Eine Geschichte aus New York: Williamsburg – Teil 7: Vom Lagerhaus zum Loft

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Lastwagengaragen bzw.  deren Reperaturwerkstätten gab es in Williamsburg zu Hauf. Die Güter auf den Schiffen an den ehemals florierenden Piers des Industrie- und Arbeiterstadtteils Williamsburg, von denen nur noch der an der Raffinerie in Funktion stand, wurden meistens direkt in die Lastwagen umgeladen und dann zu den naheliegenden Fabriken und Lagerhäusern oder sonstwo in die Stadt gebracht. Mit dem niedergehenden Hafen standen dann neben den Lager- , Ver- und Bearbeitungsstätten auch die Transportergaragen zunehmend leer.

Sie wurden von den kreativen Stadtteilzuwanderern mit viel Fantasie nicht nur zu Musikclubs und Restaurants sondern auch zu Lofts um- und ausgebaut. Ihre Höhe und ihre Fläche waren dazu perfekt geeignet. Die Baubehörden drückten beide Augen zu bzw. wurden sie gar nicht erst informiert. Erst wenn man erwischt wurde wurde nachinvestiert und nachgearbeitet. Vor allem was feuer- und hygienerechtliche Bedingungen betraf. Sanitärtechnisch waren die meisten Lofts zu Anfang auf einem sehr niedrigen Niveau ausgestattet.

Die Landlords waren erst einmal nur an der Miete bzw. überhaupt an Einnahmen interessiert, denn die Buden standen vor der Umnutzung oft viele Jahre leer. Sie spielten das Versteckspiel mit und so konnte so ein Umbau viele Jahre ohne große behördliche Kontrolle existieren. Ich hatte die ersten Jahre viele Monate an der Berrystreet bei S. verbracht und haben dann Leute kennengelernt, die Lofts monatsweise vermietet haben. In einer dieser umgebauten Garagen, was weniger Blick bzw. mehr  Ober- statt Seitenlicht bedeutete, denn die Garagen standen oft mit anderen Gebäuden Seite an Seite in einer Straßenflucht.

Aber da ich sehr  viele Zeit außerhalb des Lofts verbrachte war das relativ egal. Erst recht weil es auch eine wunderbare Dachterrasse für alle Mieter gab. Dort trafen sich alle „Lofties“ am Abend. Die meisten waren Künstler, viel davon aus Europa und später auch aus Asien und Lateinamerika. Die Umgangssprache war natürlich englisch bzw. amerikanisch. Manchmal aber auch Deutsch, den zunehmend hatte es sich auch in meinem Heimatland in einer kleinen Szene rumgesprochen, dass  es in Williamsburg komplette Lofts auf Zeit und zu einem fairen Preis zu mieten gab.

Die weiteren Treffpunkte  waren die Kneipen an und um die Bedford und natürlich unser wilder „Stadtpark“ am Wasser. Kocheinrichtungen gab es die ersten Jahre in den Lofts nur behelfsmäßig so dass man oft zum Essen ausging, was zu diesem Zeitpunkt in der Nachbarschaft sehr günstig war. Es gab zunehmend Auswahl bis man alles an internationaler Küche ein paar Straßen entfernt rauf und runter essen konnte. Und immer noch viel billiger als in Manhattan.

Dort bin ich nur noch zu Mahlzeiten gegangen, wenn ich dort auch unterwegs war und natürlich wegen meiner Freundin J. die sich standhaft weigerte außerhalb von Manhattan Nahrung zu sich zu nehmen, wie sehr ich ihr auch immer Williamsburg anpries. Da die Tangoszene und ihre Lokalitäten sich ebenfalls in Manhattan konzentrierten und noch konzentrieren, und natürlich die Shoopingmöglichkeiten dort insgesamt tausend Mal größer waren, war ich  gleichzeitig  „Brooklinite“ und „Manhattanie“ geworden. Ich kannte allerdings nach einiger Zeit auch die anderen Stadteile wie meine Westentasche, denn ich fuhr von  Anfang an in dieser Stadt leidenschaftlich gerne Fahrrad. Aber das ist eine andere Geschichte.

Viele meiner sporadischen Mitmieter in unserem Loftkomplex hatten, wie die meisten der  dauerhaften Zuzügler, diesen Stadtteil ja ausgewählt, weil er so nahe an Manhattan lag, viel billiger war  und zunehmend ein attraktives kulturelles Eigenleben entwickelte. Viele der Künstler arbeiteten in Ermangelung ihres Erfolges in einem ganz normalen Job in Manhattan. Meistens als Hilfskräfte, manche aber  auch in einem qualifizierten Job. Taxifahren war ebenfalls einer der bevorzugten Verdienstmöglichkeiten. Eine ebenso häufige Tätigkeit war, vor allem für das ganz schnelle Zwischendurchverdienen das „Artmoving“.

