Jahresrückblick 2009: Januar

Januar 2009: Hetze gegen Israel, die Jobverluste bei der WAZ und die Geschichte eines Verbrechens gehörten zu den Themen des Monats, der mit einer Neuerung begann.

Am 5. Januar startete der Ruhrpilot, der tägliche Nachrichtenüberblick auf den Ruhrbaronen, allerdings noch unter dem Namen Ruhrgebiet Aktuell. Wichtigstes Thema: Das Wetter – es lag Schnee und die Straßen wurden nicht geräumt. Dafür gab es Gründe – damals wie heute.

Das meistdiskutierte Thema im Januar war aber der Gaza-Krieg. In vielen Städten gab es Demonstrationen gegen das militärische Eingreifen Israels – und oft eskalierten sie zu antisemtischen Hetz-Veranstaltungen. In Duisburg entfernte die Polizei sogar eine israelische Fahne aus einem Fenster, weil anti-israelische Demonstranten bei ihrem Anblick gewalttätig wurden. Der Student, der sie angebracht hatte, wollte nur ein Zeichen der Solidarität mit Israel setzen. Henryk M. Broder äusserte sich zu dem Vorfall bei uns in einem ausführlichem Interview.

Ein Zeichen der Solidarität  mit den Kollegen der WAZ, von denen im Laufe des Jahres 300 ihren Job verloren, war unsere Pink-Slip Party im Mandragora in Bochum. Ein netter Abend – trotzdem gab es keine Fortsetzung. Warum eigentlich nicht?

Keine Solidarität konnte der damalige VfL-Bochum Trainer Koller von den Bochumer-Fans im Internet erwarten – ein Kommentar wandte sich gegen die anonymen Schmähungen.

Für Aufregung sorgte auch der Aalhäcksler – vor allem Greenpeace war von der Kritik am Kraftwerk mit Greenpeace-Beteiligung nicht begeistert.

Die Geschichte eines Mordfalls in Bottrop erschütterte unsere Leser – und der Mord wäre zu verhindern gewesen.

Abgabe für die Städte? Nö, jetzt noch nicht.

Die Städte wollen sich mit einer Zwangsabgabe der Bürger aus dem Schuldensumpf ziehen – ich möchte die aber nicht bezahlen.

Sicher, die Finanzierung der Städte muss neu geregelt werden. Dass die bankrotten Kommunen die Städte im Osten mitfinanzieren ist unfug und auch, dass sie von so einer stark schwankenden Einnahmequelle wie der Gewerbesteuer abhängig sind ist ein Systemfehler: Der Bund und die Länder sind schnell dabei sich zu einigen, wenn es darum geht, sich auf Kosten der Städte zu einigen – sei es bei der ungerechten Verteilung der Steuereinnahmen oder wenn beide den Kommunen Aufgaben aufs Auge drücken, ohne sich um deren Finanzierung zu kümmern.

Aber ich will trotzdem keine Zwangsagbe zahlen, die nun via Grundsteuer B nach Wunsch der Städte auf uns zukommen soll. Ich möchte nicht dafür zahlen, dass es hier ein Dutzend defizitäre Nahverkehrsunternehmen gibt, ich will nicht für die Verwaltungen in den Rathäusern zahlen, die hier alle paar Kilometer stehen. Wir haben bei gerade einmal 5 Millionen Einwohnern satte 53 Stadtverwaltungen – sorry, für so einen Unfug gebe ich keine Geld. Ich will auch nicht dafür zahlen, dass die Städte sich mit Prestigeprojekten auf engstem Raum und häufig auf niedrigstem Niveau Konkurenz machen, anstatt  sich zusammen dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Ich bin gerne bereit  für die Zukunft der Region zu zahlen, aber nicht für den Erhalt überkommener Strukturen.

