Jahresrückblick 2009: März

Im März erhielt das Ruhrgebiet einen Masterplan, die WAZ veröffentlichte ihre Umstrukturierungspläne und Bild-online startete eine Regionalausgabe für das Revier.

Wow – zehn Städte veröffentlichten im März einen Masterplan für das Revier – und haben die 43 Städte in den Kreisen einfach mal ignoriert.  Nicht ignorieren kann man Sarah Wagenknecht. Die Ersatz-Rosa erklärte im März, dass sie in Düsseldorf  für die Linkspartei bei der Bundestagswahl antreten wolle. Da hat das alte Pockengesicht in seinem Grab an der Kremelmauer aber vor Freude laut gelacht. Gefreut haben wir uns auch: Über die Ruhr-Atolle – heute sind es jedoch weniger als im Frühjahr.
Und dann natürlich die Krise – manch einer beschwor schon die Selbstversorgung als einzigen Weg sie ohne Hunger zu durchstehen. In Russland hingegen sahen manche eine Chance in ihr. Eine Chance wünscht man auch den Menschen im Iran. Die iranische Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi (Foto) sprach im März in Wattenscheid und gab uns ein Interview.
Auch im Medienbereich tat sich im beginnenden Frühjahr einiges: Die WAZ stellte ihre Restrukturierungspläne ins Internet und Bild.de startete mit der Regionalberichterstattung.

Jahresrückblick 2009:

Januar

Februar

3 FÜR 7 – Essen-Special

Das wird ein ganz schön langes Wochenende, hm? Das sagen sich natürlich auch diverse Veranstaltungsspezialisten und versuchen den Cash-In oder einfach das Zusammenführungsprogramm oder beides. Es folgen ein paar recht entspannte Vorschläge für die nächsten Tage in Essen.

Am Mittwoch feiert die übersichtliche "coole Leute aus Steele"-Szene im Grend, und zwar mittels der alljährlichen Werkschau von Marilyn’s Army. Diese haben diesmal die etwas jüngeren Gesinnungsgenossen von The Deen mitgebracht und auch einmal wieder eine neue CD (auch als Umsonst-Dateien) namens "Für Immer" parat. Falls danach wirklich keine Party mehr sein sollte mit dem erstaunlichen DJ Team Diamant, kann ja immer noch auf benachbarte Etablissements ausgewichen werden.

Von Donnerstag auf Freitag zeigt sich eine neue Location in der Rellinghauser Str. 4-6, also auf dem Hinterhof vom La Grappa (genau, gegenüber von diesem penetranten Stromerzeuger-Tower nahe Hauptbahnhof). Dieser von zwei Herren besten Alters geführte Ort namens Hinterhaus wird ab März Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Sessions und anderes in unaufgeregter Atmosphäre beherbergen und feiert diese Woche schon einmal eine DJ-Party mit schwer gemischtem Programm. Am anderen Ende der Innenstadt fusionieren "Schleifenmühle Classics" und "Die Gute Union", also Appelhannes, Banditen Wie Wir und Zweibar im ehemaligen Diamonds & Pearls. Der Laden wird Anfang des Jahres als "Naked" ein nächster Versuch, die hiesige Discolandschaft noch mehr zu bereichern, ist schon fertig eingerichtet und hat am genannten Abend Groove/BigBeat & Co. hier und BritPop, Alternative & Co. da zu bieten.

Am Samstag gönnt sich die Band Chelsy im Hotel Shanghai zum alljährlichen Konzert die VÖ einer CD namens "Sweet Medicine" und feiert zugleich fünfjähriges Bandbestehen. Hinterher auch DJ-Culture im Indiepop-Selecta-Sinne. Der Goethebunker macht TechHouse, im Goldclub ist dieses ProgressiveTechno-Electro-Gemisch, wie immer samstags. Dort am Freitag übrigens Switchstance Recordings mit den Ancient Astronauts (Foto: Jonas Paar), eigentlich der bessere Tipp.

Steinmeier muss gehen

  Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier wird es eng. Von unserem Gastautor Werner Jurga

 Eine Überraschung ist es nicht. Leicht hätte man sich denken können, und der renommierte Journalist Robert Leicht hatte es sich gedacht.

