wulff soll ins Gefängnis…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Neuer Ärger beim FZW…Der Westen

Dortmund II: Parteien eher gegen Bürgerentscheid…Der Westen

Kunst: Manifest Destiny…Denkfabrik

Umland: Verzwickte Schulpolitik…Zoom

Trauer: Kondolenz-Blog für Loki Schmidt…Zeit