Der Ruhrpilot

NRW: Rüttgers will kein Schwarz-Grün…Hamburger Abendblatt

NRW II: Lammert überprüft jetzt auch Parteifinanzierung der SPD…Der Westen

NRW III: Pfeiff-Konzert für Merkel und Rüttgers…Zeit

NRW IV: FDP ist an die Union gekettet…Welt

NRW V: Grüne können auch mit der CDU…Pottblog

NRW VI: Richtungswahl an Rhein und Ruhr…Telepolis

NRW VII: Politische Beben in Nordrhein-Westfalen…Stern

Debatte: André Glucksmann über die deutsch-französischen Beziehungen…Welt

Ruhrgebiet: Schluss mit dem Budenzauber…Spiegel

Duisburg: Polster statt Foster?…Der Westen

Wirtschaft: Der doppelte Cromme…FAZ

Ruhr2010: Brecht-Revue im Bahnhof Langendreer…Bo Alternativ

Ruhr2010 II: Kunst trifft Kohle…Hometwon Glory

Unis: Tausende Studenten demonstrieren vor NRW-Wahl…Ruhr Nachrichten

Sprache: Seid gegrüßt, Euer Diskurshoheit…Kontextschmiede

Umland: Biker sterben im Sauerland…Zoom

Rechte: Komplexe Rechtslage im Dortmunder „Nazi-Fall Schäfer“…Der Westen

Rechte II: Einstweilige Verfügung gegen „Pro NRW“…Solinger Tageblatt

Oberhausener Kurzfilmtage 2010, Teil 2: Resümee

Zum Abschluss der tollen Reihe „From the Deep“ gab es eine Art Spiel: Es wurden vier Filme gezeigt, und jede Person im Publikum sollte ihre Lieblinge bestimmen, um dann einer Typologie zugeordnet zu werden. Der Autor dieser Zeilen hielt ein Abschlussfeuerwerk konzeptionell wie optisch für eine schöne Sache, Typologieresultat: „Oh, wie schön! Diskursabstinenzler“. Und die Arbeit in einer Seilerei bis zum fertigen Produkt fand er auch ansprechend. Typologieresultat? Irgendetwas mit „gen Wirklichkeit drängend“. Dabei waren die Kurzfilmtage 2010 vielleicht naher an der Realität als je zuvor, nicht zwingend immer zu ihrem Vorteil – hallo, Dialektik.

Radikalität, Ändern von Sehgewohnheiten, Behauptung des Kinos als sozialer Raum. Das kann unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen, aber es hängt natürlich auch davon ab, wie die Besucher sich ihr Festivalprogramm zusammen stellen. Schaut mensch halt vor allem die uralten Schätze (Still aus „Lèvres collés“, Frankreich, Pathé 1906, © Filmarchiv Austria) und ein wenig No Wave und am Ende die Preisverleihung, zeigt sich folgendes: Es gibt eine Art neuer Sanftheit, fast Privatheit bei gleichzeitiger fast pflichtschuldiger Hinwendung zu dem weltweiten politischen Geschehen. Denn: Nahezu alle von den Jurys ausgezeichneten Arbeiten (bis auf die Kinder- und Jugendfilme) haben eine bestimmte zumindest sozialpolitische Ausrichtung, ohne dabei mit neuen filmischen oder auch nur dramaturgischen Mitteln zu operieren. Und das liegt zum Teil einfach an den Jurys. Weil es in Deutschland ein katholisches und ein evangelisches Filmmagazin gibt, lobt seit Jahr und Tag eine „ökumenische“ Jury einen Preis aus. Diese territoriale Besonderheit musste denn auch fast entschuldigend erklärt werden. Nein, keine Moslems, Buddhisten, Juden, usf. Katholiken und Protestanten. Eine andere Jury wird vom Ministerpräsidenten ausgewählt. 3SAT oder ARTE schwafeln von „neuen Blicken“, prämieren aber nahezu werbefernsehhafte Filme. Und auch die Jury aus KünstlerInnen und Fachleuten scheint nicht gerade auf die Prämierung mutiger Werke aus gewesen zu sein. Und es scheint so etwas wie Kontinents-Quotierung zu geben, so á la: Korea klar, Südamerika nicht vergessen, oh ja: Moldawien und Litauen. Internationaler Wettbewerb. Preisverleihungen. Medienpartner. Banken und Bürgermeister. Nicht die schönste Seite des Festivals. Der „Geist von Oberhausen“ lebt woanders (Foto oben: Jens Kobler).

