Ruhr2010 im Dialog mit Hausbesetzern

Dieter Gorny

Sowohl in Essen als auch in Dortmund  die Ruhr2010 GmbH den Dialog mit den Hausbesetzern aufgenommen. Ruhr2010-Direktor Dieter Gorny hält ihr Anliegen für wichtig.

Auf der gestrigen Vorstellung des Ruhr2010 Spin-Offs ECCE bekundete Dieter Gorny seine Sympathie für die Hausbesetzer in Dortmund: „Was die machen ist wichtig.“ Sowohl mit den Besetzern des DGB-Hauses in Essen als auch mit der UZ-Initiative in Dortmund ist die Ruhr 2010 im Gespräch. Gestern gab es ein erstes Treffen zwischen den Besetzern der Kronenbrauerei in Dortmund und Gornys Mitarbeiter Bernd Fesel. Gemeinsam mit der Stadt soll nach geeigneten Räumen für ein freies Kulturzentrum gesucht werden. In der kommenden Woche geht es dann in Essen mit Gesprächen zwischen den Besetzern, dem DGB und der Ruhr2010 weiter. Hier könnte am Ende eine Galerienutzung im Parterre des DGB Hauses stehen. Eine Lösung für die gesuchten Atelierräume gibt es allerdings noch nicht.

Der Ruhrpilot

2010lab: Gorny hält an teuerem Ruhr-2010-Projekt fest…Der Westen

Ruhr2010: E-Culture Fair, Dortmund – schlecht vermarktete Gehirnflutung….Indiskretion Ehrensache

ECCE: Kreative der Ruhr.2010 arbeiten 2011 weiter…Ruhr Nachrichten

Wirtschaft: Tengelmann-Chef räumt Fehler bei Kik ein…Der Westen

Kultur: Theater der Region servieren Lebensmittel Kunst…Der Westen

Kultur II: Ein sehr amerikanischer Blick auf das Ruhrgebiet…Welt

NRW: Linke wollen ran an die Kohle!…DL

Dortmund: Sierau will friedlichen Protest gegen Nazis…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Envio am Runden Tisch nicht mehr erwünscht…Der Westen

Duisburg: Fraktion der Grünen stellt sich gegen OB Sauerland…Der Westen

Duisburg II: Pleitgen – der erschütterte Macher…RP Online

Lünen: Die Kanzlerin und das Kraftwerk…Ruhr Nachrichten

„Die meisten Juden halten Adorno für einen Rotwein“

In seinem Buch „Der koschere Knigge“ gibt Autor Michael Jonathan Wuliger Tipps für den entkrampften deutsch-jüdischen Dialog. Im Interview spricht er über Klischees, den durschnittlichen Juden und wohlmeinende, aber auch sehr nervige Menschen – die Philosemiten.

Herr Wuliger, Ihr Buch „Der koschere Knigge“ verspricht, trittsicher durch die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen zu führen. Ist das Verhältnis zwischen Deutschen und Juden immer noch so verkrampft, dass ein solcher Leitfaden nötig ist?

Ja. Aus den bekannten historischen Gründen können offenbar die meisten Deutschen nicht unbefangen mit Juden umgehen. Lassen sie in einer Gruppe von Deutschen einen Juden los – schon verkrampft sich alles, einschließlich der Körperhaltung. „Er ist Jude, aber sehr nett“, habe ich vor einiger Zeit mal bei einer Party aufgeschnappt. Der Satz war keineswegs böse gemeint, aber er bringt die deutsch-jüdischen Verklemmtheiten voll auf den Punkt. Übrigens, dem „Knigge“ im Titel zum Trotz ist mein Buch kein ernstgemeinter Benimm-Leitfaden. Es müsste eigentlich heißen: trittsicher in die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen. Das Schöne am verkorksten deutsch-jüdischen Dialog ist ja, dass er jede Menge komplett absurder Situationen produziert und so unfreiwillig zu einer unerschöpflichen Quelle komischer Geschichten wird – und genau die sind Thema meines „Knigge“.

