Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

odysseus

Ruhr2010: Odysseus im Revier…Welt

Ruhr2010 II: Premiere mit Pennplatz…Spiegel

SPD: Gabriel rüttelt NRW-Genossen auf…Spiegel

Wirtschaft: Ruhrgebiet fällt zurück…Welt

FDP: Geschätzter Westerwelle…Gelsenkirchen Blog

Bochum: Frauen in Mali…Bo Alternativ

Pop: BlackIsBeautiful auf ByteFM!…Ruhrclubbing

Architektur: Mies van der Rohe Award…Revier Magazin

Bildung: Superhelden…Walhus

Ebay: Ärger wegen Paypal…Der Westen

Hannelore Kraft und die Chance der SPD zum Sieg in NRW

kraftDie SPD setzt zum Angriff auf die CDU an. Gemeinsam und solidarisch soll die schwarz-gelbe Regierung von Miet-Mich Jürgen Rüttgers (CDU) abgelöst werden. Gut. Der Parteitag in Dortmund war eine Paradeveranstaltung, um den Willen zum Sieg zu beweisen. Aber wie ist es denn, wenn man hinter die Kulissen schaut?

Da ist nicht alles Gold, was glänzt. Zunächst zum Inhalt: Die SPD will mit der Bildungspolitik nach vorne. Das soll der zentrale Baustein des Wahlkampfes werden. Mit diesem Thema soll der Gegner gestellt werden. Die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft verweist in ihrer Rede auf die Defizite in NRW, die vielen Abbrecher, die miesen Kindergärten und die überforderten Schüler. Gut, das ist OK. Leider ist diese Taktik für die SPD gefährlich. Denn ausgerechnet in der Bildungspolitik verbirgt sich das größte inhaltliche Manko im Wahlprogramm der Genossen. Die Gemeinschaftsschule.

Die Bildungspolitiker der SPD haben die aktuellen Probleme zwar alle erkannt. Sie wissen um die Schwierigkeiten und Fallstricke. Sie konnten auch die Partei überzeugen, dass ein Wandel nötig ist. Gerade bei den populären Forderungen wie der Abschaffung der Studiengebühren war das auch einfach.

Allerdings gelang es den Bildungspolitikern nicht, der Parteispitze um Hannelore Kraft beizubringen, für einen radikalen Wandel einzutreten. Die wichtigsten Vordenker der sozialdemokratischen Schulbewegung haben sich den Mund fusselig geredet. Allein, sie konnten sich nicht mit ihrer Forderung nach einer Gesamtschule für alle durchsetzen. Die NRW-Spitze mit Kraft ganz vorne sind überzeugt, mit dem Thema Gesamtschule nicht siegen zu können, deswegen haben sie ein neues Ding erschaffen. Ein Kuchen, an dem viele Konditoren mitgepampt haben, manche auch, die von Bildungspolitik keine Ahnung haben. Die Rede ist von eben der Gemeinschaftsschule.

Im Kern soll in dieses Institut das Lernen in Haupt-, Real-, Gesamtschule und Gymnasium unter einem Dach vereinen. Ein bisschen Gesamtschule, mit dem gemeinsamen Unterricht für alle bis in die 6. Klasse. Ein Wenig Beliebigkeit, mit der Wahl zwischen Turboabi und Abi nach 13 Jahren. Das nenne ich matschig wie Brei, ohne klare Kante. Leistungsträger werden sich verabschieden auf andere Schulen und aus der Gemeinschaftsschule wird eine Resterampe besonderer Art. Statt auf dieses mediokre Projekt zu setzen, hätte die SPD mutig auf die Einführung einer neuen Gesamtschule drängen müssen. Aber egal. Lassen wir die zentrale Bildungspolitische Auseinandersetzung mal außer Betracht. Da können genug Leute besser drüber reden.

Reden wir hier mal vom Wahlkampf: Es wird Hannelore Kraft kaum gelingen, dieses unscharfe Konstrukt einer nennenswerten Zahl von Wählern im Wahlkampf zu erklären. Der politische Gegner allerdings hat alle Leichtigkeit dabei, die Gemeinschaftsschule von Kraft als Gesamtschule im Schafspelz zu verunglimpfen.

Die SPD hat mit dieser Art der Bildungsreform nichts gewonnen, nur der CDU Angriffsfläche geboten.

