Küchenalbträume…

Gekocht wird auf allen Kanälen und man wundert sich, wer in den Restaurants noch hinterm Herd steht, schließlich scheinen alle passablen Köche in Deutschland ihre eigene Fernsehsendung zu haben. Werden wohl die line-cooks sein, die Abend für Abend in den trenches stehen und Lanz-Arbeit leisten (früher hieß das noch Kerner-Arbeit, aber der ist ja nun wieder bei SAT1)

Wenn man heute hier etwas über Kultur, Bochum, Ruhrgebiet und Fernsehen hätte schreiben wollen, dann hätte man das gestern schon tun und heute die Schnauze halten sollen. Man hätte an den 10. Todestag von Diether Krebs erinnert und alle aufgefordert, sich Bang Boom Bang auszuleihen, um ihn noch einmal zu genießen und das aktuelle Fernsehprogramm zu verschmähen. Tscha, dumm gelaufen, tut mir leid, ich hab’s versemmelt. Danke Diether, für zu viele tolle Stunden vor dem Fernseher.

Something completely different: Wenn es hiernach geht, dann ist Hamburg ja mitlerweile das bessere Ruhrgebiet, doch das stimmt nicht immer. Hamburg hat seinen Rach, wir haben unseren Rosin. Das Frank Rosin ein neues Fernsehformat bekommen hat, wurde ja schon hier beschrieben. Auf verschiedenen Sendern kopieren beide den Schotten Gordon Ramsay und seine kitchen nightmares. Dabei greifen sie Gastronomieunternehmen unter die Arme, die anscheinend nicht ganz sooo dolle laufen. Verglichen mit dem Original des bollerig-charmant-vulgären Ex-Fußballers Ramsey, geht jedoch der Unterhaltungswert des eher kühlen Hanseaten Rach nahezu gegen null. Anders Rosin, der ist zwar auch nicht vulgär, aber immerhin etwas bolleriger und charmanter und kommt Ramsay damit näher.

Was soll das nun mit Kultur, Bochum oder dem Ruhrgebiet zu tun haben? Im Vorfeld von Ruhr2010 wurde versucht hier darüber zu diskutieren, was eine gemeinsame Kochkultur des Ruhrgebietes ausmachen könnte, ausmachen sollte. Einig war man sich zumindest darüber, daß es sich dabei um mehr als die berühmte Currywurst oder fastfood handeln würde. Das nun die Hauptrolle der nächsten Folge von "Rosins Restaurants" von einem Bochumer Gastronomiebetrieb mit Namen "Grill Bill" gespielt wird, passt da vielleicht nicht so ganz ins kultur-kulinarische Konzept.

Wie auch immer, ich kenn den Laden nicht und kann auch nicht sagen, ob er die Hilfe nötig gehabt hat und ob sie gefruchtet hat. Ich finde es aber "erschreckend", daß ein Wirt mit der Namensgebung mehr Kreativität beweist, als so manch originär Kreativer in den entsprechenden Quartieren (wo waren die noch ‚mal?). Egal, soll der Rest von Deutschland doch denken, wir würden uns hier nur von trash ernähren, ich hoffe jedenfalls auf eine unterhaltsame Sendung, ich koche zwar sehr gerne slow, aber ich beschmiere mir Finger und Mund auch sehr gern an einem guten Burger und werde demnächst sicher mal den 345 nach Langendreer besteigen und einen probieren.

kabel1"Rosins Restaurants" Kabel1, morgen 21.15 Uhr

 

„Immer wieder Rückfälle ins Kirchturmsdenken“

Die Zusammenarbeit der StädteRegion Aachen gilt in NRW als Vorbild für die Zusammenarbeit von Städten. Wir sprachen mit Gisela Nacken, der Beigeordnete für Umwelt und Verkehr der Stadt Aachen über die Kooperation der Städte.

Wieso haben sich Aachen und seine Nachbarstädte zur StädteRegion Aachen zusammen geschlossen?
 
Bei Stadt und Kreis Aachen handelt es sich um die typische Situation eines Oberzentrums mit einem Mantelkreis. Umwelt- und Verkehrsprobleme machen an diesen Verwaltungsgrenzen nicht Halt und auch Fragen wie die Ausweisung von Flächen für Einzelhandel, Gewerbe oder Wohnen regelt man sinnvoller Weise für rund 500.000 Menschen (Stadt Aachen rund 250.000 Einwohner, Kreis Aachen 270.000) gemeinsam und nicht in Konkurrenz. Das ist sogar ökonomisch effizienter. Damit hatten wir bereits Erfahrungen gesammelt: ein gemeinsames Straßenverkehrsamt in der Trägerschaft eines Zweckverbands.
In Aachen kommt die Besonderheit der Grenzlage dazu. Früher haben die Kommunen auf deutscher, niederländischer und belgischer Seite eher mit dem Rücken zueinander gestanden. Heute haben sie begriffen, dass sie die negativen Auswirkungen ihrer nationalen Randlage besser gemeinsam meistern können. Eine solche Zusammenarbeit funktioniert aber nur zwischen demokratisch legitimierten größeren Enheiten und nicht mit den vielen einzelnen Kommunen im Grenzraum. Das ist zu aufwendig und langsam, wenn in rund 20 Kommunalparlamenten über Projekte und Themen abgestimmt werden muß.   

Welche Aufgaben werden gemeinsam erledigt, welche Kompetenzen liegen noch bei den Städten?
 