Die vielen Galerien und Museen in Manhattan setzen mit Vorliebe junge noch nicht erfolgreiche Künstler als Schlepper- und Transporteure von Kunstwerken ein, weil sie davon ausgingen, dass diese sozusagen naturgemäß vorsichtiger mit dem umgingen was sie zu tragen oder sonstwie zu bewegen hatten. Es gab sogar eine Agentur, die in Williamsburg die schnelle Verbindung zwischen den dortigen Künstlern und den Auftraggebern in Manhattan organsierte. Handys waren zu dieser Zeit noch nicht sehr verbreitet bzw. für die meisten Künstler zu teuer. Festnetz , Kneipe, Straße und Park  waren die vorrangigen Kommunikationsmedien respektive Orte.

Roofpartys waren bei entsprechendem Wetter die fünfte große Interaktionsform. Die Szene lud sich dort gegenseitig ein, es gab zunehmende Unterszenen und immer neue Clubs- und Restos als Treffpunkt, aber alles immer nur jeweils einen Steinwurf voneinander entfernt. Bis später auch die Galerien zu beliebten Meetingpoints wurden.

Danach kamen in einem  noch größerem sozialen Maßstab die ersten gemeinsamen Art- und Musikfestivals dazu,  die die Stadtteilszene gemeinsam organisierte.  Alles erfahren konnte man in den Szenezeitungen die zu Anfang monatlich, dann aber wöchentlich erschienen und fast an jedem Treffpunkt auslagen. Aber mittlerweile auch, was die größeren Events betraf, in „Time Out“ und „Village Voice“, den angesagten Programm- und Szenemagazinen Manhattans.

An den Wochenenden kamen dann zunehmend so viele Besucher aus der restlichen Stadt und aus Manhattan dazu, so dass sich spezielle In-Kneipen ausbildeten, wo die Szene unter sich bleiben wollte und konnte.  Entweder gab es einen bestimmten Dresscode und andere äußere Zeichen oder sie lagen weiter von der Bedford weg als üblich. Oder man traf sich wieder wie früher in den Lofts selbst und feierte dort.

Die erfolgreichen Kreativen hatten meistens auch die Größten und deswegen am besten zum Feiern geeigneten. Die Unterschiede innerhalb des Loft-Lifestyles nahmen, was Ausstattung, Ausdehnung und Lage betraf damit auch zu. Der eigene und dauerhafte spektakuläre Blick auf Manhattan war jetzt auch innerhalb der Szene das äußere Zeichen des Erfolgs. Damit nahm unweigerlich  auch die Wohnkonkurrenz innerhalb der Szene zu.

Es gab jetzt, wo der Stadtteil hip wurde, das Loft nicht nur als besonderen Arbeitsort sondern auch als  neues Statussymbol, vor allem wenn man noch erfolgreichere Kreative aus dem nach wie vor unerreichbaren Manhattan beeindrucken wollte. Die Landlords wussten das natürlich und die Kauf- und Mietpreise für diese Räume stiegen an.  Entsprechend entstanden die ersten nur auf Williamsburg fokussierten Immobilienbüros.  Natürlich an der  Bedford und Umgebung. Zu Anfang kleine Butzen im Souterrain, dann immer protzigere Läden mit einer großen  mit vielen Angeboten bestückten Fensterfront.

Die Leute die mein Loft umgebaut und vermietet hatten waren so klug gewesen für den ganzen Komplex von vorne herein einen langfristigen Vertrag  abzuschließen. Die, die das nicht getan hatten, wurden sehr bald mit ersten Mieterhöhungen konfrontiert, die, wenn sie sie nicht bezahlen konnten, unweigerlich zum Auszug führten. Mit dem vorhandenen Mietbudget musste man dann den guten Lagen in W-Burg entsagen und sich woanders eine neue Bleibe suchen. So wurden auch die Teile von L-City von den Zuzüglern infiltriert, die bislang davon verschont worden waren, was wiederum dort die Mieten tendenziell steigerte.

Damit war die friedliche Phase der Gentrification zu Ende. Jetzt  kamen nicht mehr Leerstände  und untergenutzte Räume ins Spiel sondern schon bewohnte. Die Verdrängung der angestammten Bewohner begann.  Hierzu weiter in den nächsten Folgen.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Die Williamsburg Story VI…Klack

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

pinkwart_pkNRW: Pinkwart will 10 + X…Welt

NRW II: Westerwelle will sich nicht beirren lassen…Welt

NRW III: Kraft  will höhere Hartz IV-Regelsätze…Spiegel

Steuern: Diät für den Mittelstandsbauch…Sprengsatz

Dierkes: German politician belittles Holocaust…Jerusalem Post

Medien: Schüler müssen auf Abos warten…Kress

RRX: Es fährt ein Zug nach irgendwo…Welt

Ruhr2010: „Man weiss nie, wo man gerade ist“…NZZ

Umland: Revervoir Dogs…Zoom

Israel: Gefährliche Siedlungspolitik?…xtranews

Parteichef oder Außenminister – Ein Rücktritt ist muss.

westerwelle_public_domainParteichef, Vizekanzler, Außenminister, Bundestagsabgeordneter: Von einem dieser Jobs wird sich Westerwelle trennen müssen, wenn er nicht scheitern will. Und er muss sehr schnell lernen, sein Partei- und Privatleben vom Amt zu trennen.