Ich finde dies bedenklich, weil sich auch hier eine Führungsschwäche innerhalb der SPD offenbart. Statt Maßstäbe zu setzen, an denen sich Wähler orientieren können, verlässt sich Hannelore Kraft auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ihrer Anhänger. Wie das außen wirkt, scheint fast egal.

Damit kommen wir zum zweiten zentralen Punkt des Landesparteitages. Der Spitzenkandidatin. Die Bildungspolitik ist nur ein Beispiel, an dem sich die Schwäche von Kraft in Widerschein ihrer strahlenden Aura messen lässt. Sie gibt keine Führung, sondern lässt ängstlich Abmoderieren. Damit ist sie kaum mehr als ein Mädchen im Vordergrund, hinter deren Rücken vieles möglich wird.

Wie soll das werden, wenn sie mit echten Gegnern zu tun hat? Mit dem Chef des RWE beispielsweise, mit Jürgen Großmann. Ich wette, der Manager atmet einmal ein, dann klebt ihm Kraft quer unter der Nase. Nehmen wir die jahrzehntealten Klein-Braunkohlekessel am Niederrhein. Die alten Kaffeemühlen sollen seit Jahren abgeschaltet werden. Aber sie werden es nicht, weil das RWE sich wehrt.

Wenn Kraft hier Stärke zeigen will, werden die Leute rund um Großmann ihr sehr schnell erklären, dass dann a) Arbeitsplätze bedroht sind, b) Unternehmen abwandern könnten, c) vor dem Düsseldorfer Landtag Demos aufziehen dürften. Ich glaube nicht, dass Kraft dann stark bleibt. Vor allem, weil sie zusätzlich Anrufe von diversen Gewerkschaftern erhalten wird, die ihr erklären, wie Recht Großmann hat.

Dass Großmann bereit ist, Demos zu politischen Zwecken organisieren zu lassen, hat man in Hessen vor der Bundestagswahl gesehen. Dort lies er RWE-Azubis für den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) vor einem Atomkraftwerk aufziehen. Die vielleicht größte politische Leistung seit dem Ende von Winston Churchill. Die organisierte Gewerkschaftsjugend ausgerechnet für Koch zu mobilisieren – das schafft nicht jeder. Vor dieser Leistung dürfte jeder Wahlkämpfer vor Neid erblassen.

Naja, worauf ich hinaus will: Ich glaube, die SPD hat eine gute Chance, die Wahl in NRW zu gewinnen. Ich glaube auch, Kraft ist nicht ganz falsch. Die Menschen sehen die Frau und denken, ach so schlimm ist die gar nicht. Gerade persönlich als Mensch wird sie mit ihrem authentischen Auftreten viele Wähler überzeugen können. Dazu kommt eine immer stärker werdende Partei, die immer besser mobilisiert und immer attraktiver wird. Davor muss man den Hut ziehen.

Ähnlich wie Andrea Ypsilanti wird Kraft deshalb am Ende sehr viele Leute überraschen mit ihrem positiven Abschneiden.

Allerdings wird ihr dabei auch Rüttgers helfen, dem im Wahlkampf noch jede Menge böser Enthüllungen drohen. Allein in den kommenden zwei Wochen stehen dem Mann einige miese Überraschungen bevor, vor denen ich jetzt schon Angst hätte, wenn ich er wäre.

Aber ich sehe auf der anderen Seite die Gefahr, dass Kraft diese Chance der SPD mit einem nicht überzeugenden Programm, wie der Einführung der Gemeinschaftsschule, verschenkt – sei es im Wahlkampf, sei es nach der Wahl in den Koalitionsverhandlungen. Auch im Sieg kann man verlieren.

Und ich glaube leider auch, dass sie keine wirkliche politische Alternative zu Rüttgers ist. Sie ist als Politikerin zu schwach, um eine gute Ministerpräsidentin zu werden. Ich hätte der SPD eine stärkere Kandidatin gegönnt. Auch wenn das jetzt einfach nicht mehr organisatorisch möglich war.

Auf dem Landesparteitag der Genossen haben nur drei Leute gegen Kraft als Spitzenkandidatin gestimmt. Ich vermute, das waren die Leute, die sie am besten kannten.

KreativQuartiere: Keine Ahnung, keine Antworten

bochum_ladenlokalDie Idee klingt gut: Die Ruhr2010 GmbH will Angebote von Vermietern sammeln, die an Unternehmen aus dem Bereich der Kreativwirtschaft vermieten wollen. Peinlich wird es, wenn ein Vermieter bei der Ruhr2010 GmbH anruft.

