Alias Caylon, Dienstag, 13. April, 20.00 Uhr, Cargo Records, Wuppertal
Der Ruhrpilot
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Anbei die Liste der Bauern mit PFT-verdächtigen Schlämmen
Uhlenberg steht links. Das Foto ist vom Umweltministerium.
Der Skandal um die PFT-Verseuchung der Ruhr ist immer noch nicht zu Ende. Obwohl NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) das gerne hätte.
In der vergangenen Woche hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld Anklage gegen sieben Angeschuldigte erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, vor allem Ackerböden im Sauerland und damit mittelbar auch das Trinkwasser des Ruhrgebietes mit der krebserregenden Industriechemikalie PFT verseucht zu haben.
Damit aber nicht genug. Uhlenberg hatte die Menschen in NRW glauben machen wollen, dass die Sanierung eines von dem nun angeklagten Septet vergifteten Feldes in Brilon-Scharfenberg ausreichend sei, um das PFT-Problem in den Griff zu kriegen. Für über 1 Mio. Euro wurde deshalb mit großem PR-Aufwand der Acker in Brilon-Scharfenberg saniert. Erst nach langen Recherchen und viel öffentlichem Druck konnte bewiesen werden, dass Uhlenberg hier eine Sündenbock-Theorie verfolgt hatte.
Danach wurde ein paar Äcker in Rüthen saniert, ein paar andere Flächen stillgelegt. Das war es weitgehend.
Dabei ist die Nummer ganz und gar nicht zu Ende. Zunächst hat der Ruhrverband die Not, seine Kläranlagen entlang der Ruhr in den Griff zu kriegen, damit aus diesen nicht mehr rund 50 Prozent oder mehr PFT-Belastung in der Ruhr in den Fluss strömt.
Daneben strömt aber immer noch aus der schönen Landschaft weiter Gift in die Ruhr und alle möglichen anderen Flüsse. Das liegt unter anderem da dran, dass es viel mehr Ackerflächen gibt, auf die PFT-verdächtige Schlämme der nun angeklagten Gruppe aufgebracht worden sind, als die meisten Menschen in NRW denken.
Aus Unterlagen, die ich einsehen konnte, geht hervor, dass vermutlich mit PFT kontaminierte Düngemittel in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern in landwirtschaftliche Flächen eingearbeitet worden sind. Darüber hinaus in die Äcker von dutzenden Landwirten in ganz NRW.
Immer wieder haben alle möglichen Menschen versucht eine offizielle Liste der betroffenen Äcker vom NRW-Umweltministerium zu bekommen. Das wurde immer wieder verwehrt.
Der Grüne NRW-Landtagsabgeordneten Johannes Remmel sieht in den Bemühungen um Geheimhaltung einen Hort an „Intransparenz“. Nicht nur die aktuellen Gift-Messdaten in der Ruhr würden nicht hinreichend publiziert, auch die Aufklärung des ursprünglichen Skandals werde von Uhlenberg behindert. Das Ministerium veröffentliche nicht eindeutig alle Quellen der Verseuchung.
Und das ganz bewusst, wie ein Sprecher des Uhlenberg-Ministeriums vor einiger Zeit mal sagte. Die betroffenen Bauern sollten nicht an den Pranger gestellt werden.
Es gibt sogar einen Erlass des Umweltministeriums von 2006, den mal als Maulkorb interpretieren kann. In dem Erlass werden die untergeordneten Behörden des Landes von Uhlenberg angewiesen, die belasteten Flächen gegenüber Remmel geheim zu halten. Hier ist der Erlass zum Nachlesen: klick
Nur nach viel Druck und Mühe wurden bislang die PFT-Belastungen in einigen wenigen Landkreisen in Einzelfällen veröffentlicht. Im Hochsauerlandkreis gab etwa die Verwaltung erst auf Drängen der Sauerländer Bürgerliste (SBL) heraus, wie hoch die Belastung der 55 bisher im Kreis ermittelten PFT-Flächen ist. Aber leider schwieg sich die Verwaltung über die genaue Lage und die Besitzer und Pächter der Felder aus, wie die SBL bedauerte.
