Stefan Winter (Ruhr Uni): Plädoyer für Studiengebühren

Stefan Winter ist Professor an der Ruhr Universität Bochum und Inhaber des Lehrstuhls für Human Resource Management. Vor wenigen Tagen veröffentlichte er eine Studie, die zu dem Schluss kam, das Studiengebühren  sozial gerecht seien. In einem Gastkommentar erläutert er, warum er für den Erhalt der Studiengebühren ist.

„Wenn […] auch, höhere‘ Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel zu bestreiten.“
Karl Marx, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei. In: Marx, K. /Engels F. (Hrsg.) Werke, Band 19, Dietz Verlag, Berlin, 1976,  S. 30.

Wer studieren will, sollte studieren können. Der Staat kann mehrere Dinge tun, um Studierwilligen das Studium zu erleichtern. Eine Möglichkeit, seit Gründung der Bundesrepublik bis vor wenigen Jahren praktiziert, besteht in der steuerfinanzierten Gebührenfreiheit des Studiums. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, Gebühren zu erheben und jedem Studierwilligen einen Kredit zu gewähren, der einkommensabhängig zurückzuzahlen und zu verzinsen ist. Mit diesem Kredit können während des Studiums die Gebühren finanziert werden.

Bleibt der wirtschaftliche Erfolg nach dem Studium aus, verzichtet der Staat auf Rückzahlung und Verzinsung, stellt sich ein hoher wirtschaftlicher Erfolg ein, muss entsprechend viel zurückgezahlt werden. Sieht man beispielsweise eine Rückzahlungsverpflichtung erst ab einem Nettoeinkommen von 2500 € pro Monat vor, dann muss niemand ein unkalkulierbares finanzielles Lebensrisiko tragen. Zur Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht würde dann nur das Einkommen oberhalb von 2500 € herangezogen. Wie im Einkommensteuerrecht könnte darüber hinaus die familiäre Situation durch Kinderfreibeträge berücksichtigt werden. Die Konditionen eines solchen Kredits können daher problemlos so ausgelegt werden, dass jeder Studierwillige ohne die Gefahr einer späteren Überschuldung studieren kann. Fraglich ist nun, welches System vorzuziehen ist. Es zeigt sich, das die Erhebung von Gebühren kombiniert mit einem staatlich gestützten Kreditsystem, welches jedem Studierwilligen unabhängig von seiner familiären Situation einen Kredit einräumt, aus vielfachen Gründen vorzugswürdig ist. Hier seien nur einige davon diskutiert.

Von der Befürwortern der Gebührenfreiheit wird angeführt, dass die Studierenden faktisch doch die Kosten ihrer Ausbildung selbst tragen, da sie später über die durchschnittlich höheren Einkommen auch höhere Steuern bezahlen. Dieses Argument ist aus zwei Gründen nicht überzeugend. Das erste Problem dieser Argumentation liegt im Auseinanderfallen von Studium und Steuerpflicht. Wer in Deutschland studiert ist nicht notwendigerweise hinterher auch in Deutschland steuerpflichtig. Das kann man derzeit an der Abwanderung von Ärzten nach England und Skandinavien beobachten. Diese Personen haben in Deutschland einen der teuersten Studiengänge absolviert, zahlen aber nach Ihrer Abwanderung überhaupt nichts zurück. Das gleiche gilt für ausländische Studierende, die teilweise nach Beendigung ihres Studiums in Deutschland sogar explizit aus dem Land gejagt werden, indem man Ihnen die Aufenthaltserlaubnis entzieht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Steuerrecht nicht danach differenziert, mit welcher Tätigkeit ein bestimmtes Einkommen erzielt wird. Damit muss ein Nichtakademiker, der 100 T€ p.a. verdient, die gleichen Steuern bezahlen, wie ein Akademiker mit gleichem Einkommen.


Bei Gebührenfreit des Studiums hätte aber nur einer von beiden ein staatliches Geschenk von erheblichem Wert erhalten, der andere nicht. Der staatliche Gleichbehandlungsgrundsatz fordert, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden muss. Hier würde offensichtlich Ungleiches gleich behandelt. Würden staatdessen kreditfinanzierte Gebühren erhoben, könnte die Rückzahlung auch international durchgesetzt werden und es ergäbe sich eine Ungleichbehandlung von Ungleichem.


Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Gebührenfreiheit mit einem massiven politischen Nachteil einher geht. Die reine Steuerfinanzierung der Universitäten ohne Gebührenerhebung führt dazu, dass Gelder nach politischen Interessen und hochschulinternen Koalitionen verteilt werden. Das führt dazu, dass auf der einen Seite überfüllte Hörsäle und auf der anderen Seite mangels Teilnehmern abgesagte Lehrveranstaltungen nebeneinander existieren. Die Gelder werden also nicht nach den Präferenzen der Studierenden verteilt.


Schließlich wird von den Befürwortern der Gebührenfreiheit argumentiert, dass die Ausbildung eines Akademikers auch gesellschaftliche Vorteile erbringt. Auch dieses Argument vermag nicht zu überzeugen. Das liegt erstens daran, dass es neben den sozialen eben doch auch private Vorteile eines Studiums gibt. Das Argument der gesellschaftlichen Vorteile spricht also allenfalls dagegen, Studienplätze komplett über Gebühren zu finanzieren. Wenn gesellschaftliche und individuelle Erträge bestehen, sollten sich Gesellschaft und Individuum auch gemeinsam an den Kosten beteiligen. Genau dies ist aber der Fall. Die derzeitigen Studiengebühren von 500 € pro Semester decken je nach Studiengang zwischen knapp 10% (Medizin) bis etwa 30% (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften). Es verbleibt also ein erheblicher gesellschaftlicher Beitrag bei der Finanzierung. Darüber hinaus wird übersehen, dass dann, wenn gesellschaftliche Vorteile durch einen ausgebildeten Akademiker entstehen, diese besser erst bei Entstehung zu subventionieren wären.

Am Beispiel der Medizinerausbildung lässt sich das besonders gut verdeutlichen. Ein Vorteil der Ausbildung eines Mediziners wird darin gesehen, dass ein Arzt den Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert. Dieser Effekt tritt aber erst ein, wenn er tatsächlich als Arzt tätig ist. Wenn überhaupt, sollten also die tätigen Ärzte bezuschusst werden und nicht die diejenigen, die lediglich Medizin studieren. Ein weiterer gesellschaftlicher Vorteil der Ausbildung wird in der kriminalitätsreduzierenden Wirkung gesehen. Statistisch sinkt mit dem Ausbildungsstand die Kriminalitätsrate, wenn auch wahrscheinlich nicht bei allen Deliktsformen gleichermaßen. Hier das Studium als Instrument der Kriminalitätsreduktion anzuführen ist aber nicht tragfähig. Sieht man sich nämlich an, wer in deutschen Jugendstrafanstalten sitzt, dann sind das nicht Abiturienten ohne Hochschulabschluss sondern fast ausschließlich Menschen ohne oder mit niedrigsten Bildungsabschlüssen. Wenn Bildung als kriminalitätsreduzierendes Instrument verstanden wird, dann sollten staatliche Investitionen offensichtlich bei den Niedrigqualifizierten ansetzen und nicht bei Abiturienten.

Roland Koch einsparen

Roland Koch Foto: Gaby Gerster

Hessens Ministerpräsident Roland Koch will bei Bildung, Forschung und Kinderbetreuung sparen. Dabei gibt es viel bessere Möglichkeiten, die Ausgaben zu senken.

Eines vorweg: Ich habe fünf Jahre in Frankfurt gewohnt und Roland Koch kommt, obwohl in Frankfurt geboren, aus Sulzbach. Auf so  einen „Vorortbub“ schaut man immer mit einer gewissen Arroganz hinab. Und jetzt weiter.

Dieser  Sulzbacher-Bub will also bei Bildung, Forschung und Kinderbetreuung sparen. Dass das so ungefär das Blödeste ist, was man tun kann, muss nicht weiter erklärt werden.

Das gespart werden muss finde ich natürlich in Ordnung. Aber nicht da, wo Koch sparen will. Es gibt noch so viele Subventionen, die man getrost streichen kann.

Und natürlich kann man bei den teuren Strukturen, die sich Deutschland leistet, sparen. Zum Beispiel bei den Bundesländern. Brauchen wir so viele? Und brauchen wir sie überhaupt noch? In vielen Bereichen haben sie nicht mehr viel zu sagen. Der Bildungsbereich ist ihre Domäne und dort sind ganze Heerscharen von Verwaltungsleuten damit beschäftigt, all die unterschiedlichen Regeln, die sie schaffen, wieder zu harmonisieren, damit man mit einem Abi aus Bremen auch in Bayern studieren kann. In dem wichtigsten Bereichen, in dem die Länder noch eigenständig sind,  verursachen sie vor allem Reibungsverluste.