Der damalige Außenminister Steinmeier könnte heute nicht so tun, als sei ihm erst nach dem Regierungswechsel ein Licht aufgegangen.

Es geht um die sog. „Kundus-Affäre“. Sich Etwas denken ist das Eine, finden sich Belege für das Gedachte ist es etwas Anderes. Der Tagesspiegel zitiert einen ARD-Bericht, in dem es heißt:

Bereits am 4. September, also unmittelbar nach dem nächtlichen Luftangriff bei Kundus, hatte das Auswärtige Amt konkrete Hinweise auf sieben verwundete und 14 getötete Zivilisten. Das gehe aus einem vertraulichen Gesprächsprotokoll des Wiederaufbauteams Kundus hervor.

Und auch der „Stern“ belastet Frank Walter Steinmeier:

Obwohl der Vertreter seines Ministeriums informiert war, sprach Steinmeier in den ersten Tagen nach dem verheerenden Luftangriff der Bundeswehr lediglich von "möglicherweise unschuldigen Opfern". Ende November forderte der SPD-Politiker, inzwischen Oppositionsführer im Bundestag, als einer der ersten einen Untersuchungsausschuss, um "unverzügliche Klarheit über die Hintergründe" der Informationspannen beim Luftangriff zu erhalten. Eine Anfrage des stern zu den Vorgängen ließ Steinmeier unbeantwortet.

Gewiss, in einem Rechtsstaat gilt für jeden die Unschuldsvermutung – vor Gericht. Auch für einen Politiker. Jedoch: für einen Politiker gilt sie – in der Politik – nicht. Deshalb kann es nach den genannten Enthüllungen nur eine Konsequenz für den SPD-Fraktionschef geben: Steinmeier muss gehen!

Kai Beller fordert in der Financial Times Deutschland (FTD) einen „Freispruch für Steinmeier“.

Er findet, die Frage „Was wusste der frühere Außenminister über den Luftschlag in Afghanistan?“ lenkt von den Hauptverantwortlichen des Einsatzes ab: Verteidigungsministerium und Kanzleramt sind für die katastrophale Informationspolitik verantwortlich.

Wer wollte das bestreiten?! Der damalige Verteidigungsminister ist bereits zurückgetreten, der jetzige steht immens unter Druck, und die Kanzlerin ist kurioserweise – jedenfalls bislang – außen vor. Immerhin hat sie strikt darauf geachtet, in der Öffentlichkeit diesbezüglich nicht die Unwahrheit zu sagen. Das ändert nichts daran, dass die Regierungschefin in jedem Fall – was immer sie gewusst oder schlimmer noch: nicht gewusst hat – politisch verantwortlich ist.

Daraus einen „Freispruch für Steinmeier“ abzuleiten, wäre verwegen; FTD-Beller begründet seine Forderung auch anders, nämlich so:

Zum Kartell der Vertuscher gehört der SPD-Mann sicherlich nicht.

Verwegen! Auffällig: das unauffällige Adverb „sicherlich“, das so viel heißen soll wie sein Gegenteil, nämlich: ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber irgendwie daran. Wer sich daran erinnern kann, wie gereizt Steinmeier beim (Wieder-) Aufflackern der „Affäre“ – angesprochen auf seine Verantwortung – in die Fernsehkameras sprach, er werde im Untersuchungsausschuss (!) „Alles“ auf den Tisch legen, und darunter sei „nichts Belastendes“, wird sich leicht denken können, dass der Oppositionsführer – belastet oder nicht – „zum Kartell der Vertuscher“ gehörte. Sicherlich.

Das Massaker von Kunduz markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der “Berliner Republik”.

 

Dass sich die politische Diskussion auf die Frage konzentriert, wer wann was gewusst hat, wird weder der Dimension dieses Kriegsverbrechens noch dem historischen Stellenwert gerecht. Ich beabsichtige daher auch keineswegs, mich daran zu beteiligen. Mir geht es um die in Aussicht gestellte grundlegende Erneuerung der SPD.

