5 FÜR 7 – Kultur und Co an der Ruhr

folkwang_kirchnerZehn Wochen Kulturhauptstadt: Ein Zwischenstand. (Denn wer hat schon 100 Tage Ruhe heutzutage?) Beim Zwischenresümee zum Milchkaffee auf der Rüttenscheider hieß es gerade etwa wie folgt: Nach Außen innerhalb Deutschlands sieht’s PR-mäßig doch ganz gut aus: Erst die Eröffnung und der Charteinstieg, dann Ruhrmuseum und Folkwang, dann Odyssee Europa – alles ging groß durch die Feuilletons.
Jetzt: NRW-Wahlen als Nonplusultra für ungezählte Reichstagskarrieren anscheinend. Auch fein. RAG macht Ökostrom, Schalke und Dortmund stehen gut da wie lange nicht mehr, die Ruhrbarone auch, Debatten hier setzen Akzente und labern nicht mehr einfach nur hinterher. Wie und wo gekürzt und kooperiert werden muss in den Kommunen, selbst das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Daher zur Feier des Tages gleich mal fünf Themen: Local Heroes Recklinghausen, DAF & No More, Folkwang, Hinterhaus, 2. Klavierfestival Oberhausen.

Diese Woche ist Recklinghausen dran im Rahmen von Local Heroes – eine dieser 120.000-Einwohner-Städte hier in der Gegend, die endlich mal wieder ihre 15 Minuten bekommen. DAF und No More hatten die ihren in den 80ern, und das ist ja schon so lange her, dass mittlerweile locker beobachtet werden darf: Meine Güte, haben die geklaut bzw. ging das schnell damals für NewWave-Trendsurfer von Düsseldorf nach London und so! Ein bisschen Suicide, ein ganzes Ende Cabaret Voltaire, Andocken an den Mute Records Maschinenpark, Hitler & Homoerotik, Koks & Uniform und ab dafür. No More waren da irgendwie näher am hiesigen Electro Marke Eigenbau, aber irgendwie mussten sich ja dann irgendwie alle in die Schubladen EBM oder Pop, Goth oder Disco, Techno oder Schlager einsortieren lassen. Schön dass die zusammen auftreten und mal wieder die Muckis zeigen wollen.

Erste Sonderausstellung in Folkwangworld: „Das schönste Museum der Welt“ wurde es mal genannt, und das soll nun rekapituliert werden mit Ausstellungsstücken aus den Goldenen Zwanzigern etc. (Das Foto von Jens Nober zeigt „Tanzpaar“ von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahr 1914). Der Autor dieser Zeilen freut sich auf kommende, stringentere Konzepte (nicht das mit Elvis!), versteht aber, dass sich erstmal volksnah gegeben wird bei gleichzeitiger Selbstbeweihräucherung. So san’s halt, die alten Kulturadelsleut! Wem das zu überkandidelt ist, kann gern zur ersten Ausstellung im Hinterhaus, Interview hier.

Klavierfreuden nicht als Chillout oder Romantikaccessoire sondern in aller Öffentlichkeit im Rahmen eines klein-feinen Festivals? Dann ist diese Woche vielleicht Oberhausen (erst recht) auf der Karte.

Recklinghausen zeigt sich noch bis Samstag als Local Hero.
DAF und No More on stage am Donnerstag.
Das Hinterhaus ist hier.
„Das schönste Museum der Welt“ wird ab Samstag bestaunt.
Das „2. Oberhausener Festival rund ums Klavier“ ist am Sonntag.

Eine Geschichte aus New York: Williamsburg – Teil 9: Die Scene Changer

williamsburg-9Die letzte Phase der Gentrification, die der Scene-Changers  überlappt sich insofern, dass die Scene-Seekers, wenn sie denn dauerhafte Bewohner werden, selbst in die Rolle der Scene-Changer schlüpfen.  Es kommen aber jetzt auch die hinzu, die mit der Szene vorher nicht einmal als Besucher was zu tun hatten. Sie suchen ganz allgemein nach Wohn- und Lebensraum in  New York und bekommen von Experten oder Freunden den Tipp „Upcomming Williamsburg“.

Die Szene dort interessiert sie nicht im Geringsten, sondern nur das, was sie als Ambiente und als Infrastruktur geschaffen hat. Das kann man ihnen auch nicht für Übel nehmen, denn so läuft Marktwirtschaft nun mal.

Aber sie bedeuten damit unausweichlich eine neue Stufe des Wandels. Zum einen weil sie gleich auf dem höchsten Mietniveau einsteigen, weil sie es auch bezahlen können und dafür natürlich auch Entsprechendes erwarten. Sie gehören deswegen in der Regel auch einer anderen sozialen Schicht, auf jeden Fall aber einer wesentlich höheren Einkommensklasse an als alle bisherigen Bewohner.  Zum anderen beteiligen sie sich so gut wie gar nicht an den bestehenden bzw. gewachsenen sozialen Strukturen und Organisationen und bilden stattdessen eher ein eigenes Milieu aus. So auch in W-Burg.

Selbst die örtliche Kunstszene ist für sie eher Ambiente, denn Treffpunkt oder Raum des eigenen Engagements. Das gleiche gilt erst recht für die Beteiligung an den örtlichen Mieterorganisationen, die sich in W-Burg zunehmend im Abwehrkampf gegen die immer höheren Mieten befanden und noch befinden. Meistens bildet diese Kategorie der Zuzügler gerade in New York,aber nicht nur dort, auch eher Eigentum, als dass sie zur Miete wohnen wollen. Konflikte zwischen den Kreativen und diesen sogenannten Yuppies  wurden so auch in Williamsburg unvermeidlich. Aber auch von den ursprünglichen polnischen und lateinamerikanischen Einwohnern ist diese Gruppe der neusten  „Invasoren“ nur wenig gelitten.