Dabei geben sich doch viele Deutsche so große Mühe, es ihrem jüdischen Gesprächspartner Recht zu machen.

Sie meinen die Philosemiten. Sehr wohlmeinende, aber auch äußerst nervige Menschen. Sie haben ein so positives Bild von Juden, dass man ihren Erwartungen nur sehr, sehr schwer gerecht werden kann. In den Augen solcher Leute muss jeder Jude mindestens ein Martin Buber sein. Darunter tun sie es nicht. Man wagt sich kaum in der Nase zu bohren, wenn man mit ihnen redet, weil man fürchten muss, dass dadurch ihr mühsam aufgebautes Judenbild ins Wanken geraten könnte.

Als exemplarisches Beispiel für das Verhalten von Philosemiten berichten Sie von Ihrem alten Klassenlehrer…

… der mir in der 10. Klasse, nachdem ich zum vierten Mal hintereinander ein „Mangelhaft“ in Physik auf dem Zeugnis stehen hatte, sagte, ich solle mich gefälligst mehr anstrengen. An der Begabung könne es ja wohl nicht liegen – Einstein sei schließlich auch Jude gewesen.

Das klassische Klischee: Alle Juden sind reich, gebildet und außerordentlich intelligent.

Ich empfehle allen Philosemiten den Besuch einer jüdischen Gemeinde in Deutschland, und sie werden feststellen, dass es ungemein viele strohdoofe Juden gibt. Das Gros der Juden gehört soziologisch und von der Mentalität her zur Spezies des Kleinbürgers. Sie sind genauso borniert wie die Mehrheit der Bevölkerung. Adorno halten die meisten Juden wahrscheinlich für einen italienischen Rotwein. Falls gerade Juden das lesen: Ihre Gemeinde ist natürlich nicht gemeint. Dort ist es selbstverständlich völlig anders.

Was ist der Grund dafür, dass Juden nicht als normale Menschen wahrgenommen werden, sondern zu Projektionsflächen werden?

Dafür gibt es eine schlichte statistische Erklärung: In der Bundesrepublik leben rund 80 Millionen Menschen. Von denen sind rund 200.000 Juden. Das macht gerade mal 2,5 Promille der Gesamtbevölkerung, ein Wert, der sonst nur bei Straßenverkehrsdelikten relevant ist. Der durchschnittliche Deutsche ist deshalb in seinem Leben noch nie einem Juden begegnet. Was er von Juden weiß, hat er aus den Medien oder dem Schulunterricht. Und dort tauchen Juden vor allem in zwei Kontexten vor: der Schoa und dem Nahostkonflikt. Eventuell kommt noch Religiöses dazu. Der durchschnittliche Jude in Deutschland hat aber in der Regel weder eine Nummer auf dem Arm tätowiert, noch trägt er eine Uzi. Fromm ist er meist auch nicht. Wenn er einen Bart hat, dann einen in der modischen 3-Tage-Variante.

Was also empfehlen Sie Ihren nichtjüdischen Lesern, wie sie reagieren sollen, wenn sie zum Beispiel auf einer Party einen Juden treffen?

Gehen Sie mal davon aus, dass dieser Jude höchstwahrscheinlich Ihnen ähnlicher ist, als Sie vermuten. Die Bundesliga interessiert ihn mehr als die Lage in Gaza, über die Fahreigenschaften seines Wagen denkt er häufiger nach als über die Vergangenheitsbewältigung. ABBA hört er lieber als Klezmermusik. Und öfter als den Talmud liest er den Kicker. Also nerven Sie den armen Mann – oder die Frau – nicht mit Ihrer Betroffenheit beim Besuch des Holocaustmahnmals oder Ihren Ideen zum Nahostkonflikt. Fragen Sie ihn bitte auch nicht nach komplexen Details der religiösen Speisegesetze. Er kennt sie wahrscheinlich nicht. Sie würden ja auch, wenn Sie Katholik sind, beim Bier keine Debatte über die theologischen Aspekte der Transsubstantion führen wollen. Ach und noch was: Sie müssen einen Juden auf der Fete nicht zwingend mit „Schalom“ begrüßen. Ein freundliches „Guten Tag“ reicht völlig aus.