Gemeinsam erledigt werden alle Aufgaben, die der Kreis bisher schon per Kreisordnung für seine kreisangehörigen Kommunen übernommen hatte: Sozial-, Gesundheits-, Ausländeramt, Verbraucherschutz, Straßenverkehrsamt und Tourismus, Kataster- und Vermessungsamt, Wohnraumförderung und regionales Bildungsbüro. Der Rest liegt bei den Städten.
Fast noch wichtiger sind uns aber die Aufgaben, die wir zusammen freiwillig angehen. Die Landesregierung hat unserem Wunsch nicht entsprochen, der Städteregion auch die Kompetenz für die Regionalentwicklung zu geben. Daher haben wir erfolgreich ein Einzelhandelskonzept entwickelt und in allen Räten beschlossen und gehen diesen Weg nun auch mit Gewerbeflächenausweisungen und im Verkehrsbereich mit einem gemeinsamen Verkehrsmodell. Sinnvoll wäre auch ein Wohnflächenkonzept udn last but not least eine gemeinsame Wirtschaftsförderung. Damit könnten Konkurrenzen zwischen den Kommunen vermieden und Flächen sinnvoll und sparsam entwickelt werden. Auch ein regionales Klimaschutzkonezpt ist in Arbeit.

Haben die Kommunen keine Angst ihre Eigenständigkeit zu verlieren?
 

Doch natürlich. Und es gibt immer wieder Rückfälle in altes Kirchturmsdenken, gerade im Bereich der Wirtschaftsföderung, was jeder Bürgermeister und politische Mehrheit als ihre ureigenste Aufgabe ansieht. Es ist noch ein langer Weg, bis diese Angst veschwunden sein wird und wird von gemeinsamen Erfolgen abhängen.

Wie lange hat der Prozess von der Idee bis zur Umsetzung gedauer?

 
Der mit der letzten Kommunalwahl ausgeschiedene Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Dr. Jürgen Linden, und der Landrat, Karl Meulenberg waren diejenigen, die für die Idee geworben und gekämpft haben. Der Beginn der Diskussion liegt in der Legislaturperiode 1999-2004. In 2004 wurde als Vorläufer der Zweckverband Städteregion gegründet, mit weit weniger Zuständigkeiten als die heutige Städteregion und einem nicht direkt gewählten Parlament. Alle Gebietskörperschaften haben Mitglieder dorthin entsandt. Die gesamte Legislaturperiode von 2004-2009 war dann nötig, um von der Idee zur Umsetzung zu kommen.

Welche rechtlichen Hürden mussten auf Kommunaler und Landesebene genommen werden?

Auf der Kommunalen Ebene mußten die Gebietskörperschaften überzeugt werden, dass es Sinn macht, Zuständigkeiten abzugeben, dass darin letztlich ein Vorteil für alle liegt. Aber auch die Landesebene war sehr skeptisch. Sie hatte Angst vor einem Flächenbrand. Sie wollte nicht, dass das Aachener Modell Schule macht. Ich glaube, das war auch letztlich der Grund, die Zuständigkeit der Städteregion zu beschränken und ihr z.B. nicht die Verantwortung für die Regionalplanung zu übertragen. Eine Vielzahl von Gutachten und Gesprächen auf allen Ebenen war erforderlich. Letztlich hat der Landtag per Landesrecht (Aachen Gesetz) die Städteregion Aachen als neuen Kommunalverband besonderer Art als Rechtsnachfolger des Kreises Aachen zum 21.Oktober 2009 beschlossen.

Gab es Widerstände gegen die Kooperation?

Ja, wie bei allen Veränderungen, gibt es Ängste, vor allem bei den MitarbeiterInnen. Was kommt da auf uns zu? Was wird sich für mich ändern? Aber auch die Bürgermeister und die Politik hatten Angst vor Kompetenzverlust, Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten. Am stärksten war aus meiner Sicht, der Streit über die Feuerwehr und gerade der zeigt für mich, dass es gerade auch emotionale Gründe waren, sich gegen die Städteregion zu positionieren. Das sagt sich natürlich leicht, als Frau, die keine Nähe zu diesem Fachbereich hat.
Hilfreich war im Prozess sicherlich, dass die beiden obersten Verwaltungschefs eindeutig für diese Veränderung waren und vehement dafür auf allen Ebenen geworben haben. Ohne diese beiden, wäre der Prozess sicherlich zum Stillstand gekommen.
 
Wie sind die Erfahrungen durch die Zusammenarbeit? Was hat sich für Sie als Dezernentin geändert?
 
Ich glaube, für diese Frage ist es noch etwas zu früh. Darüber müßten wir in einem halben bis Jahr noch einmal reden. Von den MitarbeiterInnen der Stadt die zur Städteregion gewechselt sind, höre ich aber durchaus Positives, will heißen, die Ängste waren unbegründet. Und in meinem Bereich, der nicht übertragen wurde, stelle ich fest, dass es eine große Bereitschaft gibt, freiwillig zusammen zu arbeiten. Vielleicht können wir durch positive, freiwillige Projekte im Verkehrs- und Planungsbereich, ich nannte sie schon oder durch ein regionales Klimaschutzkonzept die Landesregierung doch noch davon überzeugen, dass es auch in der Regionalplanung "gemeinsam besser geht", so das Motto unserer Städteregion.

Kann die StädteRegion Aachen eine Modell für andere Regionen wie das Ruhrgebiet sein?

 
Ich denke schon, vielleicht nicht für das Ruhrgebiet, da es dort schon ein organisierte Zusammenarbeit gibt und sogar im Bereich der Regionalplanung von der Landesregierung zugelassen wurde. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass gerade die immer schwieriger werdende finanzielle Situation der Kommunen dazu führen wird, zu gucken, was man mit Nachbarkommunen effizienter und dennoch im Sinne der BürgerInnen gemeinsam erledigen kann. Und wenn man das organisieren will, ist man ganz schnell beim Modell der Städteregion Aachen. Es macht ja wenig Sinn, gerade ökonomisch, für jede gemeinsam abgewickelte kommunale Aufgabe einen eigenen Zweckverband zu gründen, so wie wir das zunächst mit unserem Straßenverkehrsamt gemacht haben. Und wichtig finde ich auch die direkte demokratische Legitimation per Wahl durch die Bürger und Bürgerinnen.

