Politik der verbalen Zauberformeln

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Slow train coming: Die NRW-Wahl ruckelt näher, die Parteienlandschaft wackelt und die Parteien ringen um Aussagen, damit sie Slogans bringen können, die Wähler beeindrucken. Was sagt die SPD über die schwer Vermittelbaren? Hartz-IV-Empfänger sollen zukünftig umsonst arbeiten – das aus dem Mund einer Partei, die sich traditionell den sozial Schwachen verpflichtet fühlt. Notwendigkeit oder Vernachlässigung der eigenen grundlegenden Ziele? Was hätte Willy Brandt dazu gesagt? Wäre sein Lächeln milde wie das der Mona Lisa gewesen, weil er keinen anderen Weg gesehen hätte, oder hätte er dafür gestritten, eine politische Alternative zu bringen?

Wahlaussagen prägen das Image der Parteien nachhaltig. Sie zementieren eins ums andere mal die politische Positionierung. Die Wirtschaftskrise lädt dazu ein, wie im Schlußverkauf populäre Versprechen abzugeben. Wohin es führt, wenn man die nicht hält, sieht z.B. die FDP zur Zeit. Wenn die (finanziellen) Probleme drücken, liegt andererseits eine Aussage wie die zu Hartz IV leicht auf den Lippen einer Partei.

Aber unabhängig vom Tagesgeschäft und der großpolitischen Wetterlage, wo bleibt die Programmatik, für die eine Partei steht? Die SPD betreibt wohl Zielgruppensplitting: Die Sozial Schwachen gibt sie an die Linken ab. Aber wer soll sie dann wählen?

Milliardenauftrag für die deutsche Bahn wackelt

Gerade haben wir bei den Ruhrbaronen etwas von der Freitags-Sitzung der Vergabekammer in Düsseldorf gehört. Eine Bombe für die Deutsche Bahn. Die Vergabe des Nahverkehrsauftrages im Ruhrgebiet droht zu scheitern. Das Geschäft hat ein Volumen von rund 1000 Millionen Euro.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hatte diesen lukrativen Vertrag für den Unterhalt der S-Bahnen ohne Ausschreibung an die Deutsche Bahn vergeben. Das ganze lief ab, wie eine Erpressung. Private Konkurrenz wurde nicht zugelassen, stattdessen drohte die Bahn damit, ausstehende Millionen bei den klammen Kommunen einzutreiben, wenn diese nicht spurten. Vor der Vergabekammer sagte der Anwalt der Bahn am Freitag wörtlich: die privaten Unternehmen seien nur in der Lage „Mickey-Mouse-Verträge“ zu erfüllen, aber nicht so Milliardengeschäfte, wie den Nahverkehr im Pott. Das könne nur die Bahn.

Die Konkurrenz der Bahn sieht das anders. Gegen die verschobene Vergabe hatten mehrere Unternehmen vor der Düsseldorfer Vergabekammer geklagt. Es ist der größte Vertrag, der jemals in Deutschland angegriffen wurde. Am Freitag war mündliche Verhandlung und es kam raus, dass die Richter das ähnlich wie die Kläger sehen. Auch große Verträge müssen öffentlich ausgeschrieben werden.

Für die Steuerzahler kann das eigentlich nur von Vorteil sein. Der Nahverkehr im Ruhrgebiet ist relativ teuer. Das meiste Geld sackt sich die Bahn ein. Wie lukrativ das Geschäft mit den S-Bahnen ist, kann man gut an der Bilanz der Bahn-Tochter DB-Regio sehen. Das Unternehmen macht bei einem Umsatz von 6,5 Mrd Euro eine Eigenkapitalrendite von gut über 30 Prozent. Selbst die Deutsche Bank will nur 25 Prozent haben – und trägt dafür jede Menge Risiko, was man von der Bahn nicht sagen kann.

In zwei Wochen wird die Vergabekammer ihre Entscheidung bekannt geben. Wenn es bei dem Tenor der mündlichen Verhandlung bleibt, würde erstmals eine Einzelvergabe im Wert von rund eine Mrd. Euro gekegelt. Sollte das so sein, kann die Bahn dagegen noch Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.