Wie reagieren Sie selbst, wenn jemand es dennoch nicht lassen kann, Ihnen als Beleg für seine Verbundenheit zum Judentum beispielsweise ausführlich von seiner Zeit im Kibbuz zu berichten?

Ich bin heute in einem Alter, in dem ich nicht mehr versuche, den deutsch-jüdischen Dialog auf eigene Kosten voranzubringen. Es gibt Interessanteres. Wenn jemand mich damit nervt, wechsle ich mehr oder weniger höflich das Thema. Das führt natürlich auch wieder zu Verstimmungen. Da hat jemand mühsam sein gesammeltes Halbwissen über Juden hervorgekramt, um mir vermeintlich einen Gefallen zu tun – und ich bin gelangweilt. Schon ist der deutsch-jüdische Dialog wieder empfindlich gestört.

Wann glauben Sie wird der deutsch-jüdische Dialog frei von diesen Verkrampfungen sein?

Das deutsch-jüdische Verhältnis wird an dem Tag ein normales sein, wenn jemand einem jüdischen Arschloch begegnet und hinterher sagt: „So ein Arschloch“ und nicht: „Ein typisch jüdisches Arschloch.“ Ich fürchte, bis dahin dauert es aber noch eine Weile.

Das Gespräch, das auch auf „Cicero Online“ erschien, führte Philipp Engel.

Informationen zur Person: Michael Jonathan Wuliger wurde 1951 in London geboren, wuchs in Wiesbaden auf und lebt heute in Berlin als Feuilletonredakteur der »Jüdischen Allgemeinen«. Er geht so gut wie nie in die Synagoge, isst gern Serrano-Schinken und hört lieber Georges Brassens als Giora Feidman. Sein jüdisches Idol ist Krusty der Clown aus der TV-Serie „Simpsons“.

Informationen zum Buch: Michael Wuliger: Der koschere Knigge. Trittsicher durch die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen, S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, 105 S., 8 €

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Richter: Vier Quadratmeter zum Leben

Rechtlos hinter Gittern

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute entschieden: 8,3 Quadratmeter Zelle für zwei Häftlinge inklusive Klo sind ausreichend. Die Richter wiesen die Klage eines Häftlings auf Schadenersatz wegen „menschenunwürdiger Haftbedingungen“ ab. Die perfide Begründung: Wenn der Gefangene die Situation während seiner dreimonatigen Haftzeit in Duisburg-Hamborn als unerträglich empfunden hätte, hätte er sich vehementer um eine Verlegung gekümmert. Dabei hatte der Mann einen Vollzugsbeamten um die Verlegung in eine Einzelzelle gebeten. Danach aber, so die Richter, habe er „sein Anliegen nicht weiter verfolgt.“ Hätte er „nachdrücklich“ um eine Verlegung gekämpft, so sei davon auszugehen, dass die Anstaltsleitung seinem Gesuch nachgekommen wäre.

Ein lebensfremdes und unwürdiges Urteil. Denn erstens sind die Gefängnisse so überfüllt, dass den Gesuchen auf Einzelzellen nicht nachgekommen werden kann. Und zweitens verkennen die Düsseldorfer Juristen das stramm hierarchische System Gefängnis. Die Gefangenen sind darauf angewiesen, sich mit den Beamten gut zu stellen. Sie vergeben Freigänge, lassen den Besuch zu und teilen zu den begehrten Sportkursen ein, konfiszieren oder vergeben Fernseher. Ein ewig quengelnder Knacki muss um Vergünstigungen fürchten. Nur dem Leben im Gefängnis entrückte Richter können glauben, ein Mensch müsse auf vier Quadratmeter nicht leiden, müsse sich nicht schämen, auf der Toilette beobachtet zu werden.

