Aus für Wüst

wuestVerschiedene Medien melden das Aus für Hendrik Wüst als CDU-Generalsekretär in NRW. Die Affäre um den Miet-Ministerpräsidenten war auch Rüttgers zu viel.

Die Trennung von Hendrik Wüst wird Rüttgers weh tun – allzu viele Freunde hat er nicht mehr in seinem Umfeld und ob das Bauernopfer Wüst ihn rettet ist fraglich. Die WAZ schreibt, dass nach ihren Informationen der Arnsberger Regierungspräsident Helmut Diegel und ex Verkehrsminister Oliver Wittke mögliche Nachfolger wären. Beides halte ich für eher unwahrscheinlich: Wittke ist kein Freund von Rüttgers und hat politisch seit seinem Rücktritt an Gewicht verloren. Zudem arbeitet er für den Bauunternehmer Walter Hellmich – da ist der nächste Skandal schon vorprogrammiert. Und Diegel? Dem wird zwar der Wunsch nachgesagt ins Kabinett zu wechseln, aber der Job des Generalsekretärs käme eine Degradierung gleich. Was für die von der WAZ genannten spricht ist der schiere Personalmangel der Union: Wer sonst?

Das Rüttgers bei Wüst die Notbremse zieht, ist ein Zeichen der Nervosität. Für ihn könnte es bei der Wahl im Mai eng werden. Es ist aber auch ein Wechsel in der Politik des Ministerpräsidenten: Wittke musste wegen eines eher albernen Verkehrsdelikts seinen Platz räumen – die Doppelnullagenten mit der Lizenz zum Versagen durften hingegen im Kabinett bleiben: Umweltminister Uhlenberg und Schulministerin Sommer. Zu einem Befreiungsschlag, einer großen Kabinettsreform fehlte Rüttgers der Kraft. Dabei machen beide ihren Job so schlecht, dass die Erfolge der Landesregierung, der Ausstieg aus der Kohle, die Reform des RVR-Gesetzes oder die zahlreichen Hochschulgründungen,  in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen werden. Rüttgers weiß jetzt wo die Reissleine hängt – hätte er das schon vor zwei Jahren gelernt, seine Chancen auf Wiederwahl wären deutlich höher

Akte studivz – XY: Glaubwürdig und gläsern

studivzEs geht um Datenschutz. Um Sicherheit. Möchten Sie, dass ihr Geburtstag durchs Internet wabert, oder ihre Unterhosengröße? Wie dumm sind eigentlich soziale Netzwerke?

Ich will ein aktuelles Beispiel aus dem realen Leben geben, um zu zeigen, was passieren kann, wenn man im virtuellen zuviel dampfplaudert.

Zunächst eine einfache Sache: Das EU-Parlament lehnt das SWIFT-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA ab.

Nun veröffentlicht ein kritischer Student, der mir persönlich bekannt ist, seinen Beifall zu dieser Politik im Buschfunk der sozialen Netzwerke von studivz bis myspace; seine politische Grundorientierung hatte er zuvor irgendwann einmal dort irgendwo als vielleicht „kommunistisch“ bezeichnet, oder war es doch „sozialistisch“. Irgendwo links jedenfalls.

Er hatte sich auch in virtuellen Gruppen gegen das Anti-Terror-Lager in Guantanamo und gegen das Kriegstreiben der USA engagiert.

Eingeschrieben ist der kritische Student im Fach der Orientalistik – oder war es Slavistik?

Wie dem auch sei: der kritische Student wollte nun vor ein paar Tagen in die USA einreisen. Er kam nicht weit. Am Grenzposten des Flughafen wurde er festgehalten und drangsaliert. Stundenlang quälende Fragen zu seinem politischen Hintergrund, zu seiner religiösen Überzeugung, zum Status quo des transatlantischen Bündnisses, etc…folgten.

So ist es passiert, so habe ich es gehört und hier aufgeschrieben. Der Name des kritischen Studenten ist mir bekannt.

Vielleicht wäre es clever von ihm gewesen, er hätte die Freiheitsstatue irgendwo in ein Fotoalbum des World Wide Web eingefügt.

