Bochumer Spaßbremsen

Die Stadt zwischen Essen und Dortmund sieht sich selbst gerne als „Swinging Bochum“. Ein Mythos: Unter Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) und Ordnungsdezernentin  Diana Jägers (CDU) schwingt nichts mehr.

Gut, dass es das Bermudadreieck schon gibt. Wenn heute, wie in den 70ern und frühen 80ern, ein paar Leute Kneipen aufmachen und Stühle nach draußen stellen würden, könnten sie es gleich vergessen. Die Bedenkenträger im Bochumer Rathaus würden so etwas sofort unterbinden. Es könnte sich ja jemand gestört fühlen.

Auch Bochum Total hätte wohl keine Chance mehr. Zu viele Leute und zu viel Krach.

Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) und Ordnungsdezernentin Diane Jäger (CDU) bilden eine große Koalition der Spaßbremsen. Ihr Motto: Unser Dorf soll ruhiger werden. Private Initiativen? Stören nur.

Drei Beispiele für das unschwingende Bochum: Der Veranstalter Heinz-Peter Keller wollte auf dem Kirmesplatz an der Castroper Straße während der WM Public Viewing veranstalten. Bier, Würstchenbuden und Fußball. Die Kombination geht immer. Solche Veranstaltungen gibt es zu Hunderten in der Republik. In Bochum nicht. Die Auflagen in Bochum waren so hoch, das Keller hinwarf. Auch weitere Veranstaltungen die er in Bochum plante, hat er aufgegeben. Keller in der WAZ über das Bochumer Ordnungsamt: „Ich will die Leute nicht mehr sehen.“

Besonders lächerlich machte sich Bochum im vergangenem Jahr als die Loveparade scheiterte. Scholz und Jäger stellten sich damals vor die Presse und erklärten, die Loveparade sei behandelt worden wie jede andere Veranstaltung auch. Und es habe nun einmal nicht gepasst. Provinz? Wer im Beisein von Scholz das „böse Wort“ (Scholz) in den Mund nahm erntete böse Blicke. Dabei hat das Loveparade-Aus nichts anderes gezeigt als das: Die Bochumer Stadtverwaltung kann solche Veranstaltungen nicht durchführen. Bocholt übrigens auch nicht. Provinz eben.

Und dann ist da das Trauerspiel um das Goosen-Theater: Der Bermudadreieck-Gründer Leo Bauer und der Kabarettist Frank Goosen wollen ein Kleinkunst Theater eröffnen. Und sie wollen es selbst finanzieren. Da kann die Stadt kaum etwas falsch machen. Denkt man. Ist aber nicht so. Bei einer Präsentation des Konzepts plus Goosen-Auftritt in den künftigen Kleinkunst-Räumen zeigt sich das Ordnungsamt von seiner besten Seite und bringt die Veranstaltung fast zum kippen. Bauer und Goosen müssen eine Menge Geld für Sondergenehmigungen zahlen, um die Veranstaltung durchführen zu können. Als die Stadt dann im vergangenem Jahr noch  Zusagen über die Nutzung eines Abwasserkanals zurückzieht droht das Projekt zu kippen. Man einigte sich später, aber das Goosen Theater wird 2010 nicht eröffnet. Erst 2011 geht es los. Egal. 2010? War da was?

Swinging Bochum? Ja, aber nur ohne die Stadtverwaltung. Die pflegt lieber ihre Baulückensammlung und träumt von Konzerthäusern, die niemand braucht und die nie gebaut werden.  Und wenn es richtig gut läuft, wird auch noch die Innenstadt durch ein neues Einkaufszentrum ruiniert. Avanti Dilletanti!

Der Ruhrpilot

NRW: Nichts geht mehr…Welt

NRW II: Rüttgers hofft auf Verfassungsspielräume…FAZ

NRW III: Gabriel liebäugelt mit Neuwahlen…Tagesspiegel

NRW IV: Alle gegen Kraft…Spiegel

NRW V: Verfassungslektüre…Dirk Schmidt

Ruhrgebiet: „Afro-Ruhr-Festiva“ bot anderen Blick auf Afrika…Ruhr Nachrichten

Ruhrgebiet II: Alles, was das schwarze Herz begehrt…Der Westen

Essen: Kneipen, Kicker & Kunst…Pottblog

WM: Bestechung des Schiris durch Sixt hat sich gelohnt…Pottblog

WM II: Sudden death im Endspiel…Frontbumpersticker

WM III: der “innere Reichsparteitag” des ZDF…F!XMBR

Bund: Die Zombie-Regierung…Sprengsatz

Krise: Diese Krise ist unsere Krise!…Querblog

GEZ: Staatsfernsehen wird zur Pflicht!…Hometown Glory

Mobil: Wir iPhone 4 teurer?…Pottblog

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Zufällige Treffen von SPD-Mitgliedern unterstützen den Kurs von Hannelore Kraft