Der Außenminister ist normalerweise einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Die Gründe dafür liegen in seiner geringen innenpolitischen Bedeutung: Außenminister sagen schwerstichtig klingende Sätze in Mikrofone, äußern sich mit Bedacht zu Konflikten, die die meisten Bürger nicht direkt betreffen und tun vor allem nichts, was die eigener Bevölkerung gegen sie aufbringt: Sie erhöhen keine Steuern, sie kürzen keine Sozialausgaben und sie wollen keine Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Autobahnen.

Selbst der blasse Kinkel war beliebt. Von Stars wie Fischer, Brandt und Genscher ganz zu schweigen. Außenminister stehen immer ein wenig über den Parteien – zumindest seit den Ostverträgen.

Mit dem Job des Parteivorsitzenden verträgt sich das nicht: Der muss polarisieren, die Konturen seiner Partei scharf herausstellen und sich als Generalist zu allen denkbaren Themen äussern.
Eine allzu große Nähe zur Partei passt nicht zur staatstragenden Aura des  Aussenministers. Man kann nur einen der beiden Jobs richtig machen: Kinkel war eine Null als Parteivorsitzender, Fischer interessierte sich für seine Partei überhaupt nicht und Steinmeier war der wohl windelweichste Kanzlerkandidat aller Zeiten.

Westerwelle will beides machen und stößt an seine Grenzen. Er ist ein Terrier, im Auftreten noch immer mehr Generalsekretär als Parteivorsitzender. Er polarisiert und sucht den Konflikt. Immer. Westerwelle ist alles, nur kein Diplomat. Will er einer werden, muss er sich vom Parteivorsitz trennen. Ein Außenminister darf auch keine Parteispender bevorzugen. Er muss die Interessen Deutschlands vertreten und  nicht die ihm lieb gewonnener privater oder politischer Freunde.
Das Westerwelle die Kritik an sich als infam bezeichnet ist albern.
Wie groß wäre der Aufschrei gewesen, wenn Fischers Frau ihn auf Dienstreisen begleitet und die Gelegenheit zur Schaffung von Geschäftskontakten genutzt hätte? Nein, Westerwelle hat keinen Grund sich über die Kritik an sich und seiner Amtsführung zu beschweren.

Als Parteivorsitzender kann man anders agieren als ein Minister, solange es offen geschieht. Der Wähler kann sich dann ja entscheiden, ob er einer solchen Partei vertraut oder nicht. Westerwelle ist nicht der Außenminister der FDP, er ist der Außenminister der Bundesrepublik. Versteht er das nicht, ist er für dieses Amt nicht geeignet. Ohnehin hat man das Gefühl, dass da einer auf der Karriereleiter mindestens eine Sprosse zu hoch geklettert ist. Das Peter Prinzip – es könnte auch Guido Prinzip heißen.

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Ruhrgebiet: Wer wird was?

rotgruenkoalitionrvrIn der  Rot-Grünen Koalition im Ruhrparlament hat die Diskussion um das Führungspersonal des Ruhrgebiets begonnen.

Eigentlich wollte die Rot-Grüne Koalition in Ruhe die Landtagswahl abwarten und dann ganz entspannt die Personalfragen des kommenden Jahres besprechen. Durch den Tod des Chef-Wirtschaftsförderers des Ruhrgebiets, Hanns-Ludwig Brauser, hat sich die Personaldiskussion nun beschleunigt. Neben einem Nachfolger für Brauser müssen sich SPD und Grüne auch noch auf Nachfolger für den RVR-Regionaldirektor Heinz Dieter Klink und die Dezernenten Thomas Rommelspacher (Grüne) und Dieter Funke (SPD) einigen. Auch soll eine neuen Kulturabteilung als Nachfolger der Ruhr2010 GmbH aufgebaut werden und auch die braucht einen Chef.

Grüne und SPD wollen sich möglichst diskret einigen und lange Personaldiskussionen vermeiden. Beiden Parteien wäre eine Paketlösungen am liebsten. Wer wird am Ende in diesem Paket stecken? Diese Frage ist nicht nur die wichtigste der gerade begonnenen Legislaturperiode des Ruhrparlaments, sie wird auch zeigen, wie ernst es den beiden Parteien mit der vollmundig verkündeten Stärkung des RVR und der Zusammenarbeit im Ruhrgebiet ist.

Vor allem die Posten des Chefs der Wirtschaftsförderung und des Regionaldirektors sind entscheidend.

Der nächste Regionaldirektor, so hört man aus beiden Parteien, soll nicht wieder so eine Null wie der jetzige Amtsinhaber Heinz-Dieter Klink (SPD) werden. Der war vom damaligen Dortmunder OB, Gerhard Langemeyer (SPD) auf den Posten bugsiert worden. Langemeyer wollten einen möglichst schwachen RVR-Chef und Klink war dafür der Richtige: Völlig ambitionslos, mit mäßigem Arbeitseifer und ohne eigene Ideen machte Klink brav was man ihm sagte. In seiner Amtszeit gab es aus dem RVR heraus nicht eine einzige nennenswerte Initiative. Mit jedem seiner Auftritte vor Publikum gelang es Kling zudem sich lächerlich zu machen – und die Region gleich mit.