Viele Unternehmen der sagenumwobenen Kreativwirtschaft haben es nicht leicht, Räume zu finden. Ob Büros oder Ladenlokale – vielen mit einer neuen, ungewöhnlichen Geschäftsidee wird mulmig, wenn sie langfristige Mietverträge unterschreiben sollen. Vermieter indes bevorzugen häufig solvente Ketten als Mieter und fürchten bei Gründern, dass sie, wenn es dumm läuft, vielleicht schon nach ein paar Monaten Mietausfälle riskieren. Die Ruhr2010 GmbH will vor allem Immobilienbesitzer davon überzeugen, auch an unkonventionelle Gründer zu vermieten und Angebot und Nachfrage zusammen bringen.

Im Frühjahr soll es endlich losgehen, vorgestellt wurde die Idee von Bernd Fesel, dem Projektmanager Stadt der Kreativität bei der Ruhr2010 GmbH schon im Herbst vergangenen Jahres.

Mir gefiel die Idee gut, und als ich erfuhr, dass der Gemeinnützige Wohnungsverein Bochum, eine Wohnungsbaugenossenschaft in der ich Mitglied bin, zwei leerstehende, preiswerte Ladenlokale in der Nähe des Bermudadreiecks hatte, schlug ich Norbert Reitz, dem Vorstandsvorsitzenden der Genossenschaft, vor,  die doch der Ruhr2010 GmbH anzubieten. Das Bermudadreieck heißt jetzt ja Viktoriaquartier und soll ein Kreativquartier werden.

Reitz gefiel die Idee, ich besorgte die Telefonnummer von Fesel, und er legte los. Vor ein paar Tagen bekam ich dann einen Anruf von Norbert Reitz: Die Genossenschaft hatte versucht, Fesel anzurufen – der war nicht da. Das kann schon einmal passieren. Etwas peinlich: Niemand bei der Ruhr2010 GmbH hatte von dem Projekt gehört. Nach einem langen Warten in der Telefonschleife gab es schließlich eine E-Mail Adresse. Ein Herr K. würde sich der Sache annehmen. Die Genossenschaft schrieb Anfang Februar daraufhin eine Mail an K. und wollte wissen, wie das so mit den Angeboten läuft, und welche Immobilien überhaupt interessant wären. Die üblichen Fragen, die man so stellt. Sie blieben unbeantwortet. Es gab auch keine Rückrufe. Der Gemeinnützige Wohnungsverein Bochum ist keine Klitsche: Er besitzt über 3.000 Wohnungen und etliche Ladenlokale. Für die Ruhr2010 GmbH offensichtlich kein Grund, sich zu einem Gespräch herabzulassen. Das Immobilienprojekt hat gute Chancen, der nächste Flop zu werden. Und eins der Ladenlokale ist auch schon wieder vermietet.

Werbung


Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

kraftSPD: Last Woman Standing…Spiegel

SPD II: SPD in NRW feiert ihre Spitzenkandidatin Kraft…Welt

SPD III: Die 99-Prozent-Kraft…Süddeutsche

NRW: Steuer-CD gekauft…Zeit

Ruhr2010: Hochglanzfreie Flaschenpost aus dem Revier…Nordkurier

Duisburg: Outlet-Center in Marxloh…Der Westen

Ruhr2010 II: Das Burgenreich im Ruhrgebiet…Kölner Stadtanzeiger

Kunst: “HandArbeit” von Angelika Summa…Hometown Glory

Marxloher Bündnis: Von der Initiative zur Bewegung. Ein erstes Fazit und ein weiterer Aufruf…Xtranews

Online: Rückschau zur FES-Diskussion “Bürgerrechte im Internet-Zeitalter”…Pottblog

Viel Geld für nix: 2010lab

lab2010Auch medial wollten die Macher von Ruhr2010 neue Wege gehen: Mit dem 2010lab. Nach zwei Monaten ist klar: Das Lab ist ein Flop.