Die Navilution – Kartensoftware macht Smartphones zu 1-A-Navis. Ein Test

Vor knapp sechs Wochen ist mein Navigationsgerät im Auto kaputt gegangen. Mist. Ein teures Ding, hat mich mal 300 Euro gekostet. Warum es kaputt gegangen ist, keine Ahnung. Vielleicht weil die Garantie vor drei Monaten abgelaufen war.

Ich habe zunächst versucht, wieder ohne Navi auszukommen, wie früher. Das war aber schlecht, weil ich viel unterwegs bin und eben auch viel in Gegenden, in denen ich mich nicht auskenne. Dann habe ich von Skobbler gehört. Einer Navigationssoftware für Smartphones. Ich hab das Teil mit meinem iPhone getestet, war begeistert und stelle hiermit fest: Die Zeit der externen Navigationsgeräte geht zu Ende. Wie Fotoapparate heute in Handys sitzen, wird in Zukunft in jedem Telefon ein Navi sein, den man überall einsetzen kann. Wozu also noch ein weiteres externes Gerät, dass ich überflüssigerweise mit mir rumschleppen muss – solange mein Telefon ein Display hat, das groß genug ist, um darauf einen Straßennamen zu lesen.

Foto: Skobbler-Navigation

Aber der Reihe nach: Wie gesagt, ich habe ein iPhone. Und ich nehme an, jede Menge Leute da draußen haben zu Weihnachten ebenfalls ein iPhone oder ein anderes Smartphone geschenkt bekommen. Und für fast alle Cleverlehandys gibt es eine Applikation namens Skobbler. Das ist eine Software, die je nachdem zwischen 5 und 9 Euro kostet. Die Tarife schwanken. Mal, weil Skobbler auf Druck der größeren Navi-Softwarehersteller die Kurse für den Download erhöht, mal weil die Firma die Preise als Werbegag runtersetzt. Auf jeden Fall ist Skobbler die mit Abstand billigste, verfügbare Steuerungssoftware. Für mich der beste Einstieg, um zu testen, ob das praktikabel ist, das navigieren per Telefon.

Skobbler wird noch weiterentwickelt. Momentan gibt es nur die Beta-Version auf dem Markt. Die Software ist deshalb nicht perfekt, niemand sollte das erwarten. Beispielsweise kann man nur vertikal navigieren. Horizontal im Landscape-Modus funktioniert es nicht. Die Karte gibt es nur in 2D. Das nervt, weil die Sicht bescheiden ist. Dann wird die Karte nur genordet angezeigt. Das bedeutet: ich bekomme nicht optisch in Fahrtrichtung vorgegeben, ob ich rechts oder links abbiegen muss. Ich muss immer wissen, wo gerade Norden ist, wo ich herkomme und wo ich hin will. Auf den Bildern oben sieht das OK aus. Aber fahrt mal nach Süden. Dann zeigt der Pfeil steil nach unten, und rechts ist links.

Außerdem ist der Farbkontrast der vorgeschlagenen Route zu Strecken, wie Autobahnen oder Landstraßen, bei Skobbler von hellorange zu dunkelorange auch eher bescheiden. Man sieht nicht wirklich, wo es langgeht. Auf den Abbildungen oben ist das gut zu sehen. Der Kontrast ist zu schwach.

Aber: trotz allem, es geht. Nach ungefähr fünf Minuten Eingewöhnungszeit kann ich mit Skobbler navigieren. Mein Telefon führt mich an jeden gewünschten Ort in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz. Einziger Nachteil – wer keine Datenflatrate auf seinem Handy hat, kann sich Skobbler nicht leisten, da die Kartendaten aus dem Internet ständig nachgeladen werden. Das ist unglaublich teuer.

Wie ich gelesen habe, will Skobbler in der nächsten Zeit die dicksten Probleme beseitigen. Sowohl Landscape-Modus und Fahrtrichtungsnavigation sollen eingeführt werden. Zudem soll das Kartenmaterial auf Open-Street-Maps umgestellt werden. Das ist zu begrüßen.

Denn die reine Funktionalität ist OK. Der Nachteil der suboptimalen Fahrtstreckenführung wird mit Richtungs-Symbolen wie Rechts- oder Linksabbiegepfeilen ausgeglichen. Auf Tempolimits werde ich ebenfalls hingewiesen. Die Grafik ist angenehm ruhig. Die Ziele können schnell und unkompliziert eingegeben werden. Ich bekomme eine gute Übersicht über meine letzten Fahrtstrecken, ich kann Routen planen und Fahrtstrecken wählen. Bei Bedarf werden spezielle Strecken für Fußgänger ausgeworfen.

Nur bei der Eingabe von regelmäßigen Zielen unter dem Menupunkt „Favoriten“ ist die Software etwas umständlich. Ich muss über die normale Navigation gehen und kann erst vor dem Start der Routenführung ein verstecktes Untermenu ansteuern, um dort eine neue Adresse als Favorit abzuspeichern. Aber selbst bei diesem Nachteil muss man einen Vorteil nennen. Denn der Email-Support bei Skobbler ist unglaublich schnell und hilfreich. Nachdem ich vier Stunden nach der Einstellung für die Adressspeicherung gesucht habe, hat mir der Support über Nacht den richtigen Weg gewiesen. Das ist gut. Allerdings brauche ich bei allen anderen Navigationssoftwares keinen Support. Das ist besser.

Mein Fazit nach dem Skobblertest: Wer nur hin und wieder einen Navi nutzt, dem ist mit der momentan fünf Euro billigen Software geholfen. Das Ding auf dem Telefon macht jeden Garmin für einen Manchmalnutzer überflüssig – solange er eine Datenflatrate besitzt. Ohne Flatrate ist Skobbler nicht zu empfehlen. Das ständige Nachladen der Kartendaten ist zu teuer.