Das alles spiegelte und spiegelt  sich auch im Straßenbild wieder. Der Bohemien- bzw. der Buntheitsfaktor nahm in den letzten Jahren massiv  ab. Das Schaulaufen derer, die unbedingt auffallen wollen, nahm  dagegen kontinuierlich zu. Das Viertel ist jetzt auch offiziell hipp, denn es steht so in den New Yorker Reiseführen und in weltweiten Szenemagazinen. Deswegen tauchen auch die ersten Promis auf, zumindest aber wird jetzt vermutet, dass man dort entdeckt werden könnte, wenn  man nur genügend aufgedreht rum läuft. Von einem Galeristen, Literaturagenten, Regisseur usw. Egal ob der in Williamsburg als Scout unterwegs ist oder vielleicht dort sogar fest wohnt.

Fotografiert und gefilmt wird in Williamsburg schon länger und viel, und zwar von den unzähligen Kunststudenten und Künstlern die dort wohnen. Aber die richtigen Shootings der Meister aus Manhattan haben länger auf sich warten lassen. Einer der ersten  habe ich selbst noch auf dem Dach bei S. erlebt. Die Locationscouts der New Yorker Filmgesellschaften und Fotoagenturen suchen wie überall auf der Welt nun mal immer neue und  interessante Orte.  Filmleute habe auf Grund ihrer normalen Security auch nicht ganz soviel Angst vor Straßenüberfällen. Deswegen ist eine Vorhut von ihnen schon kurz nach der ersten Künstlerwelle aufgetaucht.

Der erste große Hollywoodlike-Film der Williamsburg ins internationale Licht rückte kam jedoch erst später: „Perfect  Murder“ mit Michael Dougles. Eines der Fabriklofts in Greenpoint war dabei eines der wichtigsten Aktionsstätten und ein  dubioser Künstler nahm im Plot auch eine mörderische Hauptrolle ein.

Die ersten Locationsscouts kamen aber nach Williamsburg weil dort der spektakuläre Blick auf Manhattan von den Dächern aus auch noch billig zu kriegen war. In Manhattan kostete selbst die kurzeitige Nutzung solcher Spannungsorte zu dem Zeitpunkt noch locker das 10 fache. Heut sind auch dafür die Preise in Williamsburg mit den sonstigen Mieten enorm angestiegen.

Vor ein paar Jahren wurde ich mehrfach im Stadtteil angesprochen, weil ich  irgendeinem berühmten Schauspieler  aus einer bestimmten Perspektive und bei etwas weniger Licht offensichtlich sehr ähnlich sah.  Meine Zeit als Promi-Copy währte allerdings nur eine Woche. Die Tatsache, dass ich schon über viele Jahre so regelmäßig und  jeweils lange genug vor Ort war, so dass neben meinen Arbeitspartnern und Freunden  mich auch Nachbarn immer wieder erkannten und begrüßten, ja um meine genau Herkunft wussten, tat das seinige dazu.

Ich saß nach getaner Arbeit sehr oft am Abend auf einer der vor den vielen Szeneläden gestellten kleinen Bänke, auf denen man den Passanten auf der Bedford , so lange wie man wollte, zusehen konnte. Dabei  hatte ich fast  immer dieses herrliche New York Village Gefühl, was man in Manhattan zwar auch haben kann, nicht aber so relaxt. So bekam ich über die Zeit auch die Änderungen der Streetstyles und damit die soziale Zusammensetzung der Szene in ihrer äußeren Erscheinung mit.

Williamsburg wurde wirklich weltweit tonangebend. Hier habe ich fast alle szenigen Modeänderungen immer gut ein bis 2 Jahr eher mitbekommen, als  sie in Berlin ankamen. Z.B. das man oder besser frau knallbunte Gummistiefel auch im Sommer trägt, oder die jungen Männer Hütchen und Bärtchen und die jungen Frauen Tag und Nacht riesige Sonnenbrillen. Single Speeds, d.h. Fahrräder  ohne Gangschaltung und Fixies , d.h. Fahrräder mit feststehender Hinterradnarbe ohne Gangschaltung und Bremsen, wurden hier mindesten 5 Jahr eher als in Berlin gefahren. Das erste Single Speed in Deutschland habe ich allerdings in meinem Lieblingsfahrradladen im Bochumer Bermuda3Eck entdeckt. Weit bevor die Berliner überhaupt wussten, was das überhaupt ist.

Streetstylemäßig war allerdings der Wandel W-Burgs am deutlichsten an einer neuen Art von Hunden zu sehen , die vorrangig auch jetzt die jungen Frauen mit sich führten. Nach dem das Sicherheitsproblem auf den dortigen Straßen endgültig gelöst war, gab es lange Zeit keine Hunde mehr in W-Burg. Jetzt tauchten statt der damaligen richtigen Hunde zunehmend Zier- und Spielhündchen an der Seite der junger Leute auf. Der Weg vom  Kampfhund zum Schoßhündchen  zeigt am klarsten worum es in New York bei der Gentrification neben Infrastruktur und Urbanität am meisten geht: Um Sicherheit.

Aber auch die vielen individualistischen modischen  Einzelinnovationen, von denen ich schon in einem der anfängliche Folgen berichtet habe, nahmen jetzt exponentiell zu. Eine junge Gruppe von Williamsburger  Modedesignern hatte  vorher schon das heute auch in Manhattan, und demnächst sicher auch in Europa in Erscheinung treten werdende Label „Booklyn Industries“ ins Leben gerufen.