Das  2010Lab hat einen hohen Anspruch:

„Das Ende der Industriegesellschaft und der Wandel durch Kultur sind die Mega-Themen der gegenwärtigen internationalen Diskussion. Die erste sparten- und themenübergreifende Web-TV-Plattform „2010lab“ greift dieses Thema auf. Sie führt Kunst, Kultur, Kreativität und deren Akteure multimedial zusammen und macht sie sichtbar. Der TV-Kanal „Metropole Ruhr“, der regelmäßig über den Wandel durch Kultur im Ruhrgebiet und der Welt berichtet, sowie sechs weitere Kanäle bieten Filme, Audiocasts und Blogs. Alle Beiträge stammen von einer internationalen Autoren- und Redaktionsgemeinde, die von einer europaweiten Community ergänzt wird. Die Einträge können nach Berufsbranchen, Themen oder Städten sortiert abgefragt werden.“

Das Kommunikations-Spielzeug 2010Lab lassen sich die Betreiber der Kulturhauptstadt einiges kosten: Gut 150.000 Euro hat seine Entwicklung gekostet, 855.000 Euro beträgt das Budget des 2010Lab im laufenden Jahr. Schade, dass vom Lab kaum jemand etwas mitbekommt. Wirft man einen Blick auf das Alexa-Ranking, das die Zugriffe auf Webseiten misst, schneidet das Lab eher mies ab: Aktuell liegt es auf Rang 436.404. Zum Vergleich: Google liegt auf RAng 1, die Ruhrbarone auf 74.634 und das Zierfischforum auf 171.165.  Viel Geld für nichts also – dabei hat man Dutzende von Autoren auf der Lohnliste, zeigt Filme und bietet Blogs an, die so gut wie niemand kommentiert – wie auch, wenn es kaum Leser gibt?

Für Ruhr2010 ist das ein Problem, denn es hapert bei der Kommunikation. Abseits aller öffentlichen Zufriedenheitsbekundungen ist man intern unzufrieden mit der öffentlichen Wahrnehmung und sucht jetzt nach einer Lösung. Das Wahrnehmungsproblem sehe ich jeden Tag, wenn ich den Ruhrpiloten erstelle: In der internationalen Presse kommt Ruhr2010 nach der Eröffnung kaum noch vor und auch in den nationalen Medien hält sich die Berichterstattung seit dem Eröffnungshype  in Grenzen: Vor allem WAZ, Ruhr Nachrichten und die Rheinische Post berichten umfangreich über die Kulturhauptstadt – Artikel auf Spiegel-Online, FAZ, Welt oder Süddeutsche über das Revier gibt es zwar immer wieder, aber auch nicht so viel häufiger als in den  vergangenen Jahren. Der erhoffte Imageeffekt, den das Kulturhauptstadtjahr dem Ruhrgebiet bringen sollte, ist bislang nicht eingetreten. Und auch die immer beschworene Nachhaltigkeit gibt es nur auf dem Papier: Wer sollte schon so blöd sein das Flop-Lab nach 2010 weiter zu betreiben? Keine Besucher bekommt man mit einer Webseite auch ohne Geld.

Lasst uns Google Adsense angreifen

attackIn der vergangenen Nacht war ich in Düsseldorf und hatte einen seltenen Einblick in die Internet-Abrechnungen eines großen Westdeutschen Verlages. Dieser Verlag, der hier anonym bleiben soll, betreibt eine verdammt große Nachrichtenseite. Eine der größten Deutschlands.

Aber egal. Ich habe da etwas gesehen, worüber ich zuerst lachen musste, so richtig laut mit Schenkelklopfen. Dann musste ich ungläubig nachsehen, ob das auch wirklich stimmt, was ich da gesehen habe. Es stimmte. Seither denke ich nach.

Ich hatte Einblick in das Intimleben eines Konzerns. Unfreiwillig, zufällig, aus Versehen. Ich habe die Google-Abrechnungen gesehen. Was der Laden so kriegt, dafür dass er seine Seiten mit Adsense vollklotzt.

Was schätzen Sie? Was zahlt Google für Werbeeinblendungen auf eine Internetseite, die laut IVW zwischen sieben und zehn Mio. Visits im Monat hat?

Sagen sie jetzt eine Zahl, sagen wir im Abrechnungsmonat November. Das ist einer der Werbeumsatzstärksten Monate im Jahr.

Merken Sie sich diese Zahl. Holen Sie tief Luft. Und werfen Sie jetzt einen Blick auf die ungeschminkte Realität.

Es waren: UNTER 15.000 Euro. (Genauer kann ich leider nicht werden, es war viel weniger)

Ich meine: wir reden hier über eine Seite, bei der gut vier dutzend Onliner schaffen. Und diese Mannschaft macht bei Google unter 15.000 Euro Umsatz. Das ist nichts. Das ist ein Furz.