Und auch das mit dem schon in Teil eins angesprochenen RuhrForum Filmbildung kann kritisch betrachtet werden, wie hier in einer kleinen Polemik verschriftlicht:
Natürlich ist das mehr als nur bedenkenswert, wenn selbsternannte Medienspezialisten nicht einmal willens oder in der Lage sind zu thematisieren, wie aufgrund spezifischer soziopolitischer Konstellationen z.B. Andy Warhol’s „jedeR kann einE KünstlerIn sein“ via NYC-DIY prototypisch zur heutigen Glasnost-Internetinteraktivitäts-Seligkeit geführt hat. Oder dass mit der Kamera flirtende Kleinkinder nicht zwingend wünschenswert sein müssen. Naja, mensch ist halt im Medienbusiness? Digitaler Volkskörper rules okay, und das schreiben wir den Kids und Lehrern bei RuhrForum Filmbildung (und eben nicht: Medienbildung) dann auch noch mit Muttermilch ins Gebetbuch?
Sollte wohl heißen: Medienpädagogik muss, all diese Künstler-machen-Soziales-Aktionen dürfen aber – muss das geschrieben werden? – nie zu Menschenexperimenten werden!! Soweit dazu. Nun zum angenehmen Teil: Beim Gespräch mit einer Preisträgerin (ihr Video zu einem Lied von Hans Unstern hier) gibt es Lob für die Region: In Berlin wisse mensch gar nicht, wohin mit den Filmen. Erstaunen bei der Bemerkung, hier gebe es ja durchaus noch mehr Filmfestivals. Anerkennung für das etwas Nussschalenhafte, Übersichtliche der Szene in Oberhausen. Hier fällt das Kontakten leicht, es gibt nicht dieses Pyramidenhafte wie in der Hauptstadt, wo der Platz an der Sonne die Spitze eines Eisberges ist – um noch einmal eine Metapher zu versuchen. Im Gespräch mit einem anderen Bekannten fällt auf, dass wenig Kameras da waren, also die von Sendern o.ä. Dabei gibt Oberhausen so viel Stoff her: Die Lichtburg, das Druckluft und die Fabrik K14, in der auch die Abschlussparty stattfindet: Zweitältestes soziokulturelles Zentrum Deutschlands. Von einem Kommunisten und Jazzer gegründet. Schlingensief zeigte hier seine ersten Filme. Tja, da pennen die selbstgenügsamen Medienstädte der ehemaligen Bonner Republik, schreiben lieber über Castingshows und machen Beiträge mit Archivmaterial und Standbildern. Na klasse. Da hat Oberhausen (Foto vom leeren Friedensplatz: Jens Kobler) mehr verdient.

Tipps für das nächste Jahr: Etwas mehr Esprit und Mut beim nicht-filmischen Rahmenprogramm, bitte! Auf jeden Fall vollständig kuratierte Reihen schauen! Der Charme und die Intelligenz des Programms kommen dort einfach am besten zum Tragen – falls vorhanden, wie bei „From the Deep“ halt. Akademiker, die Filme und Künstler selbst im persönlichen Gespräch in das Korsett irgendeiner Doktorarbeit pressen wollen, braucht es hingegen weniger. „No Wave“ blieb so teils enttäuschend, wobei gerade die aus dem Nichtstun geborene Kunst in sinnentleerten Stadtteilen á la Manhattan viele Anknüpfungspunkte an Oberhausener und Ruhrgebietsverhältnisse geboten hat – aber leider nur über die Filme selbst. Also: KuratorInnen checken, ggf. früh die Vorlesung wechseln! Dann: Die Wettbewerbe sorgen für Preise, internationalen Zuspruch, Reisekostenerstattungen und natürlich kontroversen Diskurs. Aber sie sind ganz gewiss nicht das Herz der Kurzfilmtage. Wie die fast obsoleten Musikvideos sind sie gen Publikum gedacht eher niedrigschwellige Angebote von gestern. Auch wie leicht verständliche, faszinierende und gleichzeitig bildende Filme dieses Festival dem Nicht-Fachpublikum öffnen können, hat „From the Deep“ geradezu prototypisch gezeigt. Ein kleines Wunder, für das es hoffentlich auch irgendeine Art von Preis gibt. Viel, viel Applaus gibt es jedenfalls von hier.