Den ersten richtigen Verkaufsladen gab es natürlich an der Bedford nahe North 7th. Und natürlich den Stress mit der Lokal-Szene wegen des  zunehmenden „kapitalistischen“ Erfolgs per Graffiti auf den Schaufenster und Türen der Boutique.  Den gibt es allerdings seit  Beginn der immer noch aktuellen Phase des Scenechanging nicht mehr.

Vielmehr ist neuste Mode jetzt auf der Bedford und drum herum normal. Auch die von „Brooklyn Industries“. Der noch verbliebene individuelle Style, neuerdings Controverse (Self)design genannt, weil jeder Style jetzt auch seinen Namen haben muss, denn Williamsburg ist jetzt „maßgebend“, also „supercool“, ist dadurch immer anstrengender geworden.  Er wird schnell in der Szene selbst, dank Style Book auch weltweit, kopiert, weil was wirklich Neues auch in den heute sogenannten Kreativvierteln dieser Welt kaum noch einem einfällt.

Der Trend geht deswegen in den letzten Jahren vom Künstler zum Künstler(selbst)darsteller, was sich natürlich aus der Natur der Sache immer schon gegenseitig  bedingte und wechselseitig spiegelte. In Williamsburg hat das jedoch dazu geführt, dass sich diese beiden inneren Bilder nun rollenmäßig im Straßenbild zunehmend als personell getrennt manifestierten. Als verschiedene Personengruppen.

Die die real kreativ waren und auch davon ihren Lebensunterhalt mit realer  Entlohnung bestreiten konnten trennten sich von denen, die sich das wünschten aber nicht schafften. Und erst recht von denen die einfach nur so aussehen wollten. Letztere Gruppe nahm seit der Change-Phase ebefalls rasant zu.

In diesem Viertel hatte man eben auch als Rechtsanwalt oder Broker, oder einfach nur als kunstsinniger Berufserbe oder als  Durchschnittsstudent ohne jede besondere Ambition irgendwie kreativ auszusehen. Cool zumindest. Und die Standards dafür setzte und setzt immer noch die Szene bzw. die die sich dazu gehörig fühlten.

Das, was in der sozialen Realität zunehmend zerbrach, funktionierte immer noch als Style. Die Stylisten waren aber nicht mehr die Kreativen, zumindest nicht, wenn sie sich nicht selbst zur Modebranche zählten. Es waren selbsternannte „Kreative“, sozusagen ihre modischer Abklatsch als Lebensaufgabe.

Eine spezielle Gruppe unter ihnen die schon länger W-Burg bevölkerten waren die sogenannt PPA´s, ausbuchstabiert Parent Payed Artists. Sie hatten natürlich richtige, häufig sogar überdurchschnittlich große, Künstlerlofts, machten auch Kunst darin, aber jeder der nur etwas Ahnung hatte wußte, dass das sie weder davon lebten noch jemals davon würden leben können. Das allerdings taten sie über Jahre. Und sie trugen fast immer Klamotten und Schuhe auf den Spuren künstlerischer Arbeit sichtbar waren.

Die erfolgreichen Kreativen dagegen zogen und ziehen sich zunehmend aus dem Straßenleben zurück. Zumindest als Selbstdarsteller.  Sie benutzen sie zunehmend wie die zu gezogenen Scene-Changer nur noch als Ambiente und Infrastruktur. Die Kreativendarsteller dagegen übernahmen und übernehmen weiterhin die Straße in einer Weise, dass es für den Eingeweihten schon eine  lächerliche Note bekommen hat. From being cool to being a fool it´s only a little step. Die wirklich Coolen suchen derweil schon nach neuen Treffpunkten für die wirklichen In-People. Für die, die nicht mehr unbedingt anders sein wollen aber dafür  nur noch unter sich. Wie in Manhattan eben.

Oder wie in einem Teil von Williamsburg, an dem der ganze Hype spurlos vorüber gegangen ist, obwohl dort die Leute wohnen, die wahrscheinlich am meisten an der Gentrification ihres Stadtteils verdient haben. Aber dazu in der letzen Folge.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Die Williamsburg Story VI…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Der Ruhrpilot

Ruhr2010: Schimanski – Duisburgs ungeliebter Held…RP Online

Ruhr2010 II: Local Hero Recklinghausen…Recklinghäuser Zeitung

Ruhr2010 III: Jedem Kind ein Instrument…Tagesspiegel

Blogs: FIXMBR für BOBS nominiert…FIXMBR

Dortmund: Klage gegen OB-Wahl abgewiesen…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Amtsleiter gegen Sierau…Der Westen

Duisburg: Läppisches Existenzrecht Israels…FR Online

Duisburg II: Puff-Steuer soll kommen…Der Westen

SPD: …bricht Schröders Reformen auf…Spiegel

SPD II: …ist unsozial…Welt

ELENA: Mitmachen bei der  Verfassungsbeschwerde…Netzpolitik

Nazis: Bündnis gegen Rechts trifft sich…Bo Alternativ

Städte: Klamme Kommunen in NRW…Spiegel

Tourismus: Anmerkungen zur ITB…Muschelschubserin

Literatur: Lesung in SL-Leipzig…Kueperpunk

Bild: Schimanski Foto: Wikipedia)

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Polit-Prof aus Duisburg diffamiert Enthüllungen von Blogs als Gerüchte

korteHeute kofferte ein Politik-Prof in einem WAZ-Interview gegen die Polit-Blogs in Deutschland. Er warf ihnen vor, Gerüchte zu verbreiten, und Teil einer Schmierenkampagne gegen NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu sein. Karl-Rudolf Korte hieß dieser Professor und er wurde höflich befragt, was er denn vom Internet hält. Ein Beispiel für die Härte der Fragen gefällig?