Trotz der Nachteile ist für mich seit dem Skobbler-Test klar, dass ich nie mehr ein externes Navigationsgerät kaufen werde.

Das wichtigste Argument. Ein externes Navi kostet irgendwas zwischen 100 und 500 Euro. Da komme ich immer besser mit einer Handysoftwarelösung klar – bei allen Nachteilen – und wenn es Skobbler für fünf Euro ist.

Ich bin sicher nicht der einzige, dem das so geht. Skobbler war zeitweise die meistgekaufte App im iPhone App-Store. Wie zu lesen ist, war der Skobbler-Erfolg im Apple App-Store so groß, dass selbst der Konkurrent Navigon Apple aufforderte, Skobbler aus dem App-Store zu entfernen. Dies ist deswegen spannend, weil Skobbler ursprünglich von Navigon betrieben wurde und später aus strategischen Gründen an ehemalige Mitarbeiter verkauft wurde.

Wie dem auch sei, mir war die Billigsoftware Skobbler nicht gut genug. Ein bisschen mehr Luxus wäre schon cool, dachte ich. Mein Ausschlusskriterium war vor allem, dass Skobbler erst im Laufe des Frühjahres eine Fahrtrichtungsnavigation bekommen soll. Auf die Dauer ist mir das Umdenken in Nordrichtung auf der 2D-Karte zu umständlich. Gerade, weil ich viel unterwegs bin.

Foto: Navigon MobileNavigator

Ich hab mich umgeschaut und zwei kostenpflichtige Softwarelösungen für das Handy unter 100 Euro gefunden, die diesen Nachteil nicht haben und damit alles aus dem Rennen schlagen, was ich mir an externen Navigationsgeräten vorstellen kann.

Zunächst will ich auf den Navigon MobileNavigator eingehen. Das Ding kostet in der iPhone-Variante Deutschland-Österreich-Schweiz (D-A-CH) derzeit 55 Euro im App-Store. Als ich die Software runtergeladen hatte, und das erste mal testete, dachte ich nur noch: „WOW“

Die Steuerung ist grandios einfach. Nach Hause bringt mich das Gerät mit einem Klick. Sonderziele wie Tankstellen, Parkplätze oder das Restaurant in der Umgebung finde ich mit zwei Klicks. Die Verknüpfung mit Google etwa bei der Kinosuche ist einfach, komfortabel und clever.

Auch die Streckenführung gefällt mir gut. Besonders die Kontraste auf dem Bildschirm sind mir positiv aufgefallen. Ich kann das Telefon als Navi im Landscape-Modus benutzen und finde meinen Weg.

Ich habe mit der Software sofort ein Auto-Einbauset für mein iPhone gekauft. Das hat 20 Euro gekostet. Das war leider absolut nötig, denn die Stromversorgung bei der Navigation per Handy ist ein echtes Problem. Fressen auch so schon Smartphones Energie wie das Krümmelmonster Kekse, kann man beim Navigieren zusehen, wie die Batterie ausgesaugt wird. Bei einer Fahrt rutsche die Ladung von 100 auf 0 Prozent in weniger als zwei Stunden. Mit dem Autoset habe ich das Problem nicht mehr. Ich kann das iPhone an den Zigarettenanzünder anschließen.

OK, dann gefällt mir beim Navigon noch, dass ich beim Navigieren telefonieren kann. Ein echter Vorteil für ein Telefon. Allerdings muss ich dazu nach dem Beginn des Telefonates die Navigation neu starten und die Zieladresse neu eingeben, beziehungsweise über den Menupunkt „Letzte Ziele“ erneut anklicken. Das ist ein kleiner Nachteil. Im Verhältnis zu Skobbler ist das aber immer noch ein Killer, denn bei der Billigsoftware geht das gleichzeitige navigieren und telefonieren gar nicht.

Viele Nachteile habe ich bei Navigon nicht gefunden. Allenfalls bei der Nachsteuerung bei schwierigem GPS-Empfang ist die Software ein wenig dumm. In den Schweizer Bergen hat mich das Ding neben Landstrassen auf Kuhweiden vermutet oder in Gegenrichtung auf der Autobahn verortet. Aber da ich aus dem Fenster sehe, wenn ich fahre und erkenne, ob ich im Gegenverkehr oder auf der Kuhwiese fahre, waren das keine echten Probleme – zumal die Störungen nach wenigen Sekunden wieder verschwanden.

Negativer ist jedoch, dass der Navigon mich in den Innenstädten des Ruhrgebietes auf Umwege schickte, etwa wenn ich wegen einer Baustelle anders als geplant abbiegen musste. Mir ist das viermal passiert. Einmal war der Umweg quer durch Essens Nordviertel satte vier Kilometer lang. Das nervte schon. Anstatt mir die Anweisung zum Umdrehen zu geben, schickte mich Navigon die ganze Kruppallee hoch.

In der Steuerung war es nervig, dass ich mich kompliziert quer durch das Menu klicken musste, um den Ton der Ansagen ab- oder anzustellen. Gerade beim Fahren ist das nicht praktikabel. Dafür wird aber zwischen Tag- und Nachtmodus automatisch gewechselt – ohne dass ich wie bei den Wettbewerbern klicken muss.

Positiv ist noch zu erwähnen, dass ich die Adressen von Freunden aus meinem Kontaktbuch einfach anklicken kann. Das ist ein gutes Feature. Soweit so gut.

Als Extra ist noch ein zusätzliches Softwarepaket kauf- und installierbar, dass Staumeldungen in die Navigation einbettet. Diese Nummer kostet etwa 20 Euro.

Mein Fazit: Zum Kauf der Navigon App kann ich guten Gewissens raten. Eine tolle Software.