Worum diese Geheimhaltung um die Flächen und Felder? Ein Hinweis könnte von Uhlenberg selbst kommen. Der Minister mit Bauernhof sagte vor Kurzem in einem Interview mit dem Westfälischen Anzeiger in einem völlig anderen Zusammenhang:
Landwirte sind Unternehmer. Wir als Politiker haben nicht die Aufgabe, immer in Märkte einzugreifen. Wir müssen einfach für gute Rahmenbedingungen sorgen, damit die Betriebe weiter investieren und weitermachen können“
Auch wenn das Zitat in einem anderen Zusammenhang stand. Sieht diese Aussage nicht aus, wie ein politisches Glaubensbekenntnis? Ich finde schon.
Und dann finde ich, dass die Bürger in allen Kreisen ein Recht darauf haben, zu erfahren, wo die Felder mit den besonderen Belastungen sind. Sie müssen vor Ort überprüfen können, ob es ausreichende PFT-Untersuchungen gab, ob nötigenfalls Sanierungen eingeleitet wurden, und ob diese erfolgreich waren. Da die Behörden seit Monaten oder Jahren nicht die betroffenen Felder veröffentlichen, sehe ich keinen anderen Weg, als die mir vorliegende Liste der betroffenen Bauern zu veröffentlichen, die zwischen 2001 und 2004 angebliche Düngemittel der Firmengruppe Terra Vital rund um die Witteler-Brüder angenommen haben.
Ich finde die Aufklärung sehr wichtig. Eine Familie, die zum Erdbeerenpflücken auf einen Acker fährt, sollte bei Bedarf wissen können, ob da PFT-verdächtige Klärschlämme hingekippt wurden.
Zudem halte ich die Veröffentlichung auch deswegen für gerechtfertigt, weil in vielen Fällen an die Landwirte Einarbeitungsgeld gezahlt wurde, damit sie sich das „Bioabfallgemisch“ samt Gift auf die Äcker kippen ließen.
Ganz ausdrücklich muss ich aber auch darauf hinweisen, dass bestimmt nicht allen Bauern klar war, was sie da auf ihren Acker gekippt haben. Dass sie in vielen Fällen bestimmt hintergangen oder betrogen wurden. Ich muss auch darauf hinweisen, dass nicht in allen angeblichen Düngern der Firma Terra Vital das Gift PFT war. Nur wenige der Bauern tragen eine Mitschuld.
Aber trotzdem muss ich aufgrund der Geheimhaltungspolitik des Umweltministeriums die Liste veröffentlichen, damit die interessierte Öffentlichkeit vor Ort kontrollieren kann, ob alles dort getan wurde, um die PFT-Problematik in den Griff zu kriegen.
Aus der Liste, die ich hier veröffentliche, ist nämlich ersichtlich, welcher Bauer in welchem Kreis, welche Mengen angenommen hat.
In den betroffenen Kreisverwaltungen können sich dann interessierte Bürger weitergehend informieren, ob es – und wenn ja, welche – PFT-Untersuchungen vor Ort gab.
Das könnte interessant werden, wie das beiliegende Papier-Konvolut zeigt: klick.
Wie man sieht, hat der Baumschulbauer Gockel in mehr als einem Jahr bei der Firma TerraVital den berüchtigen PFT-Schlamm unter anderem für den besonders betroffenen Acker in Brilon-Scharfenberg bestellt. Wie man auf handschriftlichen Notizen auf den Ablichtungen der originalen Lieferunterlagen der TerraVital weiter sieht, wurde der Kreis häufig über die Lieferungen informiert (etwa Seite 15). Zudem war die Firma Terra Vital offenbar einige Male von Probe-Entnahmen auf den Äckern befreit (Seite acht oder Seite zehn). Zudem soll ein Mitarbeiter gesagt haben, dass keine Unterschriften des Bauern benötigt werden, für die Kippaktionen. Auch das steht da.
Die Frage ist hier: Wer hat die Firma warum von der Probeentnahme auf den Äckern befreit? Und was wusste der Kreis?
Ich veröffentliche in Anlehnung an Vorschriften aus der europäischen REACH-Richtlinie nur die Namen der Bauern veröffentlicht, die mehr als 100 Tonnen PFT-verdächtige Schlämme im Jahr angenommen haben.
Die Listen habe ich einmal nach Kreisen und einmal nach Mengen je Jahr sortiert.