„Empfinden Sie die Unkultur des Anonymen (im Internet. d.A.) , der üblen Nachrede, der Verwischung der Grenzen, was Journalismus ist, nicht als unerträglich?“

Die Antwort des Polit-Professionellen:

„Ja – eben als Herrschaft des Gerüchtes“.

Worum ging es in dem Interview? Um die Veröffentlichungen im Spiegel, in der Süddeutschen Zeitung oder im Wir-in-NRW-Blog zur Miet-Mich-Rüttgers und zur Email-Affäre. Das Interview erschien im Print auf Seite zwei. Die Passagen zum Internet waren unter der eigenen Überschrift „Herrschaft des Gerüchtes“ zusammengefasst. Online erschien das Ganze im längeren Zusammenhang.

Der Professor bat „verantwortungsbewusste Tageszeitungen“ die Enthüllungen aus dem Netz nicht zu verfolgen, „sondern nach Inhalten zu fragen“. Sprich die Skandale der Regierung, die hier und da aufgedeckt werden, sollen nicht weiter verbreitet werden, sondern stattdessen gefragt werden: Herr Rüttgers, wie wollen Sie uns weiter beherrschen. Alles andere widere Wohl die Leser an.

Zu den Veröffentlichungen von internen Dokumenten aus der Landesregierung sagte Professor Korte:

Es ist eine Schmutzkampagne im Gange, die in der politischen Kooperationskultur von NRW neu ist, und da wird noch einiges kommen. Das widert auch Wähler an.“

Politisch nennt man das Nach vorne Verteidigung: Zunächst kriminalisiert der neue CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid die Blogs, in denen Fehlverhalten der Landesregierung enthüllt werden. Dann diffamiert ein Professor via WAZ die Enthüllungen im Netz als „Herrschaft des Gerüchtes.“ Arbeiten vielleicht Krautscheid und Korte Hand in Hand, um eine publizistische Strategie zu fahren und die Veröffentlichungen in Blogs zu diffamieren?

Tja. Überhaupt, seit wann sind Dokumente, die veröffentlicht werden, Gerüchte, Herr Korte?

Es wird Zeit nachzusehen, wer dieser Politik-Profi eigentlich ist und wie er sein Geld macht. Zunächst die Fakten: Korte, Jahrgang 1958, ist Chef der „NRW School of Governance“ in Duisburg.

Der Blick fällt dann allerdings schnell auf eine Geschichte von Johannes Nitschmann und Marco Finetti in der Süddeutschen aus dem Jahr 2006 und die enge Zusammenarbeit von Rüttgers und dessen Staatskanzlei auf der einen und der neuen Einrichtung von Korte auf der anderen Seite.

Denn kaum ein Jahr nach Rüttgers-Amtsantritt lieferte Korte scheinbar ganz im Staatskanzlei-Denken verhaftet eine 436 Seiten starken Studie in der er Rüttgers Regierungsstil in die Nähe des legendären SPD-Landesvaters Johannes Rau rückte. Auch sonst preist der Politologe den CDU-Regierungschef als „bürgerlichen Arbeiterführer“ und vertritt die These vom Konsensstaat NRW. Die Studie passte damit haargenau in die Strategie der Staatskanzlei, Rüttgers als politischen Erben von Johannes Rau zu stilisieren.

Noch enger wurde der Austausch durch ein Forschungsprojekt, in dem Korte den Mitte 2005 erfolgten Regierungswechsel in NRW untersuchte – mit finanzieller und ideeller Unterstützung der Düsseldorfer Staatskanzlei. Ein Jahr lang war ein Mitarbeiter von Kortes Lehrstuhl Gast in der Düsseldorfer Regierungszentrale, um „Gespräche zu führen, Arbeitsprozesse zu beobachten und Einsichtin Dokumente zu nehmen“, wie Nitschmann und Finetti berichteten. In einem zwischen der Staatskanzlei und Kortes Universität abgeschlossenen Werkvertrag wurde zudem fixiert, „dass im Rahmen dieser Arbeiten für die Landesregierung zwei kurze Expertisen zu konkreten Themen erstellt werden“. Die anfallenden Gesamtkosten von mehr als 50 000 Euro verbuchte die Staatskanzlei unter „wissenschaftlicher Beratung des Ministerpräsidenten“. Die Studie soll anders als sonstige Forschungsarbeiten nicht veröffentlicht werden.

Das Geld war wohl gut angelegt, wie man derzeit im WAZ-Interview sieht.

Eine Geschichte aus New York: Williamsburg – Teil 8: Die Preise explodieren

williamsburg-71Die Phase der Scene-Seekers, die für den erhöhten Besuch des gentrifizierten Viertels von außen sorgen, brachte auch in W-Burg nicht nur die Professionalisierung und Einnahmesteigerung im Viertel voran, sondern unausweichlich Leute mit sich, die aus dem sporadischen oder regelmäßigen Besuch des Viertels einen Daueraufenthalt machen wollen. Die zusätzlich auf den dortigen Wohnungsmarkt drängen.