Zum Glück gibt es inzwischen auch menschenfreundliche Urteile. Die Zahl anhängiger Beschwerden in gerichtlichen und in außergerichtlichen Verfahren von Gefangenen wird in NRW auf einige hundert geschätzt. Verschiedene Landgerichte und Oberlandesgerichte hatten in der Vergangenheit Schadenersatzforderungen von Häftlingen und früheren Insassen teils bestätigt, teils aber auch abgewiesen. Auch der Duisburger Häftling hatte vom Landgericht Duisburg zunächst Recht bekommen.

Razzia bei Duisburgs OB Sauerland

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Adolf Sauerland

Gerade meldet Bild, dass es heute Vormittag eine Razzia im Duisburger Rathaus gegeben hat.

Die Polizei durchsuchte danach die Diensträume von OB Sauerland und zweier Dezernenten. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft glaubt, nicht alle relevante Akten von der Stadt erhalten zu haben. Es wurden weitere Akten sichergestellt. Nach Angaben der Stadt handelte es sich um einen vorher ausgemachten Termin.   Wie dem auch sei. Das nicht alle Akten übergeben wurde wirft es merkwürdiges Licht auf Sauerlands ewiges Gerede von der Aufklärung, die er vorantreiben will.

Arte TV: Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely – Bonnie & Clyde der Kunst

100823 bonnyclyde 04 Bild: ZDF / C. Serge DietrichDie „dicken bunten Frauen“, die Nanas von Niki de Saint Phalle, haben die Kunst bis heute geprägt. Sie traten oft zusammen mit den bewegten Maschinen von Jean Tinguely auf. Arte TV zeigt Beeindruckendes aus dem Leben eines Künstlerpaars.

Eine Nana war 28 m hoch, enthielt eine Milchbar (!) in einer Brust und ein Planetarium in der anderen. Sie war in Schweden nur drei Monate ausgestellt, enthielt auch noch ein Kino und war durch die Vagina zu betreten.

Doch das Material, Polyester-Kunstharz, aus dem die Nanas mit heißen Drähten geschnitten wurden, brachte Niki de Saint Phalle fast um.

Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely, zwei große Bildhauer von Weltruf, prägten jeder auf seine Weise die Kunst des 20. Jahrhunderts. Sie waren 25 und 30 Jahre alt, als sie sich in einem künstlerischen Umfeld begegneten. Der Arte-Dokumentarfilm „Bonnie & Clyde der Kunst„, der am Montag, den 6. September 2010 um 11.20 Uhr sowie am Samstag, den 11. September 2010 um 05.00 Uhr ausgestrahlt wird und bis zum 18. September außerdem online („Arte 7+“ bzw. Link „ansehen„) angesehen werden kann, erzählt die Geschichte ihrer leidenschaftlichen und kreativen Beziehung, die Triebfeder für zahlreiche künstlerische Geniestreiche und originelle Kunstwerke war.

Jo Frank1984083 Centre de George Pompidou 1984Beide Künstler hatten auch ein eigenständiges Werk. Zu den populärsten gemeinsamen Projekten gehören die Pariser Brunnenanlage „La Fontaine de Strawinsky“ vor dem Centre Georges Pompidou (links im Jahre 1984) und ein „Tarot-Garten“ südlich von Grossetto in der Toskana.

Wenigen Künstlern gelingt es, das Wesentliche ihrer Zeit zu erkennen und Leidenschaft und Schwärmerei zu entfachen. Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely hatten zu Lebzeiten schon Anhänger jeden Alters, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Japan und Israel. Und posthum nimmt ihre Popularität noch zu.

Bis zum 29. August ist außerdem im Schloss Meinsberg (Château de Malbrouck) in Manderen in Lothringen noch eine Ausstellung über Niki de Saint Phalle zu sehen.

Bildrechte: ZDF / C. Serge Dietrich, Jo Frank

Waldorfschule Schloss Hamborn, das anthroposophische Zentrum in Ostwestfalen

Hänsel und Gretel, ohne glückliches Ende Illustration: Ludwig Richter

Ein Artikel des WDR über ein Gewaltopfer in der Waldorfschule Schloss Hamborn erinnerte unseren Gastautoren Andreas Lichte an seine dortige Hospitation. Hier sein erster Bericht.