Nächster Filmtipp für das Ruhrgebiet: „Free Falling“, zusammengestellt von Katrin Mundt und mit internationalen Gästen, am 28. und 29. Mai bei pact Zollverein.

EMNID zur NRW-Wahl: Linke drin – Keine Mehrheiten für Wunschkoalitionen

Auch wenige Tage vor der Wahl hat keine der  Wunschkoalition eine Mehrheit. Weder für Rot-Grün noch Schwarz-Gelb reicht es.

Alles wie gehabt: Keine der Wunschkoalitionen hat eine Mehrheit: FDP/CDU und SPD/Grüne sind nach einer aktuellen, ungewichteten Emnid-Umfrage weit von einer Mehrheit entfernt. Was ginge: Rot-Rot-Grün, Schwarz-Grün und eine große Koalition.

Hier die Zahlen:

CDU 37,6
SPD 33,6
FDP 8,0
Grüne 10,4
Linke 5,9
Piraten 2,2

Pappsatt der Propaganda

Dies ist kein Aufruf, die Linke zu wählen. Dies ist ein Aufruf, nach Überzeugungen zu wählen. Die nervtötende Linken-Jagd zu beenden. Und einen kühlen Blick auf Partei-Programme und Personen zu werfen. Eine Polemik

Alles prima im Land?

Wenn ich mit Freunden und Freundinnen über die Wahl rede, werde ich wütend. Bei vielen blinkt nach dem Wahlomat die Linke als Partei mit den größten Übereinstimmungen auf. Wählen wollen sie die junge Partei trotzdem nicht. „Die sind verrückt“, „nicht regierungsfähig“, haben „Flausen im Kopf“ und die DDR-Mauer fanden sie auch noch toll. Für mich sind das gehirngewaschene Äußerungen ganz auf der Propaganda-Linie von CDU und Co. Nach dem Motto „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“.

Wenn immer sich eine neue Partei bildete wird sie verhöhnt und als nicht regierungsfähig abgestempelt. Das ging den Grünen so und das geht jetzt den Linken so. Warum? Weil sie vieles anders machen wollen und die meisten Menschen vor großen Veränderungen zurück schrecken. Weil sie anders aussehen, anders sprechen, und die Wahrheiten der etablierten Parteien anzweifeln.

Und das ist richtig. Ich werde wütend, wenn ich die verblichenen Armen an der Supermarktkasse sehe, und zeitgleich konsequenzlos die Millionen-Gehälter der Banker veröffentlicht werden. Ich werde wütend, wenn ich sehe wie Männerbünde die von unseren Steuern geretteten Konzerne beherrschen und Flüchtlinge rechtlos in Kasernen siechen, bis sie in ihr Elendsland zurücktransportiert werden. Und ich werde wütend, wenn ich die lange Liste der Getöteten im Afghanistan-Krieg sehe. Wer diese grellen Ungerechtigkeiten aushält und von einer neuen Regierung nur ein bisschen mehr Windrad und kleinere Klassen wünscht, der muss blind sein. Oder wohlstandssatt.

Was ist die Linke in NRW? Sie sehen anders aus, ja. Sie tragen keine Maßanzüge und haben meistens auch kein Geld dazu. Sie reden anders, ja. Sie wurden nicht darauf trainiert, immer dieselben belanglosen Phrasen zu dreschen wie die gecoachten Spitzenpolitiker. Es gibt ein paar Seltsame in der Partei, auf die immer wieder die Scheinwerfer der Öffentlichkeit gelenkt werden. Es gibt Ideen, die nie Wirklichkeit werden und auch die Linke hat ihre Kungelrunden und Hinterzimmer. Und es gibt Kotzbrocken und Halb-Verrückte, undurchsichtige Strategen und Machtgeile. Aber ich kenne mindestens zehn Landtagsabgeordnete von SPD, CDU, Grünen und Liberalen, die kriegen keinen geraden Satz raus, sind besoffen im Landtag oder haben Null Ahnung davon, worüber sie gerade abstimmen. Jede größere Gruppe hat unfähige Mitglieder und bei einer neuen Partei sind es halt ein paar mehr. Ihr Einfluss wird schwinden.