Ich persönlich glaube, Wettbewerb täte der Bahn gut.

From “No Go” to “Must Be” in New York City – Die Williamsburg-Story Teil 1

williamsburg_bridgeIch erinnere mich noch sehr genau, wie ich zum ersten Mal nach Williamsburg kam. Es war im Sommer 85 an einem dieser feucht-heißen „Nothing is hotter than July“ Tagen. Die damals ziemlich runter gekommenen Waggons der JMZ-Linie, auf der NYC-Subway-Map auch heute noch braun eingezeichnet, hielten kreischend an der ersten Station in Brooklyn. Sie waren, vollgepackt mit mehrheitlich farbigen, eher ärmlich gekleideten Passagieren, durch das Stahlgestrüpp der Williamsburg-Bridge über den East River gekrochen um danach auf einer aufgeständerten Schienenkonstruktion in einem knappen Bogen über dem Broadway zu landen. Ja, Brooklyn hatte zu meinem Erstaunen auch einen Broadway und der führt tief ins Innere dieses Mehr-Millionen-Boroughs, der vor der Eingemeindung nach New York City die viertgrößte Stadt der USA war.

Über diesem „Broadway für Arme“ scheppert und knirscht bis heute mit ohrenbetäubendem Lärm über viele Kilometer eine der längsten U-Bahnlinien der Stadt hinaus nach Jamaika Center. Fährt man sie in die andere Richtung dann geht es mit ihr über Downtown Manhattan wieder nach Brooklyn bis fast an den Atlantik.

Die Williamsburg Bridge die zu diesem Zeitpunkt, wie die Queensborough Bridge noch heute, vor Rost nur so strotze, ist eine der schönsten Brücken der Stadt. Komplett aus zigtausenden Stahlstäben gebaut die mit Abermillionen von Nieten zu einem gut 2km langen Ingenieurkunstwerk zusammengesetzt worden sind, ist sie nach gut 20 Jahren Reparaturzeit und fast eine Milliarde Dollar Material- und Arbeitskosten jetzt wieder in einem fast neuen Zustand. Sie verbindet Williamsburg mit der Lower-Eastside in Manhattan, damals noch „Loi Saida“ genannt, weil sie zum größten Teil von Latinos bewohnt wurde. Wie zu diesem Zeitpunkt auch ein großer Teil ihres städtebaulichen Gegenübers namens Williamsburg in Brooklyn.

Ihre fußläufige Überquerung galt in der Dunkelheit als lebensgefährlich. Tagsüber war sie die „Poor-People-Bridge“, denn sie wurde vor allem von Leuten begangen die sich nicht mal die U-Bahn leisten konnten, aber trotzdem jeden Tag zur Arbeit nach Manhattan mussten. Wer genug Geld hatte nahm sich nachts ein Taxi über die Brücke und musste sich daran gewöhnen, dass der Fahrer wie automatisch die Sicherheitsknöpfe der Türen betätigte, wenn er ihren Scheitelpunkt passierte.

Manche, in der Regel weiße, Fahrer weigerten sich zu diesem Zeitpunkt sogar überhaupt über die Brücke Richtung Brooklyn zu fahren. Sicherheitshalber nahm man sich einen der schwarzen Chauffeure weil die, bis heute, in der Regel überall hin fahren. Seit einigen Jahren gondeln allerdings alle Cabdriver gerne über die Brücke, weil auf der anderen Seite statt Gefahr eine Menge Touren auf sie warten. Williamsburg ist mittlerweile eines der hippsten Stadtteile vom ganzen Big Apple. Mit Sicherheit aber zur Zeit neben Brooklyn Hights der bekannteste Neighbourhood in Brooklyn.

Was die internationale Kunstszene betrifft, gilt dieser Stadtteil seit der Jahrtausendwende sogar als Must Go Arrea. Als ich dort an diesem Tag zum ersten Mal auftauchte wäre das dort niemand auch nur im Traum eingefallen. Dabei hatte mich ein Künstler dorthin eigeladen, den ich ein paar Tage vorher auf eine Party in Manhattan kennen gelernt hatte und der in den folgenden Jahren ein guter Freund wurde. Er hatte mich allerdings vorgewarnt. Ich sollte möglichst von der U-Bahn aus direkt den Bus benutzen, sprich möglichst wenig zu Fuß gehen.