Liste nach Kreisen
Liste nach Jahren
Man kann übrigens auch auf Google Earth sehen, wo der Giftschlamm aufgebracht worden ist. Kurz nachdem die Kipper mit dem PFT-Zeug kamen, flogen die Karten-Satelliten zum Beispiel über den Acker in Brilon Scharfenberg. Wie man auf dem Bild sieht, sind die helleren Wiesen erst vor kurzem mit dem PFT-Schlamm bearbeitet worden. Die dunkleren Äcker sind sauber. Einfach bei Google Earth „Am Knochen Brilon Scharfenberg eingeben“, auf Satelliten-Modus stellen und ein wenig nach Norden scrollen.
Wie dem auch sei: vor Landgericht Paderborn muss sich in Sachen „giftige Klärschlämme“ der 40-jährige Geschäftsführer der beiden Firmen GW-Umwelt in Borchen (Kreis Paderborn) und TerraVital in Bleicherode (Thüringen) verantworten. Weiter sind unter den Angeschuldigten auch ein ehemaliges Vorstandsmitglied und eine Mitarbeiterin eines belgischen Lieferanten. Ob auch gegen den Verantwortlichen eines niederländischen Lieferanten Anklage erhoben wird, hängt vom Ausgang eines an die niederländischen Behörden gerichteten Rechtshilfeersuchens ab.
Zum Kreis der Angeschuldigten gehört auch ein ehemaliger Rechtsanwalt des Geschäftsführers, der Beweismittel unterschlagen haben soll, um eine Bestrafung seines Mandanten zu verhindern. Einige dieser Unterlagen konnten später bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt werden. Ich konnte diese Unterlagen ebenfalls einsehen. Ein Zeuge berichtete mir, dass aus den Papieren hervorgeht, dass in mindestens einem Fall „Filterkuchen“ im angeblichen Dünger verarbeitet wurden.
Den Leuten droht eine Strafe von bis zu zehn Jahren.
Und was ist mit dem Sündebock, auf dem Uhlenberg reitet? Selbst das klappt nicht. Aus dem besonders betroffenen Feld in Brilon-Scharfenberg, das man wie oben gesagt bei Google Earth sehen kann, fließt bis heute PFT-verseuchtes Grundwasser in den Möhnezufluss Bermeke ab, obwohl auf Veranlassung des Umweltministeriums NRW die Äcker für mehr als eine Mio. Euro saniert wurden. Dies geht aus einem Schreiben der Stadtwerke Brilon an die Anwohner der Felder hervor. Über die Bermeke fließt das Wasser dann weiter – ganz nah an der Kläranlage Brilon-Scharfenberg vorbei – in die Möhne. Dann weiter in die Ruhr und ziemlich verdünnt in die Wasserwerke entlang der Ruhr.
Doch dazu später mehr.
„Nicht an Türken!“
Ein Haus soll verkauft werden, und ein katholischer Priester ist besorgt. Er will verhindern, dass eine türkische Familie zu seinen Nachbarn wird.
Vor ein paar Wochen ist die beste Freundin meiner Oma im Alter von 93 Jahren gestorben. Sie hinterließ ein schönes, großes, freistehendes Haus mit einem Garten voller alter Bäume, den ich sehr gut kenne, denn ich verbrachte in ihm meine Kindheit. Das Haus haben ihre Enkelinnen geerbt, die es nun verkaufen wollen.
Das beste Gebot stammt von einer türkischen Familie, die den Enkelinnen auch noch sympathisch ist. Das Haus würde also in gute Hände kommen, und Tante Käthe wäre wohl mit dieser Wahl zufrieden gewesen. Eigentlich wäre die Geschichte damit zu Ende.
Doch das Haus grenzt an eine katholische Kirchengemeinde, und jetzt macht der Priester Ärger. Er bedrängt die Enkelinnen, das Haus auf keinen Fall an Türken zu verkaufen. Er will keine Muslime in der Nachbarschaft. Die Kirche ist auch bereit, das Haus zu kaufen. Natürlich zu einem schlechteren Preis. Die Enkelinnen haben Angst davor, von dem Pfarrer schlecht gemacht zu werden und überlegen nun, doch nicht an die Familie zu verkaufen, sondern an die Kirche.
Sie sind unsicher.