Der Hammer ist jedoch die TomTom-Lösung für das iPhone. Wie beim Navigon kann ich mein Telefon als vollwertigen Navi nutzen. Die Grafik ist in beiden Programmen äußert angenehm. Ich habe die Landscape-Ansicht und die Wahl zwischen 2D und 3D.

Foto: TomTom

Besonders hilfreich ist der Wechsel in Detailansichten samt Spurassistenten bei Autobahnfahrten, wenn ich nicht genau weiß, welche Fahrbahn ich wählen muss. Wie der Navigon gibt mir der TomTom in 3D eine Detailansicht der Streckenführung vor und weist mir mit grünen Pfeilen den rechten Weg. Während Navigon sogar die Schilder an der Autobahn samt allen Daten nachbildet, gibt mit der TomTom hier auf dem nachgebildeten Schild nur die wichtigste Information weiter – nämlich die Stadt, die ich als nächstes ansteuern muss. Ich finde das besser, als zu viele überflüssige Mikroinfos.

Wirklich angenehmer als den Navigon machen TomTom jedoch andere Features. Und zwar werden hier nach der Berechnung der Route zunächst in einer Zusammenfassung die wichtigsten Daten wie Dauer und Distanz der Reise auf einen Blick angezeigt. Das gefällt mir echt gut.

Zudem kann ich beim TomTom folgende Daten bei laufender Navigation immer auf einen Blick kontrollieren: Ich sehe die Entfernung bis zum Ziel, die ungefähre Fahrtdauer, meine Geschwindigkeit, die Entfernung bis zur nächste Richtungsänderung, und ganz wichtig, um wie viel km/h ich gerade das geltende Tempolimit überschreite. Ist der Führerschein in Gefahr, leuchtet die Tempoangabe rot. Das ist verdammt hilfreich. Vor allem, wenn man im Tempowahn an Köln vorbei brettert. Bei der Konkurrenz muss ich für diese Angaben immer erst rumklicken, was mich beim Fahren massiv stört.

Klar gibt es bei den anderen Softwares auch Tempo-Warnungen, aber nicht so auffallend gut. Bei Navigon erscheint ein kleines Ausrufezeichen am Tempolimit-Schild, das ich glatt übersehe, wenn ich kurz auf das Gerät schaue. Die nervigen akustischen Warnansagen hatte ich bei Navigon und Skobbler ziemlich schnell abgestellt, da ich andauernd alle 30 Sekunden vor irgendwas gewarnt wurde.

Ich habe die Steuerung des TomTom unten abgebildet. Leider habe ich nur amerikanische Pics fürs iPhone im Netz gefunden – deutsche Varianten zu knipsen hab ich mit meinem Gerät nicht hinbekommen. Die rote Tempowarnung habe ich in dem Bild gefakt, um zu zeigen, wie das aussieht – natürlich knallt niemand mit 80 mph durch Manhattan über den Broadway.

Tja, und dann mag ich beim TomTom die sehr einfache Steuerung. Ich kann mit zwei Klicks zwischen Tag- und Nachtansicht wechseln, den Ton ab- oder anschalten, zwischen 2D und 3D wechseln und um Hilfe rufen, wenn mein Auto liegen bleibt oder ein Unfall passiert. Das ist schön. Denn das sind die Einstellungen, die ich am häufigsten vornehme oder die ich im Fall des Falles direkt finden will.

Cool ist zudem, dass ich die Darstellung der Strecken mit wenigen Klicks verändern kann. Ich kann die Farben der Karten so einstellen, wie es mir passt. Ich bin nicht wie bei Skobbler auf eine kaum von Autobahnen unterscheidbare Streckenführung angewiesen. Und ich kann zwischen duzenden Stimmen für die Ansagen wählen. Wenn ich Bock drauf habe, kann ich mir das „Jetzt Links Abbiegen“ auf Lettisch vorbeten lassen.

Foto: TomTom

Bei der Routenplanung kann ich einstellen, ob ich zwischendurch einen Kumpel besuchen will, ein Restaurant oder eine Aussichtsplattform. Leider fehlt hier eine ähnliche clevere Verknüpfung mit Google wie beim Navigon, wenn ich etwa ein Kino suche. Und die Ansteuerung der „Points of Interest“ ist recht kompliziert und versteckt, aber immer noch da und ausreichend. Schön ist es noch, dass ich neben einer Fußgängerstrecke sogar eine Route für eine Fahrradtour berechnen lassen kann. Das macht Spaß, auch wenn es wenig hilfreich sein wird, da der Strom auf dem Rad extrem schnell zu Ende geht.

Wirklich negativ lässt sich zur TomTom-Software fürs iPhone kaum etwas sagen. Ähnlich wie beim Navigon schickt einen die Software schon mal auf erhebliche Umwege in Innenstädten. Ich bin zu einem Termin etwa fünf Minuten zu spät gekommen, weil mich das Ding quer durch Düsseldorf geschickt hat, obwohl ich nur an einer gesperrten Straße hätte umkehren müssen. Aber immerhin hat mich der TomTom überhaupt dahin geführt, wo ich hin musste. Ich hatte nämlich keinen Schimmer, wo ich war.

Anders als beim Navigon wurde ich auch durch Tunnel halbwegs OK geführt, auch wenn dort kein GPS-Empfang war. Die Software hatte einfach meinen Fahrtverlauf vermutet. Und dies durch einen Farbwechsel deutlich gemacht. Beim Navigon wurde die Navigation dagegen oft abgebrochen. Ein echtes Problem ist dies aber nicht, da man im Tunnel in der Regel sowieso nur geradeaus fährt.