Wichtiger ist das Programm. Was wollen die Linken? Sie wollen eine andere Gesellschaft, ja. Sie wollen eine kostenlose Bildung, weiche Drogen legalisieren und Energiekonzerne in die Hände von Kommunen geben, sie wollen den Religionsunterricht abschaffen und eine Frauenquote in der Wirtschaft. Sie wollen eine Vermögenssteuer und höhere Spitzensteuersätze und einen angemessenen Mindestlohn. Das alles ist nur mit einer ängstlichen Brille von Bestandswahrern betrachtet erschreckend. Ihr Bildungsprogramm ist in Teilen übrigens wortgleich mit dem der SPD, die Grünen wollen schon lange den legalen Joint und es ist noch gar nicht so lange her, dass die Kommunen höhere Anteile beim Stromriesen RWE besaßen als jetzt.

Und dann immer diese hohle Formel der SPD: „Wir suchen die Auseinandersetzung, nicht die Zusammenarbeit.“ Klingt gut, ist aber gelogen. Es gibt keine Gespräche zwischen den Parteien, keine Diskussionen, nur eine aggressive Abschottung der SPD gegenüber denen, die mit ihren Positionen mal bei den Genossen zuhause waren.

Politik ist Psychologie – und bei der Linken sehen wir wie die Machthabenden die Hackordnung fest legen, die Neuen sabotieren und runterputzen. Aus Sicht der konkurrierenden Parteien ist das verständlich. Aber wir, die Wählerinnen und Wähler, sollten uns nicht einlullen lassen von Parolen gegen eine angeblich extremistische Partei. Und ruhig mal den Wahlomaten sprechen lassen.

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Gesucht: Deutscher Außenminister

Im globalen Finanzsystem geht es drunter und drüber. Wie bekommen wir es unter Kontrolle? Im globalen Klimaschutz weiss keiner mehr ein noch aus – unsere amerikanischen Freunde haben möglichweise die schwerste Öko-Katastrophe seit Menschengedenken vor sich. Unsere europäischen Freundinnen und Freunde beginnen uns wieder zu hassen, obwohl doch gerade jetzt die europäische Integration vertieft und vor allem demokratisiert werden müsste. Unsere Zukunftsindustrien, Umwelttechnik, Energieeffizienz, Windenergie, Sonnenenergie brauchen gute Beziehungen in die Welt, damit wir Exportvizeweltmeister bleiben.
Es gibt also genug zu tun.


Früher hatten wir für sowas mal einen Aussenminister.
Hat ihn jemand gesehen?
Weiss jemand was er tut?
Könnte ihn jemand mal anrufen, dass er auffe Arbeit kommen soll?
Doch halt, gestern habe ich einen Zeitungskommentar von ihm gefunden, nicht alles meine Meinung, aber auf der Höhe der Zeit, hier.
Aber was der über diesen Westerwelle schreibt, was der angeblich alles getan und gefordert hat, habe ich nicht bemerkt. Das muss eine Verwechslung sein, denn das ist doch dieser krakeelende FDP-Vorsitzende, oder?

In der nächsten Folge: haben wir noch einen Bundeswirtschaftsminister?

CDU NRW: Taktisch gut aufgestellt zum Wahlsieg?

Auch wenn es kein strahlender Sieg wird: Auch in den nächsten fünf Jahren könnte der Ministerpräsident Jürgen Rüttgers heißen.

Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf begann ihre Arbeit mit Schwung: Das Ladenschlussgesetz wurde reformiert, das Ruhrgebiet bekam seine Planungshoheit wieder, ein ehrgeiziges Hochschulausbauprogramm wurde gestartet, Lehrer eingestellt und schließlich kam der Befreiungsschlag: Der Ausstieg aus der Steinkohleförderung wurde eingestilt. Eine historische Leistung.

Vom Schwung der Anfangszeit ist allerdings nicht viel geblieben. Nach der Hälfte der Legislaturperiode machte Rüttgers ernst damit, seinem Vorbild Rau nachzufolgen: Weihevolle Reden wurden gehalten, während Rüttgers auf die Bremse trat. Stillstand. Die absurde Überverwaltung in NRW mit fünf Regierungsbezirken und zwei Landschaftsverbänden, deren Reform sich die Union auf die Fahne geschrieben hatte, war kein Thema mehr. Zu konfliktreich. Änderungen im Bildungssystem? Zu konfliktreich. Privat vor Staat ist nicht mehr angesagt? Dann lässt man es eben. Rauswurf der Kabinettsnieten Uhlenberg, Müller-Piepenkötter und Sommer? Zu konfliktreich. Nur der arme Olli Wittke musste gehen – wegen einer lächerlichen Ordnungswidrigkeit.