In meinen Augen ist es absurd, wenn darüber diskutiert wird, die Persönlichkeitsrechte zu schützen, wenn gleichzeitig Massen an Menschen ihre persönlichen Informationen in virtuellen Netzwerken posten; sei es in studivz, facebook, myspace oder sonst was… Es scheint, als sei den Leuten der Schutz ihrer Daten und ihrer Intimsphäre egal.

15 Millionen User sind bei den VZ-Netzwerken registriert. Der Marktführer bietet Schülerinnen und Schülern im schülervz, angehenden Akademikern im studivz und Erwachsenen sowie sonstigen Lebensläufen im meinvz eine Plattform zur Selbstdarstellung. Ein Blick in die Realität der virtuellen Datenbanken verleiht mir den Eindruck, als sei nichts schöner als die Preisgabe der persönlichen Informationen. Urlaubsbilder mit dem Liebsten, Mitgliedschaften in aussagekräftigen Gruppen, politisches Outing, Material en masse für Datenhaie und Profil-Analytiker – und das alles ohne Zwang. Hier finden zukünftige Arbeitgeber, Headhunter und Behörden genauso das, was sie interessiert, nicht nur neue Partner und Freunde. Selbst Gangster können über Twitter und Facebook rausfinden, ob irgendwer daheim ist oder im Urlaub in Pusemukkel.

Der breite Widerstand gegen Privatspährenkiller wie den Nacktscanner verliert an Glaubwürdigkeit, wenn die meisten Menschen ihre Persönlichkeitsrechte freiwillig aufgeben. Der gläserne Student möchte an und für sich Herr sein über das, was er preisgibt, aber er veröffentlicht freiwillig alles, was er hat

Es liegt doch nur nahe, dass Geheimdienste, Schnüffler und Kriminelle versuchen in den Besitz dieser Daten zu kommen, um daraus Nutzen zu ziehen.

Es ist schlicht ein Widerspruch, mehr Datenschutz zu fordern, wenn auf dem virtuellen Studenten- respektive Partnermarkt die Vita eines jeden studivz-Mitglieds chronologisch nachvollziehbar erscheint. Von der Geburt, zum ersten Schultag, das zweite Kind, der dritte Partner, das vierte Haustier, die fünfte Freundin, das erste und wahrscheinlich einzig gelesene Buch, die x-te Party – der gewiefte Forscher wird nach kurzer Recherche einen Stammbaum erstellen können inklusive einem Persönlichkeitsprofil, das sich sehen lassen kann. Diese Erkenntnis kann verkauft oder genutzt werden, um die Meinung, das Verhalten oder die Einstellung des gläsernen Studenten zu manipulieren.

Ein bisschen mehr nachdenken wäre schön. Vielleicht wäre es ja klug, die sozialen Netze stärker zu hinterfragen, bevor man von über mehr Datenschutz schwadroniert.

Der Westen: Abschied von Katharina Borchert

Farewell, Lyssa! from Markus Huendgen on Vimeo.

Katharina Borchert aka Lyssa verlässt den Westen Richtung Spiegel-Online und dem melancholischen Abschiedsvideo ihrer Mitarbeiter nach ahnen die, dass die lustigsten Zeiten beim Westen vorbei sein dürften. OK, die Vorstellung, dass auch der neuen Chefredakteur des Westens, WAZ-Boss Ulrich Reitz, auf der Arbeit mal ein Leopardenkleid tragen könnte, ist wenig reizvoll. Klar ist aber, dass nun schwierigere Zeiten beginnen: Der Westen wird enger mit den Printobjekten der WAZ-Gruppe verzahnt, die Freiräume für Experimente kleiner werden. Und auch wir sagen zum Abschied leise Servus.