Aus beiden Parteien hört man, dass ein peinlicher Komplettausfall wie Klink  nicht wieder an die RVR-Spitze kommen soll.  Ein Stadtplaner, so ist man sich einig, wäre nicht schlecht.  Die SPD widerspricht allerdings den Gerüchten, sie hätte sich schon personell festgelegt. Bochums ehemaliger Stadtplaner Martin zur Nedden, im Moment Stadtbaurat in Leipzig, könnte ein Kandidat werden. Oder Ullrich Sierau: Scheitert er bei der OB-Wahl in Dortmund ist es unwahrscheinlich, dass er unter Pohlmann als Dezernent arbeiten würde. Sicher ist das alles aber noch lange nicht.

Schwierig wird auch die Brauser-Nachfolge. Im Moment ist Dieter Funke provisorischer Geschäftsführer. Hanns-Ludwig Brauser war extrem gut vernetzt und in der Lage, Mehrheiten im Ruhrgebiet für seine Projekte zu organisieren. Die gefielen nicht immer allen Wirtschaftsförderern: Das Brauser  Immobiliendaten für das gesamte Ruhrgebiet erheben und veröffentlichen ließ, störte viele, lagen doch Brausers Zahlen zum Teil deutlich unter den von den Städten veröffentlichten.  Klar ist, dass keiner der Wirtschaftsförderer der drei großen Ruhrgebietsstädte Dortmund, Duisburg und Essen den Posten haben will.  Unklar ist jedoch, ob die Wirtschaftsförderung überhaupt als GmbH erhalten bleibt oder stärker in den RVR eingegliedert wird, wie es sich manche in der Koalition vorstellen können.

Es kursieren zur Zeit zwei Modelle für die Spitze der Wirtschaftsförderung: Ein direkter Brauser Nachfolger oder derer gleich zwei: Einen Verwaltungsmann für das interne Management und die Zusammenarbeit mit der Politik und einen ehemaligen Manager oder Unternehmer für die Aussendarstellung und den Kontakt mit der Wirtschaft. Bei beiden Modellen kommt es letztendlich auf die künftig handelnden Personen an: Wählt man Männer oder Frauen mit eigenen Vorstellungen und kräftigen Ellenbogen oder einen reinen Koordinator, einen Business-Klink, dessen Agenda die Wirtschaftsförderer der Städte diktieren?

Klar ist, das Ruhrgebiet braucht durchsetzungsfähige Persönlichkeiten mit eigenen Ideen und Ambitionen auf beiden Positionen. Rot-Grün können mit der richtigen Auswahl wichtige Weichen stellen – oder aber zeigen, dass das Gerede von der Stärkung des Ruhrgebiets nicht mehr als heiße Luft ist.

Eine Story aus New York: Williamsburg – Teil 6: Sehen und Gesehen werden

williamsburg-6Der Manhattaner Kunstszene, zumindest aber einigen der dortigen Galeristen, war Williamsburg als Künstlerstandort sehr früh bekannt. Mein Freund S. hatte es z.B. in der Zwischenzeit an die Broadway-Galerie O.K Harris geschafft. Aber die Verantwortlichen dort kamen nie zu ihm sondern er besuchte seinen Galeristen in Manhattan.  Nur dann, wenn es wirklich etwas Neues in seinem Loft anzuschauen gab, kamen Leute aus Manhattan zu ihm.

Einen regeren personellen und informationellen Austausch gab es zwischen Manhattan und Williamsburg erst als es dort auch Galerien gab die sich einen wenn auch kleinen Rang und Namen am Kunstmarkt erobert hatten.  Das gelang ihnen, in dem sie mutiger und innovativer in ihrer Künstler- respektive Kunstauswahl  waren und sich eigene Vertriebswege aufbauten.  So wurde in Williamsburg z.B. die kleinste Galerie der Welt erfunden. Nicht viel größer als eine Telefonzelle und dadurch hochmobil. Das Künstlerpotential  selbst war dagegen vor der Haustür und es nahm von Jahr zu Jahr zu.

Bis die etablierten Kunstzeitschriften allerdings einen Artikel über W-Burg schrieben bzw. schreiben ließen vergingen fast 10 Jahre. Auf ein Titelblatt schaffte es „Young and Wild W-Burg“ erst Anfang des neuen Jahrtausends. Danach erst begann der Stadtteil wirklich zu brummen. Vorher hatte jedoch schon die New Yorker und vor allem die Clubszene Manhattans den Stadtteil entdeckt, und das ungefähr zeitgleich mit der Gastroszene, die sich nicht nur hier einander überlappen.

Auch hier waren es vor allem die jungen  und risikofreudigen Leute die zuerst die Angst vorm imagemäßig immer noch als unsicher geltenden W-Burg auf der anderen Seite des Ost-Flusses  verloren. An den Wochenenden schaute man dann doch mal rüber und später auch unter der Woche und musste entdecken, dass die Gegend um die Beford ziemlich cool war.  Die Gesetze von Sehen und Gesehen werden brachen sich Bahn und je mehr Leute als Besucher nach W-Burg gingen  desto mehr kamen neue Besucher hinzu. Die Eigendynamik des Sceneseeking eben.

