Eine Hochzeit von CDU und SPD wird es nicht geben: Holen die Sozialdemokraten mehr Stimmen als die Christdemokraten, gibt es rechnerisch Rot-Grün. Den kleinen Juniorpartner vom großen Bruder Rüttgers werden die Genossen aber nicht spielen.
Deswegen bauen führende Sozialdemokraten schon jetzt hohe Barrikaden für eine mögliche große Koalition in Nordrhein-Westfalen auf. „Ich bin entschieden dafür, dass wir bei allen schwierigen Koalitionen unsere Mitglieder befragen“ sagte Axel Schäfer, Vorsitzender der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion. „Eine Befragung fördert den inneren Frieden unserer Partei,“ so der Bochumer Abgeordneter.
An schwierigen Koalitionen steht für die NRW-Genossen nach den neuesten Umfragen vor allem die Große Koalition zur Debatte. Ausgeschlossen haben dies weder SPD-Herausforderin Hannelore Kraft noch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Die Basis aber winkt ab. „Die Große Koalition ist für niemanden ein Wunschprojekt“, sagt Norbert Römer, Vorsitzender der SPD-Region Westliches Westfalen. Römer selbst gehört dem konservativen Flügel der Partei an. „Auch die Mitglieder im traditionell schwarzen Sauerland, selbst die Bergleute, kämpfen inzwischen für Rot-Grün“, so Römer. Für die sei ein Bündnis mit der CDU undenkbar. Auch der Parteilinke Schäfer war unlängst mit dem Satz zitiert worden, „ein Bündnis mit der CDU komme in Nordrhein-Westfalen nicht in Frage. „Daran würde die SPD kaputt gehen.“
Nach Informationen der Ruhrbarone gibt es im NRW-SPD-Vorstand massive Vorbehalte gegen eine mögliche Zusammenarbeit mit Rüttgers, falls es bei der Landtagswahl am 9. Mai nicht für eine rot-grüne Koalition reicht. „Als Juniorpartner von Rüttgers würden wir kaputt gehen“, heißt es im Landesvorstand. Etliche Spitzengenossinnen haben den offiziellen Satz „Wir kämpfen für Rot-Grün“ offenbar auswendig gelernt und äußern ihre Abneigung gegen eine Elefantenhochzeit nur hinter vorgehaltener Hand.
Die NRW-Jusos reden Klartext. „Die Große Koalition ist für uns keine Option“, sagt Juso-Vorsitzender Christoph Dolle. Es gebe mit der CDU keine Gemeinsamkeiten. „Unsere wichtigsten Forderungen nach einem gebührenfreien Studium und gemeinsamen Lernen lehnt Rüttgers ab, da ist keine Schnittmenge“, so Dolle zu dieser Zeitung. Das Bündnis wäre für die SPD schädlich.
Strategisch bleibt diese Option aber offen. „Als Profis können wir natürlich miteinander reden“, sagt Hannelore Kraft immer zu ihrem Verhältnis zu Rüttgers. Im bislang einzigen direkten Fernseh-Duell am Montagabend gingen die SPD-Herausforderin und der CDU-Ministerpräsident nahezu sanft miteinander um. Nur beim Streit um die zukünftigen Schulen des Landes spannten sich die gecoachten Gesichter. Kraft plädierte für eine Gemeinschaftsschule bis zur zehnten Klasse, Rüttgers hingegen möchte an den getrennten Real-Haupt-und Gesamtschulen und Gymnasien fest halten. Doch die meiste Zeit blickten sich beide kaum an, gaben sich artig die Hand und verzichteten auf persönliche Angriffe.
Der größte Streit brach allerdings um die zukünftige mögliche Koalition der SPD mit den Linken aus. Rüttgers, ganz im Sinne seiner laufenden Rote-Socken-Kampagne, warf seiner Kontrahentin vor, mit den „Extremisten“ zu paktieren. Kraft wiederholte ihr ewiges Mantra, sie suche die Auseinandersetzung und nicht die Zusammenarbeit mit der Partei. Einer zukünftigen großen Koalition stünde aber dieser Streitpunkt ohnehin nicht im Wege.
Bei den Genossen der NRW-SPD gibt es tief sitzende Ängste gegen eine Koalition mit Jürgen Rüttgers. Der selbst ernannte „Vorsitzende der Arbeiterpartei“ könnte die Sozialdemokraten als Juniorpartner vor sich her treiben und mit in die Pflicht nehmen für die unpopuläre schwarz-gelbe Bundespolitik. Zudem hatte die SPD 2009 bei der Bundestagswahl ihre schlimmste Wahlpleite hinnehmen müssen – nach vier Jahren großer Koalition im Bund. Zwar hatte sogar die NRW-SPD mit Peer Steinbrück einen bekannten Bundesfinanzminister gestellt – aber genützt hat es ihr am Wahltag nicht.