Das Drive-By-Shooting war zu dieser Zeit in bestimmten Stadtteilen New Yorks bei Drogendealern gerade in Mode gekommen und Williamsburg gehörte dazu. In solchen Fällen hatte man sich nach dem ersten Schuss sofort flach auf den Boden zu werfen und, wenn Kinder dabei waren, diese fest an sich, ja noch besser unter sich zu drücken. Das geschah nicht täglich, aber einmal im Monat konnte man fest damit rechnen, und man wusste nie genau wo. Überfälle waren dagegen in solchen Stadtteilen wie Williamsburg an der Tagesordnung. Aber auch hier gab es Regeln. Geld abgeben und Fresse halten. Kein Versuch sich zu wehren. Keinen einzigen!

Besser war es auch, immer etwas Geld dabei zu haben. Die Superdroge Crack hatte zu diesem Zeitpunkt die Stadt in den Griff zu nehmen begonnen und die Jungs- und Mädels die dringend neuen Stoff brauchten waren nicht zimperlich, wenn es bei den Überfallenen gar nichts zu holen gab. Sie waren selbst für Leute die sich an den Straßenraub gewöhnt hatten nicht mehr einzuschätzen.

Also nahm ich treu den Bus und als ich in der Nähe des uralten Fabrikgebäudes ausstieg, in dem S. wohnte hatte ich gehörigen Schiss. Müll auf der Straße. Jedes dritte Gebäude war zugenagelt oder nur zum Teil bewohnt. Aber die Leute in den Straßen machten nicht den Eindruck, dass sie mich gleich überfallen wollten. Sie waren jedoch sichtlich erstaunt, dass sich ein gut gekleideter Weißer in ihre Gegend wagte.

Ich traute mich nicht nach dem Weg zu fragen und fand, weil ich das New Yorker Straßensystem mittlerweile durchschaut hatte, selbst zur Berry Street Ecke South Third. Ich nahm den kürzesten Weg, was eingeweihte in solchen Stadtteilen nicht unbedingt tun, und zwar genau weil sie sich dort gut auskennen. Zu jeder No-Go-Arrea gehörten nämlich noch die No-No-Go Bereiche, die aber meistens nur einen einzelnen Block oder sogar nur eine Block-Straße oder -Ecke ausmachten. Davon gaben es in Williamsburg einige und einer davon genau da wo ich her spazierte. Aber das Glück ist bekanntlich mit den Anfängern.

Später lernte ich solche Ecken nicht nur in diesem Stadtteil zur riechen bevor ich sie passierte. Über die Monate und Jahre konnte ich alle sozialen und baulichen Symptome lesen, die  die verschiedenen Abstufungen von Gefahr in dieser Stadt sichtbar machten, bevor man so weit drin steckte, dass es wirklich riskant wurde. Ich bin bis heute nicht ein einziges Mal überfallen worden.

Jetzt kann man sich nicht nur durch Williamsburg ohne jede Angst bewegen. Ich habe diesen Wandel von der No-Go- zur Must-Go-Arrea vor allem in diesem Viertel über nun fast 25 Jahre haut nah mit bekommen, denn ich habe seit 1985 fast jedes Jahr für mindestens 2 Monate dort gelebt. Ich werde in weiteren 9 Folgen darüber berichten, wie in dieser Zeit aus dem verrotteten und gefährlichen Viertel, nur eine U-Bahnstation von Manhattan entfernt, ein heute so genanntes Kreativquartier wurde.

Eines über das mittlerweile auch das weltweite Feuilleton und die Reisemagazine berichten, die allerdings sehr wenig darüber wissen, wie so ein Prozess in Wirklichkeit verläuft und was er für die Leute vor Ort bedeutet.