W-Burg wurde Kult und nun hatten auch weitere Boutiquen und Restaurants ihre Überlebenschance. Natürlich mussten sie selber noch hipper sein als die die schon da waren. Ein richtiggehender  innenarchitektonischer Wettbewerb begann parallel mit der zunehmenden Mode- und Outfitkonkurrenz der Besucher und der kreativen  Community im Outdoorbereich.  Die Gebäude und der städtebauliche Gesamteindruck waren dagegen, im Verhältnis zu Manhattan, nachwievor bescheiden.

Williamsburg war immer noch stadtästhetisch ein hässliches Entlein, dass man nur auf den zweiten Blick schön  finden konnte. Aber die Immobilienentwickler saßen diesbezüglich schon in der Warteschleife. Sie hatten zwar schon reichlich Grundstücke und Häuser gekauft, aber die Kunden die sie nach der Generalsanierung und den damit erheblich höheren Mieten beziehen sollten fehlten noch.  Die Besucher des Stadtteils  wurden immer mehr, auch die zuwandernden Künstler, aber immer noch kam nicht die kaufkräftige weil gut verdienen obere Mittelschicht, und schon gar nicht die ökonomische Elite der Stadt.

Die für diese Gruppe so attraktive Waterfront war immer noch nicht in Wohngebiet umgewandelt, denn gerade die auch zahlenmäßig stark gewordene Künstlercommunity wehrte sich in den diesbezüglichen öffentlichen Anhörungen besonders heftig, was die restlichen Bewohner dazu bewog es ihnen gleich zu tun. Weniger die Hausbesitzer als die Mieter unter ihnen natürlich. Und zunehmend auch die Stadtteilpolitiker, denn die wurden nun mal gewählt und dazu brauchten sie Mehrheiten und das waren immer noch die Mieter und nicht die Landlords von W-Burg.

Die wenigsten Künstler und  Galeristen hatten es in der Zwischenzeit zu Hauseigentum gebracht, was für sie natürlich in Anbetracht dessen, was jetzt auf den Stadtteil bald zukommen sollte, das Beste gewesen wäre.  Bei den zunehmend professionell geführten  Restaurants, Clubs und Boutiquen war das jedoch anders. Hier hatten die Betreiber und ihre Berater sehr schnell erkannt, dass es gut ist nicht nur den Betrieb sondern auch seine bauliche Hülle zu besitzen. Es  gab also schon in der golden Ära der Gentrification mehr oder weniger erfolgreiche unter  den Kreativen. Aber sie saßen fast alle noch im gemeinsamen Boot und wollten die Großspekulanten aus Manhattan von ihrem  W-Burg  möglichste fern halten.

Das große politische Streitobjekt war dabei natürlich die immer noch für Industrie und Gewerbe vorgesehene Uferzone und vor allem eine kleine grüne Brache zwischen den dort noch bebauten respektive gewerblich genutzten Flächen. Sie war auf Drängen einer mittlerweile gegründeten Bürgerintiative und den Lokalpolitikern von der Stadt New York nicht neu verpachtet  worden und somit im öffentlichen Besitz. Der mittlerweile auch in ersten Blueprints deutlich gewordene Traum der Immobilienspekulanten war dagegen, auch diese wilde Brache in eine Reihe von Hochhausbauflächen einzuverleiben, die die zukünftige Waterfront südlich und nördlich der Williamsburg Bridge vor allem vertikal gestalten sollten.

Williamsburg waren solche Highriser bislang aber völlig fremd. Nur einzelne  Lagerhäuser und Fabriken waren hier bisher höher als 4 Geschosse, und genau das machte auch den besonderen Village-Charme dieses Viertels aus. Sowohl für die Besucher als auch für die Bewohner. Niemand wollte also die Hochhäuser die zwar einen fantastischen Blick auf Manhattan, aber dafür keine Fernsicht mehr für den Rest der W-Burger booten. Vor allem aber  keine grüne Lunge mehr mit Blick auf Manhattan für alle. Es gab noch einen kleinen weiteren Uferpark, aber der reichte natürlich bei weitem nicht für die in der Zwischenzeit viel zahlreicher  gewordenen Bewohner aus.

Der grüne Park der noch gar keiner  war, wurde zum Identifikationsobjekt und zu einer alternativen Vision für die Zukunft der Waterfront, denn an die Ansiedlung neuer hafenbedürftige Industrien glaubten auch, bis auf die Gewerkschaften, die meisten Alt- und Neubürger des Stadtteils nicht mehr. Eine Unter-Gruppe meiner Studenten hatte viele Jahre vorher, neben den gut 70 Entwürfen der Gesamttruppe in allen Stadtteilen New Yorks, auch genau zu diesem Areal  einen  Plan gefertigt, der dort eben diesen Park vorsah und visionär zu gestalten versuchte. Er war jedoch , obwohl  in öffentlicher Hand,  immer noch eingezäunt. Nur die immer wieder und eigenhändige  und nächtlich vorgenommene systematisch Durchtrennung des Maschendrahtes erlaubte es durch Gestrüpp und Betonreste der ehemaligen Piers an das  Wasser zu kommen.