Der Föderalismus ist ein teures Relikt aus vergangenen Zeiten. Würden nicht mit Amateurparlamenten ausgestattete Regionalverwaltungen, die es ja als Regierungsbezirke längst gibt, vollkommen ausreichen? Warum zwingt man Franken und Schwaben in einBundesland mit den Altbayern? Was haben Rheinländer und Westfalen miteinander zu tun? Was Nord- mit Südhessen?

Was haben wir davon, dass die Polizei in jedem Land ein anderes Wappen an der Uniform trägt und in den Gefängnissen verschiedene Standards gelten? Nichts? Nichts! Man könnte eine Menge Geld einsparen, in dem man Roland Koch und seine Kollegen einspart. Eine schlankere und kleinräumigere Verwaltung wäre preiswerter und effektiver. Und Roland Koch könnte wieder als Anwalt arbeiten. In Sulzbach. Im Schatten des Main-Taunus Zentrums.

VfL-Fans: „Ernst und Altegoer raus“

Ärger in Bochum: Fans fordern das Ende von VfL-Dauerpräsident Altegoer. Und Spekulationen über die Nachfolge gibt es auch schon.

Wie Jens vom Pottblog berichtet, hängen an diversen Brücken in Bochum Transparente, die den Rücktritt des VfL-Bochum Präsidenten Altegoer fordern. Auch Manager Ernst soll gehen.

Ein vor wenigen Tagen in der WAZ veröffentliche Text des Schriftstellers Frank Goosen, in dem er die Rückgabe des Vereins an die Fans forderte, löste indes Spekulationen aus. Lukas von Coffee & TV interpretierte Goosens Text als dessen Bewerbung für das Präsidentenamt des VfL. Es scheint wieder spannend zu werden an der Castroper Straße – wenn auch nicht im Stadion

Werbung


Der Ruhrpilot

NRW: SPD-Linkskurs vergrätzt die FDP…Handelsblatt

NRW II: In NRW-FDP bricht offener Machtkampf über Ampel aus…Der Westen

NRW III: Leise Revolte der Sozialliberalen…Süddeutsche

NRW IV: FDP will keine Ampel, aber vielleicht auch doch…Stern

NRW V: FDP in NRW streitet über eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen…Pottblog

NRW VI: SPD und Grüne ignorieren Absage…Spiegel

Ruhr2010: Schacht- und Schandzeichen…Der Westen

Bochum: Thementag zu Zwangsarbeit…Bo Alternativ

Theater: Goerdens letzte Bochumer Inszenierung…Der Westen

Ruhrgebiet: Streetart im Pott…Kueperpunk

Online: Wie der Schmutz ins Internet kommt…Kontextschmiede

Kirchentag: Der gekreuzigte Penis…taz

Zartes Pflänzchen Unfug: Die Ampel

Kommentar: Die Ampel ist vom Tisch. Gut so.

Verblühende rotgelbgrüne Tulpe
Zartes Pflänzchen Unfug: Die Ampel

Wer als Verlierer nach dem Ende des Spiels die Spielregeln ändern will, ist ein schlechter Verlierer. Und so positioniert sich momentan glücklicherweise die NRW-FDP. Das zeigt, dass sie in ihren Reihen keine Personen hat, die einer sozialliberal-grünen Politikperspektive innerhalb der eigenen Partei Gewicht verleihen könnten. Und nur so ist es möglich, dass diejenige Partei, die nach der NRW-Wahl die Regierungsbeteiligung und zwei Ministerien im Land verloren hat, den möglichen anderen Regierungsparteien Vorschriften zu deren Koalitionsgesprächen zu machen versucht.

Eine FDP, die einen Innenminister stellte, der als gelernter Jurist ein Verfassungsschutzgesetz erließ, das vom Bundesverfassungsgericht sogleich wieder einkassiert wurde, stänkert jetzt gegen staatsfeindliche „Kommunisten“, die nicht an einer Regierung beteiligt werden dürften. Ein ehemaliger FDP-Wissenschaftsminister, der in Privat-vor-Staat-Manie den Schulen und Hochschulen des Landes das „Lebenslange Lernen“ und deren Kunden damit das lebenslange Bezahlen verordnete, ist ebenso niemand, der sich den Rot-Grünen glaubhaft annähern könnte.

Die Ampel in NRW war somit nichts weiter als ein Hirngespinst, dass sich mangels sozialliberalem Hintergrund innerhalb der NRW-FDP kaum hätte realisieren lassen. Denn schließlich hat sich in den vergangenen schwarz-gelben Jahren in Nordrhein-Westfalen aus der FDP niemand hervorgetan, der sich zu aktuellen Fragen wie beispielsweise Intergrationspolitik, Energiewirtschaft, Arbeitsmarktpolitik etc. überraschend ökologisch bzw. sozialliberal geäußert hätte.