Eine Verknüpfung mit Verkehrsmeldungen habe ich auf dem TomTom nicht entdeckt. Das wäre noch eine Sache, die nützlich wäre. In Basel beispielsweise wollte ich einen Stau auf der Autobahn nach Deutschland umfahren. Der TomTom konnte mir kein alternatives Angebot machen. Ich habe mir dann selber einen Weg gesucht und dazu die 2D-Karte ausgezoomt, um ungefähr zu erkennen, wo ich lang muss. Nach ein wenig Fummelei hat das gut geklappt.

Zum Sieger macht den TomTom in meinen Augen jedoch das einfache Telefonieren. Ich kann mit meinem Smartphone bei laufender Navigation Anrufe per Bildschirmtipp annehmen, führen und gleichzeitig weiter navigieren, ohne immer wieder neu mein Ziel eintippen zu müssen. Einfacher geht es nicht. Das ist toll. Hier sollte Navigon nachbessern.

Mein Fazit: der TomTom ist mit einem Preis von momentan 70 Euro für die D-A-CH-Lösung im Vergleich zu externen Navis verdammt günstig. Das Teil ist in meinen Augen die beste derzeit verfügbare Navigationssoftware auf dem iPhone. Eine Alternative in Form eines externen Gerätes mit vergleichbaren Multimedia-Fähigkeiten würde sicher ein paar hundert Euro kosten.

Ich denke tatsächlich, dass TomTom und Navigon mit ihren Fahrtstrecken-Programmen für Smartphones den Weg in die Zukunft zeichnen. In wenigen Jahren wird kaum noch jemand die teuren Extra-Navigationsgeräte im Auto kaufen. Je mehr sich die tragbaren Kleinstcomputer mit Telefonfunktion als Handys durchsetzen, umso häufiger werden dort drauf entsprechende Softwarelösungen gespielt.

TomTom und Navigon haben diese Zeichen erkannt und ausgezeichnete Angebote für die mobile Nutzung gemacht.

Ein Anbieter wie Garmin geht mit seinem Navigationsgerät, das ein Telefon werden soll, sicher den falschen Weg. Ich kann mir vorstellen, dass Garmin sogar ganz vom Hauptmarkt verschwinden und nur noch als Nischenabieter überleben könnte. Oder hat schon wer in seinem Bekanntenkreis ein Nüvifone gesehen?

Ich denke tatsächlich, dass sich der Markt für Navigations-Geräte revolutionieren wird. Eine Navilution eben. Die externen Geräte werden verschwinden. Softwarelösungen für Handys werden bestehen. Und wenn dann noch eine Billigsoftware wie Skobbler besser wird und neben der 3D-Karte auch eine Streckenführung aus Fahrersicht anbietet, könnte es richtig spannend werden. Dann könnte es sein, dass ein Preiswettbewerb einsetzt, der die klassischen Anbieter massiv unter Druck setzt und die Tarife nach unten drückt.

Ja und dann gibt es noch ein Szenario. Google bietet seit wenigen Wochen mit seinem Kartenmaterial einen Navi kostenlos an. Zunächst nur für den amerikanischen Markt und für das eigene Smartphone sowie Handys, die mit dem Google-Betriebssystem Android laufen.

Foto: Google Maps Navigation

Damit aber nicht genug. Die Navigationsbilder greifen auf Google Straßenansichten zurück oder auf die Google Maps Satelittenpics, zusätzlich kann auch die klassische Kartenansicht in 2D oder 3D genutzt werden, sei es im Breit- oder im Hochformat. Das ist so ziemlich der Overkill. Google Maps Navigation wird sicher bald weltweit verfügbar sein. Einziger Nachteil: das Kartenmaterial für die Google Navigation wird wie bei Skobbler ständig aus dem Internet nachgeladen – das ist teuer.

Für die alte Navi-Industrie ist die Google-Lösung der Alptraum. Der Software-Riese greift auf eigenes Kartenmaterial zurück und ist damit frei, seine Sachen so billig anzubieten, wie er will. Die letzte Stufe der Navilution.

Wie gesagt, jeder, der nicht bei der mobilen Neugestaltung mitmacht, ist als Kartenhändler bald raus.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

RWI: Politiker sollen nicht so viel versprechen…Der Westen

Unis: Bildungsstreit geht weiter…Bo Alternativ

Geierabend: Premiere in Dortmund…Ruhr Nachrichten

Rechte: UBP wächst…Der Westen

Städte: RP Büssow fordert härteren Sparkurs…Der Westen

Apokalypse: Welche hättens denn gerne?…Jungle World

Mohammed Karikaturen: Böse im Namen Gottes…Frankfurter Rundschau

Ruhr2010: Istanbul – Eine europäische Stadt…taz

Ruhr2010 II: Eine atypische Kulturhauptstadt…RP Online

Ruhr2010 III: Jedem Anfang wohnt ein Zauber innen…Deutschlandfunk

Ruhr2010 IV: Kulturrat lobt Kulturhauptstadt…Welt

Gelsenkirchen: Schnee bleibt liegen…Gelsenkirchen Blog

2010: Volkssport App-Entwicklung…Frontmotor

 

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Trost nach Weihnachten

Großen Kummer hat Bernd Wolharn immer gehört, schließlich ist das sein Job. Aber in diesem Jahr hat sich seine Seelsorge noch einmal gesteigert: Wolharn ist Pastor in Bochum, seine Pfarrei Liebfrauenstraße umfasst die Stadtteile mit den beiden Opelwerken. „Viele Berufstätige sorgen sich um ihren Job“, so der bärtige 43-Jährige. Aber die ständigen Schwankungen bei Opel seien besonders brutal. „Dieses andauernde Kräftezehren, dieses Zittern, das geht den Menschen an die Substanz“, so Wolharn.