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Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

liesmannAbmahn-Queen: Liesmann legt Ratsmandat und FDP-Ämter nieder…Der Westen

Dortmund: Medienaktion gegen Nazis…Der Westen

Abmahn-Queen II: Liesmann tritt zurück und hinterlässt viele Fragen…Gelsenkirchen Blog

SPD-Netzpolitik: Basisdemokratie nach Art des Hauses…Netzpolitik

SPD-Netzpolitik: Jens will mitmachen…Pottblog

Jubiläum: Vier Jahre FIXMBR…FIXMBR

NRW: Schicksalswahl für den Sozialstaat…FAZ

Ruhr2010: Tief im Westen…FAZ

Linkspartei: Google darf nicht werben…Der Westen

Pro NRW: Parteitag in Leverkusen…Stern

Provinz: Partei „Die Westfalen“…Spiegel

Ruhrgebiet: Täubchensuppe…Kochplattenteller

Kultur: Lesung online…Kueperpunk

Ruhr2010 II: ByteFM-Freunde…Ruhr Digital

Tafeln: Unser täglich Brot…Hometown Glory

Nachbarschaft: Politik und wirtschaftliche Verflechtungen…Zoom

Pro NRWs zwielichtiger Gspusi aus Österreich

moelzerDer österreichische EU-Abgeordnete Andreas Mölzer sprach am Freitag auf dem Pro NRW Parteitag in Leverkusen. Der FPÖ-Rechtsausleger passt so gar nicht zum demokratischen Image, dass sich die Kleinstpartei geben will.

Mit Nazis will die Pro NRW nichts zu tun haben. OK, man hat Nazi-Anwälte in den eigenen Reihen und viele Mitglieder können auf eine beachtliche Karriere in den verschiedensten rechtsradikalen Grüppchen zurückblicken, aber man selbst sieht sich als „rechtsdemokratisch“. Pro NRW-Chef Markus Beisicht weiß dass ein demokratisches und seriöses Image wichtig ist, wenn man Erfolg bei den Wählern haben will. Da zitiert man dann schon einmal Heine auf der Homepage und gibt sich den Klängen klassischer Musik auf den Parteitagen hin.

Um die nicht allzu große eigene  Bedeutung etwas aufzuplustern hält Pro NRW immer Kontakt zu verschiedensten rechtspopulistischen und rechtsradikalen Parteien wie Vlams Belang aus Belgien oder der FPÖ aus Österreich. Die schickte dann auch zum Parteitag in Leverkusen den EU-Abgeordneten Andreas Mölzer als Gastredner. Der trägt zwar eine Krawatte und versprüht den Charme eines mäßig erfolgreichen Gebrauchtwagenverkäufers, passt aber nicht so ganz zum angestrebten Biedermann-Image von Pro NRW, denn Mölzer ist ein europaweit bekannter Rechtsradikaler, der aus seiner Gesinnung auch keinen Hehl macht.

Werfen wir doch mal einen Blick auf DöW – dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, dass ein aussagekräftiges Dossier über Mölzer zusammengestellt hat: Mölzer organisierte 2005 ein Treffen der FPÖ mit Vlams Belang und den von Alessandra Mussolini geführten italienischen Neofaschisten. Es gibt so kurz wie keine vom Verfassungsschutz beobachtete Zeitung, der Mölzer kein Interview gab oder als Gastautor zur Verfügung stellte. Das er als Autor seit Jahrzehnten auch für die Kronen Zeitung schreibt, an der die WAZ-Gruppe beteiligt ist, ist für das Essener Medienhaus mehr als peinlich Mölzer erhielt 1991 den Joseph-Hieß-Gedenkpreises bei einer Tagung des neonazistischen Vereins Dichterstein Offenhausen.

2005 enthielt sich Mölzer bei der Abstimmung über die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Gedenken an den Holocaust der Stimme. Und er ist bei so beinahe jedem Naziverein schon einmal als Redner aufgetreten.

Und nun hat er auch bei Pro NRW gesprochen. Kein Wunder, dass der Verfassungsschutz „Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen“ sieht.

Foto: Europäisches Parlament

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kraftNRW: Kraft hält Linkspartei für nicht regierungsfähig…Berliner Morgenpost

NRW II: Rüttgers weist Vorwurf der Käuflichkeit zurück…Recklinghäuser Zeitung

Gelsenkirchen: FDP Ratsfrau im Abmahn-Geschäft…Gelsenkirchen Blog

Urlaub: Reiseziel Ruhrpott…Spiegel

Ruhr2010: Vom Steigen, Schweben und Fallen der Industriekultur…Hometown Glory

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Miet-Rüttgers (CDU) ohne moralische Orientierung. Kohle für Gespräche

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Es gibt wenige Präsidenten, Premiers, Kanzler oder Ministerpräsidenten, die nach einer Amtszeit nicht wieder gewählt werden. Einer dieser traurigen Männer, die vor den Wähler versagen, könnte Jürgen Rüttgers (CDU) in NRW werden.