Steinmeier ist wie kaum ein Anderer der Repräsentant jener elf Jahre, die den besagten Erneuerungsbedarf in der Partei haben entstehen lassen. Allenfalls Franz Müntefering ließe sich noch in einem Atemzug nennen. Der jedoch hat seine Konsequenz gezogen und nicht mehr als Parteivorsitzender kandidiert. Davor jedoch, nämlich noch am Abend nach der Bekanntgabe des katastrophalen Wahlergebnisses, hatten sich Steinmeier und Müntefering im Willy-Brandt-Haus bejubeln lassen. Eine absurde, absolut skurille Situation, die die beiden nutzten, alle wissen zu lassen, dass es unter Steinmeiers Führung weitergehen werde. „Abgesprochen“.

Hätten die Anderen aus der SPD-Führung nicht in kürzester Zeit, also in einem demokratisch etwas zweifelhaften Verfahren, Sigmar Gabriel auf den Schild gehoben, hätte sich Steinmeier nach dem Fraktions- auch noch den Parteivorsitz gesichert.

Ja, auch Gabriel war Minister in der Großen Koalition. Umweltminister. Er wird genauso wenig in die Details des Bombenangriffs eingeweiht gewesen sein wie der damalige Wirtschaftsminister. Der damalige Außenminister, dafür spricht nach den aktuellen Enthüllungen Alles, war informiert.

Mit ihm wird es keinen Neuanfang geben können. Auch nicht in der Fraktion. Steinmeier muss gehen!

via xtranes

 

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Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Foto: Mathias Schumacher, Matschbild.de

Studiprotest: RUB-Audimax geräumt…Bo Alternativ

Studiprotest II: TU-Dortmund will Reform reformieren…Der Westen

Skater: Kein Platz in Kettwig…Der Westen

Bochum: Skulpturen zurück im Colosseum…Ruhr Nachrichten

Gelsenkirchen: Stadt setzt auf Transparenz…Gelsenkirchen Blog

Landtagswahl: Piraten treten an…WDR

Süddeutsche:  Will die Bundesreierung die Sozialabgaben erhöhen?…Süddeutsche

Betreuungsgeld: Türkische Väter wollen Geld für Bildung…taz

NRW: Wenig Glanz bei SPD und CDU…WDR

Ruhr2010: Baukunstführer online…Bild

LHC: Teilchenbeschleuniger gibt Gas…Zeit

Zukunft: Postapokalyptischer Kinderwagen…Kueperpunk

Streumittel

Vor ein paar Tagen hat Thomas hier gesagt, es sei billig mit Punk der Jahresendendepression zu begegnen und schlug vor, es doch mal mit Trash zu versuchen. Nene, sag ich, zu gefährlich, keine Experimente, kann nach hinten losgehen. Da halte ich mich an die lieber an die Regel vom ollen Ockham, die einfachste Lösung ist die beste…

Machen wir uns nix vor, in Abwesenheit von Kindern, innerhalb von Städten und ausserhalb von Wochenenden, braucht Winter und Schnee keine Sau. Ist der Kühlschrank noch leer und hat man auch sonst noch vor diesem worst case Wochenende einiges zu erledigen, dann macht es wenig Freude, durch den Modder zu schliddern. Da freut man sich schon über Kleinigkeiten, z.B. wenn der Nachbar wenigstens versucht hat, den Schnee wegzufegen oder Sand zu streuen. Angebot zur Güte: Trash-Punk.

Die Pest… da konnte Ockham wohl auch schon ein Lied von singen…

Weihnachtsbuchempfehlung

Immer wieder mal gibt es Enthüllungsbücher im Ruhrgebiet. Manchmal sind diese bescheuert, manchmal sehr gut. Immer geht es irgendwie um schwarze Mächte im Rathaus. Ein Beispiel ist der Roman „Ekel von Datteln“. Das Buch über den ehemaligen SPD-Chef der nördlichen Revier-Stadt schlug ein wie eine Bombe und hat den Ruf des Politikers nachhaltig versaut. Dazu muss man wissen, dass in dem Buch nur die Hälfte stand, von dem was wirklich passiert ist.