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Ruhrpilot

Aktion: Vietnamesischem Blogger droht die Todesstrafe…Freetrung

Jubiläum: 100 Jahre BvB…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Erste Klagen gegen Neuwahlen…Dortmund

Kino: Film-Studio wiedereröffnet…Der Westen

Herten: Integrationskonferenz…Hometown Glory

RWE: Kein smartes Elektroauto…Frontmotor

Musikschule Duisburg: Eltern gehen auf die Barrikaden…Der Westen

Ruhr2010: Kulturhauptstadt Ruhr huldigt Henze…Neue Westfälische

Ruhr2010 II: Wandel steht für Europa…TLZ

Emscher:  Wieder am Tageslicht…Der Westen

Kilians: Neue Lokalrunde…Coffee & TV

Winter: Blick aus dem Wohnzimmer…Kueperpunk

Party: 10 Jahre Bo-Alternativ…Bo Alternativ

Meedien: Mediengerechtigkeit Thüringen…Zoom

Twitter: Die Welt in 140 Zeichen…Mediaclinique

 

 

Der Grönemeyer-Hymne-Mitdicht-Wettbewerb

"Komm zur Ruhr" wird das lang ersehnte Ruhr-2010-Lied also heißen. Da Stück habe jedenfalls das Zeug zur neuen Hymne auf das Ruhrgebiet, lobt Kulturhaupstadtchef Fritz Pleitgen vorab. Doch erst am 9. Januar 2010 wird Herbert Grönemeyer sein neues Opus Magnum singen. 9. Januar – da ist ja noch jede Menge Zeit fürs Mit-Dichten. Wir geben die erste Strophe vor und einen Refrain. Den Rest macht ihr. Ja?! 

Illustration: ruhrbarone

Strophe: Himmel blau, erloschne Feuer/ Zukunft hat, wer es nicht zwingt/ Ruhrgebiet, ein Abenteuer/ lang ists her, das es hier stinkt.

Refrain:  Mensch-lass-los/ Lass-locker/ Stress-is-nich/ Komm-zur-Ruhr!

Evonik-Wohnen: Mieter gegen Verkauf

Der Mischkonzern Evonik will künftig kein Mischkonzern mehr sein sondern sich auf die Chemie konzentrieren.

Foto: Evonik

Die Immobiliensparte Evonik-Wohnen mit ihren 60.000 Wohnungen soll nach Bloomberg-Angaben mit der THS verschmolzen und dann mittelfristig veräussert werden. Dagegen wendet sich das Mieterforum Ruhr, die Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Hattingen und Umgegend, Dortmund und Umgebung, Witten und Umgebung e. V. und der Mietergemeinschaft Essen. Helmut Lierhaus: „Es gibt ein warnendes Beispiel für die Folgen eines Börsengangs. Die ebenfalls in Essen ansässige Gagfah, ehemals Wohnungsgesellschaft des Rentenversicherungsträgers BfA, wurde nach der Privatisierung von der amerikanischen Fortress teilweise über die Börse verkauft. Die Kurse stürzten schnell in den Keller. Um dennoch hohe Dividenden zahlen zu können, wird der Wohnungsbestand ausgeplündert und verfällt zusehends.“ Das Mieterforum Ruhr setzt nun  auf  Mieterprotest und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE). Die hält noch immer einen Anteil  von 50 Prozent an der THS und wollte den bislang auch nicht verkaufen.

Da Evonik auch einen Partner für den Energiebereich sucht, könnte man doch auch gleich den neuen Namen  aufgeben und das Unternehmen wieder Degussa nennen.

 

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Klimaschutz muss zuhause anfangen??

Einen Tag vor dem offiziellen Ende der Klimakonferenz in Kopenhagen ist der Ausgang noch ungewiss. Die Gefahr ist groß, dass die Verhandlungen an nationalen Egoismen, politischer Mutlosigkeit und taktischen Machtspielchen …Unsere Gastautorin Bärbel Höhn (B90/Grüne) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und war Umweltministerin in NRW.