Hannelore Kraft beim SPD-Landesparteitag im Februar 2010
Hannelore Kraft beim SPD-Landesparteitag im Februar 2010
Gestern und heute traf sich die nordrhein-westfälische Basis der SPD gleich viermal:

Vorab tagte jedoch am Vorabend der Landesvorstand der SPD und beschloss, was erstmal alles nicht geht. Keine große Koalition mit der CDU, keine Minderheitsregierung mit den Grünen zusammen, FDP und Linke hatten sich selber schon aus dem Rennen genommen und auch die Möglichkeit der Neuwahl lehnte die SPD ab.

Da fragt man sich, was dann noch die Alternative ist und erfährt die überraschende Antwort, dass man jetzt aus der Opposition heraus regieren möchte.

Natürlich könnte jetzt auch mal die nordrhein-westfälische CDU, die ja immer wieder darauf pocht, dass sie die Wahlen mit rund 6000 Stimmen gewonnen hat, das Heft des Handelns ergreifen, aber davon ist wohl eher nicht auszugehen. Es ist ja auch einfacher zu beobachten, was die SPD so macht und auf ein Scheitern zu hoffen.

Doch zurück zur Basis der SPD: In Bielefeld, Dortmund, Köln und Oberhausen fanden Regionalversammlungen der SPD NRW statt. Der Kurs des Landesvorstandes fand dort Berichten zufolge eine breite Zustimmung. Aussagen der SPD zufolge gab es dazu aber keine Abstimmungen. Das ist aber auch kein Wunder, denn die Regionalversammlungen gibt es eigentlich gar nicht:

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Jürgen Rüttgers und Hannelore Kraft sind doch im Einklang

Sing! Day of Song in der Arena auf Schalke
Sing! Day of Song in der Arena auf Schalke
Die Behauptungen, dass Jürgen Rüttgers (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) ein disharmonisches Verhältnis untereinander haben ist bereits vor einigen Tagen eindrucksvoll widerlegt worden.

Bei Sing! Day of Song, dem gemeinsamen Singen in der Arena auf Schalke sangen sowohl der nur noch geschäftsführende Ministerpräsident als auch seine Herausforderin einträchtig gemeinsam die Lieder wie beispielsweise „Glückauf“. So ganz dem Braten trauen wollten die Organisatoren der Ruhr 2010 GmbH jedoch nicht und platzierten daher unter anderem Fritz Pleitgen zwischen den beiden Politikern, die momentan um die Macht in Nordrhein-Westfalen kämpfen.

„Das Alter ist ein Massaker“

Am 2. Juni 1920 wurde Marcel Reich-Ranicki geboren. Wir sprachen mit seinem langjährigen Freund und Wegbegleiter Hellmuth Karasek über Leben, Streit und Freundschaft des einflussreichsten deutschen Literaturkritikers.

Herr Karasek, Marcel Reich-Ranicki ist für seine öffentlich ausgetragenen Fehden mit ehemaligen Freunden von ihm wie Joachim Fest, Martin Walser, Günter Grass oder Elke Heidenreich berühmt und berüchtigt. Sie hingegen sind bereits seit mehreren Jahrzenten mit ihm eng befreundet. Was macht Ihre Freundschaft aus?
Ich müsste von allen guten Geistern verlassen sein, wenn ich nicht erkennen würde, welch wichtige Rolle Marcel Reich-Ranicki für mich gespielt hat und was er mir alles ermöglichte. Zuerst ist er mein Mentor gewesen, dann wurde er mein Partner und schließlich ein hochgeschätzter Freund. Aber ich muss etwas zu den vielzitierten Fehden Reich-Ranickis sagen. Bei seinen Auseinandersetzungen mit Freunden konnte er immer mit mir rechnen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das Recht auf seiner Seite war.