Tatsächlich haben die 6000 Bochumer Opelaner und rund zwanzigtausend Beschäftigte in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern in diesem Jahr ein Wechselbad der Gefühle hinter sich. Zu Jahresbeginn drohte der Mutterkonzern General Motors pleite zu gehen, dann folgten zähe Kauf-Verhandlungen mit Konzernen wie Magna. Dann plötzlich, am 3. November, bläst GM nach monatelangem Poker den Verkauf des Autobauers an Magna plötzlich ab. Wieder ist unsicher, wie viele Jobs der Krise zum Opfer fallen. Zuletzt hieß es, in Deutschland sollen rund 4700 Stellen wegfallen. Zu Höchstzeiten haben dort mal 30 000 Menschen gearbeitet.

„Viele finden es gespenstisch, wie die Maschinen überall die Menschen ersetzt haben“, erzählt Wolharn. Er selbst hat schon im Studium ab 1994 die Sommerferien bei Opel verbracht. Das war eine Idee des Ruhrbischofs, der seine Geistlichen gerne mit der Arbeiterschicht im Revier vertraut machen wollte. Und so montierte der Theologiestudent in der Julihitze Bremskaftverstärker am Fließband, auch die Schmutzfänger oberhalb der Reifen wurden von ihm acht Wochen lang per Hand montiert. „Nach so einem Tag war ich total fertig und dankbar für den Feierabend“, sagt der Geistliche.

Aber die damalige Schufterei hilft ihm heute noch: Wenn er den Opelanern von seiner Erfahrung erzählt, „stehen mir die Türen weit offen.“ Schließlich sind die Autobauer nicht die typischen Kirchgänger. Gerade die Bochumer sind bekannt für ihre linken und linksradikalen Betriebsgruppen, Kommunisten und Marxisten sind hier mächtig. Aber wenn sie Trost brauchen, ist auch Wolharn willkommen. Sie kommen in sein Büro und Wolharn selbst hat mehrfach das Werk besucht und sich mit Betriebsräten und Leitenden zusammen gesetzt. Selbst die Bochumer, die mit Opel nichts zu tun haben, sorgen sich um das Werk in der Heimatstadt. Es ist nach der Ruhr-Universität der größte Arbeitgeber in der 400 000 Einwohner starken Stadt. „Neben dem VFL Bochum und dem Fiege Bier ist es ein großer Identifikationspunkt.“ Die Menschen seien solidarisch und nach jedem Rückschlag für das Werk sei die Gemeinde in Aufruhr. „Es ist ein endloser Kampf.“ Häufig müsse er versuchen, die Mutlosen oder Depressiven wieder aufzurichten.

Kurz vor Weihnachten wurden alle Opelaner wieder vertröstet. Eigentlich sollte der Sanierungsplan nämlich schon bis Jahresende vorliegen, nun will sich das Management in Detroit bis Januar oder sogar Februar Zeit nehmen. Und die Prognosen für die Autobranche insgesamt ist verheerend: Die Zahl verkaufter Neuwagen werde nach Auslaufen der Abwrackprämie voraussichtlich um mehr als ein Viertel auf insgesamt 2,84 Millionen einbrechen, besagte kürzlich eine Studie der Uni Duisburg-Essen. Trotzdem findet Wolharn das Warten besser als einen „schnellen Schnitt.“ Den hat er nämlich schon einmal in Bochum erlebt, als das Nokia-Werk mit 2300 Beschäftigten von einem Tag auf den anderen dicht machte. Alle Proteste waren vergebens. „Die Klarheit war größer, aber das Ausmaß war verheerend“, sagt er. Bis heute seien ja 1000 Menschen arbeitslos. „Das erschüttert eine Stadt.“

Wolharn ist zwar Geistlicher, hält sich mit religiösen Ratschlägen oder spirituellen Vorträgen aber zurück. So passt der gebürtige Gelsenkirchener sicherlich besser zum rauen Ruhrgebiet als viele seiner Kirchkollegen. Er fährt einen Opel-Astra, in seinem Gemeindebüro sind die Stühle pink und das Kreuz an der Wand knallrot. Im Sommer verlässt er die Industrieregion und macht Seelsorge auf der Nordsee-Insel Texel. In einem Wohnwagen auf dem größten Campingplatz können die Urlauber sich an ihn wenden. „Das Schöne ist: Dort weiß ich nie, ob der Mann in Badeshorts normalerweise einen Anzug trägt oder einen Blaumann oder gar keine Arbeit hat“, so Wolharn. Und dann stellt er immer wieder fest: „Im Grunde haben alle Menschen ähnliche Probleme.“ Immer sorgten sie sich um eine gute Ausbildung für die Kinder, um Gesundheit. die Zukunft ihres Arbeitsplatzes oder ihre Liebesbeziehung. Eine besondere Bürde haben die Opelaner dennoch: „Ihre Jobsorgen scheinen kein Ende zu nehmen.“

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet.

Piraten: NDR gegen GEZ-Gegner…xtranews

Ruhr2010: Mythos Ruhr…ARD

Ruhr2010 II: Das Versprechen der Metropolen…Istanbul Post

Ruhr2010 III: Hoffen auf die Kulturhauptstadt…taz

NRW: Kein Jamaika…Ruhr Nachrichten

Ausstellung: Vollmer in New York…Hometown Glory

WAZ: Umstrukturierung…Pottblog

Demographie: Weniger Sauerländer…Der Westen

Hilfe: Die Selbstmordmaschine…Kueperpunk

 

Ruhr2010: Wie lange bleibe ich knötterich?

Das Kulturhauptstadtjahr hat begonnen, auch wenn es erst richtig am 9. Januar mit der Eröffnung auf Zollverein losgeht. Aber bei mir will sich Begeisterung nicht einstellen. Vielleicht ändert sich das ja noch.