Foto: jontintinjordan

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Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

roesner_grueneKindesmissbrauch: Dortmunder Grüner für Kirchenaustritt…Ruhr Nachrichten

NRW: Gewerkschaften gegen Kraft…Spiegel

NRW: Kraft stört rot-grüne Phantasien…taz

NRW III: Das große Zocken…Zeit

NRW IV: Die Nerven liegen blank…Post von Horn

Gesellschaft: Ausflug ins schwarz-grüne Milieu…FAZ

Ruhr2010: Museen tun sich zusammen…Der Westen

Gelsenkirchen: In einem Tag um die Welt…Gelsenkirchen Blog

Verkehr: Wettrüsten mit Stauinformationen…Frontmotor

Umland: Medizinischer Notstand abgespeckt…Zoom

Das Problem von SPD-Kraft heißt Ex-SPD-Clement

kraftDie Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl in NRW, Hannelore Kraft, hat sich zu Hartz IV geäußert. Im Spiegel-Interview. Sie sagt, gut ein Viertel der Leute kriege sowieso keinen Job mehr, deswegen sollen die für einen Appel und einen Ei auf ihre Hartz-IV-Kohle anschaffen gehen. Alten Leuten vorlesen und so einen Krams. Mein Gott, welch ein Dejavu.

Mir hat mal ein Kumpel die Geschichte von einem Interview mit Hannelore Kraft erzählt. Es ging um dies und das. Kraft wollte vor allem nichts mehr zu der Linkspartei sagen, wurde unwirsch und wiederholte andauernd: „Fragen sie mich nach Inhalten.“ Offenbar hat der Spiegel genau das jetzt gemacht. Er hat nach Inhalten gefragt.

Und es kommt raus, was alle schon immer wussten. Hannelore Kraft ist so mäßig. So mittelmäßig. Es ist wie das Drehbuch für einen schlechten Gag: Zunächst reden sich alle wuschig über einen möglichen Erfolg bei einer Auftragsvergabe, sagen wir Häuser sollen gebaut werden, der Sekt wird schon mal kalt gestellt für die Party danach und dann sagt einer, aber wir sind doch eine Versicherung, wir bauen gar keine Häuser. Dann schaut noch einer auf das Verfallsdatum der Pullen und stellt fest, das Zeug ist auch schon lange faul. Dumm gelaufen. Die Laune ist versaut. Und dann geht noch der Auftrag an die Konkurrenz. Tusch.

Ungefähr so läuft das auch bei Kraft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie eigene Politikideen entwickelt. Als sie Europaministerin in NRW war, hat sie noch über das Nettofonds-Modell zur Verteilung von EU-Fördermitteln in Deutschland fabuliert, als SO GUT WIE ALLE anderen Bundesländer das schon abgeschrieben hatten. Hannelore hatte wohl keiner Bescheid gesagt, sie redete Unfug.

Bei Hartz IV jetzt ist es ähnlich. Sie wiederholt einfach das gleiche Zeug weiter, dass ihr wichtigster Förderer Wolfgang Clement vorgebetet hat, als der noch in der SPD war. Das ist mein Dejavu. Die Gedanken von Wolfgang Clement leben in Hannelore Kraft fort. Wahrscheinlich auch die Ideen zur Leuchtturmförderung und so ein Zeug. Schließlich war Kraft mal bei der Mülheimer Zenit GmbH beschäftigt – einer der NRW-Fördergesellschaften, die mit an den gescheiterten Leuchtturm-Projekten gearbeitet hat.

Der Spiegel hat Hannelore Kraft einfach zu einem Thema befragt, wahrscheinlich war das vorher nicht abgesprochen, Hannelore Kraft wusste nicht was sie sagen sollte und sprach halt das, was sie noch im Kopf hatte. Eben das, was Clement und all die anderen aus dieser Denkrichtung – wie etwa Frank-Walter Steinmeier – ihrer Partei eingehämmert hatten, bis diese noch 23 Prozent bei den Bundestagswahlen bekam.

Man kann daraus viele Schlüsse ziehen. Über die Position von Hannelore Kraft im Strömungswirbel ihrer Partei etwa. Mir ist aber ein anderer besonders wichtig: Hannelore Kraft ist auf jeden Fall keine versierte Wahlkämpferin. Sie hat mit dem Interview die Chancen der SPD bei den Landtagswahlen erheblich beschädigt. Sie hat jeden daran erinnert, der es schon fast vergessen hatte, warum die SPD nochmal so tief in der Krise steckt.