Rüttgers spielte auf Halten. Dumm, dass ihn alte Weggefährten über die Medien immer wieder an alte Skandale erinnerten. Ob Rent-a-Rüttgers oder die Wahlhelferfinanzierung, Rüttgers Skandale hatten zwar nicht das Format der Verfehlungen seines Vorbildes Rau (WestLB, Flugaffäre, Clements Verschwendungen), aber kratzten zu Recht am Image des „Arbeiterführers“ und „Landesvaters“.

Rüttgers versuchte, über seine Medienkontakte Druck auf Journalisten auszuüben. Auch das war nicht gut fürs Image. Das Bild von Rüttgers ist heute das eines in sich selbst gefangenen Tricksers, eines Ministerpräsidentendarstellers ohne Charme und eines Politikers ohne Ideen. Was da außer einem „Weiter so“ in der nächsten Legislaturperiode kommen soll, ist schleierhaft. Nur das Bekenntnis, in den kommenden Jahren hart sparen zu müssen, vermittelt etwas Glaubwürdigkeit, denn unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt: NRW ist so pleite wie der Bund und die Kommunen. Viel wird nicht mehr gehen.

Trotzdem: Rüttgers könnte es wieder schaffen. Denn Rüttgers und seine Union sind taktisch gut aufgestellt. Die Konservativen haben mit SPD, Grünen und FDP gleich drei Koalitionspartner zur Auswahl. Und alle drei Partner würden stabile Regierungen ermöglichen.

Rüttgers Beliebigkeit könnte zur Grundlage seines künftigen Erfolges werden. Er kann mit allen. Sein Programm heißt Rüttgers. Es ist eine persönliche Agenda, keine politische. Und wenn er das Tor zu künftigen schwarz-grünen Koalitionen im Bund etwas weiter auf stößt, hätte er sich auch noch um die Bundespartei verdient gemacht. Keine schlechte Perspektive für einen politisch nicht allzu begabten Jungen als Pulheim.

Der Ruhrpilot

NRW: Deutschland – heimliche schwarz-grüne Republik…Welt

NRW II: Die Königsmacherin…Spiegel

NRW III: „Arbeiterführer“ in Not…Südwest Presse

NRW IV: Pro NRW Wahlk(r)ampftour, zweiter Tag…Indymedia

NRW V: Laschet sieht die Gefahr  griechischer Verhältnisse in NRW…Der Westen

NRW VI: Was (leider) zählt im NRW-Wahlkampf…Carta

NRW VII: Ergebnisse im Internet…Zoom

Wirtschaft: Neuer Thyssen-Krupp-Chef…FAZ

Ruhr2010: Erster Jazz-Echo wird in Bochum verliehen…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010 II: Planetarium Bochum nach Umbau wieder eröffnet…Der Westen

Ruhrgebiet: „Hattingen gibt es 2020 nicht mehr“…Der Westen

Internet: Konstituierung Enquete-Kommission “Internet und digitale Gesellschaft”…Netzpolitik

Facebook: Die Mär von der Beziehungsinflation…2.0

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Der Sieger am Sonntag steht jetzt schon fest: Es sind die Grünen

Wenn eine Partei in diesem Landtagswahlkampf Glück gehabt hat, dann waren das die Grünen. Anders als der von Kleinaffären gebeutelte und moralisch abgehalfterte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers von der CDU können die Grünen nur gewinnen.

Egal, wie das Ergebnis ist. Sie können mit der SPD koalieren und sie haben sich unter der Vorherrschaft von Reiner Priggen eine Option auf Schwarz-Grün gesichert. Selbst wenn die Grünen in der Opposition bleiben sollten, wäre das kein Desaster. Sondern ein Gewinn.

Heute erscheint alles bei den Grünen möglich. Doch gerade wenn alles machbar ist, wird die Frage wichtig, was wäre denn das Beste.

Auf den ersten Blick schient die Frage beantwortet: ein Bündnis mit der SPD, wie gehabt, wäre das Beste.

Aber ist das wirklich so? Wenn man sich die Wahlprogramme der beiden Parteien anschaut, glaube ich das nicht. Zwar gibt es bei der Schulpolitik größere Gemeinsamkeiten, als man denkt. Aber gerade in der Energiepolitik, in der Umweltpolitik und in Wirtschaftsfragen trennen die beiden Parteien Welten.