Jetzt gibt es wieder so ein Buch – diesmal in Herten. Günter Wichert hat es geschrieben und es heißt „Spurenakte 77“. In dem Buch beschreibt Wichert seine Recherchen und Erlebnisse, nachdem er seinen Verdacht zu einem Mord an einem Rathausmitarbeiter öffentlich gemacht hat. Er zieht eine Spur bis ins Rathaus, bis in die Ränge der mächtigsten der Stadt. Vieles, was Wichert geschrieben hat lässt sich beweisen, anders ist Spekulation. Doch auf jeden Fall ist das Ding interessant.

Es geht um den Mord an Dieter Metzner, einem Mitarbeiter des Bauamtes, der vor Jahren von seinem Fahrrad geschossen wurde – in Herten im Backumer Tal. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.

Autor Wichert zieht von hier aus einen Verdacht von einer türkischen Unterweltgröße aus Herten, genannt Kahn, bis zum heutigen Personalchef der Gemeinde. Wichert schreibt persönlich. Meist keine große Literatur, aber immer klar und deutlich. Er sagt dazu, dass er die Leute an den Tresen erreichen will. Die Menschen in Herten sollen endlich sagen, was sie wissen, um die Macht von Kahn in der Gemeinde zu brechen und den Mord aufzuklären. Vor ein paar Jahren hatte Wichert schon mal ein Buch zu dem Thema geschrieben. „Schweigen in der Stadt“ hieß das damals. Danach ist nichts passiert. Wichert wurde in Herten zum Exotischen Querulanten gestempelt, dem man nichts glauben müsse. Das sehen auch die Behörden so. Deswegen hat Wichert nachgelegt.

Im Vorfeld gab es Theater – da wurden einige Leute nervös, weil Wichert keine Ruhe gab: Der Hertener Personalchef hat vor Gericht versucht, das Buch unterdrücken zu lassen. Er hat einen Prozess gegen Wichert geführt und verloren. Nun ist das Stück auf dem Markt. Lesen sie selbst, Mord verjährt nicht.

Das Buch kann man übrigens beim Verlag Epistemes bestellen.

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Jahresrückblick 2009: Februar

Die WAZ trennte sich von DPA, der Duisburger OB-Kandidat der Linkspartei sorgte für Schlagzeilen und es gab einen Rückschlag für die Kulturhauptstadt.

Herrmann Dierkes, damals nach OB Kandidat der Linkspartei in Duisburg, rief zum Israel-Bykott auf – und bald suchte Die Linke nach einem Ersatzkandidaten. Auch in Gelsenkirchen gab es Ärger: Die rechtspopulistische Partei Pro NRW zeigte das Blog Hometown Glory in Gelsenkirchen an und auch ein alter Freund der Ruhrbarone, Umweltminister Uhlenberg, hatte Ärger mit der Justiz: Der Fall Friedrich sorgte für Ärger, auf den man sich im MInisterium vorbereiten musste.

Auch die Kulturhauptstadt beschäftigte uns wieder: Zum einen verkündeten wir das Aus für die Stadt unter Tage auf Zollverein – zum anderen diskutierten wir über die Ohrenparks, mit denen die Autobahnen verziert werden sollten.

Für Erheiterung sorgte indes eine Affäre im Kreishaus Reckklinghausen: Im Zentrum standen Isiskugeln und der damalige Landrat Jochen "Guru" Welt.

Zwei große Interviews stachen im Februar heraus: Wir sprachen mit dem Schriftsteller Wladimir Kaminer und Justus Haucap, der Chef der Monopolkommission sprach sich bei uns gegen staatliche Hilfen fürt Opel aus.

Und dann war da noch die WAZ, die sich von ihrer DPA-Beteiligung trennen wollte (und es später auch tat)- ein schlechtes Zeichen für die Traditions-Nachrichtenagentur.

Mehr zu dem Thema:

Jahresrückblick 2009: Januar

 

Weihnachtsliederraten

Von wem ist dieses Weihnachtslied?

 

Morgen kommt der Weihnachtsmann

Kommt mit seinen Gaben

Trommeln, Pfeifen und Gewehr

Fahn‘ und Säbel und noch mehr

Ja ein ganzes Kriegesheer

möcht‘ ich gerne haben

 

a)  Horst Wessel

b) August Heinrich Hoffmann aka Hoffmann von Fallersleben

c) Hermann Göring

d) Reinhard May

 

Foto: flickr.com / file-feil