CDU NRW: Taktisch gut aufgestellt zum Wahlsieg?

Auch wenn es kein strahlender Sieg wird: Auch in den nächsten fünf Jahren könnte der Ministerpräsident Jürgen Rüttgers heißen.

Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf begann ihre Arbeit mit Schwung: Das Ladenschlussgesetz wurde reformiert, das Ruhrgebiet bekam seine Planungshoheit wieder, ein ehrgeiziges Hochschulausbauprogramm wurde gestartet, Lehrer eingestellt und schließlich kam der Befreiungsschlag: Der Ausstieg aus der Steinkohleförderung wurde eingestilt. Eine historische Leistung.

Vom Schwung der Anfangszeit ist allerdings nicht viel geblieben. Nach der Hälfte der Legislaturperiode machte Rüttgers ernst damit, seinem Vorbild Rau nachzufolgen: Weihevolle Reden wurden gehalten, während Rüttgers auf die Bremse trat. Stillstand. Die absurde Überverwaltung in NRW mit fünf Regierungsbezirken und zwei Landschaftsverbänden, deren Reform sich die Union auf die Fahne geschrieben hatte, war kein Thema mehr. Zu konfliktreich. Änderungen im Bildungssystem? Zu konfliktreich. Privat vor Staat ist nicht mehr angesagt? Dann lässt man es eben. Rauswurf der Kabinettsnieten Uhlenberg, Müller-Piepenkötter und Sommer? Zu konfliktreich. Nur der arme Olli Wittke musste gehen – wegen einer lächerlichen Ordnungswidrigkeit.

Rüttgers spielte auf Halten. Dumm, dass ihn alte Weggefährten über die Medien immer wieder an alte Skandale erinnerten. Ob Rent-a-Rüttgers oder die Wahlhelferfinanzierung, Rüttgers Skandale hatten zwar nicht das Format der Verfehlungen seines Vorbildes Rau (WestLB, Flugaffäre, Clements Verschwendungen), aber kratzten zu Recht am Image des „Arbeiterführers“ und „Landesvaters“.

Rüttgers versuchte, über seine Medienkontakte Druck auf Journalisten auszuüben. Auch das war nicht gut fürs Image. Das Bild von Rüttgers ist heute das eines in sich selbst gefangenen Tricksers, eines Ministerpräsidentendarstellers ohne Charme und eines Politikers ohne Ideen. Was da außer einem „Weiter so“ in der nächsten Legislaturperiode kommen soll, ist schleierhaft. Nur das Bekenntnis, in den kommenden Jahren hart sparen zu müssen, vermittelt etwas Glaubwürdigkeit, denn unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt: NRW ist so pleite wie der Bund und die Kommunen. Viel wird nicht mehr gehen.

Trotzdem: Rüttgers könnte es wieder schaffen. Denn Rüttgers und seine Union sind taktisch gut aufgestellt. Die Konservativen haben mit SPD, Grünen und FDP gleich drei Koalitionspartner zur Auswahl. Und alle drei Partner würden stabile Regierungen ermöglichen.

Rüttgers Beliebigkeit könnte zur Grundlage seines künftigen Erfolges werden. Er kann mit allen. Sein Programm heißt Rüttgers. Es ist eine persönliche Agenda, keine politische. Und wenn er das Tor zu künftigen schwarz-grünen Koalitionen im Bund etwas weiter auf stößt, hätte er sich auch noch um die Bundespartei verdient gemacht. Keine schlechte Perspektive für einen politisch nicht allzu begabten Jungen als Pulheim.

Der Ruhrpilot

NRW: Deutschland – heimliche schwarz-grüne Republik…Welt

NRW II: Die Königsmacherin…Spiegel

NRW III: „Arbeiterführer“ in Not…Südwest Presse

NRW IV: Pro NRW Wahlk(r)ampftour, zweiter Tag…Indymedia

NRW V: Laschet sieht die Gefahr  griechischer Verhältnisse in NRW…Der Westen

NRW VI: Was (leider) zählt im NRW-Wahlkampf…Carta

NRW VII: Ergebnisse im Internet…Zoom

Wirtschaft: Neuer Thyssen-Krupp-Chef…FAZ

Ruhr2010: Erster Jazz-Echo wird in Bochum verliehen…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010 II: Planetarium Bochum nach Umbau wieder eröffnet…Der Westen

Ruhrgebiet: „Hattingen gibt es 2020 nicht mehr“…Der Westen

Internet: Konstituierung Enquete-Kommission “Internet und digitale Gesellschaft”…Netzpolitik

Facebook: Die Mär von der Beziehungsinflation…2.0

Der Sieger am Sonntag steht jetzt schon fest: Es sind die Grünen

Wenn eine Partei in diesem Landtagswahlkampf Glück gehabt hat, dann waren das die Grünen. Anders als der von Kleinaffären gebeutelte und moralisch abgehalfterte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers von der CDU können die Grünen nur gewinnen.

Egal, wie das Ergebnis ist. Sie können mit der SPD koalieren und sie haben sich unter der Vorherrschaft von Reiner Priggen eine Option auf Schwarz-Grün gesichert. Selbst wenn die Grünen in der Opposition bleiben sollten, wäre das kein Desaster. Sondern ein Gewinn.

Heute erscheint alles bei den Grünen möglich. Doch gerade wenn alles machbar ist, wird die Frage wichtig, was wäre denn das Beste.

Auf den ersten Blick schient die Frage beantwortet: ein Bündnis mit der SPD, wie gehabt, wäre das Beste.

Aber ist das wirklich so? Wenn man sich die Wahlprogramme der beiden Parteien anschaut, glaube ich das nicht. Zwar gibt es bei der Schulpolitik größere Gemeinsamkeiten, als man denkt. Aber gerade in der Energiepolitik, in der Umweltpolitik und in Wirtschaftsfragen trennen die beiden Parteien Welten.

Der Reihe nach: Die NRW-SPD verlässt sich immer noch auf den Machtkomplex der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE). Diese Gewerkschaft aber vertritt im Kern aus Sicht der Grünen unhaltbare Positionen. Die IGBCE will neue Kohlekraftwerke bauen, sie will den Industriestandort NRW bedingungslos erhalten und scheut dabei vor den Konflikten aus der Clementzeit nicht zurück. Zum Beispiel wenn es um Steinkohlesubventionen geht. Die IGBCE will diese. Jetzt. Und für immer. Die Argumente kennt jeder. Bergbau ist toll, die Subventionsmilliarden sind auch nicht verschwendet, sondern fließen in arme Regionen. Und was man sonst noch so hört.

Die Grünen können von dieser Position nichts halten. Denn sie haben anders als die SPD erkannt, dass die IGBCE nur noch die Vergangenheit im Ruhrgebiet vertritt. Die Gewerkschaft ist heute wenig mehr als das Machtgeflecht, das dem Filz im Pott früher Struktur gegeben hat. Ich sehe die Gewerkschaft wie eine Topfpflanze, die man in der Luft wild durchgeschüttelt hat. Die Wurzeln hängen noch zusammen, aber es gibt keine Erde mehr, aus der das Geflecht seine Kraft beziehen kann. Selbst bei RWE und bei E.on, den beiden wichtigsten Energiekonzernen hat die IGBCE ihre Vorherrschaft zugunsten von Verdi verloren.

Welche Ideen für die Zukunft hat die Gewerkschaft? Keine. Nur die Rezepte von früher: Subventionen für den Bergbau. Fördermilliarden für Gemeinden. Ende. Nichts, was einen neuen Anstoß geben könnte.

Da aber die SPD im Falle eines Wahlerfolges – also eines rot-grünen Regierungsbündnisses – die Unterstützung der IGBCE als Ursache für diesen Erfolg ausmachen würde, bekäme gerade dieses Erdenlose Geflecht neue Macht an Rhein und Ruhr. Nicht umsonst war Hannelore Kraft, das Kohlemädchen, erst vor ein paar Tagen wieder bei der IGBCE um sich dort feiern zu lassen. Die Grünen würden in der Partnerschaft mit der SPD gezwungen, um den Preis der Macht den Ausstieg aus dem beschlossenen Ende der Steinkohlesubventionen im Jahr 2012 mitzutragen.

Das kann für Grüne nur undenkbar sein.

Die SPD-Spitzenkandidatin Kraft hat nicht verstanden, dass die IGBCE nicht mehr das Maß aller Dinge in NRW ist. Sie hätte sich besser an Verdi gehangen. So muss sie die Grünen aus dem eigenen Lager verjagen.

Denn im Falle von rot-grün droht ein Comeback der Industriepolitik a la Wolfgang Clement: Stillstand für den Mittelstand, Rückschläge für die Umwelt und verschwendete Milliarden in hirnlosen Projekten.

Die Grünen können da nicht mitmachen, wenn sie sich nicht selbst verraten wollen.

Es bleibt die Option eines Bündnisses mit der CDU. Und gerade dies ist sehr spannend. Natürlich müsste die CDU ihre Zöpfe in der Bildungspolitik abschneiden. Aber warum eigentlich nicht? Wahrscheinlich wären die konservativen Vordenker froh, wenn sie von ihrer Gesamtschulablehnung abrücken könnten. Es ist so, wie mit Hartz IV: diesen Sozialkahlschlag konnte auch nur die SPD im Bündnis mit den Köpfen der Gewerkschaften durchsetzen. Genauso können nur die Schwarzen die Gesamtschule durchboxen.

In der Energiepolitik gibt es große Chancen. CDU und Grüne wollen den Mittelstand stärken, sprich neue, alternative Energieformen unterstützen. Gleichzeitig könnten die Grünen den Einfluss der Energie-Konzerne im Bündnis mit der CDU stärker begrenzen als bei einer Regierungsbeteiligung der SPD, die mit der Energiegewerkschaft IGBCE verschwistert ist.

Vor allem aber könnte schwarz-grün ein echtes Zukunftsprojekt angehen. Und zwar den ökologischen Umbau der Kommunen, wie ihn grüne Vordenker planen.

Was sich schwammig anhört, lässt sich in wenigen Sätzen erklären. Ab 2013 werden aus den CO2-Abgabe der Energiefabriken Milliardensummen in die öffentlichen Haushalte gespült. Die Grünen wollen, dass diese Milliarden genutzt werden, um ein ökologisches Sanierungsprojekt in den NRW-Städten zu starten. Die CO2-Milliarden sollen demnach dafür eingesetzt werden, Wände zu isolieren, Fenster und Uraltheizungen auszutauschen sowie Dächer abzudichten. Damit der Energieverbrauch ganzer Regionen flächendeckend abgesenkt werden kann.

Davon würden alle profitieren. Abgerockte Viertel würden saniert. Die Städte sähen besser aus. Die Hausbesitzer und damit Wähler von CDU und Grünen bekämen etwas in die Hand. Und sogar die Mietnebenkosten könnten für die sozial schwächeren Menschen gedrosselt werden.

Damit nicht genug, das Ganze hätte auch große Beschäftigungseffekte. Tausende Tischler, Dachdecker, Fenster- und Heizungsbauer würden Arbeit auf Jahre haben.

Diese grüne Idee ist die einzige große Leitidee für ein politisches Projekt, die ich in diesem Landtagswahlkampf gehört habe.

Schwarz-Gelb verspricht ein „Weiter So“. Wobei das „Weiter So“ völlig schwammig bleibt. Was soll wie weiter gehen?

Die SPD hat gar keine Vision, außer dem „Wir machen es so, wie früher, bevor wir abgewählt wurden“ plus Gemeinschaftsschule.

Das grüne Zukunftsprojekt vom ökologischen Umbau der Kommunen könnte schwarz-grün besser umsetzen als rot-grün. Denn die IGBCE würde immer gegen die CO2-Abgabe kämpfen und eher das Geld den Konzernen auf Umwegen zurückgeben wollen, als damit irgendetwas Kreatives anzufangen.

Ich denke, es gibt bei den Grünen eine realistische Machtbasis für ein schwarz-grünes Bündnis. Dafür hat der Grüne Vordenker Reiner Priggen gesorgt. Er hat die Kandidatenliste für den Landtag weitgehend bestimmt. Auf der Priggen-Liste sitzen genügend Leute, die schwarz-grüne Koalitionen in den Kommunen erlebt, gefördert und durchgestanden haben. Auch in der gut 14 Männer und Frauen starken Verhandlungskommission, die ab Montag bereit steht, neue Koalitionen zu verhandeln, sitzen satt über die Hälfte Menschen, die schwarz-grün gut finden. Selbst bei angeblichen Ablehnern eines CDU-Bündnisses, wie Daniela Schneckenburger aus Dortmund, kann man sich sicher sein, dass sie für schwarz-grün votieren würde. Die alten Fragmentierung in Linke und Realos gibt es sowieso in dieser Frage nicht. Zu oft haben gerade linke Grüne in den Kommunen erlebt, wie schwierig es ist, mit SPD-Genossen zu leben. Sie setzen lieber auf stabile Verhältnisse mit CDU-Leuten.

Auch in der Umweltpolitik gibt es keine unüberbrückbaren Gegensätze. Sowohl Grüne als auch CDU-Politiker wollen die Schöpfung erhalten und sind bereit neue Wege zu gehen. Wie etwa der schwarze Bundesumweltminister Norbert Röttgen beweist. Zumindest hat sich Röttgen nicht wie Sigmar Gabriel (SPD) in NRW für einen Erhalt der Kohlekraftwerke stark gemacht.

Bundespolitisch macht schwarz-grün Sinn. Die Grünen kämen aus der babylonischen Gefangenschaft der SPD heraus. Nicht nur die Genossen hätten dann mehr als eine Regierungsoption.

Vielleicht ist es die Angst vor der Realität dieser Bündnisoption, die Leute wie Jürgen Trittin dazu antreibt, über den Spiegel schon vor den Wahlen den umstrittenen Bau des E.on-Kohlekraftwerkes in Datteln zu einem neuen Garzweiler hochzujazzen. Es heißt, an Datteln werde sich das Schicksal eines neuen Bündnisses mit den Grünen entscheiden.

Ich glaube das nicht. Im Gegenteil. Datteln ist ein juristisches Problem. Ob das Kraftwerk fertig gestellt wird oder nicht, entscheiden Gerichte. Die Planer von E.on haben im Vertrauen auf die staatliche Macht Mist gemacht. Diese Suppe muss von den Verursachern ausgelöffelt werden. Das kann schwarz-grünen Koalitionären egal sein.

Im Gegenteil. Schwarz-grün könnte im Politikfeld der Kohlekraft sogar noch was Gutes erreichen. Mehr jedenfalls als mit den SPD-Genossen. Denn derzeit werden Pläne erarbeitet, nach denen alle Altstandorte von Kohlekraftwerken mit neuen Kohlekraftwerken bebaut werden dürfen. Die Rede ist von rund 50 Standorten, die so baufähig für Meiler wie Datteln werden könnten. Die Grünen könnten hier in den Koalitionsverhandlungen die Zahl dieser Standorte drastisch verringern – zumal im Genehmigungsverfahren bis jetzt nicht mal Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgenommen worden sind.

Und ja. Schwarz-grün in NRW könnte sich auf Bundesebene auch erfolgreich für die Umsetzung des rot-grünen Atomausstieges einsetzen. Auch das kein Fehler.

Als dritte realistische Option nach den Landtagswahlen bleibt den Grünen die Opposition. Auch diese Möglichkeit muss keinen schocken. Denn in der Opposition haben die Grünen jetzt wieder Ideen für die Zukunft entwickelt – siehe oben. Sie haben sich stärken können und sind auf dem Weg zu einer Volkspartei. Sollte die SPD in eine große Koalition eintreten, verfällt das Land in eine Stagnation, wie die Sowjetunion zur Breschnjew-Zeit. Die SPD würde sich endgültig überflüssig machen. Und in fünf Jahren kämen die Grünen mit Glanz an die Macht. Das einzige was dagegen spricht: für Machtakrobaten wie Priggen käme der Aufstieg zu spät. Sie könnten nicht mehr Minister werden. Deswegen sind wohl eher die ersten beiden Optionen wahrscheinlicher.

Am Schluss phantasieren immer noch irgendwelche Politbeobachter von rot-rot-grün. Doch das ist so irre, das macht hoffentlich keiner – hoffe zumindest ich.

Bei den Linken haben die extremistischen Strömungen von AKL (Trotzkisten und Kommunisten) und der SL (Gewerkschaftsromantiker) die Macht – dort sind Realisten, die die Linke in der Ex-DDR regierungsfähig machen, völlig marginalisiert. Mit AKL-isten und SL-lern kann man keine Politik für 17 Mio. Menschen machen. Das ist unverantwortlich. Die Zukunft des Landes darf nicht von zufälligen Bündnissen irrer Trotzkisten mit autoritären Kommunisten abhängen. Und es ist utopisch, daran zu glauben, die AKL in der Mehrheit könnte eingedämmt werden, wie die Verrückten im Osten. Warum ist Sarah Wagenknecht denn nach NRW gekommen? Weil sie sich in Berlin durchsetzen konnte? Oder weil sie eine neue Machtbasis in NRW gesucht hat?

Sollten die Linken in die NRW-Regierung rücken, wäre Wagenknecht mit an der Macht.

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MLPD rät: Linkspartei wählen!

Wächst da zusammen was zusammen gehört? Die Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ruft zur Wahl der Linkspartei auf.

Eigentlich mögen sich ja die unterschiedlichen linken Sektierer nicht besonders, aber zur NRW-Landtagswahl lässt man schon mal alle Fünfe gerade sein. Die MLPD, bekennende Anhänger von Massenmördern wie Lenin, Stalin und Mao ruft ihre Anhänger zur Wahl der Linkspartei auf:

„Zweifellos kommen härtere Zeiten. Das verlangt den breiten kämpferischen Zusammenschluss gegen Regierung und Monopole. Zur Landtagswahl empfiehlt die MLPD mit der Zweitstimme dieses Mal „Die LINKE“ zu wählen.“

Die Erststimme sollen alle Besichelt- und Behämmerten an Kandidaten verteilen, die nichts gegen die MLPD haben:

„Bei der Erststimme kommen neben Kandidaten der Linkspartei gegebenenfalls auch Direktkandidaten von DKP, ÖDP oder Piratenpartei in Frage, sofern sie für eine gleichberechtigte, überparteiliche Zusammenarbeit ohne antikommunistische Ausgrenzung der MLPD stehen.“

Dem kann man nur noch „Idioten aller Länder, vereinigt Euch!“ zufügen.

3 FÜR 7 – Festival-Special

Es war ja klar: Im Mai geht’s so sachte richtig los. Nein, nicht mit der Wahl zwischen ArbeiterführerInnen, sondern mit den großen Events zum Dauer-Großevent des Jahres. Gut, dass selbst beim Bäcker am Essener Hauptbahnhof zu bemerken ist, was eigentlich los ist: Es kommen Menschen in die Gegend, die anders sprechen und auftreten, Würde ausstrahlen und sich nicht sofort bei der Ankunft auf RWE-Niveau drücken lassen wollen – erst recht nicht wenn sie sogar nur Brötchen wollen. (Und S04 ist ja auch total was anderes als FCB, denn vor Arbeiterführern buckelt man hier gern, etc. Wahrscheinlich gibt es deshalb in Deutschland fast nur noch solche. Oder tun die teils nur so? Was, die alle tun nur so? Selbst die Gewerkschaften am 1. Mai? Hm.). Und damit zu: Ruhrfestspiele, Klavierfestival Ruhr, transindustriale.

Der Autor dieser Zeilen hatte sich irgendwann einmal „Für eine Literatur des Krieges, Kleist“ von Mathieu Carrière gekauft. Da war er noch ganz, ganz jung und dachte, diese Mischung aus Schauspieler und Hobbyphilosoph versus suspektem Klassiker könnte was haben. Hatte es aber nicht, schien aber eine nette Übung zu sein, frankophil gegen deutschen Ungeist anzuschreiben. Kein gutes Buch also, aber in Ehren gescheitert. (Wieso? Nein, das ist keine Schalke-Anspielung jetzt!) Und genau die Lesung ist natürlich bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen schon arg früh ausverkauft. Alles im Rahmen von „Kontinent Kleist im romantischen Meer“ natürlich. Da muss man erstmal drauf kommen, und es kam darauf: Frank Hoffmann. Neben Kleist (und Hölderlin, Eichendorff, Hoffmann, Novalis & Co.) gibt es aber auch noch das Fringe Festival, einiges an Kabarett, einige Aufführungen in Marl und mehr (Foto aus „Bombsong“ – wie eine Frau zur Terroristin wird. Hm.). Aber sich der Romantik über Kleist nähern (oder umgekehrt), so als Foucault-Schüler… Staun, staun, Themenwechsel.

„Hélèn Grimaud erkrankt – Alice Sara Ott spielt Programm mit Chopin-Schwerpunkt“ ist eine recht aktuelle News zum Klavierfestival. Eine weitere: Zum Eröffnungskonzert mit Jean-Yves Thibaudet und Semyon Bychkov samt dem WDR Sinfonieorchester Köln gibt es zur Stunde noch Karten. Ansonsten, eher willkürlich herausgepickt aus dem reichhaltigen Angebot: Die Goldberg-Variationen (in der Bearbeitung für zwei Klaviere von Josef Rheinberger und Max Reger) werden von Yaara Tal und Andreas Groethuysen gespielt. Es gibt seeehr viel Bach, Chopin und Schumann. Piotr Anderszewski ist da, Anne-Sophie Mutter, Helen Schneider (im Rahmen der JazzLine) und auch Chick Corea (ebenda).

Anders: Die transindustriale. Zunächst verblüfft es, dass da recht spärlich mit Informationen um sich gestreut wird. Dann fällt ein: So sind sie manchmal, die Dortmunder, wenn es um lose Reihen im Grünen geht, die sich durch den gesamten Sommer ziehen. Da heißt es zum einen „Die transindustriale soll zeigen: Dortmund ist ein Gesamtkunstwerk“ und zum anderen lakonisch „Westpark: Hippie, Multikulti“. „Live“ zu sehen, inklusive Einblicken in Interna, hier. Auch schön, mal nicht von Namen und Nummern erschlagen zu werden in dieser Aufmerksamkeit heischenden Zeit.

Ruhrfestspiele noch bis zum 13. Juni.
Klavierfestival Ruhr von Samstag bis zum 23. Juli.
transindustriale von Samstag bis September.

Perfektes Dinner: „Das ist ja so gar nicht meins!“

VOX ruft derzeit Hobbyküche aus dem Ruhrgebiet auf, sich für die Kochdoku „Das perfekte Dinner“ zu bewerben. Eine sehr erfolgreiche Sendung ist das, die in mir jedoch regelmäßig Aggressionen auslöst.

Zum Konzept der Sendung gehört es, dass fünf wildfremde Menschen gegeneinander antreten, um sich in ihren Kochkünsten und Gastgeberqualitäten zu messen. Reihum bittet einer der Kandidaten die anderen vier Knalltüten zu sich nach Hause, setzt sie an den gedeckten Tisch und tischt ihnen ein mehr oder minder originelles Menü auf. Am Schluss jeder Folge wird er dann von seinen Kontrahenten benotet; wer am Ende der Woche die meisten Punkte erkocht hat, ist der Sieger.

So weit, so unterhaltsam. Man muss wahrscheinlich zugeben, dass es diese Sendung ist und nicht eine der zahlreichen Kochshows mit TV-Köchen, die in ihrer Außenwirkung am nachhaltigsten auf die Gewohnheiten der TV-gesteuerten Deutschen abstrahlt. Seitdem dieses Format läuft, wird es im privaten Kreis nachgespielt. Man lädt sich gegenseitig ein, man spielt Gastgeber und bekocht im schlimmsten Falle „befreundete Pärchen“, die grundsätzlich Klaus und Heidi heißen und natürlich die Pest sind. Dass dabei nicht nur auf kreative Gerichte wert gelegt wird, sondern auch auf eine gewisse Tischkultur, auf Gläser, Besteck und Tischwäsche, finde ich als Ansatz gar nicht mal so schlecht. Subversives Gedankengut lässt sich besser mit Stil, Anstand und Niveau entwickeln und pflegen; rüpelhafte Ausschweifungen machen mehr Spaß mit einem Champagnerglas von Riedel in der Hand und einer gelockerten Frackschleife um den Hals. (Oder, Schlange?)

Nur geht es bei dieser Sendung natürlich um alles andere als um die Revolution. Es geht darum, dass Klaus und Heidi bzw. die sich unbekannten Kandidaten einen auf gutbürgerliche Kopfnoten-Revue machen, viel zu anspruchsvolle Gänge kochen, wie sie der herrschaftlichen Küche vorbehalten waren, viel zu viel Blödsinn über „eingebundene Tannine“ und „lange Abgänge“ faseln und mit Lust übereinander herziehen, wenn der Gastgeber gerade am Herd steht und nicht zuhören kann.

Was die Sendung vollends für mich unerträglich macht, ist die Teilnahme der schlimmsten Spezies, die auf Gottes Erdboden herumtrampelt: junge Frauen von Ende zwanzig, Anfang dreißig, nachweislich also die dümmsten Geschöpfe seit dem Urknall. Nicht genug, dass diese doofen Weiber mir regelmäßig meine Lieblingssendung „Wer wird Millionär“ mit ihrer Ungebildetheit vermiesen („Literatur? Das ist nicht gerade mein Spezialgebiet. Erdkunde kann ich auch nicht. Biologie? Fußball?“ – Ja, wovon habt Ihr Pflaumen denn überhaupt Ahnung?), nicht genug, dass sie dieses herrliche Spiel mit ihrer Entscheidungsschwäche und luschigen Hilflosigkeit verzögern und am Ende gedemütigt mit 8.000 Euro in ihre Bausparwohnungen zurück kriechen müssen, nein, sie haben außer von vielen, vielen anderen Dingen auch vom Kochen und Essen keine Ahnung. Analog zu ihrer miserablen Performance beim Jauch-Quiz stören sie auch das „Perfekte Dinner“ mit ihrem unqualifizierten Quaken: „Roher Fisch? Ist ja so gar nicht meins.“ Da diese dummen Dinger aber auch kein Fett, keine Innereien, keine Ochsenbäckchen, keinen Fenchel, keinen Kümmel, keine Blutwurst, keinen Burgunder aus der Doppelmagnum, keinen Korn zum Frühstück, keine halben Schweine auf Toast und überhaupt nix mögen, das nicht bis zur Unkenntlichkeit denaturiert und in künstlich gepimpten Fitzeln vor ihnen auf dem Teller liegt, sind sie der Tod jeder Folge. Der Satz „Ist ja so gar nicht meins“ sollte mit einer Woche Rucolaverbot und folgender Zwangsdiät bestraft werden – ja richtig: Sauerbraten vom Pferd, anständige Kutteln, dicke Bohnen mit westfälischem Speck, Steckrübeneintopf, Möppkenbrot mit dick Sempf, Schmalzbrot, Coq au vin vom zähen Hofhahn und Spanferkel vom Grill. So!

Jetzt aber Ihr, Ruhrbarolo-Leser! Wie gesagt, zurzeit ruft die Produktionsfirma uns Ruhrgebietler zur Teilnahme am „Perfekten Dinner“ auf. Während der Fußball-WM (!) finden die Dreharbeiten statt (genau: vom 21.-25. Juni), und wer nun will und Klaus und Heidi heißt, sollte die Kölner Nummer 0221. 492 04 82 40 anrufen oder an perfektesdinner at vox.de schreiben. Wir anderen machen uns derweil Gedanken darüber, wie die ausgerechnet auf uns gekommen sind… Neue Ruhrgebietsküche? Kulturhauptstadt? War da was? Obwohl: Wenn dann die Folgen bei uns inne Siedlung spielen, die Balkontür ist auf, die Köttel spielen zwischen den Teppichstangen aufm Hof Fangen, und zum Vorrundenspiel Kamerun – Dänemark reicht die Gastgeberin kaltes Pilsbier und belegte Bütterken mit Radieschen ausm Schrebergarten obendrauf… och joh, dann ruf ich da jetzt auch mal an.

Foto (Perik): Passend zum Thema: Landei mit schwarzem Trüffel von Dreisternekoch Joachim Wissler, Bergisch GladbachPromodinner:

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Der Ruhrpilot

NRW: Die Ponyherde grast fast überall…taz

NRW II: Zweitoption Schwarz-Grün…Zeit

NRW III: SPD will CDU das Erfolgsthema Integration abjagen…Welt

Opel: Drei Monate ohne Kurzarbeit…Der Westen

Dortmund: OB-Wahl…RP Online

Dortmund II: Ex-Feuerwehrchef räumt rechte Kontakte ein …Ruhr Nachrichten

Ruhr2010: Werbung in Bochum und der Platz des Europäischen Versprechens…Pottblog

Ruhr2010 II: Kulturspektakel eröffnet das 64. Theaterfestival Recklinghausen…Der Westen

Ruhrgebiet: Fünf falsche Mythen aus dem Malocherparadies…Spiegel

Online: Thomas Strobls erstes Videoblog…Weissgarnix

Digital: Gemeinsames Positionspapier zu Open Government…Netzpolitik

Rezension: „Analysen und Essays Extreme Rechte – Geschichtspolitik – Poststrukturalismus“…Trueten

Rüttgers und der Rau-Kult

Mit einer doppelseitigen Anzeige wirbt die CDU im aktuellen Spiegel. 21 Menschen bekennen: „Früher habe ich Johannes Rau gewählt, dieses Mal wähle ich Jürgen Rüttgers…“ Wenn ich ein traditioneller CDU-Anhänger wäre, würde mich diese Anzeige stören.

Und nicht nur das: Der ganze Rau-Kult von Rüttgers würde mich stören. Denn der bedeutet, dass die Union in den 80er und 90er Jahren bei den meisten Wahlen ja besser gar nicht angetreten wäre – gegen den tollen Johannes Rau.

Und was ich, auch ohne traditioneller CDU-Anhänger zu sein, nicht verstehe ist, was an Rau denn so phantastisch war. Ich habe seine Ministerpräsidentschaft fast vom ersten bis zum letzten Tag in NRW miterlebt. Als Wissenschaftsminister hatte Rau seine Verdienste. Als Ministerpräsident sorgte er dafür, dass Mehltau über diesem Land lag.

Gut war in seiner Regierungszeit, dass er Christoph Zöpel die Internationale Bauaustellung machen ließ. Schlecht, dass auch Clement mit seinen Leuchttürmen zig Millionen Steuergelder ohne größeren Effekt versenken durfte. Ansonsten, so meine Erinnerung, spielte er gerne Skat, trank Pils, war gegen ein geeintes Ruhrgebiet und sorgte mit seiner These, er könne 1987 als Kanzlerkandidat die absolute  Mehrheit für Erheiterung.

Ob Steinkohle oder Bildung: Rau bewahrte und änderte nichts. Er hatte zwei Sinnsprüche. Der Offizielle: Versöhnen statt spalten. Der Inoffizielle: Wer sich bewegt verliert. Als er 98 ging, waren nicht wenige erleichtert, obwohl die Art und Weise wie in seine eigenen Genossen aus dem Amt gedrängt haben unwürdig war.

Der Rau Kult – eines der großen Geheimnisse Nordrhein-Westfalens, dass ich nie verstehen werde.