Dabei wird der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nicht an seiner Wirtschaftskompetenz scheitern. Da ist einiges Gutes passiert. Zum Beispiel wurde die dösige Leuchtturmförderei eingestellt. Und mit dem Ausstieg aus den Kohlesubventionen konnte auch ein Jahrhundertwerk unter Rüttgers vollendet werden.

Rüttgers wird – wenn überhaupt – an der moralischen Verkommenheit seiner schwarz-gelben Regierung scheitern. Es gibt offenbar niemanden in seiner Umgebung mehr, der Hemmungen hat, der Grenzen kennt, der weiß, was man nicht tut.

Während Rüttgers und sein Generalsekretär Henrik Wüst für die Kreuze in Gerichten kämpfen, für

christliche Tradition, christliche Werte und ein christliches Fundament.

versilbert die Rüttgers-Partei Gesprächstermine mit ihrem Vormann, wie der Spiegel schreibt. Bigotter geht es gar nicht.

Rüttgers selbst steht im Zentrum dieser Tempelschacherei.

Damit gibt er selbst preis, dass er nicht in der Lage ist, einen moralischen Pol zu bieten, an dem sich seine Mitarbeiter und seine Regierung ausrichten können und müssen. Rüttgers zweifelhafte Moral verdirbt auch die Moral seiner Umgebung.

Nur so ist es zu erklären, dass Regina van Dinther (CDU) noch Präsidentin des NRW-Landtages ist, obwohl sie offenbar keine ausreichenden Parteiabgaben leistete und dazu noch Kohle für Kaffekränzchen bei der RAG einstrich.

Nur so ist zu erklären, dass Umweltminister Eckhard Uhlenberg die Öffentlichkeit mit frisierten Daten zur Giftbelastung täuschte, dieses Vergehen von einem Gericht bestätigt bekam und trotzdem behauptet, dem wäre nicht so.

Nur so ist zu erklären, dass unter Uhlenberg eine bizarre Hexenjagd auf einen ehemaligen Abteilungsleiter losgetreten werden konnte mit absurden Korruptionsvorwürfen.

Nur so ist zu erklären, dass Roswitha Müller-Piepenkötter Justizministerin bleiben konnte, obwohl unter ihrer Herrschaft Leute in Gefängnissen zu Tode gefoltert wurden.

Die Reihe lässt sich fortsetzen. Der einzige der zurücktrat, war Oliver Wittke, der CDU-Chef aus dem Ruhrgebiet. Er war zu schnell gefahren. Eine Petitesse. Aber er wusste, was sich gehört. Vielleicht hat er sich deswegen auch aus dem Umfeld von Rüttgers davon gemacht.

Die CDU versucht nun die verkauften Gespräche als Missverständnis zu überspielen.

„Unternehmen, Verbände und Vereine präsentieren sich auf Parteitagen der verschiedenen Parteien seit vielen Jahren. Dies steht in vollem Einklang mit den strengen Regeln des Parteiengesetzes. Die besagten Schreiben von Mitarbeitern der CDU-Landesgeschäftsstelle erwecken an einigen Stellen allerdings einen falschen Eindruck. Ebenso ist der Sprachgebrauch in einigen Punkten falsch. Der Generalsekretär bedauert, wenn mit diesen Schreiben ein falscher Eindruck entstanden ist.