„Sag mal’, seh’ ich eigentlich nach Waldorf aus?!“ fragt mich die Gastmutter und Waldorflehrerin.

„Nein, natürlich nicht!“ antworte ich wunschgemäss. Der typische, asexuelle Waldorf-Walle-Look ist das wohl eher nicht, aber natürlich gehört auch sie dazu.

„Ich schicke meine Kinder ja zu ausserschulischen Aktivitäten nach draussen – das ist mir ganz wichtig, damit sie nicht im Ghetto untergehen“, sagt mir ein anderer Lehrer.

Das „Ghetto“ ist die „anthroposophische Lebensgemeinschaft“ Schloss Hamborn, Westfalen, mit Waldorfschule, Waldorfinternat, Demeter-Laden, Altersheim – und eigenem Friedhof. Also nicht unbedingt die typische Waldorfschule. Aber das unvergleichliche Waldorf-Wir-Gefühl findet sich auch an jeder anderen Waldorfschule. Warum? Waldorf ist nicht einfach nur „Schule“. Waldorf ist eine Lebensform, die nicht mit dem Schul-Gong endet.

„Und am Wochenende hilfst du dann bei unserem Martinsmarkt?!“ fragt der Gastvater, Waldorflehrer.

„Nein, tut mir leid, mein Bruder feiert Geburtstag“, antworte ich, wohlwissend, dass das ein Tabubruch ist.

Mir muss nicht extra gesagt werden, dass man als (zukünftiger) Waldorflehrer Teil einer grossen Gemeinschaft ist, die höhere Ziele verfolgt: „Die Welt wird zum Tempel, die Welt wird zum Gotteshaus“, sagt Rudolf Steiner, der Begründer der Waldorf-Pädagogik. Für Steiner ist die Waldorfschule der „praktische Beweis für die Durchschlagskraft der anthroposophischen Weltorientierung.“ Nicht weniger. Und die Anthroposophie ist Steiners Haus-Religion: Steiner ist ihr selbsternannter Prophet, Hellseher, dessen Worte Offenbarungscharakter besitzen. Und schon erschallt – Hosianna! – das allgegenwärtige „Rudolf Steiner hat gesagt …“

Steiner wird in Schloss Hamborn auch „zur Fortbildung“ in der Lehrerkonferenz gelesen, natürlich. Aber auch sonst hat man zu jeder noch so kleinen Lebensäusserung ein „Wahrspruchwort“ Steiners parat, ähnlich wie der vorbildliche Waldorflehrer und Dozent des „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“, der „Missionar in Sachen Steiner ist“.

In der Internatsschule Schloss Hamborn gibt es auch „schwererziehbare“ Kinder. Meine Gastmutter erzählt mir, wie sie sie empfängt: Wenn die Kinder im Internat ankommen, ringt meine Gastmutter sie erst einmal nieder, um klar zu machen, wer das Sagen hat: Die Rangordnung muss hergestellt werden … Ich denke, das kann nur ein Spiel sein und frage nicht nach. Mit einem komischen Gefühl. Jahre später lese ich dann von Kindesmisshandlung in einer anderen Waldorfschule, der „Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Alte Ziegelei Rädel“, und dem „Gilde-Griff“ der ehemaligen Leiterin Angelika Gilde. Ist das vielleicht gar nicht Gildes Erfindung? Und aus dem komischen- wird ein mieses Gefühl: was hat meine Gastmutter wirklich mit den Kindern gemacht?