Der aber war in Williamsburg in der Zwischenzeit schon durch die zunehmenden und qualifizierten Wohnbedürfnisse der kreativen Eroberer enger geworden. Genau das  war das endgültige  Einfallstor der Immobilienhändler. Genauer gesagt hatten die, die schon länger in Williamsburg spekulierten genau auf diesen Moment gewartet. Auf die eigentliche Phase der Aufwertung, auf die, die sich auch in dauerhaft höheren Grundstücks-, Wohnungs- und Hauspreisen niederschlägt.   Sie bedeutet zugleich auch den Durchbruch der überlokalen Großspekulanten an der Waterfront.

Die Ironie dabei war, dass gerade die Befürchtung der Verdrängung ihrer angestammten Wähler aus der polnischen und lateinamerikanischen Community, die örtlichen Politiker bewog, den Neubauplänen am Wasser schlussendlich zuzustimmen. Die Waterfront wurde nach fast 15jähriger Auseinandersetzung in Wohngebiet umgewandelt. Um die Protestler zu befrieden, wurde der wilde Stadtteilpark von der Neubebauung ausgenommen, die Wohntürme am Wasser in der Anzahl und  in der Höhe reduziert und eine für alle begehbare Uferpromenade versprochen.

Für die Neubebauung außerhalb der unmittelbaren Waterfront wurde die Traufhöhe auf den Durchschnitt der vorhandenen Bebauung begrenzt. Dabei muss man jedoch den in New York  überall möglichen Luftrechtekauf mit berücksichtigen. Der bedeutet nämlich dass, wenn jemand die mögliche Geschossanzahl nicht ausnutzt, er diese als zusätzliches Geschosshöhe an den Besitzer des nächst gelegenen Grundstücks verkaufen kann. Dem flächendeckenden Wohnungsneubau war damit mit auf einem Schlag in Williamsburg Tür und Tor geöffnet und der Markt dafür war endlich vorhanden.

Der Immobilienboom begann mit einem heut noch währenden  Kampf um jede noch bebaubare Fläche, die nicht all zu weit vom Wasser entfernt liegt.
Die, die diese Flächen rechtzeitig genug gekauft hatten, waren dabei natürlich im Vorteil und oft wechselten die Grundstückseigentümer monatlich bevor endlich gebaut wurde. Und jedes Mal wurde und wird natürlich die Baufläche teurer. Der Abriss von unter- oder abgenutzten Gebäuden wurde attraktiv. Williamsburg verändert innerhalb von nur wenigen Jahren sein Gesicht total. Im neuen Jahrtausend brummten endlich die Kassen der Immobilienbesitzer, denn jetzt wollte jeder vom Boom profitieren und die berühmt berüchtigten Mondpreise begannen zu entstehen. Die in New York in solchen Fällen übliche lokale Immobilienblase.

Aber zugleich war dieser Stadtteil endgültig im Gesamtimmobilienmarkt der Metropole angekommen. Hier wollten jetzt auch die hin, die in Manhattan genug verdienten und trotzdem dort nicht mehr die Mieten bezahlen konnten. Bzw. denen der Mietanteil an ihrem hohen Einkommen zu groß geworden war.  Und auch die ausländischen Immobilienanleger hatten „Upcoming Williamsburg“ entdeckt.  Unterstütz von einem immer stärker werdenden Euro. Die Immobilienpreise, vor allem aber die bei Aus- und Umzug fälligen Neumieten explodierten.

20 m² mit kleinem Bad und eingebauter Küchenzeile in einem der neuen Türme mit direktem Blick auf die Skyline kosten als Eigentumswohnung jetzt  600-700.000 Dollar. Ein One-Bedroom Apartment mit Blick zur Miete ist unter 3.000 pro Monat nicht mehr zu kriegen. Aber auch die Mieten um die Bedford Avenue sind trotz der vielen Neubauten in schwindelerregende Höhen geraten. Es reichte nicht mehr aus am äußersten Rand von Williamsburg und ganz weit weg von jedem Blick auf die Skyline und von einer Station der L zu hausen, um noch an der Szene teilhaben zu können. Jetzt versuchte man im anliegenden Bushwick einen bezahlbaren Unterschlupf zu finden. Wenn möglich in der Nähe einer  U-Bahn-Station der Linie L die auch diesen Stadtteil durchquert. So ist man immer noch relativ schnell am Hotspot Bedford/North 7th, der letzten Station bevor es unter den Fluss nach Manhattan geht.

Von dort kreuzen jetzt jeden Abend die Yellow Cabs auf und bevölkern W-Burgs Straßen. Wer billiger fahren will ruft den Brooklyn-Taxi-Service an, eine von Latinos geführtes Unternehmen, das mit dem Williamsburg Boom mit gewachsen ist. Aber Limos gibt es jetzt hier auch zu mieten. Die ersten Hummer stehen in den Straßen rum.  Schwere Jeeps sind gang und gäbe.  Porsche und Maseratis noch selten. Selbst die farbige Schickeria lässt sich ab und zu sehen. In riesigen weißen Geländewagen.  Sie kommen aus dem afroamerikanischen Brooklyn abends mal schnell ins nun  vorwiegend junge und weiße Central-Williamsburg.  Genauso wie die ebenfalls mehrheitlich weißen Manhattangirls and –boys , die hier jetzt täglich zum Lunch oder Dinner erscheinen. Selbst meine Freundin J. ist letztes Jahr gekommen und war begeistert.