Wo die ganze Geschichte spielt? Nicht in einem bayerischen Dorf und auch nicht im Münsterland. Sie spielt in einer Stadt im nördlichen Ruhrgebiet. Wie sie ausgeht, weiß ich nicht, aber ich bin mir sicher: Tante Käthe hätte der Gedanke gefallen, dass Kinder in ihrem Garten spielen. Ob türkische, griechische oder deutsche Kinder wäre ihr egal gewesen. So war Tante Käthe nämlich, und deswegen haben wir sie alle so lieb gehabt.
The Toasters
The Toasters, Montag, 12. April, 20.00 Uhr, Café Steinbruch, Duisburg
Der Ruhrpilot
NRW: Keine Mehrheiten vor der NRW-Landtagswahl…Der Westen
NRW II: Große politische Gesten vor halbvollen Rängen…Welt
NRW III: Tante Kraft tischt auf …Stern
NRW IV: Rüttgers und Kraft buhlen um die Rau-Wähler…Zeit
NRW V: Parteien, politische Partizipation & Piraten…Kontextschmiede
NRW VI: Das alte Gut-und-Böse-Spiel zur Landtagswahl…Der Westen
Ruhr2010: Die Vinyl-Misere…Kochplattenteller
Grüne: Endlich! Endlich! Endlich! Das Männermanifest…xtranews
Guantanamo: Rüttgers verweigert Aufnahme von Häftlingen…Spiegel
Essen: Friedlicher Protestmarsch gegen Rechts…Der Westen
Online: An der Nadel des Internets…Blogbar
„Das Judentum war für mich etwas Negatives“
Irvin D. Yalom gilt als einer der einflussreichsten Psychotherapeuten der USA. Seit dem Ende seiner Karriere als Therapeut und Professor an der Stanford-Universität schreibt der 1931 als Sohn jüdisch-russischer Einwanderer geborene Yalom einen Bestseller nach dem anderen. Zu seinen erfolreichsten Büchern zählen „Und Nietzsche weinte“ sowie „Die Schopenhauer-Kur“, die beide im Milieu der Psychoanalyse angesiedelt sind.
Im Interview spricht Irvin D. Yalom über Glück, Freuds Irrtum und die Gemeinsamkeiten zwischen Psychologie und Literatur.
Herr Yalom, Sie haben als Psychotherapeut und als Bestsellerautor Karriere gemacht. Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen der Psychologie und der Literatur?
Der zentrale Berührungspunkt ist, dass beide Disziplinen das Innere des Menschen zu erforschen versuchen. Ob Freud oder Kafka – beide dringen bis zum Kern des menschlichen Wesens vor. Für mich sind Psychologie und Literatur dieselbe Seite einer Medaille. Auch deshalb hätte ich ohne Dostojewski und Mann nie Medizin studiert und mich auf die Psychiatrie spezialisiert.
Inwiefern?
Meine Eltern sind als jüdische Immigranten 1920 aus ihrem »Schtetl« in der Ukraine in die USA immigriert. Dort bin ich in Washington in einem keineswegs privilegierten Viertel aufgewachsen. In diesem Milieu wurde man entweder Arzt oder Geschäftsmann. Und da ich von klein auf Bücher geradezu verschlungen habe, entschied ich mich für die Medizin. Ich ahnte, dass die Psychiatrie mehr mit der Literatur gemeinsam hat als mit der Geschäftswelt.
War Ihnen die Literatur ein Zufluchtsort aus der Wirklichkeit? Sie sollen als Kind mit ihrer Jüdischkeit gefremdelt haben.
Ja, ich habe als Kind rebelliert. Das Judentum war für mich etwas Negatives. Ich bin säkular und glaube nicht an Gott, aber ich habe mich durch die jüdische Literatur und Philosophie dem Judentum angenähert. Derzeit arbeite ich an einem Roman über Spinoza. Meine Beschäftigung insbesondere mit jüdischen Autoren hält bis heute an.
Sie haben im vergangenem Jahr von der Stadt Wien den Internationalen Sigmund-Freud-Preis für Psychotherapie verliehen bekommen. Was verbindet Sie mit Freud?
Freud ist nicht weniger als ein Genie gewesen. Er hat mit der Psychoanalyse die Psychologie revolutioniert.
An vielen deutschen Psychologie-Fakultäten gelten seine Theorien als bloße Metaphysik, da seine Thesen oftmals weder zu beweisen noch zu widerlegen sind.