Heute auf der Halde Haniel – ein Blick über das Revier

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Zunächst sieht das Wetterpanorama schön aus. Nicht auf dem Foto hier, aber in echt. Spannend finde ich besonders die braune Dunstglocke über dem Pott. Man kann sie über dem Horizont liegen sehen. Diese Glocke ist echt. Man kann sie sehen, riechen und schmecken. Das ist Grobstaub und Feinstaub und Abgase und sonst so aller Dreck. Wir atmen das jeden Tag und haben es auf der Haut.

Ich hab das Panorama mit meinem Handy gemacht, deswegen ist das nicht so doll – aber immer noch OK. Man kann sehen, um was es geht.

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Fakelaki in Düsseldorf

hellasEin griechischer Arzt aus Duisburg brauchte einen Reisepass. Beim Konsulat in Düsseldorf wollte er ihn beantragen. Dumm für ihn, dass er Fakelaki nicht kannte, griechisch für das Geldtütchen, das auch Beamtenherzen öffnet.

Andreas P., wir haben den Namen aus naheliegenden Gründen verändert, ist Arzt und lebt in der Nähe von Düsseldorf. Geboren wurde er in Deutschland, seine Eltern zogen Anfang der sechziger Jahre ins Bergische Land. Deutscher wurde P. nie: „Ich bin und fühle mich als Europäer und Grieche und innerhalb der EU macht die Staatsangehörigkeit ohnehin keine großen Unterschied mehr.“

Wie bei vielen Griechen lebt auch P.s Verwandtschaft in aller Welt: Er hat Onkels, Tanten, Neffen und Nichten in den USA, in Kanada und Australien. Als er vor ein paar Jahren nach Australien fahren wollte, brauchte er einen neuen Pass. Das Foto im alten Ausweis zeigte noch einen Jüngling mit lockigen Haaren, mit dem P. heute eher wenig Ähnlichkeit hat.

P. fuhr nach Düsseldorf in das für ihn zuständige griechische Konsulat. Einen Pass zu beantragen, ist in Deutschland keine große Sache: Man legt seinen Personalausweis vor, ein paar Fotos und zahlt seine Gebühr. Das war’s. Auf dem griechischen Konsulat stellte sich die Sache für P. etwas komplizierter dar. Er sollte seine Geburtsurkunde vorlegen, Meldebescheinigungen für jede Stadt besorgen, in der er jemals gewohnt hat und die Zeugnisse aller Schulen, die er jemals besucht hat. P. wunderte sich, notierte sich alle Unterlagen die er beibringen musste und machte sich auf, sie zu besorgen.

P.: „Nach fünf Wochen und zahlreichen Stunden im Auto hatte ich alles zusammen und war wieder im Konsulat in Düsseldorf.“ Die Konsulatsmitarbeiterin war nicht ganz zufrieden. Für die Zeit, in der er vor seinem Studium eine Pflegerausbildung gemacht hatte, reichte ihr nun das Abschlusszeugnis nicht mehr aus. P. solle doch gefälligst belegen, dass er während der dreijährigen Ausbildung wirklich die Berufsschule besucht hat. Man gab sich unbürokratische: Fünf Halbjahreszeugnisse würden reichen. Für das sechste Halbjahr gab es ja schon das Abschlusszeugnis. P. war das zu dumm. Er verlies das Büro und bekam keinen Pass. Im Warteraum erzählte er die Geschichte einem anderen Griechen. Der zuckte nur mit den Schultern. Er müsse nun einmal nachhelfen.

P. verstand damals nicht, wie das gehen sollte – nachhelfen. Für ihn war es einfach nur die griechische Bürokratie, die verrückt spielte. Heute weiß P. es besser: „Hätte ich hundert oder zweihundert Euro zu den Unterlagen gelegt, hätte ich den Pass innerhalb weniger Tage bekommen.“ Fakelaki – das Wort kannte P. damals noch nicht.