Meine Künstlerfreunde aus meiner Loft Garage jedoch müssen dieses Jahr sehr wahrscheinlich dicht machen. Nach Ende des Vertrages wird die Mietet mindestens verdreifacht und muss jährlich neu ausgehandelt werden. Der Kaufpreis ist im Verhältnis zu der Zeit als sie nach Williamsburg kamen mindersten beim 10 fachen angelangt.  Die Garage liegt in der zweiten Linie zur Waterfront und das Grundstück darf mindestens doppelt so hoch bebaut werden wie die heutige ehemalige Lastwagengarage. Sie überlegen in die Bronx zu gehen. Aber selbst diesen neuen Trend haben die Immobilienhaie schon mitbekommen.

Die Lage ist recht aussichtslos, was die nicht so erfolgreiche Kreativszene in Williamsburg betrifft und auch die Winner unter ihnen kommen in Schwierigkeiten. Die Studentenszene hat sich ebenfalls geändert. In Williamsburg können jetzt nur noch die Kinder reicher Leute studentisch wohnen. Aber deren Anzahl hat auf Grund des amerikanischen Millionärsbooms der letzten Jahrzehnte erheblich zu genommen. Da zahlen die Eltern gerne höhere Mieten, wenn der Sohn und/oder  die Tochter wenigstens ein paar Jahre im nun hippsten  und irgendwie noch immer Künstlerviertel  der Welthauptstadt wohnen möchten.  Wenn es von zu Hause nicht ganz so reicht, dann teilt man sich zu mehreren ein Loft,  so wie die ersten kreativen Zuwanderer.  Nur dass die Gesamtmiete jetzt ein Vielfaches höher ist.

Auch das Straßenbild hat sich geändert, aber dazu in der nächsten Folge.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Die Williamsburg Story VI…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Der Ruhrpilot

wittke_ddorfRuhrgebiet: CDU-Chef Wittke Interview…Pottblog

Linkspartei: Gysi und Pau distanzieren sich von Dierkes…xtranews

Ruhr2010: Capital cultural europea dedica muestra a héroes…El Universal

NRW: FDP verschreckt die Bürger…Der Westen

NRW II: FDP in verzwickter Lage…FAZ

NRW III: SPD in heikler Mission…Post von Horn

NRW IV: Guido gegen den Rest der Welt…taz

Dortmund: Stadt will Wissen verkaufen…Der Westen

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Das schwarz-gelbe Stipendium

Bibliothek Uni DortmundDas neue Stipendienmodell gibt es in NRW seit einem Semester, aber nicht viele wissen davon.

Ende Februar legte die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) einen Gesetzentwurf zum Aufbau eines nationalen Stipendienprogramms vor. Danach sollen zukünftig acht Prozent der besten Studenten mit 300 Euro im Monat gefördert werden. Die Gelder sollen je zur Hälfte vom Staat und von der Wirtschaft kommen. Dieser Entwurf verwirklicht das leistungsbezogene Stipendiensystem, das die schwarz-gelbe Regierung im Koalitionsvertrag in Berlin festgehalten hat. Doch eigentlich weht der Wind nicht von der Spree, sondern vom Rhein.

Die Idee stammt vom NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). In Nordrhein-Westfalen bekommen bereits 1400 Studierende seit dem Wintersemester 2009/2010 dieses Stipendium. Nun soll das NRW-Modell bundesweit als Vorbild dienen.

Musterbeispiel: Uni Duisburg-Essen

„Liebe Studierende, nutzen Sie Ihre Chance und bewerben Sie sich!“ Der Rektor der Universität Duisburg-Essen Ulrich Radtke klickte im August 2009 auf „Verschicken“. Die E-Mail mit dem Betreff „NRW-Stipendienmodell“ wurde an mehr als 30 Tausend Studierende der Hochschule adressiert, landete jedoch oft im Nirgendwo. Denn nur wenige Studenten benutzen den Uni-Account. Eine kleine Umfrage auf dem Essener Campus bestätigt das. Nur drei von zwanzig Studenten haben vom Stipendienmodell überhaupt schon mal gehört. Die meisten Befragten machen große Augen: „Das NRW-Stipendienprogramm? Was ist das?“

Dabei gilt die Uni Duisburg-Essen als Musterbeispiel in der Umsetzung des Stipendienmodells. Ende Mai bekam der Uni-Fundraiser Bernd Thunemeyer einen Brief vom nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium. Es versprach Stipendien für 80 Studenten. Unter einer Voraussetzung: die Hälfte der Gelder soll die Uni selbst von Unternehmen und Stiftungen einwerben. „Wir haben doppelt so viel Sponsoren gefunden“, sagt Thunemeyer stolz. Darunter Hochtief, Evonik, Sparkasse, Volksbank Rhein-Ruhr, Kulturstiftung und Alumni-Vereine. Nun bekommen 151 Studenten in Duisburg in Essen ein Stipendium. Aber: Das sind nur 0,5 Prozent aller Studierenden.

Rund 1850 Studierende haben sich für das Stipendium beworben. Es könnten viel mehr sein – wenn sie die E-Mail vom Rektor gelesen oder sich auf der Uni-Homepage erkundigt hätten. Denn Plakate oder Flyer zum Stipendium gab und gibt es auf dem Campus nicht. Bei der Informationsveranstaltung des Uni-Beratungszentrums “Stipendium? Nichts ist unmöglich!“ im Dezember, wo verschieden Förderwerke vorgestellt wurden, fiel über das frisch eingeweihte NRW-Modell auch kein Wort.