Freuen wir uns darüber, dass dieses Gedankenspiel schnell dadurch geendet ist, dass die Verliererpartei FDP zu schnell die demokratischen Spielregeln ändern wollte, um in Vorbereitung ihrer Oppositionsrolle ihr NRW-weit mageres 7-Prozent-Potenzial zu verteidigen. Und das reicht, um die wenigen Aushängeschilder einer erschreckend geringen Meinungspluralität der NRW-Liberalen mit einem Sitz im Landtag zu versorgen. Um nichts anderes ging es, als die Liberalen den Grünen und der SPD vorscheiben wollten, mit wem diese zu reden haben. Gut, dass die Adressaten dieser seltsamen Ansprache die Forderung der Liberalen ignoriert haben.

Cromme und sein Plan B

Die Weichen für den Neuanfang bei ThyssenKrupp sind gestellt. Der Aufsichtsrat hat den Siemens-Vorstand Heinrich Hiesinger zum neuen Vorstandschef berufen. Sollte er scheitern, dann hat Gerhard Cromme als Aufsichtsratsvorsitzender noch ein Ass im Ärmel.

Auf Hiesinger wartet harte Arbeit. Er soll die Abhängigkeit ThyssenKrupps‘ vom Stahl verkleinern, neue Technologien stärker in den Vordergrund rücken und das Geschäft auf ein breiteres Fundament stellen. Wenn er im Januar 2011 den Vorstandsvorsitz von Amtsinhaber Ekkehard Schulz übernimmt, dann muss er sich auf Widerstände einstellen. Die Stahllobby ist stark in dem Laden.

Cromme hat daher einen Plan B, wie ein Insider erzählte. Um Hiesinger zu unterstützen und die neue Linie durchzudrücken, zieht daher Jürgen Claassen in den Vorstand ein. Die Personalie kommt zwar nicht überraschen, ist aber ungewöhnlich. Denn Claassen ist Leiter der Kommunikation – ein Posten, der sich bei anderen Unternehmen nicht als Treppchen in den Vorstand eignet.

Bei ThyssenKrupp ticken die Uhren aber anders. Claassen ist seit langen Jahren ein Verbündeter von Cromme und der könnte den bulligen Mann noch höher katapultieren. Wenn Hiesinger scheitere, dann könnte Claassen neuer Chef werden, sagt ein Insider aus dem Konzern.

Ob er es dann richten könnte? Fraglich, denn Claassen hat die Strategie der Vergangenheit mitgetragen. Und die sah eine Stärkung des Stahlgeschäfts vor.

Werbung


Die NPD und ihre Fans bei Facebook

NPD bei Facebook

Dass im Internet jegliches bisschen an Privatsphäre aufgegeben wird, weiß mittlerweile auch meine Oma. Dass sich dort auch gerne Rechtsgesinnte tummeln, ist ebenso wenig neu. Nur der kleine Aufstand, der sich aktuell bei Facebook breit macht, lässt die Kritiker der vermeintlich unpolitischen Jugend hoffen.

„Kein Facebook für Nazis – NPD Seite löschen!“ steht auf meinem Bildschirm. Alles klar, Daumen hoch und Fan werden, genau wie über 150.000 andere Facebook-Nutzer auch schon Fans sind. Die Idee der digitalen Bewegung ist denkbar einfach: Es wird eine Gruppe gegen die NPD gegründet, die NPD-Seite wird Facebook gemeldet und dann gelöscht. So sollte es laufen. Tut es aber nicht.

Die „soziale Heimatpartei“, wie die NPD sich selbst beschreibt, fordert die Rückkehr der D-Mark, verlinkt auf diverse NPD-Seiten im Netz und wettert gegen das Rettungspaket der EU. Alles im Rahmen des Gesetzes, versteht sich. Viel wurde über den Wahlkampf der großen Parteien im Web 2.0 geschrieben, doch dass rechte Parteien wie die NPD ebenfalls hier weiden, übersieht man gern. Wo die Linke in den Landtag einziehen darf, darf die Rechte doch wohl ein virtuelle Fans haben, oder?