Dort saßen dann alle friedlich beieinander. Jung und Alt, schräg oder normal, Künstler, Bohemiens und „einfaches“ Volk  auf selbst gemachten Liegen und Sitzgelegenheiten und verbrachte , redend, schweigend, lesend und angelnd den Abend und häufig auch die Nacht. Die städtischen Ordnungskräfte gaben es nach einiger Zeit auf, den Zaun immer wieder zu reparieren. Es fanden die ersten Land-Art Aktionen statt, es wurden feste Sitzplätze in Eigenregie gebaut.

Es war eine wunderbar friedliche Insel und der Blick von dort auf die Skyline faszinierte auch mich über viele Jahre bis heute, denn nur der Park konnte gegen die  Spekulanten durchgesetzt werden und ist mittlerweile  schlicht und doch schön gestaltet, der Treffpunkt aller geblieben. Nur dass es nicht mehr dieselben sind, wie vorher.

Ich wohnte bis vor kurzem  mindestens den ganzen  Mai und September ganz in der Nähe dieses grünen Treffpunktes. Genauer gesagt nur 100 Meter entfernt in einem Loft in einer umgebauten Lastwagengarage. Aber dazu mehr in der nächsten Folge.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

buelowSPD: Dortmunder Abgeordneter fühlt sich als Abnicker…Der Westen

NRW: Schwarz-Grün – Aus Spiel wird Ernst…Zeit

NRW II: Gabriel glaubt nicht an Schwarz-Grün…Der Westen

Ruhr2010: Die Krise spielt verstecken…Kölner Stadtanzeiger

Online: Welttag gegen Internetzensur…Spreeblick

NRW III: Grüne: Dreifaches Stoppsignal nach Berlin…Ruhr Nachrichten

Medien: Arrogante Journalisten?…FIXMBR

Wirtschaft: Was macht der US-Konsument?…Weissgarnix

NRW IV: Spur des Maulwurfs?…Post von Horn

Fotos: Erste Tour des Jahres…Kueperpunk

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Westerwelle? Unschuldig!

westerwelle_public_domainImmer neue Vorwürfe werden gegen den FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle erhoben: Jobs für  Kumpels, Reisen mit den Spendern und Touren mit dem Gspusi – die Anschuldigungen gegen Westerwelle stürzen das Land ins Chaos. Doch Westerwelle ist nicht für alle Desaster der vergangenen Monate verantwortlich.


Der Winter
Monatelanger Frost, Meter hohe Schneeverwehungen. Für DGB-Chef Michael Sommer ist klar, wer dahinter steckt: „Westerwelle brauchte das Schneechaos, um seine Forderung,  Hartz IV Empfänger sollten Schnee schippen, zu untermauern. Im Mai hätte doch kein Mensch auf so einen Unsinn reagiert.“ Jörg Kachelmann vom Wetterdienst Meteomedia wiegelt ab: „Auch wenn Westerwelle nicht gerade  Wärme ausstrahlt – die Schuld an diesem Winter hatten arktische Tiefausläufer.“

Opel
Klaus Ernst  (Die Linke): „Ein Guido Westerwelle ist sich viel zu fein, einen Opel zu fahren. Kein Wunder, wenn die Marke vor dem Aus steht.“ Wir haben in der Marketingabteilung von Opel in Rüsselsheim nachgefragt. Dort gibt man sich entspannt: „Wir haben Herrn Westerwelle zu einem Audi geraten, als er uns fragte, wie er Opel unterstützen könne.  Das Image von Opel sollte nicht weiter beschädigt werden .“

Helene Hegemann
Soweit, Westerwelle mit einem Axolotl zu vergleichen, will Juso Chefin Franziska Drohsel nicht gehen. Aber für sie ist klar, wer hinter dem Literaturskandal der Saison steht: „Westerwelle hetzt mit seinem Leistungsdruck die jungen Menschen auf. Es geht nur noch um Erfolg. Die können sich dem Druck dann nicht mehr entziehen und kopieren Texte statt selbst zu dichten.“ Wir fragten Helene Hegemann, die Autorin von Axolotl Roadkill, nach Westerwelles Mitschuld. Hegemann erklärte, sie habe den Namen Westerwelle noch nie gehört und kopieren sei auch nicht so anstrengend, wie alle immer denken würden.

Schickedanz-Pleite
„Westerwelle und die FDP saugen ihre Spender aus wie rumänische Vampire deutsche Arbeiter auf dem Weg zur Frühschicht.“ Arbeiterführer und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ist empört: „Westerwelles Gier ist der  Grund, warum Madelaine Schickedanz heute gebrauchten Lidl-Joghurt essen muss.“ Wir wollten die Vorwürfe von Rüttgers überprüfen und versuchten, bei der ehemaligen KarstadtQuelle-Großaktionärin nachzufragen. Vergebens. Ihr Telefon ist abgemeldet.