Gefördert wird, wer der Wirtschaft nützt

Bei der Bereitstellung der Gelder können die Förderer entscheiden, welche Fächer sie unterstützen. An der Uni Duisburg-Essen bekamen die Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften zwei Drittel aller Stipendien, die Geistes- und Naturwissenschaften gingen praktisch leer aus. Auch an der RWTH Aachen spiegelt die Fächerverteilung der Stipendiaten das Interesse der Wirtschaft wieder: Maschinenbau – 90 Stipendien, BWL – 22, Philosophie – 3, Architektur – 2. Die durch Exzellenzinitiative ausgezeichnete Hochschule lockte am meisten Sponsoren an: 196 Stipendien für rund 0,7 Prozent aller Studierenden. „Wir haben einfach sehr gute Kontakte zur Industrie und Unternehmen“, erklärt die RWTH-Fundraiserin Angela Pohl.

Der NRW-Wissenschaftsminister kann sich freuen. Vor einem Jahr sagte er: „Ich hoffe, dass unser Modell bundesweit Schule macht.“ Seine Worte wurden anscheinend gehört. Übrigens sponserte Herr Pinkwart selbst einen Stipendiaten. Macht Frau Schavan bald auch da mit?

Der Text ist in der taz erschienen.

Dierkes: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – Ruhe im Duisburger Affenhaus

dreiaffenSie kennen doch die drei Affen; sie haben, so steht es bei Wikipedia „ihren Ursprung in einem japanischen Sprichwort und stehen dort für den vorbildlichen Umgang mit Schlechtem“. Und wie man damit vorbildlich umzugehen hat – die drei Affen machen es ja vor: „nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) hören, nichts (Böses) sagen“!

Von unserem Gastautor Werner Jurga

Dieser Tage demonstriert die Ruhr-Metropole Duisburg auf eindrucksvolle Art und Weise, dass buddhistische Weisheit keineswegs nur im Fernen Osten anzutreffen ist, sondern auch im Westen des Westens. Vordergründig geht es um den Nahen Osten, substanziell geht es im tiefsten Westen immer nur um das Eine. In der heilen Welt der wichtigen Leute in Duisburg geht es letztlich nur darum, dem Affen Zucker zu geben, was soviel bedeutet wie: seiner Eitelkeit frönen. Aber auch: ausgelassen lustig sein.

Aufmerksame Leser mögen es schon ahnen, und ich traue es mich kaum zu sagen: ja, es geht noch einmal um Hermann Dierkes, dem Duisburger Vorsitzenden der Linksfraktion, der am Dienstag endlich auch mal in einem Heimspiel dem Affen richtig Zucker geben will. Bei den Ruhrbaronen findet sich ein Video, auf dem in knapp sieben Minuten zu sehen und zu hören ist, was dieser Herr im November diesbezüglich in Berlin zum Besten gegeben hat, was folglich am Dienstag auch in Duisburg zu erwarten ist.

Dierkes wird „Israel (und den USA) vorwerfen, der „Aggressor Nr.1“ zu sein und eine systematische Ausrottung arabischer Bevölkerung zu betreiben“, und vielleicht auch schon einmal anregen, „gegen imperialistische Kriegstreiberei und Aggressionskriege Israels und der USA auf die Straße zu gehen.“

Vermutlich wird er sich jedoch noch etwas deutlicher äußern (siehe Video); denn diese etwas weichgespülten Sprüche waren nicht von ihm, sondern von der NPD, die sich umständehalber etwas vorsichtiger äußern muss. Trotzdem fragt man sich, wer hier eigentlich von wem abschreibt: Dierkes von der NPD oder die NPD von Dierkes.

Wenn sich Dr. Olaf Rose (NPD) zu den Kassam-Raketen äußert, bei denen „es sich immer noch um ungesteuerte, blind abgeschossene Raketen, ohne jede Zielgenauigkeit“ handelt, und deren Abschüsse nichts anderes als „Hilferufe“ sind, ist man geneigt, Herrn Dierkes eine Urheberrechtsklage ans Herz zu legen.

Doch sollen uns Streitigkeiten ums Copyright zwischen Rechts- und Linksextremisten genauso wenig interessieren, wie uns das ganze antisemitische Gejaule eigentlich am unbekleideten Gesäß vorbeigehen könnte. Der Einfluss hiesiger Judenhasser auf den Gang der Dinge im Nahen Osten tendiert gegen Null. Und dass Antisemiten noch einmal in Deutschland etwas zu sagen bekommen könnten, sollte eigentlich ausgeschlossen werden.

Wäre da nicht, nur mal so als ein Beispiel, der Umstand, dass Herr Dierkes in einem städtischen Gebäude, das der Volkshochschule der Stadt Duisburg zugeordnet ist, seinem Affen Zucker geben darf. Ja, der darf das!

Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet, dass man in einer Einrichtung der Stadt Duisburg den Holocaust – als Referent! – relativieren und das Existenzrecht Israels als „läppisch“ bezeichnen darf, um es infolgedessen in Abrede zu stellen und zum bewaffneten Kampf gegen diese „rassistische Vision“, wie Dierkes den Judenstaat nennt, aufzurufen. Wirklich nicht; doch ich bin eines besseren belehrt worden.