Welche Auseinandersetzungen meinen Sie genau?
Zum Beispiel den Bruch mit Joachim Fest, dem früheren Herausgeber der F.A.Z. Das war eine ungeheuerliche Geschichte. Es war Fest, der Reich-Ranicki zur F.A.Z. holte, was eine großartige Idee war. Reich-Ranicki hat bis heute den besten Literaturteil dieser Zeitung produziert. Dann hat Fest im Historikerstreit die Position bezogen, dass die Verbrechen der Nazis an den Juden bloß die Kopie einer russischen Tat gewesen seien.

Hinzu kam, dass Fest auf Albert Speer hereingefallen war.
In Fests Biographie „Albert Speer“ wurde er, wohlgemerkt Hitlers engster Mitarbeiter, als besserer Teil Hitlers beschrieben, der von der Judenvernichtung nichts gewusst hätte. Dabei war Speer Rüstungsminister und in dieser Funktion hatte er die Ausbeutung und die Vernichtung der Juden systematisch betrieben. Doch damit nicht genug. Reich-Ranicki wurde zu einem Empfang Fests eingeladen und fand dort zu seiner Überraschung Speer vor. Reich-Ranicki und seine Frau waren genötigt, ihrem potentiellen Mörder die Hand zu geben. Und Speer hat dabei auch noch sarkastisch-freundlich reagiert. Sie sehen: Reich-Ranickis Fehden entbrannten oftmals an der entscheidenden deutschen Frage, wie Deutschland mit seiner Vergangenheit und dem größten Verbrechen der Geschichte, dem Holocaust, umging, in dessen Vorhölle Reich-Ranicki überlebt hatte.

Dies trifft ebenfalls auf seinen Streit mit Martin Walser zu. Vor kurzem wurden die Tagebücher des Schriftstellers aus den Jahren 1974-1978 veröffentlicht, die nicht weniger als das Zeugnis einer ungeheuren Verletzung sind. Reich-Ranicki hatte 1976 Walsers Roman „Jenseits der Liebe“ verrissen und seine Rezension mit „Jenseits der Literatur“ überschrieben.

Der harte Verriss allein wäre noch im Bereich des möglichen geblieben, wenn Walser seine Situation nicht in seiner Erwiderung mit dem Schicksal Reich-Ranickis im Ghetto verglichen hätte. Walser hat bis heute nicht eingesehen, dass es der verrückteste und maßloseste Vergleich war, den er jemals riskiert hat. Aus diesem Vergleich gingen seine Rede in der Paulskirche und sein antisemitischer Roman „Tod eines Kritikers“ hervor. Walser hatte sich aus einer berechtigten Enttäuschung unberechtigt verrannt – in eine politisch ganz und gar verhängnisvolle Weise.

Gab es Phasen, in denen Ihre Freundschaft von der Tatsache überschattet wurde, dass Sie die Napola, die nationalpolitische Lehranstalt, besuchten und somit als Kind nationalsozialistisch sozialisiert wurden?

Es gibt eine belächelte Formulierung von Helmut Kohl, die ich in Wahrheit für großartig halte: „Die Gnade der späten Geburt“. Ich hatte die Gnade der späten Geburt und damit verbunden musste ich mir die erschreckende Frage stellen: „Was wäre gewesen, wenn ich diese Gnade nicht gehabt hätte?“ Belastet hat diese Frage unser Verhältnis indes nie. Wir beide wissen zwar, was früher war, aber wir haben die sehr hilfreiche Neigung, nach vorne blicken zu können.

Wie und wann haben sie sich eigentlich kennengelernt?

Ich habe Reich-Ranicki bei den Tagungen der Gruppe 47 in den 60er-Jahren kennengelernt. Mit fiel sofort auf, wie wortgewandt und wortgewaltig er war. Und dass er sich eine hohe Autorität durch diese Wortgewalt und nicht zuletzt auch durch seine Biographie erworben hatte.

Was bewundern Sie an Ihrem Freund?

Vor zwei Tagen ist Bundespräsident Köhler zurückgetreten. Herr Köhler hatte das höchste Amt in Deutschland inne – auch wenn es gleichzeitig das machtloseste ist. Offenbar hat er es nicht verkraftet, dass er ein Bundespräsident ohne Autorität war. Reich-Ranicki hingegen bekleidet kein Amt, genießt aber dennoch eine ungemein große Autorität.