Der Reihe nach: Die NRW-SPD verlässt sich immer noch auf den Machtkomplex der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE). Diese Gewerkschaft aber vertritt im Kern aus Sicht der Grünen unhaltbare Positionen. Die IGBCE will neue Kohlekraftwerke bauen, sie will den Industriestandort NRW bedingungslos erhalten und scheut dabei vor den Konflikten aus der Clementzeit nicht zurück. Zum Beispiel wenn es um Steinkohlesubventionen geht. Die IGBCE will diese. Jetzt. Und für immer. Die Argumente kennt jeder. Bergbau ist toll, die Subventionsmilliarden sind auch nicht verschwendet, sondern fließen in arme Regionen. Und was man sonst noch so hört.

Die Grünen können von dieser Position nichts halten. Denn sie haben anders als die SPD erkannt, dass die IGBCE nur noch die Vergangenheit im Ruhrgebiet vertritt. Die Gewerkschaft ist heute wenig mehr als das Machtgeflecht, das dem Filz im Pott früher Struktur gegeben hat. Ich sehe die Gewerkschaft wie eine Topfpflanze, die man in der Luft wild durchgeschüttelt hat. Die Wurzeln hängen noch zusammen, aber es gibt keine Erde mehr, aus der das Geflecht seine Kraft beziehen kann. Selbst bei RWE und bei E.on, den beiden wichtigsten Energiekonzernen hat die IGBCE ihre Vorherrschaft zugunsten von Verdi verloren.

Welche Ideen für die Zukunft hat die Gewerkschaft? Keine. Nur die Rezepte von früher: Subventionen für den Bergbau. Fördermilliarden für Gemeinden. Ende. Nichts, was einen neuen Anstoß geben könnte.

Da aber die SPD im Falle eines Wahlerfolges – also eines rot-grünen Regierungsbündnisses – die Unterstützung der IGBCE als Ursache für diesen Erfolg ausmachen würde, bekäme gerade dieses Erdenlose Geflecht neue Macht an Rhein und Ruhr. Nicht umsonst war Hannelore Kraft, das Kohlemädchen, erst vor ein paar Tagen wieder bei der IGBCE um sich dort feiern zu lassen. Die Grünen würden in der Partnerschaft mit der SPD gezwungen, um den Preis der Macht den Ausstieg aus dem beschlossenen Ende der Steinkohlesubventionen im Jahr 2012 mitzutragen.

Das kann für Grüne nur undenkbar sein.

Die SPD-Spitzenkandidatin Kraft hat nicht verstanden, dass die IGBCE nicht mehr das Maß aller Dinge in NRW ist. Sie hätte sich besser an Verdi gehangen. So muss sie die Grünen aus dem eigenen Lager verjagen.

Denn im Falle von rot-grün droht ein Comeback der Industriepolitik a la Wolfgang Clement: Stillstand für den Mittelstand, Rückschläge für die Umwelt und verschwendete Milliarden in hirnlosen Projekten.

Die Grünen können da nicht mitmachen, wenn sie sich nicht selbst verraten wollen.

Es bleibt die Option eines Bündnisses mit der CDU. Und gerade dies ist sehr spannend. Natürlich müsste die CDU ihre Zöpfe in der Bildungspolitik abschneiden. Aber warum eigentlich nicht? Wahrscheinlich wären die konservativen Vordenker froh, wenn sie von ihrer Gesamtschulablehnung abrücken könnten. Es ist so, wie mit Hartz IV: diesen Sozialkahlschlag konnte auch nur die SPD im Bündnis mit den Köpfen der Gewerkschaften durchsetzen. Genauso können nur die Schwarzen die Gesamtschule durchboxen.

In der Energiepolitik gibt es große Chancen. CDU und Grüne wollen den Mittelstand stärken, sprich neue, alternative Energieformen unterstützen. Gleichzeitig könnten die Grünen den Einfluss der Energie-Konzerne im Bündnis mit der CDU stärker begrenzen als bei einer Regierungsbeteiligung der SPD, die mit der Energiegewerkschaft IGBCE verschwistert ist.

Vor allem aber könnte schwarz-grün ein echtes Zukunftsprojekt angehen. Und zwar den ökologischen Umbau der Kommunen, wie ihn grüne Vordenker planen.