Andere Werbung habe ich kaum auf der Seite gesehen. Klar gab es hier und da was, auch richtig gut platzierte Werbung. Aber insgesamt gesehen, war die Werbung neben den Google-Ads zu vernachlässigen.

Die Verluste müssen gigantisch sein, die dieses Nachrichtenangebot jeden Monat einfährt.

Ich bin mir sicher, dass es bei allen anderen Seiten der Medienkonzerne in Deutschland ähnlich aussieht. Bis auf Spiegel Online vielleicht und den einen oder anderen Spezialanbieter.

Die Summen können vielleicht auch mal nach oben ausreißen, bis zu 50.000 Euro im Monat. Hab ich zwar nicht gesehen, kann aber sein. Ich bin mir jedoch genauso sicher, dass die Google-Zahlungen an die Verlage auch auf unter 6000 Euro pro Monat fallen können.

Dagegen muss man die Summen rechnen, die von den Konzernen hin und wieder für eigene Werbekampagnen an Google fließen. Der verbreitete Traffic-Kauf kann locker 30.000 und mehr Euro kosten.

Das bedeutet: Die Verlage kaufen sich im Extremfall für 30.000 Euro einen Umsatz von unter 15.000 Euro.

Ist das eine Katastrophe oder nicht?

Aber genau so sieht die grausige Wahrheit aus. Mit Google ist kaum Geld zu machen. Das gesamte Geschäftsmodell im Internet ist fraglich.

Und da habe ich noch nicht einmal an die Investitionen ins Netz gedacht. Sicher wäre es klüger als Verleger sein Geld bei der Stadtsparkasse Herne-Süd anzulegen, als weiter Millionen im Netz zu verbrennen. In Herne-Süd sind die Dividenden garantiert und es gibt bei jedem Kundengespräch Kaffee und Plätzchen.

Google ist nicht der Partner der Verlage, sondern der Gegner.

Aus den Zahlen ergeben sich zwei Schlussfolgerungen.

Die eine ist: Man könnte versuchen, die Einbettung der Google-Anzeigen zu verbessern, um mehr Geld aus den Anzeigen zu ziehen. So wird der Einnahmewert je 1000 Werbeeinblendungen erhöht. Derzeit dürfte dieser Wert bei den meisten Nachrichtenangeboten zwischen 20 und 40 Cent liegen. Mit Mühen und Anstrengungen könnte man ihn auf 50 Cent und vielleicht auch 60 Cent je tausend Einblendungen treiben. So in der Richtung liegt der auch bei uns Ruhrbaronen.

Selbst wenn ein Hexer den Umsatz mit Google-Anzeigen verdoppeln könnte, ist das immer noch ein Fliegenschiss im Vergleich zu den Kosten, die ein Verlag mit einem großen Internetangebot hat.

Ich nehme mal an, kaum die Server können mit den Google-Einnahmen bezahlt werden. Geschweige denn die Reinigungskräfte und die Hausmeister.

Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung zwei: Warum schaltet man die Google-Werbung nicht einfach ab?

Wenn sich die Verlage in Deutschland zusammentun und gemeinsam oder jeder für sich entscheiden, wir schmeißen Google-Ads raus, dann würden sich neue Möglichkeiten ergeben.

Zunächst wäre Google sicher gezwungen, sein Angebot an die Verlage zu verbessern. Anders gesagt: Google-Adsense müsste einfach mehr an die Verlage auszahlen von dem Berg an Geld, den Google im Internet einsammelt.

Wesentlich mehr. Im Augenblick steckt sich Google gut 40 Prozent der gesamten Werbeeinnahmen im Netz in die eigene Tasche. Dies entspricht einem Umsatz von rund 1,7 Mrd Euro, wie aus dem Zahlen des OVK hervorgeht. Google kontrolliert gut 90 Prozent der Suchmaschinenwerbung.

Von diesen Einnahmen wird nur ein Bruchteil an Verlage und Plattformen weitergereicht, die Google-Anzeigen veröffentlichen.

Wenn aber die Drohung zieht, die Milliarden Einblendungen auf den Internetangeboten der Verlage zu streichen, dann könnte Google gezwungen werden, einen Anteil von 80 bis 60 Prozent des eigenen Umsatzes mit den aufgeschalteten Anzeigen an die Verlage und Plattformen weiterzureichen. Das ist der normale Anteil im Offline-Agenturgeschäft.