Ich stimme nicht mit dieser Kritik überein. Nach und nach werden viele Urteile von Freud bestätigt. Gleichwohl gibt es viele Aspekte, die überholt sind. Aber wie sollte das auch anders sein? Freud wurde vor über 150 Jahren geboren. Jede Wissenschaft baut auf den Ergebnissen vorangegangener Denker auf – und entwickelt sich weiter.
Das Thema Glück spielt in Ihren Büchern eine zentrale Rolle. Wie halten Sie es mit Freuds Maxime, dass Glück im Plan der Schöpfung nicht vorgesehen sei?
Es gibt keine Schöpfung, keinen übergeordneten Plan oder Zweck! Die Natur »passiert« einfach. Vor diesem Hintergrund ist Freuds Urteil weder richtig noch falsch. Wir müssen uns damit abfinden, dass es keinen Gott gibt. Aber auch ohne Glaube kann jeder Mensch glücklich sein. Auch wenn der Tod über uns kreist wie ein Damoklesschwert.
Sie bezeichnen das Bewusstsein vom Tod als Schlüssel zum Glück. Wie passt das zusammen?
Ich habe als Therapeut festgestellt, dass das Wissen vom Tod viele Menschen unglücklich macht. Aber nur, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Leben endlich ist, können wir es wertschätzen. Das ist für mich etwas sehr Jüdisches. Das Leben ist kostbar, also verschwende es nicht!
Das klingt reichlich positiv…
… und ist dennoch meine Überzeugung. Darauf basiert mein ganzes berufliches Leben. Wir Psychotherapeuten versuchen, unsere Klienten weniger unglücklich zu machen. Oder positiv formuliert: glücklicher. Genau wie Schriftsteller.
Sie sagen, Sie seien nicht religiös. Dennoch ist die Religion in Ihren Büchern immer präsent. Was bedeutet Ihnen der Glaube?
Ich bin kein religiöser Mensch, aus diesem Grund bedeutet mir auch das Judentum relativ wenig. Wir haben diese kindliche Vorstellung, niemals altern und sterben zu müssen. In diesem Sinne wirkt die Religion wie ein linderndes Medikament gegen die schmerzliche Erkenntnis des Todes. Auf einer anderen Ebene bin ich aber sehr interessiert an religiösen Ideen. Wie gerade erwähnt, arbeite ich an einen Roman über Spinoza, der bekanntlich mit der Religion in Konflikte geriet.
Spinoza wurde als junger Mann wegen seines starken Zweifels an Gott aus der „portugiesischen« Synagoge ausgeschlossen.
Ja, all das beschreibe ich in meinem Buch: sein Verhältnis zum Judentum, der Anteil religiöser Ideen in seinem Werk und die Frage, warum er sogar von der Gemeinde verfolgt wurde. In gewisser Weise hat mein Buch auch mit dem Antisemitismus der Nazis zu tun sowie mit Alfred Rosenberg, der maßgeblich für die Nazi-Ideologie verantwortlich war.
In ihrem neuen Buch „Ein menschliches Herz“ beschäftigen Sie sich zum ersten Mal ausführlich auch mit der Vergangenheit Ihrer Familie. Sie sind Jahrgang 1931: Warum hat dieses Thema so lange nicht Eingang in ihr Werk gefunden?
Die Familie meines Onkels wurde von den Nazis in der Ukraine ausgelöscht. Ich halte es für möglich, dass ich unterbewusst Schuldgefühle hatte, da ich in den USA unter vollkommen friedlichen Bedingungen aufwuchs. Und wie so oft im Leben hält man erst im Alter Rückschau und stellt sich erst dann auch den unangenehmsten Fragen. Nachdem mir mein Freund Robert L. Berger zum ersten Mal ausführlich von seiner vom Holocaust geprägten Kindheit erzählte, schrieb ich seine Geschichte, zusammen mit ihm, einfach auf.
Das klingt nach einer Art therapeutischen Schreiben. Ihr Roman „Die Schopenhauer-Kur“ hingegen legt nahe, dass die »Bibliotherapie«, also das Lesen von Büchern, eine existenzielle Rettung bedeuten kann. Würden Sie dem zustimmen?