Gab es in Ihrer Freundschaft nie Gefühle der Konkurrenz zwischen dem Kritiker Karasek und dem Kritiker Reich-Ranicki?

Nein. Ich wurde neulich von Mathias Döpfner als Reich-Ranickis Adjutant bezeichnet und wurde gefragt, ob ich mich nicht mit meiner Rolle, die an Fritz Wepper in der Serie „Der Alte“ erinnerte, zurückgesetzt fühle. Darauf kann ich nur entwaffnend offen sagen: Ich habe nie gegenüber jemanden Neid empfunden, der 16 Jahre älter ist als ich.

In den Interviews, die Marcel Reich-Ranicki zu seinem 90. Geburtstag gegeben hat, wirkte er resigniert und geradezu gelangweilt vom Leben und der Literatur, die ihm zeitlebens ein Zufluchtsort gewesen war. Hat der von ihm hochgeschätzte Schriftsteller Thomas Bernhard Recht, als er schrieb, dass der Mensch nicht das ganze Leben nur in die Dichtung und in die Musik hineinflüchten könne, da am Ende eines Lebens naturgemäß die existentielle Langeweile steht?

Da ist sicher etwas dran. „Das Alter ist ein Massaker“, heißt es in Philip Roths Roman „Jedermann“ ganz treffend. Wenn Sie aber die ganzen Interviews gelesen haben, müssen sie sich vergegenwärtigen, dass da viel Frust darüber auftaucht, dass er sich in diesen Interviews endlos wiederholen muss. Nehmen sie allein das Interview vom Wochenende aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung…

… in dem Marcel Reich-Ranicki die Journalistin Johanna Adorján zum Beispiel wegen Ihrer Frage „Wohnen Sie zur Miete“ auflaufen lässt.

Das Interview ist fast schon ein satirisches Stück. Aber was die Wohnung von Reich-Ranicki betrifft: Auch ich war anfangs überrascht, wie bescheiden er in einer Neubauwohnung zur Miete wohnt. Materielles hat ihm nie etwas bedeutet. Übrigens habe ich immer darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschichte seines genauen Wohnorts noch eine sehr ironische Pointe hat.

Sie spielen auf die Gustav-Freytag-Straße im Frankfurter Dichterviertel an, in der er wohnt?

Ja, Reich-Ranicki wohnt er nicht in der Heine- oder Thomas-Mann-Straße, sondern ausgerechnet in der Gustav-Freytag-Straße. Und Freytag ist immerhin der Autor von „Soll und Haben“, der antisemitischste Roman der Nach-Romantik mit seiner dem Antisemitismus entsprungenen Figur des Veitel Itzig.

Das Interview erschien ursprünglich auf Cicero

TV (und heute auch Radio) ohne Fußball – viele Tagestipps (III)

Liebe Fußballdesinteressierte, heute ist der erste von mindestens/vielleicht nur 😉 drei harten Tagen: Deutschland spielt (um 20.30 h).

Was können Sie tun? Sie haben hoffentlich gestern lecker eingekauft. Dann kochen Sie sich heute was Schönes. Und legen sich dazu mal eine schöne Langspielplatte auf. Sie haben doch noch welche, oder? Dann können Sie heute um 15.05 beim Deutschlandfunk hören, wie reich Sie damit geworden sind. Doch Vorsicht! Dieser Sender schreckt nicht davor zurück, Sie mit kritischem Sportjournalismus, z.B. über die mafiöse Politik des Weltfußballverbandes FIFA oder des DFB doch für Fußball zu interessieren. Beim Fernsehen sind Sie davor sicherer. Das einzige journalistische und kritische Format („Sport inside“/WDR) macht während der WM was? Na klar, Pause! Wir wollen doch nicht unsere eigene Produktpräsentation mit Kritik stören, da haben wir nicht genug Leute für – aber ich schweife schon wieder ab.
Massenhaft Tipps heute:
für die Eisenbahn-Bekloppten Pflichtprogramm: Eisenbahnromantik (16 h, SWR)
Für Fans von Clooney und der Regiebrüder Coen: Ein unmöglicher Härtefall ( USA 2003, 20.15 h, RTL)
Um 22.15 h bringt Pro7 Shaft – noch Fragen? (USA 2000), bestimmt ein Super-Cop-Thriller, aber ich ziehe das Original aus den 70ern mit Richard Roundtree, der hier übrigens einen Gastauftritt hat, vor.
Nach dem Fußball für Schlaflose noch ein gutes Angebot der ARD, die zielsicher alle Perlen nachts versenkt: Couscous mit Fisch (Frankreich 2007) um 23.55 h.