Während ich das tippe, wächst die Zahl der Anhänger der NPD bei Facebook: Zehn Fans mehr hat die NPD-Seite allein in den letzten fünf Minuten gewonnen. Und weil die Gedanken auch in der Welt der Mark Zuckerbergs und Sergej Brins frei sind, bekennen sich über 1.500 Rechte öffentlich:

M. E. schreibt: „Und ich hoffe du gehst irgendwann wie Millionen andere hier lebende „Bürger mit Migrationshintergrund“ in deine angestammte Heimat zurück. Wobei du als BRD-Türkin ja nicht mal von einer angestammten Heimat sprechen kannst. Dem System sei Dank!“ Ganz selbstverständlich sagt M.E. das, weil Meinungsfreiheit in Deutschland herrscht und Facebook in den USA sitzt. Deswegen muss Facebook die NPD-Seite auch nicht löschen. Und deswegen wird Facebook die Seite aller Voraussicht nach auch nicht löschen.

Die Mitte als politische Orientierung ist hier hinfällig – jeder, der gegen die NPD ist, wird als Linker abgestempelt: „ACHTUNG: Seit einiger Zeit versuchen linke Gutmenschen und uns nicht willkommene Zivilokkupanten durch beleidigende und bedrohende Nachrichten an unsere Fans, bzw. durch Zumüllen unserer Kommentarspalten, unsere Arbeit zu sabotieren.“, heißt es vom Betreiber der Seite.

Früher versammelten sich Nazis in einer dunklen Kneipe oder bei Kameraden, heute gehen sie online. Mit Bild, Namen und Wohnort. Da ist Martin. Er wohnt an der Donau, ist Single und hört Bushido. Und ist Fan der NPD. Oder nehmen wir Robert. Robert ist auf der Suche nach Frauen und politischer Aktivist. Seine kleine Tochter lacht auf seinem Profilbild.

Die Rechte sitzt nicht mehr im Keller und hört illegale Musik. Sie sitzt bei Facebook und Twitter und schämt sich nicht. Die Rechte hat Kinder, hört HipHop von einem Halb-Tunesier und steht dazu. Sie muss nicht auf Demos gehen, denn sie hat seine kleine rechte Revolution zu Hause.

Die Tatsache, dass auf einen Facebook-Fan der NPD rund 100 NPD-Gegner kommen, nützt nicht viel. Zumindest nicht, solange Facebook es den Holtzbrinck-Netzwerken nicht nachmacht und Soziale Netzwerke zum Sperrgebiet für die Rechte erklärt.

Wie wichtig Social Networks als Propaganda-Werkzeug sind, wird auf der Seite der NPD Sachsen klar: „Also raus aus den Hinterzimmern, raus auf die Straße, aber auch rein in die neuen sozialen Netzwerke des Internet.“

Vielleicht ist der Anti-NPD-Aufruf bei Facebook ein bisschen naiv.

Einen Versuch wert ist er alle Mal.


Liberale Verantwortungslosigkeit

Andreas Pinkwart? Der  starke Mann der FDP heißt Papke und der ist ein guter Taktiker. Das Land ist ihm egal.

Eine rot-rot-grüne Koalition ist im Bereich des Möglichen und es war gut, als FDP-Chef Pinkwart in den vergangenen Tagen auf SPD und Grüne zugegangen ist. OK; so ganz  hat man ihm die neue Offenheit nicht angekauft, aber auch als SPD und Grüne erklärten, auch mit der Linkspartei sprechen zu wollen, wurde das Gesprächsangebot von den  Liberalen nicht gleich zurückgezogen. Pinkwart erklärte, die FDP sei zu Gesprächen bereit, wenn eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen werden würde – Gespräche allein waren auf einmal kein Verweigerungsgrund mehr.

Diesen Hauch von Vernunft hat Papke mit seiner Crash-Strategie zunichte gemacht. Papke, einer der vielen Musterliberalen in NRW, die Zeit seines Lebens von Staatsknete lebten,  ließ Pinkwart auflaufen: Keine Gespräche mit Grünen und SPD.

Papke exekutiert den Willen von Guido Westerwelle, dessen Verhältnis zu Pinkwart ohnehin nicht allzu gut ist. Westerwelle und Papke wollen rot-rot-grün in NRW. Sie hoffen, dass sich die FDP in der Opposition profilieren kann. Und sie wollen Grüne und SPD schwächen – denn das Rot-Rot-Grün in NRW zum Erfolgsmodell wird, nimmt kaum jemand an. Viele Grüne und Sozialdemokraten sind sich sicher, ein solches Bündnis würde eine Legislaturperiode nicht überstehen. Für das Land NRW wäre ein solche Phase mit kurzlebigen Koalitionen und einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei verheerend. Aber das ist Papke egal. Ihm geht es um seine Partei, um sein Pöstchen. Papke – ein geschickter Stratege ohne jedes Verantwortungsgefühl.