Was sich schwammig anhört, lässt sich in wenigen Sätzen erklären. Ab 2013 werden aus den CO2-Abgabe der Energiefabriken Milliardensummen in die öffentlichen Haushalte gespült. Die Grünen wollen, dass diese Milliarden genutzt werden, um ein ökologisches Sanierungsprojekt in den NRW-Städten zu starten. Die CO2-Milliarden sollen demnach dafür eingesetzt werden, Wände zu isolieren, Fenster und Uraltheizungen auszutauschen sowie Dächer abzudichten. Damit der Energieverbrauch ganzer Regionen flächendeckend abgesenkt werden kann.

Davon würden alle profitieren. Abgerockte Viertel würden saniert. Die Städte sähen besser aus. Die Hausbesitzer und damit Wähler von CDU und Grünen bekämen etwas in die Hand. Und sogar die Mietnebenkosten könnten für die sozial schwächeren Menschen gedrosselt werden.

Damit nicht genug, das Ganze hätte auch große Beschäftigungseffekte. Tausende Tischler, Dachdecker, Fenster- und Heizungsbauer würden Arbeit auf Jahre haben.

Diese grüne Idee ist die einzige große Leitidee für ein politisches Projekt, die ich in diesem Landtagswahlkampf gehört habe.

Schwarz-Gelb verspricht ein „Weiter So“. Wobei das „Weiter So“ völlig schwammig bleibt. Was soll wie weiter gehen?

Die SPD hat gar keine Vision, außer dem „Wir machen es so, wie früher, bevor wir abgewählt wurden“ plus Gemeinschaftsschule.

Das grüne Zukunftsprojekt vom ökologischen Umbau der Kommunen könnte schwarz-grün besser umsetzen als rot-grün. Denn die IGBCE würde immer gegen die CO2-Abgabe kämpfen und eher das Geld den Konzernen auf Umwegen zurückgeben wollen, als damit irgendetwas Kreatives anzufangen.

Ich denke, es gibt bei den Grünen eine realistische Machtbasis für ein schwarz-grünes Bündnis. Dafür hat der Grüne Vordenker Reiner Priggen gesorgt. Er hat die Kandidatenliste für den Landtag weitgehend bestimmt. Auf der Priggen-Liste sitzen genügend Leute, die schwarz-grüne Koalitionen in den Kommunen erlebt, gefördert und durchgestanden haben. Auch in der gut 14 Männer und Frauen starken Verhandlungskommission, die ab Montag bereit steht, neue Koalitionen zu verhandeln, sitzen satt über die Hälfte Menschen, die schwarz-grün gut finden. Selbst bei angeblichen Ablehnern eines CDU-Bündnisses, wie Daniela Schneckenburger aus Dortmund, kann man sich sicher sein, dass sie für schwarz-grün votieren würde. Die alten Fragmentierung in Linke und Realos gibt es sowieso in dieser Frage nicht. Zu oft haben gerade linke Grüne in den Kommunen erlebt, wie schwierig es ist, mit SPD-Genossen zu leben. Sie setzen lieber auf stabile Verhältnisse mit CDU-Leuten.

Auch in der Umweltpolitik gibt es keine unüberbrückbaren Gegensätze. Sowohl Grüne als auch CDU-Politiker wollen die Schöpfung erhalten und sind bereit neue Wege zu gehen. Wie etwa der schwarze Bundesumweltminister Norbert Röttgen beweist. Zumindest hat sich Röttgen nicht wie Sigmar Gabriel (SPD) in NRW für einen Erhalt der Kohlekraftwerke stark gemacht.

Bundespolitisch macht schwarz-grün Sinn. Die Grünen kämen aus der babylonischen Gefangenschaft der SPD heraus. Nicht nur die Genossen hätten dann mehr als eine Regierungsoption.

Vielleicht ist es die Angst vor der Realität dieser Bündnisoption, die Leute wie Jürgen Trittin dazu antreibt, über den Spiegel schon vor den Wahlen den umstrittenen Bau des E.on-Kohlekraftwerkes in Datteln zu einem neuen Garzweiler hochzujazzen. Es heißt, an Datteln werde sich das Schicksal eines neuen Bündnisses mit den Grünen entscheiden.

Ich glaube das nicht. Im Gegenteil. Datteln ist ein juristisches Problem. Ob das Kraftwerk fertig gestellt wird oder nicht, entscheiden Gerichte. Die Planer von E.on haben im Vertrauen auf die staatliche Macht Mist gemacht. Diese Suppe muss von den Verursachern ausgelöffelt werden. Das kann schwarz-grünen Koalitionären egal sein.