Als ich aus den Ruhrbaronen von diesem Vorhaben erfahren hatte, wandte ich mich an die Verantwortlichen und schrieb ihnen am Mittwoch, den 10. März:

„Sofern also diese Nachricht zutreffen sollte, gehe ich davon aus, dass Ihnen nichts von dieser Planung bekannt ist. Ich bin sicher, Sie werden sich darum kümmern, dass diese Veranstaltung nicht in einer städtischen Einrichtung stattfinden wird.“

Nun gut, ich habe mich daran gewöhnt: der Oberbürgermeister antwortet mir nicht, er lässt auch nicht antworten – oder doch? Gestern lese ich, dass sein Pressesprecher erklärt: „Der Oberbürgermeister vertraut wie bei allen übrigen Veranstaltungen dort der Entscheidungskompetenz ihres Leiters Dr. Gerhard Jahn.“

Und genau dieser Dr. Jahn hatte sich in der Tat bei mir gemeldet. Schon vorher, telefonisch. In dem Telefonat hatte mir der VHS-Leiter mitgeteilt, dass die Veranstaltung stattfinden wird. Ich machte eine kurze Gesprächsnotiz und ließ auch ihm eine Kopie zukommen. Irgendetwas scheint dem guten Jahn daran nicht gepasst zu haben. Er schrieb mir – am besten zeige ich Ihnen mal die eMail komplett im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Dr. Jurga,

zu Ihrer Mail an mir unbekannte Dritte bezüglich des Inhalts unseres heute Morgen geführten Gesprächs nehme ich wie folgt Stellung:

1. Sie sind von mir nicht autorisiert worden Gesprächsinhalte unseres Telefonats an Dritte weiterzugeben.

2. Weder Inhalt noch Verlauf des Gesprächs hat in der von Ihnen beschriebenen Form stattgefunden.

3. Als Quintessenz ist allerdings richtig, dass ich vor dem Hintergrund der Satzung des IZ´s keine Veranlassung sehe, die Veranstaltung zu verbieten.
Hochachtungsvoll

Dr. Gerhard Jahn

Hoppla, mein alter Freund Gerd! Was jetzt? Gar nicht antworten? Fragen, wo der Schuh drückt? – Ich dachte mir, komm, gieß mal kein Öl ins Feuer. Er wird sich schon irgendetwas dabei gedacht haben. Also antwortete ich dem sehr geehrten Herrn Dr. Jahn auch mit einem „Hochachtungsvoll“, ohne mir jedoch verkneifen zu können, darauf hinzuweisen, dass ich für gewöhnlich nicht auf Autorisierungen warte, wenn ich Dinge für erzählenswert halte.

Fair geht vor: da Jahn zufolge weder Inhalt noch Verlauf des Gesprächs in der von mir beschriebenen Form stattgefunden (hat), habe ich ihm Gelegenheit eingeräumt darzulegen, was wir denn wirklich besprochen hatten. – Doch Herr Dr. Jahn antwortete nicht.

Die Quintessenz ist richtig; ansonsten heißt es: „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“! Und wenn man jetzt schon sozusagen genötigt wurde, nicht umstandslos mehr auf das Nichtsehen und Nichthören verweisen zu können, dann sagt man zumindest nichts. Das gilt für Alle! Vielleicht außer für den Jahn; der hat den Schwarzen Peter. Und wenn der so dusselig ist, und dem Jurga etwas sagt …

Seine Sache, fast möchte man meinen: Privatsache. Aber ansonsten halten alle Affen dicht. Die ganze Verwaltung. Augen, Ohren, Münder – alle fest geschlossen. Auch für die Parteien gilt: die Reihen fest geschlossen. Kein Statement, nichts dergleichen. Die Lokalpresse – ebenfalls fest verrammelt im Affenhaus. Kein Mucks, still geblieben; das sitzen wir aus!

Wikipedia weist noch darauf hin, dass die drei Affen in der westlichen Welt einen Bedeutungswandel durchgemacht haben: „Während die drei Affen in Japan eigentlich die Bedeutung ,über Schlechtes weise hinwegsehen` haben, werden sie in der westlichen Welt eher als ,alles Schlechte nicht wahrhaben wollen` interpretiert. Aufgrund dieses negativen Bedeutungswandels gelten die drei Affen daher häufig als Beispiel für mangelnde Zivilcourage.“

Bei den meisten in der Duisburger Verwaltung, Politik und Presse treffen die drei Affen, die in unserem Kulturkreis beispielhaft für mangelnde Zivilcourage stehen, den Nagel auf den Kopf. Feiglinge im Kartell der Mittelmäßigkeit, ängstlich bibbernd, dass am Dienstag Abend nicht irgendein Heckmeck geschehen möge, der das eigene Kaff abermals über Rhein und Ruhr hinaus mit dem hässlichen deutschen Antisemitismus zusammenbringt.

Doch fragt man sich, warum die Affen sich all diese Peinlichkeiten nicht einfach dadurch ersparen, dass sie sich klar und deutlich von Dierkes´ antisemitischer Hetze distanzieren. Warum beließ es OB Sauerland vor einem Jahr, als Dierkes zum Israelboykott aufgerufen hatte, bei der Anregung, Herr Dierkes solle seine Worte noch einmal überdenken? Warum weist sein Pressesprecher jetzt darauf hin, bei Dierkes handele es sich um einen „aufrechten Mann“? Warum wäre so ziemlich jedem dieser ach so wichtigen Leute Ähnliches über den geifernden Judenhasser zu entlocken?

Kant hatte die Dummheit und die Feigheit als die beiden wesentlichen Untugenden ausgemacht. Damit ließe sich die Ruhe im Duisburger Affenhaus hinlänglich erklären; es sei denn, es gäbe dort auch welche, die klammheimlich mit Dierkes´ Tiraden sympathisieren. Abschließend präsentiert Wikipedia noch eine dritte Bedeutung der drei Affen:

„Bei Strafgefangenen wurden die drei Affen auf drei Punkte reduziert, die in dreieckiger Anordnung auf der Handrückseite in die Kuhle zwischen Daumen und Zeigefinger tätowiert werden. Sie stellen eine Art Ehrenkodex dar und zeigen an, dass an Außenstehende nichts verraten wird.“

Werner Jurga, 13.03.2010