Sollte Google diese Bedingungen nicht akzeptieren, und die Verlage Google rauswerfen, dann würde der Schuppen erhebliche Werbeeinblendungen und damit Reichweiten verlieren. Google Ads schaffen jetzt gut 34,5 Mio. Kontakte. Wie viele wären es ohne die großen Verlage? Wenn sagen wir die RP-Online, Dumont und die WAZ-Gruppe Google Adsense killen? Könnten dann Konkurrenten wie AOL Advertising vorbeiziehen?

Wenn Google nicht einknicken will, könnten die Verlage Google aber auch Konkurrenz machen. Nicht im Kerngeschäft, im Suchmaschinensegment, das nicht. Aber in der Online-Vermarktung.

Derzeit prüft die EU, ob gegen Google ein Kartellverfahren eingeleitet werden soll. Es geht um den freien Zugang zur Online-Vermarktung über die Google-Maschine. Es heißt, Google habe andere Vermarkter beim Zugang in die eigene Suchmaschine benachteiligt. Sein Quasi-Monopol also ausgenutzt.

Mit Hilfe der Politik könnte Google genau hier attackiert werden. Wenn nämlich die Verlage einen genossenschaftlich organisierten Online-Werbevermarkter in die Google Suchmaschine drücken, oder sich auf einen Google-Konkurrenten als Partner verständigen. Dazu könnten die Verlage den neuen Vermarkter mit Exklusivrechten für die eigenen Netzangebote ausstatten und so nennenswerte Reichweiten aus dem Stand liefern.

Selbst so eine Art Google-Cloud könnten die Verlage für ihre eigenen Leser anbieten. Und so junge Leute langfristig an sich binden sowie den Online-Giganten attackieren. Wieso eigentlich immer vor Google kuschen? Ein wenig Aggressivität hat doch noch nie geschadet, oder?

Google könnte einem Konflikt mit den Verlagen auch nur zu einem Bruchteil ausweichen. Denn das Schöne im Netz bei aller Grenzenlosigkeit ist immer noch die Grenze der Sprache. Die Menschen suchen Geschichten in ihrer Muttersprache. Und zwar da, wo es passiert, also auf den Angeboten der Verlage.

Bislang haben die Verlage durch Schnarchnasigkeit einen Großteil der Web-Werbeinnahmen im Kleinanzeigengeschäft an Angebote wie Ebay unwiederbringlich verloren. Auch das Anzeigengeschäft im Suchmaschinen-Geschäft ist an ihnen vorbeigezogen. Aber warum soll dann auch noch das Geschäft im eigenen Online-Kerngeschäft an Google Adsense verschenkt werden? Dem Geschichten-Erzählen? Die Logik leuchtet mir nicht ein, überhaupt nicht.

Ein Beispiel: Bei den Ruhrbaronen ärgere ich mich gnadenlos, wenn über Google eine Werbung der IG-Metall eingeblendet wird, wenn wir was zu Gewerkschaften oder der SPD schreiben. Mich erzürnt es, wenn ich über Google eingespielte Wahlwerbung der CDU sehe, zu einem Artikel über die Partei. Mich fiebert es, wenn ich einen Artikel über Erneuerbare Energien schreibe und daneben wird eine Bannerwerbung über Google eingeblendet – von ABB.

Damit das klar ist: Ich habe nichts dagegen, wenn die IG Metall, die CDU oder ABB bei uns werben. Aber dann sollen die das direkt bei uns machen und nicht über den Umweg Google.

Genauso sieht es bei den großen Verlagen aus.

Jede Wette: Wenn sich die Verleger die Zahlen von ihren Controllern kommen lassen. Und sehen, was in ihrem Haus mit Google-Ads im vergangenen Monat verdient wurde, dann bekommen die eine gefährliche Blässe um die Nase. Die Verleger beißen in die Tischkante. Danach werden Kaffeetassen oder Aschenbecher geworfen, je nach Charakter, und Leute entlassen. Und wenn sich die Chefs wieder beruhigt haben und das Sauerstoffzelt weggepackt ist, denken sie vielleicht über einen ordentlichen Streit mit Google nach.

Hier und dort passiert das ja auch schon. In England und den USA wehren sich tausende Autoren gegen Googles Buch-Scan-Projekt. Ein Anfang.