Ruhrmarathon-Desaster
Der Ruhrmarathon  im vergangenen Jahr war der sportliche Tiefpunkt 2009: Ein verzögerter Start, nix zu trinken und Teenies als Ordner drückten auf das Gemüt der Sportler.   Der Veranstalter: Westerwelles Lebensgefährte Michale Mronz. Für Hannelore Kraft, SPD-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl ist damit alles klar: „Das Revier ist eine SPD-Hochburg. Mronz war die Strafe Westerwelles für das traditionell miese Abschneiden der FDP im Pott.“ Unsere Recherchen ergaben: Mronz kann es einfach nicht besser.

Williamsburg, New York, Teil 5: Nachbarschaftsgärten und Hausbesetzer

williamsburg-5Schießereien, im Williamsburg sowie schon weniger als zum Beispiel in Bed Stuy, in der South Bronx oder in Central Brooklyn,  wurden nach dem Zuzug der mutigen jungen und meistens engagierten Leute im Williamsburg zur absoluten Seltenheit.

Es gab weiterhin die No-No-Go Arreas, aber die Stadtteilbereiche außerhalb dieser besonderen Risikozonen wurden immer sicherer. Die Hot-Zones wurden sozusagen eingehegt und ansonsten weiter systematisch gemieden. Die leeren Häuser wurden mit Hilfe der Stadt, die mittlerweile für all diese Viertels Hilfsprogramm aufgelegt hatte, entweder ganz abgerissen oder renoviert und neu bewohnt. Da, wo nur leere Brachen überblieben wurden Nachbarschaftsgärten angelegt und/oder Selfmade-Autoreparaturen und Ersatzteillager errichtet.

Diese Grundstücke, auf den vorher halb abgebrannte Häuser standen, gehörten in der Regel sowieso der Stadt, weil in New York jedes Grundstück samt Haus ins öffentliche Eigentum ohne Entschädigung überführt wird, wenn mehr als 3 Jahre dafür keine Grundsteuer bezahlt wird.  So konnten die Nachbarschaftsgärten auch offiziell den Bewohnern überlassen werden. Das gleiche galt für die leer stehenden Häuser, die von den Bewohnern in Selbsthilfe renoviert werden konnten. Die örtlichen Kirchen unterstützen solche Menschen mit Baumaterial und Expertenwissen.

Die Kreativen-Community passte in dieses Selbsthilfe-Konzept bestens hinein, denn sie verdrängt zu diesem Zeitpunkt niemanden und waren sogar Vorbild für die nun sich immer stärker entwickelnde Eigeninitiative der Bewohner.

Den eigentlichen künstlerischen Aktivitäten stand die lokale Mehrheitsgesellschaft jedoch eher skeptisch bis gleichgültig gegenüber. Auch den Szenekneipen und Galerien die mit der Phase der Szenebildner in den Stadtteil kamen. Aber auch die besetzen Leerstände und belebten damit das Viertel weiter. Im Gegensatz zu den Galerien und Künstlerstudios/Lofts waren die neuen Restaurants auch für die Polen und Latinos interessant. Zumindest für die, die sie bezahlen konnte, was nicht so schwierig war, weil die Preise dort noch erschwinglich waren.

Obendrein nahm die Arbeitslosigkeit in Williamsburg langsam aber sicher ab, weil die ganze Stadt, ja die gesamten USA wieder Jobs für die Unterschicht anzubieten hatte. Es kamen die sogenannten golden Jahre der Gentrification, denn alle im Stadtteil hatten in dieser Phase etwas davon. Die Zugezogenen genauso wie die, die es in der Krise dort aus- und durchgehalten hatten. Der Stadtteil wurde nicht nur immer sicherer sondern auch immer interessanter und vor allem ordentlicher. Der Müll auf den Straßen verschwand vollständig, es gab keine hohlen Fenster und Türlöcher mehr, und da wo es sie noch gab, da waren auf einmal ordentliche Zäune drum herum oder sogar Baugerüste die auf baldige Renovierung hinwiesen.

Die älteren Bewohner saßen wieder, wie früher, bei  angenehmem Wetter auf der Treppe vor dem Haus. Auch nach dem es  dunkel geworden war. Die jungen Leute saßen vor ihren  immer noch etwas schmuddelig aussehenden ehemaligen Lagerhäusern und Fabriken, oder auf deren Dächern und schwätzten bis tief in die Nacht. Die Straßen der Latinos waren in den warmen Sommernächten wieder voller Salsa Musik zu der gerne auch auf der Straße getanzt wurde. Es gab sogar wieder eine kleine Stadtteil-Salsoteca in der man fantastische Bands hören konnte. Beim Zuhören und dazu tanzen blieben  die Latinos aber vorerst unter sich. Wie in ihren öffentlich und/oder kirchlich  geförderten Kultur- und Sozialklubs.

Aber auch die jungen mehrheitlich weißen Zuwanderer brachten ihre Musik mit. Die ersten House-und Punk-Clubs entstanden aus privaten Roof- und Loftparties. Später kam Jazz und Rock dazu. Es war zunehmend, so sagten mir die Eingeweihten, wie in den Siebzigern in der Lower East Side in Manhattan. Damals war es da auch noch billig und sehr bunt. Es erschien ihnen so, als wäre das ganze East Village über das Wasser nach Brooklyn gesprungen. Es war auch das gleiche Aufbruchsgefühl. Nur dass die Leute jetzt viel jünger waren. Das konnte man zunehmend auch auf den Straßen von Williamsburg sehen.