Im Gegenteil. Schwarz-grün könnte im Politikfeld der Kohlekraft sogar noch was Gutes erreichen. Mehr jedenfalls als mit den SPD-Genossen. Denn derzeit werden Pläne erarbeitet, nach denen alle Altstandorte von Kohlekraftwerken mit neuen Kohlekraftwerken bebaut werden dürfen. Die Rede ist von rund 50 Standorten, die so baufähig für Meiler wie Datteln werden könnten. Die Grünen könnten hier in den Koalitionsverhandlungen die Zahl dieser Standorte drastisch verringern – zumal im Genehmigungsverfahren bis jetzt nicht mal Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgenommen worden sind.

Und ja. Schwarz-grün in NRW könnte sich auf Bundesebene auch erfolgreich für die Umsetzung des rot-grünen Atomausstieges einsetzen. Auch das kein Fehler.

Als dritte realistische Option nach den Landtagswahlen bleibt den Grünen die Opposition. Auch diese Möglichkeit muss keinen schocken. Denn in der Opposition haben die Grünen jetzt wieder Ideen für die Zukunft entwickelt – siehe oben. Sie haben sich stärken können und sind auf dem Weg zu einer Volkspartei. Sollte die SPD in eine große Koalition eintreten, verfällt das Land in eine Stagnation, wie die Sowjetunion zur Breschnjew-Zeit. Die SPD würde sich endgültig überflüssig machen. Und in fünf Jahren kämen die Grünen mit Glanz an die Macht. Das einzige was dagegen spricht: für Machtakrobaten wie Priggen käme der Aufstieg zu spät. Sie könnten nicht mehr Minister werden. Deswegen sind wohl eher die ersten beiden Optionen wahrscheinlicher.

Am Schluss phantasieren immer noch irgendwelche Politbeobachter von rot-rot-grün. Doch das ist so irre, das macht hoffentlich keiner – hoffe zumindest ich.

Bei den Linken haben die extremistischen Strömungen von AKL (Trotzkisten und Kommunisten) und der SL (Gewerkschaftsromantiker) die Macht – dort sind Realisten, die die Linke in der Ex-DDR regierungsfähig machen, völlig marginalisiert. Mit AKL-isten und SL-lern kann man keine Politik für 17 Mio. Menschen machen. Das ist unverantwortlich. Die Zukunft des Landes darf nicht von zufälligen Bündnissen irrer Trotzkisten mit autoritären Kommunisten abhängen. Und es ist utopisch, daran zu glauben, die AKL in der Mehrheit könnte eingedämmt werden, wie die Verrückten im Osten. Warum ist Sarah Wagenknecht denn nach NRW gekommen? Weil sie sich in Berlin durchsetzen konnte? Oder weil sie eine neue Machtbasis in NRW gesucht hat?

Sollten die Linken in die NRW-Regierung rücken, wäre Wagenknecht mit an der Macht.

MLPD rät: Linkspartei wählen!

Wächst da zusammen was zusammen gehört? Die Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ruft zur Wahl der Linkspartei auf.

Eigentlich mögen sich ja die unterschiedlichen linken Sektierer nicht besonders, aber zur NRW-Landtagswahl lässt man schon mal alle Fünfe gerade sein. Die MLPD, bekennende Anhänger von Massenmördern wie Lenin, Stalin und Mao ruft ihre Anhänger zur Wahl der Linkspartei auf:

„Zweifellos kommen härtere Zeiten. Das verlangt den breiten kämpferischen Zusammenschluss gegen Regierung und Monopole. Zur Landtagswahl empfiehlt die MLPD mit der Zweitstimme dieses Mal „Die LINKE“ zu wählen.“

Die Erststimme sollen alle Besichelt- und Behämmerten an Kandidaten verteilen, die nichts gegen die MLPD haben:

„Bei der Erststimme kommen neben Kandidaten der Linkspartei gegebenenfalls auch Direktkandidaten von DKP, ÖDP oder Piratenpartei in Frage, sofern sie für eine gleichberechtigte, überparteiliche Zusammenarbeit ohne antikommunistische Ausgrenzung der MLPD stehen.“

Dem kann man nur noch „Idioten aller Länder, vereinigt Euch!“ zufügen.