Foto: Ruhr Museum

Der Ruhrgebietler an sich ist knötterrich und ich bin in dieser Beziehung nicht die berühmte der Ausnahme der Regel. Als ich mir vor ein paar Wochen das Ruhr2010-Programm angeschaut habe, weckte es in mir keine Begeisterung: OK, die Odyssee werde ich mir anschauen, das ist schon meine halbgriechischen Herkunft geschuldet. Und ansonsten: Vieles verteilt sich über die Fläche des Reviers, Höhepunkte sind kaum auszumachen und wenn sie als solche präsentiert werden interessieren sie mich nicht wie das große Chorsingen oder das Henze-Projekt.

Christoph Schurian meinte mal zu mir, dass ich zu negativ sei, es großartige Perlen im Programm gibt, die es zu entdecken gilt und ich hoffe, er behält Recht. Was ich gut finde: Den Neubau des Folkwand-Museum, auch wenn das nicht direkt was mit Ruhr2010 zu tun hat, das neue Ruhr-Museum auf Zollverein und den Umbau des Dortmunder U-Turms. Ich fand die Idee der Kreativquartiere gut, aber sind zu viele geworden und sie werden zu halbherzig, von städtischer Seite auch oft ohne jede Ahnung was denn Kreativwirtschaft überhaupt ist, vorangetrieben und wenn Dieter Gorny, als Direktor der Ruhr2010 GmbH für Kreativwirtschaft, nun hofft, dass die einmal angestoßene Entwicklung in den kommenden Jahren weiter geht glaube ich das nicht: Zu einer so, langen Planung sind die meisten Städte überhaupt nicht in der Lage und das ist keine Frage des Geldes, sondern eine der Bereitschaft, langfristig zu denken.

Was man heute schon sehen kann ist dass  die Kulturhauptstadt für das Revier einen großen PR-Effekt bedeutet und das finde ich gut: Das Image des Ruhrgebiets wird sich verbessern, es werden viele Artikel mit dem Tenor: „Ganz schön grün und ganz schön viel Kultur“ erscheinen und  es gibt noch immer viele, für die das neu ist. Allein aus dem Freundeskreis meiner bei Frankfurt wohnenden Mutter haben sich zwei Besucher angekündigt, denen ich im Sommer das Revier zeigen werde – und ich freue mich schon darauf sie durch die Gegend zu fahren.

Nun beginnt das Kulturhauptstadtjahr. Ich bin gespannt was kommt und wünsche mir, dass die anfängliche Knötterei zurückgeht. Ich würde gerne Ende Dezember einen Artikel mit der Überschrift schreiben: „Als ich aufhörte knötterich zu sein“. Mal schauen.

Ruhrpilot

Das Navigationssytem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: Stahlwerke zu Yachtäfen…Frontmotor

Ruhr2010 II: Europe´s Cultural Capitals…Chicago Tribune

Ruhr2010 III: Odysseus in Oberhausen…Tagesspiegel

Ruhr2010 IV: Es ist angerichtet…Bo Alternativ

Ruhr2010 V: Schmelziegel der Zivilisationen…Eßlinger Zeitung

Ruhr2010 VI: Blauer Himmel an der Ruhr….Südwest Presse

Mohammed-Karikaturen: Mordanschlag auf Zeichner…Welt

NRW: Rüttgers strategisches Dilemma…Der Westen

Stadtplanung: Leben ist mehr als Glas und Stahl…FAZ

Jugend: Von wegen unpolitisch…Gelsenkirchen Blog

Geierabend: Premiere in Dortrnund…Zeit

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Wo bleiben eigentlich die Iran-Demos?

Vor einem Jahr demonstrierten Tausende wegen des Gaza-Krieges gegen Israel. Gegen das Regime des Irans das Demonstranten erschießen lässt und Gefangene foltert rührt sich kaum Protest. Dafür gibt es natürlich gute Gründe.

Im Moment sterben junge Muslime – wie viele weiß niemand genau. Viele von ihnen verschwinden auch ganz einfach und tauchen nie wieder auf. Vor einem Jahr war der Tod von Muslimen für tausende ein Grund auf die Straße zu gehen. Ob Berlin oder Gladbeck – in zahlreichen Städten liefen Demonstranten hinter Hamas-Fahnen her, hörten sich Allah ist groß Rufe an und verteilten Flugblätter. Das dabei immer mal wieder die Vernichtung aller Juden oder der Aufbau einer islamischen Diktatur gefordert wurde störte kaum jemanden, denn die Demonstrationen hatten den richtigen Feind: Amerikaner und Juden, so ganz allgemeine der Westen – wenn es gegen die guten, alten Traditionsgegner geht, lässt man schon mal alle Fünfe gerade sein.

Gegen das Regime von Ahmadinedschad auf die Straße zu gehen ist weit weniger attraktiv. Zum einen ist der Mann ja nun weder Jude noch Amerikaner. Den Westen mag er auch nicht. Im Gegenteil: Die Wirtschaftskrise sieht er als Beleg für den nahen Untergang von Demokratie und Marktwirtschaft, er ist ein guter Kumpel von Hugo Chavez und rasselt gerne einmal mit dem Säbel wenn es um Israel geht. Irgendwie kein richtig schlechter Typ. Gegen den demonstrieren?

Und dann die Demonstranten: Für solche Gestalten geht natürlich niemand in der Kälte vor die Tür. Es sind Langeweiler. Sie fordern Meinungsfreiheit und korrekte Wahlen. Sie sprengen sich und andere nicht in Flugzeugen, Bussen oder Bistros in die Luft und wollen auch keine hirnrissige Theorie verwirklichen, die sich irgendwer im Hinterzimmer ausgedacht hat. Die Menschen, die im Iran auf die Straße gehen wollen einfach nur mehr Freiheit, weniger Angst und ihr Leben selbst bestimmen. So Leute unterstützt man nicht. Da wartet man lieber noch ein wenig: Wenn in ein paar Tagen oder Wochen die USA Terrorcamps im Jemen angreifen stimmt der Gegner endlich wieder.