Rupert Murdoch hat schon damit gedroht, als Verleger dafür zu sorgen, dass seine Zeitungen wie das Wall Street Journal aus dem Google-Index gestrichen werden.

Ich denke, dass ist der falsche Weg. Der Mann ist halt alt. Soll Google doch die Zeitungen indizieren. Man sollte Google sogar gerichtlich dazu zwingen, noch mehr Seiten zu indizieren. Je mehr Seiten indiziert werden, umso besser. Hauptsache auf den eigenen Seiten erscheinen keine Google-Ads, sondern Anzeigen, mit denen man auch Geld verdienen kann.

Klar kostet dieser Konflikt Geld. Zum einen durch die direkt wegbrechenden Google-Adsense-Einnahmen, aber die sind sowieso nebbich. Zum anderen kostet der Aufbau einer genossenschaftlichen oder eigenständigen Vermarktung Schotter. Sicher. Aber solange die Verlage noch Geld haben, können sie sich wehren. Wenn sie die Schlacht um die eigenen Online-Werbeplätze kampflos aufgeben, dann haben sie jetzt verloren und verschwinden sowieso vom Markt. Dann werden sie bald auch kein Geld mehr haben.

Die Ausgaben für den Konflikt könnten mit Blick auf die Zukunft lohnender sein, als alles kleinkarierte Rauskratzen von Google-Erlösen. Ziel der Verlage wäre es nicht, die Einnahmen von Google durch eine bessere Platzierung auf den eigenen Seiten zu erhöhen, um irgendwann selbst ein wenig mehr Geld von Google zu bekommen, sondern die Erlöse aus den Spamanzeigen sofort bei gleicher Platzierung zu verbessern.

Anders ausgedrückt: Die Verlage müssen Google zwingen, mehr vom Werbekuchen abzugeben, den Google jetzt alleine frisst.

Ich denke, das gleiche sollte eigentlich auch für uns Blogger gelten. Was verdienen wir Blogger derzeit auf unseren Seiten mit Google-Adsense? Hand aufs Herz und ehrlich bleiben.

Wir machen bei den Ruhrbaronen bislang maximal 40 Euro im Monat. Wenn wir Google besser platzieren, kommen wir vielleicht auf 100 Euro. Das wäre aber viel Arbeit. Und vor allem der Erlös von Google würde überproportional größer – nicht unserer, dabei strengen wir uns an, nicht Google.

Zudem ist die Nummer widersinnig. Je besser wir Google einbinden, umso schwieriger wird es eigene Erlöse zu erzielen. Warum soll nicht jemand bei Google schalten, wenn er bei uns werben will? Kostet ihn sicher weniger. Und ist sicher genauso einfach zu schalten.

Da draußen werden hunderte Blogger sein, auch gute, die weniger einspielen als wir über Google-Ads. Nur wenige werden mehr machen. Und auch deren Zahlen gehen nicht in die tausende.

Ich frage mich, ob sich das lohnt? Bei uns sehen wir für die paar Mücken andauernd diese schäbbigen Flirtbanner. Was kann man bei Euch für Scheißwerbung sehen? Wollt Ihr das auf euren Seiten haben?

Es gibt diesen Reflex die Google-Kohle einfach abzugreifen. Genauso wie diese sinnlosen Affiliate-Programme, an denen alle verdienen, nur nicht die Blogger.

Kost mich nix, krieg ich halt, nehm ich mit.

Eine verdammt kurze Sicht. Wäre es nicht sinnvoller, sich an einer der bestehenden Blogger-Vermarktungen zu beteiligen und deren Anzeigen möglichst gut zu platzieren, um von denen Geld zu ziehen? Oder aber ganz auf Vermarktung zu verzichten? Warum schenken wir Google Werbeplätze zum Fast-Null-Tarif? Wir vergrößern Googles Reichweite für Nöppes und schaden uns selbst.

Ich weiß es auch noch nicht. Bei den Ruhrbaronen werden wir sicher noch viel über Google-Adsense intern diskutieren. Ich weiß nicht, ob außer mir noch einer dafür ist, den Mist abzuschalten. Mal sehen, was bei bei der Debatte rauskommt.

Vielleicht sollten wir Blogger auch einfach nur einen Google-Adsense-Boycott organisieren? Zum Beispiel, indem wir im August einen Monat lang alle Google-Anzeigen streichen, bis Google die Konditionen für Blogger verbessert? Man könnte das über eine zentrale Google-Adsense-Boycott-Seite koordinieren.