Es gibt viele Menschen, deren Leben von Büchern und nicht von Psychotherapeuten gerettet wird. Meine Haltung dazu bringt der Titel von Woody Allens aktuellem Film auf den Punkt: „Whatever Works“.
Das Interview erschien auch in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“
Die Sterne
Die Sterne, Sonntag, 11. April, 20.00 Uhr, Zakk, Düsseldorf
Der Ruhrpilot
Ruhrgebiet: Lammert „Bürger des Ruhrgebiets“…Ruhr Nachrichten
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NRW II: Gegen die SPD gibt es keine Mehrheit in NRW…Welt
NRW III: CDU kopiert alten Wahl-Spot mit Johannes Rau…Der Westen
NRW IV: Warum es auf NRW ankommt…FTD
NRW V: Pottblog berichtet live vom SPD-Wahlkampfauftakt…Pottblog
Ruhr2010: Der Pott im Kopf…Die Presse
Ruhr2010 II: 100 Tage Kulturhauptstadt…Der Westen
Karstadt: Staatsanwaltschaft sichtet Akten in Arcandor-Zentrale…Spiegel
Fußball: Der wahre Meister…Freitag
Fußball II: BvB-Stern für Rudi Assauer…Ruhr Nachrichten
Facebook: Drohgebärden für alle…Netzpolitik
Facebook II: So löscht man seinen Account…Zoom
Debatte: Über das selbstbestimmte Leben…Frontmotor
Ruhrbarone 1: Das Magazin am Ende der Gutenberg-Galaxis…
Fertig. Nach monatelanger Vorbereitung, viel Arbeit und viel Spaß haben wir das erste Ruhrbarone-Magazin gerade in den Druck gegeben.
Warum ein Magazin? Die Gründe sind ganz einfach: Es gibt Geschichten, die muss man auf Papier lesen. Nicht die kurzen, schnellen Meldungen, sondern die lange Stücke, wie die Texte der Wattenscheider Schule. Oder große Bildstrecken. All das gehört gedruckt. Und so etwas wollen wir lesen.
Weil kein anderer im Ruhrgebiet ein Magazin herausgibt, wie wir uns das vorstellen, haben wir es selbst gemacht. Das ist ein Wagnis. Das Ruhrgebiet ist keine Region, in der Qualität hoch geschätzt wird. Medien dürfen hier nicht viel kosten. Daran leiden Journalisten und Verleger hierzulande seit Jahrzehnten.
Wir haben es trotzdem gemacht: Ein Magazin wie ein Buch, opulent und zu einem vernünftigen Preis. Wir wollen wenigstens versuchen, einen Teil der Kosten einzuspielen. Verdienen werden wir damit sicher nichts.
Wir wollten etwas Schönes machen. Das erste Ruhrbarone-Magazin. Inhaltlich bietet es alles, was die Ruhrbarone ausmacht: Investigative Reportagen, Interviews aber auch schräge und ungewöhnliche Geschichten: zum Beispiel überraschende Hintergründe zur Linkspartei. Etwas zu Bodo Hombachs Sicht auf die Ruhrstadt. Oder die kostspielige Suche nach der Liebe des Lebens. Natürlich ist auch Jamiri dabei: er wünscht sich eine neue Facebook-Funktion.
Wir haben Vielen zu danken, die das Heft mit ihrer Unterstützung möglich gemacht haben: Ludger Claßen vom Klartext-Verlag etwa, der das verlegerische Risiko eingegangen ist, unser Heft zu produzieren, Denise Franke danken wir für das Design, allen Autoren und Fotografen für ihre Texte und Bilder – und Euch als Lesern dafür, dass Ihr uns in den vergangenen Jahren begleitet, kritisiert und angefeuert habt.
Als Dank für alle, machen wir am kommenden Mittwoch ab 20:00 Uhr eine Release-Party im Bochumer Freibad, in der Nähe des Schauspielhauses. Jeder ist willkommen. 🙂
Das Heft erscheint am kommenden Donnerstag und kann im ausgewählten Zeitschriftenhandel gekauft werden. 120 fast werbefreie Seiten kosten 8,95 Euro.
Hier gibt es einen Link zur Online-Bestellung beim Klartext-Verlag. der Link zum Amazon-Shop folgt, sobald wir ihn haben.
Stefan Laurin David Schraven