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SPD: Hoffnung auf den Doppelschlag

In der SPD kursiert ein Plan: Schaffen es CDU und FDP nicht Wulff als Bundespräsidenten durchzusetzen kommt es zu Neuwahlen im Bund – und in NRW. Ein Doppelschlag soll die Sozialdemokraten zurück an die Macht bringen.

Hannelore Kraft und der SPD-Vorstand haben die neue Linie vorgegeben: Die Regierung Rüttgers bleibt im Amt während SPD und Grüne im Parlament  die Politik bestimmen. Unterstützt von den Stimmen der Linkspartei.

An diesem Wochenende wird die Parteibasis und die mittlere Funktionärsebene auf vier Regionalkonferenzen über den Kurs der Partei informiert. Die neue Linie wird Bestand haben. Mindestens bis zum 30. Juni. Denn im Landesvorstand der SPD kursiert ein Doppelschlag-Plan: Wenn am 30. Juni der CDU-Präsidentschaftskandidat Christian Wulff gegen den Kandidaten von Rot-Grün, Joachim Gauch verlieren sollte, bricht die Koalition in Berlin auseinander. Es könnte zu Neuwahlen kommen. Die SPD würde dann ihren Kurs ändern und auch für zeitgleiche Neuwahlen in NRW eintreten. Ein Doppelschlag in Berlin und Düsseldorf soll die SPD in Düsseldorf und Berlin wieder an die Macht bringen.

Ein wagemutiges Unterfangen. Zwar streiten sich die Parteien der Bundesregierung untereinander wie ein zerstrittenes Alkoholikerehepaar, aber Neuwahlen stehen erst einmal nicht an: CDU und FDP wären wohl die sicheren Verlierer. Warum sollten sie mit ihrer Mehrheit das eigenen Aus beschließen? Auch wenn die Bundesregierung auseinanderbricht, gäbe es kaum eine Mehrheit für Neuwahlen.

Und noch ist die Wahl von Wulff wahrscheinlich. Auch wenn Gauck der beliebtere Kandidat ist, hat er bislang keine Mehrheit in der Bundesversammlung. Bekommt die Koalition Wulff durch, könnte sie vielleicht sogar wieder Tritt fassen. Darauf setzen zumindest Christdemokraten und Liberale.

Und ohne den ersten keinen zweiten Teil des Doppelschlages. Die SPD müsste dann über einen längeren Zeitraum der Regierung Rüttlers mit den Stimmen von Grünen und Linken Gesetze vorschreiben, die die nicht umsetzen will. Und die von der Verwaltung in den Ministerien blockiert werden.

Die Sozialdemokraten gehen davon aus, dass sie in diesem Trio die Führung haben werden. Das ist naiv. Die Linkspartei wird die SPD vor sich her treiben und von allem immer etwas mehr fordern. Ein Spiel, das die SPD nicht gewinnen kann.

Und auch die Liebe der Grünen zu den Sozialdemokraten ist längst nicht so intensiv wie man der Öffentlichkeit glauben machen will. Viele in der Landtagsfraktion könnten sich künftig auch eine Schwarz-Grüne Regierung vorstellen. Und die Sozialdemokraten wissen das. Ein guter Grund für Misstrauen.

Die Chancen für den Doppelschlag stehen schlecht. In ein paar Wochen oder Monaten wird Kraft dann einen erneuten Strategiewechsel zu verkünden haben. Dann stehen Neuwahlen auf dem Programm. Kann gut sein, dass die Wähler dann die Nase voll haben von dem Chaos in Düsseldorf. Verantwortlich machen werden sie dafür Kraft. Und die könnte das an einem noch fernen Wahltag im kommenden Winter oder Frühjahr zu spüren bekommen.

Es gab übrigens schon einmal einen Plan für einen Doppelschlag in NRW: Jürgen Möllemann (FDP) wollte mit ihm Rot-Grün in Berlin und Düsseldorf ablösen. Hat auch nicht geklappt.