Und dann kommt ein Artikel des WDR, „Hinter privaten Schultüren“, von Nina Magoley. Dort berichtet Jan Schrecker, Zitat WDR, „von Demütigungen und Misshandlungen während seiner Schulzeit, die ihm noch immer zu schaffen machen. Schrecker war bis 1996 Schüler an der Waldorfschule Schloss Hamborn in der Nähe von Paderborn. Seine damalige Lehrerin, so berichtet er, habe ihn und andere Schüler jahrelang geschlagen und massiv eingeschüchtert. Er sei Zeuge gewesen, wie die Lehrerin Mitschüler ohrfeigte oder schmerzhaft an den Haaren zog, nur weil sie Haargel benutzt hatten. Einmal habe sie den Kopf eines Jungen, der ein bedrucktes T-Shirt trug, »mit voller Wucht« auf den Tisch gehauen, so dass dessen Nase blutete.“

Nein, Jan Schreckers Lehrerin ist nicht meine Gastmutter. Aber das macht es nur noch schlimmer. Denn in Schloss Hamborn habe ich selber ein Hänsel und Gretel Gefühl: Die „anthroposophische Lebensgemeinschaft“ liegt mitten im Wald, in einem Tal-Kessel, es ist eine verschworene Gemeinschaft, ich denke: „Von hier dringt niemals etwas nach draussen!“ Und dann doch. Und was passiert?

Weiter der WDR: „Eine Strafanzeige gegen die Lehrerin, die Schrecker im Jahr 2002 bei der Staatsanwaltschaft Dortmund stellte, wurde wegen Verjährung abgewiesen. Als er sich daraufhin an die Bezirksregierung Detmold wandte, habe man ihm dort erklärt, dass die Behörde für private Schulen, wie Waldorf- oder auch kirchliche Schulen, nicht zuständig sei. Auch auf eine Petition beim Landtag NRW hin bekam der ehemalige Schüler dieselbe Auskunft. Das »Verhalten der Lehrkraft«, heißt es in einem Antwortschreiben, das WDR.de vorliegt, »konnte keine schulaufsichtliche Maßnahme auslösen«, da die Lehrkraft nicht Bedienstete des Landes Nordrhein-Westfalen war, sondern in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zum Schulträger stand« (…)“

Erwartet hier jetzt irgendjemand noch ein schönes Schlusswort – ein glückliches Ende, wie im Märchen?

Andreas Lichte bei den Ruhrbaronen:

„Waldorfschule: Vorsicht Steiner“

Interview mit Andreas Lichte

„Kampf bis zur Erleuchtung – Lorenzo Ravagli und der Glaubenskrieg der Anthroposophie gegen Helmut Zander“

„Die Waldorfschulen informieren“

„Drei Gründe für die Waldorfschule“

Waldorfschule: „Detlef Hardorp, der Berlin-Brandenburgische Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“

„Waldorfschule: Lehrer gesucht!“

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Update: Protest gegen Nazi-Konzert

Am 4. September werden Nazis erneut in Dortmund demonstrieren. Die Polizei hat auch ein Nazi-Konzert am 3. September am Hauptbahnhof genehmigt. Gegen beide Veranstaltungen regt sich Protest.

Dortmund hat ein Nazi-Problem. Heute Nacht überfielen 20 Nazis die Szene-Kneipe HirschQ. Es gab drei Verletzte. Fünf Nazis wurden festgenommen. Nur einer in einer langen Reihe von Vorfällen. Dortmund gilt, neben dem Kreis Recklinghausen als einer der Hochburgen der Nationalen Autonomen im Ruhrgebiet.

Trotzdem wurde auch in diesem Jahr wieder die schon traditionelle Nazi-Demo in Dortmund genehmigt. Im vergangenem Jahr war sie mit einer Verbotsverfügung gescheitert. Gegen die Demo, regt sich Protest.  Der darf allerdings nicht in eder Nähe der Nazidemo stattfinden. Das S4 Bündnis, ein Zusammenschluss zahlreicher Gruppen gegen den Nazi-Marsch,soll wie im vergangenem Jahr, an den Rand der Innenstadt abgedrängt werden. Die Nazis bekamen am 3. September auch in Konzert am Hauptbahnhof zugestanden. Gegen das protestiert das S4-Bündnis: Am 3. September ruft es ab 16.00 Uhr zu einer Demo gegen das Konzert am Nordausgang des Hauptbahnhofes auf.