Die Miete für die Stände auf dem Landesparteitag orientiert sich ausschließlich an deren Größe. Im Anschluss an den Landesparteitag gibt es ein Zusammentreffen als Dankeschön für alle Aussteller. Dieses Zusammentreffen richtet sich auch an alle karitativen und gemeinnützigen Aussteller. Selbstverständlich sind auf diesem Empfang auch Repräsentanten der CDU NRW anwesend. Es gibt während des gesamten Parteitags für alle Aussteller die Gelegenheit zum Dialog mit den Parteitagsteilnehmern. Als Volkspartei ist uns dieser Austausch mit Vereinen, Verbänden und Unternehmen sehr wichtig.“

Wie immer, wenn ein Skandal über die Regierung Rüttgers schwappt, wird auch diesmal vernebelt, vertuscht, weggeduckt und geleugnet. Niemand, erst recht nicht Rüttgers, scheint zu seinen Taten zu stehen und Verantwortung zu übernehmen.

Gestern habe ich mit drei Freunden lange zusammen gesessen. Wir haben über die Wahlen geredet, Keiner von uns hatte in der letzten Wahl rot oder grün gewählt. Zwei haben gar nicht gewählt, einer aus Enttäuschung eine Splitterpartei und einer die CDU.

Gestern haben wir dagesessen und drei haben gesagt, sie werden wieder rot-grün wählen. Eine spürbare Wechselstimmung kommt auf. Ähnlich der Stimmung im Frühjahr 2005.

Es kann knapp werden für Rüttgers am 9. Mai bei den NRW-Landtagswahlen.

Verdammt knapp.

Das Foto oben stammt von Rüttgers Wahlkampf-Home-Page

Mehr Mitmachen in der Lokalpolitik – das Netz macht’s möglich

Lokales Wissen ist unschlagbar. Die sozialistischen Staaten sind kollabiert, weil die oben nicht wussten, was unten passierte. Es fehlte das lokale Wissen, mit dem in Demokratien Lösungen vor Ort gefunden werden. Stattdessen wurde alles in Moskau oder Berlin verplant.

Ich freue mich immer, lokales Wissen zu entdecken. In der Politik, aber auch im eigenen Geldbeutel, oder auf der Zunge. Hier kenne ich mindestens sechs Techniken, mit denen Taxifahrer Ausländer über den Tisch ziehen. Es brauchte Wochen und viele Fahrten, um die Methoden zu verstehen.

Apfelsaft schlecht geworden? Wegkippen. Hab ich gedacht, bis ich mal zeitweise in Frankfurt gelebt habe. Da wird das einfach getrunken, bembelweise.

Nur wie nutzt man dieses lokale Wissen für politische Entscheidungsprozesse? Soziale Medien im Internet könnten das auf die nächste Stufe heben. Indem mapping oder crowd surfing mit Foren kombiniert wird, zum Beispiel.

Inspiriert von ähnlichen Projekten vor allem in den USA und Großbritannien, aber auch in Afrika, hat der Kollege Kreutz in Frankfurt ein entsprechendes Projekt gestartet: frankfurt-gestalten.de. Die Protokolle der Stadtverordnetenversammlungen waren im Parlis-System der Stadt immer schon abrufbar. Öde Lokalpolitik noch öder aufbereitet.

Auf frankfurt-gestalten werden diese Protokolle automatisch eingelesen und verschlagwortet. Auf einem Stadtplan kann nun jeder sehen, was in seiner Straße von Lokalpolitikern beschlossen und beraten wurde. Anschließend kann man drüber debattieren, Vorschläge unterbreiten etc.

Wer also an der Lurgiallee immer schon mal einen Zebrastreifen haben wollte, oder ein Haltestellenhäuschen an der Hynspergstraße, ist hier richtig.

Gibt es im Ruhrgebiet ähnliche Seiten der Lokalverwaltungen? Das Projekt ließe sich schnell auf andere Städte übertragen, wenn entsprechende Dokumente der Lokalpolitik irgendwo im Internet abgelegt werden. Dann geht es nur noch darum, sie internetgerecht aufzubereiten, um mehr Transparenz zu schaffen, und mehr Menschen zu beteiligen.

Natürlich geht es bei frankfurt-gestalten.de im Zweifelsfall eher um kleinbürgerliche Nachbarschaftsstreitereien als um politische Konzepte für die Stadt etc. Aber das könnte man ausbauen. Auf Landesebene könnte man zum Beispiel grafisch darstellen, mit welchen Regionen sich ein Parlament am meisten beschäftigt, und so Trends und Vernachlässigungen feststellen.