Klar, derzeit blockieren schon etliche Google. Aber das anonym und alleine zu machen, ist irgendwie witzlos, denke ich. Aber wenn sich jeder Boycotteur auf einer Google-Adsense-Boycott-Seite einträgt, dann kann auch die Google-Marketing-Abteilung lesen, wer sich alles an so einem Streik beteiligt. Dann könnte es klappen, wenn ein paar hundert Blogs mitmachen.

Man könnte solche Google-Adsense-Boycott-Monate auch regelmäßig wiederholen. Vielleicht machen dann mehr Leute mit, bis sich Google bewegt und mehr Schotter an Blogger ausschüttet.

Soweit ich weiß, sind bislang nur Google-Suchmaschinen-Boycotts gescheitert. Soweit ich weiß, gab es noch keinen Adsense-Boycott. Auch wenn hin und wieder beim GoogleWatchBlog und bei Robert Basic drüber nachgedacht wurde.

Vielleicht sollten wir Blogger aber auch erst Google abschalten, wenn die großen Verlage vorgehen. Was meint Ihr?

Vielleicht sind wir Blogger zu klein und zu unkoordiniert, um einen Konflikt mit dem einzigen Vermarkter starten zu können, von dem wir ein paar läppische Pfennige kassieren.

Wie auch immer, ich bin sicher, wir Ruhrbarone würden den Google-Streit begleiten, sobald die großen Schlachtrösser schnauben. Wir haben ein gleiches Interesse.

Lasst uns Google Adsense angreifen.

P.S. Nur zur Klarstellung. Ich hab nichts gegen Google an sich, also die Debatte um die Datenkrake und so. Es geht mir hier tatsächlich nur um den Anteil am Werbekuchen, den sich Google einsteckt und den wir, die Blogger und die Verlage kriegen. Die Aufteilung ist nicht fair.

Werbung


Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

gruene_nrwNRW: CDU ist für die Grünen eine Option…Zeit

NRW II: Seehofer warnt vor Scheitern von Schwarz-Gelb in NRW…Welt

Ruhr2010: 300 Reisende wagen das Abenteuer Odyssee…Halterner Zeitung

SPD-Netzpolitik: Wohl ohne Jens…Pottblog

Dortmund: Flughafen darf kein Thema sein…Der Westen

Bochum: Osterfeuer-Verein…Dirk Schmidt

Essen: Aus für die kleine Düse…Der Westen

Fußball: Schalke, Dortmund set for Ruhr derby…Score

Pro NRW: OB Sauerland: Duisburg feste gegen Rechts…xtranews

Pro NRW II: Antisemiten hängen sich an Protest ran…Hometown Glory

Pro NRW III: Demo gegen Hauer…Indymedia

Käßmann: Wenn man mal wieder Respektsbekundungen und Lob hören möchte… Kueperpunk

Zensursula: Live-Blogging aus dem Bundestag…Netzpolitik

Jetzt ist es raus. Nacktscanner-Petition gescheitert

nacktscannerDie Online-Petition gegen die Nacktscanner ist gescheitert. Jetzt ist es klar. Nur 17109 Leute haben gegen die Durchleuchtung der Unterwäsche an Flughäfen und so weiter unterschrieben. Damit die Nummer im Petitionsausschuss hätte verhandelt werden müssen, hätten 50.000 Leute unterschreiben müssen. Die Würde des einzelnen war wohl im Netz nicht sexy genug. Schade.

Jetzt wird die Petition zwar noch geprüft und vielleicht wird sie auch im Bundestag verhandelt, aber eben nur vielleicht. Jedem Politiker wurde klar, dass die Nacktscanner nicht DER Aufreger sind. Das ist die Realität. Ich finde es doof, wie ich hier erklärt habe. klack.
Hier der Text der Petition nochmal als Erinnerung:

Der Deutsche Bundestag möge sich dafür aussprechen keine Ganzkörperscanner (auch Nacktscanner genannt) an deutschen Flughäfen zuzulassen.

Begründung:

Der Einsatz von Nacktscanner ist ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Flugreisenden und ein Angriff auf die Menschenwürde die durch Artikel 1 des Grundgesetzes besonders geschützt ist.

Bildnachweis: Transportation Security Administration / WikiMedia Commons