Jugend und Aufbruch gingen hier Hand in Hand. Die, die dazu kamen waren immer noch jünger, als die die schon ein paar Jahre an diesem Ort auf dem Buckel hatten, und damit kam auch der neue Style. Das was später als LoFiBo-Mode in die Welt ging, wurde in Williamsburg, so sagen zumindest die Lokalpatrioten, geboren  und die Bedford Avenue wurde von der immer belebter werdenden  Hauptstraße zugleich auch zum dazu gehörigen Laufsteg. Und aus Williamsburg wurde im Szenesprech „W-Burg“  oder auch „L-City“.

Den Ursprung dieser Low-Finance-Bohemien Couture hatte ich noch selbst erlebt. Es war ein riesiges Lagerhaus an der Kent Avenue, der letzten Straße vor bzw. entlang der Waterfront, in dem man Kiloweise Second-Hand-Klamotten kaufen konnte. Zu einem Spottpreis, was vor allem meine weiblichen Studenten, nach dem sie diesen Schuppen entdeckt hatten, dazu brachte, regelmäßig mit dem doppelten Gepäck nach Hause zu fahren bzw. zu fliegen.

Da war dieser Laden noch ein absoluter Geheimtipp. Die neuartige, ungewohnte bis abgefahrene Zusammenstellung alter Kleidungsstücke zu einem eigen ganz individuellen Street-Style, garniert mit Kuriositäten aus der Welt der Kurz- und Schmuckwaren der preiswerten Machart wurde Jahre später zu einer Art öffentlichem Wettbewerb auf W-Burgs Sidewalks.

Die Gründung eigener klitzekleiner Modelabels war danach fast unvermeidlich und die billigen Räumlichkeiten gab es ja immer noch. Zu den Kneipen, Restaurants und Clubs gesellten sich nun auch die ersten Boutiquen mit Minischneidereien und die ersten anspruchsvollen Geschäfte für Design-Gebrauchtmöbel. Und die erste Stadtteilzeitung die darüber berichtete.  Mittlerweile sind es deren 3 oder 4. Eine davon schon seit vielen Jahren nur mit hoch literarischen Texten . Alle Zeitungen sind  umsonst, sprich durch Anzeigen finanziert.

Die erste Buchhandlung kam weit vorher. An der Bedford Ecke North 5th. Zuerst auch nur mit gebrauchten Kunstbüchern. Danach dehnte sie sich Stück für Stück aus und man konnte dort auch neue Bücher bestellen.  Um eine wirklich große Auswahl von Geschriebenem und/oder Bebilderten zu bekommen musste und muss man aber nachwievor rüber nach Manhattan.

Sehr empfehlenswert Barnes & Nobles am Union Square. Oder was das Buchantiquariat betrifft, nicht weit davon entfernt am Manhattan Broadway „Strands“. Auch die Künstlerhardware ist in Manhattan nach wie vor unübertroffen konzentriert. Galerien gibt es jedoch in Williamsburg mittlerweile so viele, dass es mindesten einen Tag braucht, nur um sie alle gesehen zu haben.

Verglichen mit Manhattan ist das allerdings immer noch absolut lächerlich.  Dort gibt es allein im Stadtteil  Chelsea 600 davon. Im W-Burg gibt es mittlerweile um die 70 wobei die Schallmauer 100 in naher Zukunft erreichbar erscheint.  Deswegen haben sich die Galerien schon seit längerem auch zu einer eigenen unabhängigen Selbstförderungsorganisation zusammen geschlossen. Aber das geschah erst als die Zeit der Scene-Builder dem Ende zu ging und die Phase der Scene-Seekers begann.

Scenebuilding ist zu einem großen Teil Unternehmensgründung und Professionalisierung.  Aus Hobbys und Selbstausbeutung,  aus Leidenschaft und Wahnsinn werden richtige Jobs die ihre Inhaber auf Dauer ernähren. Mit vielen Flops aber auch mit zunehmenden Erfolgen. Dazu braucht es jedoch auch genug Kunden und Abnehmer und vor allem Produkte die es woanders in der Stadt nicht gibt. Das ist in einer Stadt wie New York nicht so einfach. Dazu braucht es die kritische Masse in der Vielfalt und der Menge der Angebote, die sogenannte Take-Off-Geschwindigkeit  in der Entwicklungsdynamik der Gentrification.

Das hängt eng mit dem Sceneseeking selbst zusammen, weil die Kunden aus der eigenen kreativen Community und der sonstigen Nahbereichsbevölkerung nicht ausreichen, um den eigenen Laden auf Dauer tragfähig zu machen.  Es müssen mehr davon  aus der Rest-Stadt und darüber hinaus kommen, die Sceneseekers eben.  Die die genau solche Szeneviertel mögen und gerne dort konsumieren, zumindest aber sich regelmäßig und gerne dort aufhalten. Es galt also die restlichen „Brooklinites“, vor allem aber die „Manhattanies“ zu „erobern“ bzw. anzulocken.

Dazu mehr in der nächsten Folge.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack