Der Vizechef und Pressesprecher der Linkspartei NRW, Ralf Michalowsky, hat ein gespaltenes Verhältnis zur freien Presse. Das wissen wir. In der Gladbecker Lokalausgabe der WAZ äußerte sich Michalowsky jetzt zu den bundesweit in den Medien erhobenen Vorwürfen gegen seine Person. Was er sagt, überrascht dann doch: Michalowsky fühlt sich verfolgt und bezichtigt ausgerechnet den Journalisten Hans Leyendecker von der Süddeutsche Zeitung der Lüge.
Hans Leyendecker gehört ohne Zweifel zu den besten Journalisten Deutschlands. Die Liste seiner Enthüllungen ist beeindruckend: Ob Flick Affäre, CDU-Spenden-Affäre, der Fußball-Wettskandal, die VW-Korruptionsaffäre und viele andere Nummern – Leyendecker steht für exzellente Recherche verbunden mit der Fähigkeit Fehler einzugestehen. Für Ralf Michalowsky, den Pressesprecher der Linkspartei, ist Leyendecker hingegen ein Lügner. Gegenüber der WAZ in Gladbeck sagte der Linke Pressemann, dass Leyendecker die Inhalte eines mit ihm geführten Interviews, verfälscht wiedergegeben hat: „Er lügt und schreibt bewusst die Unwahrheit.“ Bei dem Gespräch ging es um Michalowskys Rolle in der Spitzel-Affäre der Linkspartei in NRW sowie die Statue des KGB-Gründers Felix Dschersinski, die auf Michalowskys Klavier stand. Die Autorin des WAZ-Artikels bestätigte uns gegenüber das Zitat. Michalowsky habe das so gesagt.
Was war Leyendeckers Fehler in den Augen von Michalowsky? Leyendecker hatte nicht über die ungedeckten Behauptungen Michalowskys berichtet, die Bespitzelungen der innerparteilichen Gegner sei erfolgt, weil diese zum Umfeld der rechten Schillpartei gehörten. Leyendecker hatte das gemacht, was gute Reporter machen, er hatte das berichtet, was bewiesen ist. Nicht das, was einer wie Michalowsky so alles erzählt, wenn der Tag lang ist. Das ist also eine Lüge in den Augen von Michalowsky.
In der WAZ hat Michalowsky seine Erzählungen wiederholt. Er sagte: In Bottrop hätten vor zwei Jahren Mitglieder der ehemaligen rechten Schillpartei versucht, die Linke zu unterwandern, deshalb habe man Neumitglieder mit erhöhter Aufmerksamkeit beobachtet und Informationen darüber ausgetauscht.
Diese Aussage ist nicht belegt. Ich habe dazu recherchiert. Es ist richtig, dass es wilden Streit in Bottrop gab, in dem alle erdenklichen Vorwürfe erhoben wurden. Von PKK-Sympathisanten war die Rede, die die Partei kapern wollten, von Rechtsradikalen und von DKPisten. Die Wahrheit hinter den Vorwürfen und Gerüchten ist kaum auszumachen. Eines ist jedenfalls sicher. Es gibt keine stichhaltigen Belege dafür, dass es Schillpartei-Leute gab, die die Linke übernehmen wollten. Selbst einen Beleg, dass es Leute gab, die der Schillpartei nahe standen, ist nicht zu finden. Ich habe danach gesucht. Dafür gab es aber jede Menge unbelegte Beschuldigungen aus dem Bottroper Kampf gegen parteiinterne Kritiker, die Michalowsky heute noch als Gerücht und seine Wahrheit verbreitet.
Das ist nicht alles. Märchenerzähler Michalowsky zieht ohne Belege wieder Verbindungen, die nicht stimmen. Zum Beispiel bei der Geschichte mit der Blutsäufer-Figur von KGB-Gründer Felix Dschersinski auf seinem Klavier. Michalowsky sagt, er habe sie auf einem Trödelmarkt in Weißrussland gekauft und für einen Musiker gehalten. Das ist seine Wahrheit. Uns liegt eine Aussage vor, nach der Michalowsky einem Gast in seiner Wohnung die Figur als Statue von Felix Dschersinski vorgestellt hat. Welche Wahrheit richtig ist, wissen wir nicht. Wir lassen das mal so stehen. Und geben zu bedenken, dass eigentlich jeder Linke über 50 Jahre das markante Gesicht des Schlächters kennt. Und dass dem Blutsäufer gerade in Weißrussland immer noch Denkmäler gewidmet sind. Dort gibt es sogar in der Nähe von Minsk eine Stadt, die nach ihm benannt ist. Dschersinskis Geburtsstadt. Aber klar: Michalowsky will den Mann für eine Musiker gehalten haben. Und im Sommer schneit es gewöhnlich in Gladbeck.
Dann sagt Michalowsky in der WAZ, er habe Leyendecker berichtet, dass die Dschersinski-Anekdote aus der gleichen Quelle in Bottrop stamme, wie die Infos über die Spitzeleien – eben aus den Reihen von ehemaligen Schillparteileuten oder -sympathisanten. Es sei eine Lüge von Leyendecker, dies nicht zu schreiben. Gut. Die Info haben auch wir von den Ruhrbaronen gebracht, in unserem Linken-Report in unserem Print-Ding. Und wir wissen, wo wir die Info her haben. Sie stammt nicht aus Bottrop. Nicht mal nahe. Es ist völliger Bullshit, davon zu sprechen, dass die Info aus „der gleichen Quelle in Bottrop“ stamme. Oder sagen wir, es ist Michalowskys Wahrheit.
Leyendecker eine Lüge vorzuwerfen, ist übrigens nicht das erste Mal, dass Ralf Michalowsky Probleme mit Journalisten hat: Er streicht missliebige Reporter nach Gutsherrenart aus dem Presseverteiler der Linkspartei und versucht auch direkt die beruflichen Basis und die Integrität der Berichterstatter anzugreifen. Sein Ziel: Die Vernichtung. Als ich beispielsweise in der Welt am Sonntag über die Spitzeleien von Michalowsky schrieb, verschickte der Pressemann eine Email an alle möglichen „Genossen und Genossinnen“ sowie an Reporter, die noch in seinem Verteiler sind, und an mindestens einen Kollegen der Welt.
Darin hieß es: „Die WELT sollte sich Gedanken darüber machen, wen sie da beschäftigt.“ Michalowsky wollte die Kündigung eines kritischen Reporters erreichen.
Kommen wir zurück zur Süddeutschen. Auch hier ging er, wie es wohl seine Art ist, Reporter frontal, möglichst einschüchternd an: Er schrieb in die Redaktion, dass er die Vertreter des freien Mediums aus dem Presseverteiler der Linken streicht. Informationen sollte es fortan nicht mehr per Email gleichberechtigt und gleichzeitig für alle geben. Stattdessen wollte er die Reporter gegenüber anderen benachteiligen. „Informieren Sie sich bitte über unsere Aktivitäten über unsere Homepage“. Zudem schrieb Michalowsky, dass Anfragen nur noch beantwortet würden, wenn die Redaktionsleitung diese autorisiert hätte. Weiter lies Michalowsky die kritischen Journalisten schriftlich „schon jetzt wissen“, dass diese für den Fall des Einzugs seiner Partei in den Düsseldorfer Landtag „nicht zu den von uns bevorzugten Gesprächspartnern zählen würden“. Was war der Fehler, der in den Augen von Michalowsky diese Einschüchterung rechtfertigte? Leyendecker und Co. hatten zu viele unbequeme Fragen gestellt.
Genug für den Bannstrahl des Linken Pressemannes.
Das Verhalten von Michalowsky ist nicht tragbar. Auch wenn sich der Parteichef der Linkspartei Wolfgang Zimmermann für das Verhalten seines Stellvertreters und Sprechers bei der SZ entschuldigt hat.
Um es ganz ehrlich zu sagen: ich gehe davon aus, dass Michalowsky in seiner Tour weitermacht. Zu Stefan Laurin hier von den Ruhrbaronen hat er beispielsweise in der WAZ behauptet, dieser sei „ein Linkenhasser, der mich seit Jahren verfolgt“. Wahr daran ist: Stefan mag die politische Position der Linken überhaupt nicht.
Von verfolgen kann aber keine Rede sein: Insgesamt hat Stefan in den vergangenen 15 Jahren zwei, vielleicht drei Artikel geschrieben, in denen Michalowsky vor kommt.
Die beiden waren mal bei den Grünen in Gladbeck in einer Partei. Stefan sagt, aus dieser Zeit könne er eigentlich nur Gutes über Michalowsky berichten. Man habe sich inhaltlich gestritten, aber auch in der Partei vertragen. Stefan sagt: „Mit Ralf habe ich nie Probleme gehabt.“
Der Ralf hat sich wohl seither verändert.
Kleine Info am Rande: Linken-Chef Wolfgang Zimmermann hatte uns gestern ein Interview zugesagt. Gerade eben hat das Linke Wahlquartier angerufen und gesagt: „Das Ihnen zugesagte Gespräch kann leider nicht stattfinden.“
Nicht reden ist auch eine Aussage.