  Doch auch wenn in Kopenhagen neue Klimaschutzziele herauskommen, wird man sie nicht zum Nennwert nehmen dürfen. Denn die Klimaschutzversprechen der Industriestaaten lassen viele Schlupflöcher und Hintertüren offen. 
Nehmen wir zum Beispiel das in Kopenhagen unterbreitete Angebot der EU, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 30% gegenüber 1990 zu reduzieren, wenn andere mitziehen.  

Was auf den ersten Blick wie ein ehrgeiziges Ziel im Einklang mit den Vorgaben des Weltklimarates IPCC erscheinen mag, erweist sich bei näherem Hinsehen als Etikettenschwindel. Denn rund ein Drittel der versprochenen Emissionsminderungen soll nicht durch Klimaschutzmaßnahmen zwischen Lissabon und Tallin, Oslo und Athen erfolgen, sondern durch Auslandprojekte in Ländern wie China, Indien und Brasilien. Betrachtet man allein die innereuropäischen Emissionsminderungen bleibt das Angebot der EU mit ca. 19% deutlich unter den 25-40% CO2-Reduktion, die der IPCC den Industrieländern bis 2020 abverlangt. 
Möglich wird der Bilanzierungstrick durch den so genannten Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung, englisch abgekürzt CDM.  Dieses im Kyoto-Protokoll geschaffene Instrument verfolgt eigentlich ein richtiges Ziel: Klimaschutzgelder und Knowhow in die Länder des Südens zu leiten und Investitionen dorthin zu lenken, wo mit wenig Aufwand am meisten fürs Klima erreicht werden kann. In der Praxis ist CDM aber zu einem Einfallstor für klimapolitische Luftbuchungen geworden und zum Fluchttor für Industriestaaten, um eigene Bemühungen für den Klimaschutz zu umgehen. 
 Nach einer WWF-Studie hatten zwei von zehn untersuchten CDM-Projekte keinen zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz, nach Schätzungen anderer Umweltgruppen sogar mehr. China musste sich jüngst Tricksereien bei der Anmeldung von CDM-Windparkprojekten vorwerfen lassen. Und nach Angaben der Nichtregierungsorganisation CDM-Watch warten derzeit 15 geplante Kohlekraftwerke in China und Indien auf eine Anerkennung als CDM-Projekt. Werden sie genehmigt, könnte sich zum Beispiel RWE für den Bau seiner klimaschädlichen Kohlekraftwerke an Rhein und Ruhr durch Investitionen in ebenso klimaschädliche Kohlekraftwerke am Yangtse oder Ganges "freikaufen" – ein abartiger und für den Klimaschutz katastrophaler Ablasshandel. 

Doch auch wo die geplanten CDM-Projekte ökologisch in Ordnung sind, bleibt die Tendenz zum Outsourcing des Klimaschutzes problematisch. Wie soll Deutschland andere Staaten in Kopenhagen von der Notwendigkeit eigener Klimaschutzanstrengungen überzeugen, wenn es selbst seine Klimabemühungen ins Ausland verlagert? Und welche Glaubwürdigkeit hat die EU noch, wenn sie 30% CO2-Einsparung verspricht, aber nur einen Bruchteil davon zuhause zu erbringen bereit ist? 

Trotzdem setzt die Bundesregierung voll auf CDM.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wo immer möglich, wollen wir marktbasierte Instrumente wie den Clean Development Mechanism (CDM) nutzen." Auf diese Weise glaubt Schwarz-Gelb offenbar, die eigenen Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz mit einer Politik versöhnen zu können, die für Deutschland vor allem neue Kohlekraftwerke, größere Flughäfen und noch mehr Autobahnen will. Das ist der falsche Weg. Wir brauchen für CDM strengere Öko-Standards und schärfere Kontrollen. Vor allem aber dürfen CDM-Projekte nur zusätzlich sein zu der notwendigen Dekarbonisierung unserer eigenen Wirtschaft und Lebensweise. Glaubwürdiger Klimaschutz fängt zuhause an.