
„Die Rente mit 67 kommt später!“, hieß es gestern von der SPD. „Na super“, dachte ich mir, „wann denn, mit 82?“
Das wollen die Sozis nicht, sie wollen nur später anfangen mit dem länger arbeiten. Das muss man nicht verstehen. Bislang ist vereinbart: Ab 2012 steigt das Rentenalter erst um einen Monat, später um zwei Monate pro Jahr. Irgendwann steigt es wahrscheinlich um ein Jahr pro Jahr. Jüngere müssen dann mit Lichtgeschwindigkeit altern, um überhaupt noch das Rentenalter zu erreichen. Niemand sollte derzeit eine Wette darauf abschließen, wer länger arbeiten wird, man selbst oder das benachbarte Atomkraftwerk.
Zwar liegen die Kraftwerke derzeit knapp vorn. Aber parallel zur Laufzeitdebatte haben jetzt wirtschafsnahe Forschungsinstitute gefordert, mit der Rente mal schön bis zum 70. Geburtstag zu warten. Solche Einmischungen kennt man vom anderen Ende des Lebens, aus der Bildungsdiskussion. Da ereifert sich alle Welt an der neuesten PISA-Studie und denkt keine Sekunde daran, dass die von der OECD angefertigt wird, auch einer wirtschaftsnahen Institution. Wenn die Wirtschaft festlegt, was Bildung ist, warum ist der Vatikan nicht für das Ranking von youporn-Videos zuständig? Schließlich beschäftigt man sich dort seit Jahrhunderten professionell mit dem Thema Liebe.
Einschulung möglichst schon mit fünf Jahren, Turbo-Abi zwölf Jahre später, ohne störenden Kriegsdienst ab ins schnelle Bachelorstudium – da kommen künftig schnell für jeden vier Jahre Lebensarbeitszeit dazu. Das freut die Wirtschaft, und die Lehrer freut es teilweise. Wenn die Schüler künftig das G8-Gymnasium spätestens mit 18 Jahren verlassen, findet man endlich wieder einen Parkplatz direkt vor der Schule.
Auch bei der Rente sollten wir derart positiv denken. Später in Rente heißt auch: später in die Altersarmut. Unmöglich ist in diesem Bereich nichts. Möglich auch, dass irgendwann nach einer Neuberechnung, einem Regierungswechsel oder einer durchsoffenen Nacht des Fachministers die Rente mit 67 rückwirkend eingeführt wird. Zahlreiche Senioren gucken spätestens dann dumm aus der Wäsche, wenn der Rückzahlungsbescheid für die vergangenen zwei Jahre im Briefkasten landet. Vielleicht liegt der ein oder andere dann schon zwei Jahre auf Pflegestufe drei im Seniorenheim rum. Plötzlich kommt morgens der Zivi und schiebt ihn im Pflegebett auf Maloche. Gesucht werden dann Arbeitsplätze mit vorwiegend liegender Tätigkeit.
Schon lange warte ich auf den Clash Of Generations. Wenn in ein paar Jahren die Sterbehilfe erst einmal allgemein anerkannt ist, sollte in dem Zusammenhang auch dringend der Begriff „unheilbar krank“ neu definiert werden. Auf der anderen Seite machen dann Senioren die Rechnung auf, was da für den Nachwuchs sinnlos verpulvert wird, für Menschen also, die noch keinen Cent in die Sozialversicherung eingezahlt haben. Zahnspangen, pädagogisch wertvolles Kindertheater, Jugendknast, dazu jahrelang täglich die kostenlose Wurstscheibe an der Fleischtheke. Milliarden kommen da zusammen, von dem Geld könnte mancher Rentner sorglos vor sich hin dementieren.
Vielleicht gibt es dann in der Altersversorgung längst Wahltarife. Die Alternative zur Rente mit 67 wäre die Rente bis 78, interessant für alle, die schon in ihrer Jugend exzessiv notfalls selbst die Stoffe missbraucht haben, die man heute in einer deutschen Kneipe noch legal erwerben kann. Oder die Rente Kiew, mit garantierter Versorgung bis zum Lebensende, auf basalem Niveau. Wurden bislang die Pflegekräfte mehr oder minder legal aus Osteuropa importiert, könnten bald schon die Rentner exportiert werden, also ihren alten Arbeitsplätzen in den Osten folgen.