Wahlkampf: Zwei Pressemitteilungen in fünf Minuten

Ich habe gerade zwei Pressemitteilungen bekommen innerhalb von fünf Minuten. Die eine von der CDU, die andere von der SPD. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber diese Pressemitteilungen beschreiben in meinen Augen wunderbar den Landtags-Wahlkampf, der uns bevorsteht, deswegen dokumentiere ich die mal.

Zunächst kam die Erklärung der SPD ins Büro geflattert. Hannelore Kraft begrüßt da den Tarifabschluss in der Metall- und Elektrobranche.

Der schnelle Abschluss in der nordrhein-westfälischen Metallbranche ist vorbildlich und ein gutes Signal, das auch über NRW hinaus Bedeutung hat. Beide Tarifparteien haben mit Augenmaß verhandelt und einen hoch innovativen Tarifabschluss vorgelegt. Die Sozialpartner haben damit in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise Verantwortung übernommen. Insbesondere der ‚Beschäftigungspakt zur Sicherung von Arbeitsplätzen‘ ist ein wichtiges Zeichen, das sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch den Unternehmen Planungssicherheit gibt.

Da steht nicht viel mehr, als erwartbares Wahlkampfgeblubber.

Die andere Mitteilung kam von Hendrik Wüst, Generalsekretär der CDU in NRW. Er schreibt:

Die Kreuze müssen hängen bleiben

Unser Land hat nicht nur eine christliche Tradition, sondern basiert auf christlichen Werten. Deswegen müssen die Kreuze in den Gerichten hängen bleiben. Wenn sich Andersgläubige gestört fühlen, muss dann halt mal der Hausmeister kommen und es abhängen. Aber grundsätzlich gilt: Wenn wir ein Staat mit christlichem Fundament sind, dann gehören Kreuze in die Gerichte.

Als hätten wir nicht andere Probleme. Auch hier Wahlkampfgeblubber. Und die Worte: christliche Tradition, christliche Werte und christliches Fundament. Begriffe, die Wüst für seine Partei besetzen will.

Spannend ist in meinen Augen die Ausrichtung der beiden Wahlkämpfer auf ihre eigene Klientel. Dieser Versuch die Katholischen katholischer zu machen. Wir werden davon sicher noch viel mehr erleben. Mich würde allerdings eher interessieren, was mit dem Land passieren soll. Als die Versuche, im eigenen Lager zu punkten.

Dortmunder SPD-Theater wird übler

dortmund_rathausIch habe gerade einen Bericht in der Welt gelesen. Von Kristian Frigelj. Ein echt guter Mann, mit dem ich auch hin und wieder zusammenarbeite. Frigelj jedenfalls schreibt eine spannende Geschichte über den neu zu wählenden Kämmerer in der SPD-Hochburg Dortmund. Über den Noch-Kulturdezernent derzeit nur kommissarischen Stadtkämmerer Jörg Stüdemann (SPD).

Die Geschichte ist ziemlich einfach und zeigt, wie teuflisch tief die SPD im Dortmunder Sumpf festgefahren ist. Denn ausgerechnet Stüdemann, der als Saubermann die Partei in der Stadt wieder hoffähig machen sollte, ist für unzulässige Zahlungsanweisungen beim Theater Dortmund mitverantwortlich.

Kristian Frigelj stützt seinen Bericht auf eine Untersuchung des Rechnungsprüfungsamt (RPA) vom Jahresende 2009. Die Kontrolleure kommen nach einjähriger Prüfung in ihrem „Sonderbericht Theater Dortmund“ zu dem Ergebnis, dass es schwere Versäumnisse im Umgang mit Finanzen gab. Demnach gibt es Hinweise, dass sich der frühere technische Direktor der Städtischen Bühnen, Detlef Plümecke, auf Kosten des Theaters bereichert hat. Laut Gesamtbericht hat er für private Zwecke Fernseher, Laptop und Herd gekauft und als Requisite deklariert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits wegen des Verdachtes auf Betrug und mögliche Veruntreuung öffentlicher Gelder. Ist das übel?

Denn nun gerät ausgerechnet Stüdemann (SPD) in Erklärungsnot. Selbst seine geplante Wahl zum ordentlichen Stadtkämmerer am heutigen Donnerstag könnte in Frage gestellt sein. Die Rechnungsprüfer haben nämlich festgestellt, dass Plümeckes Machenschaften durch fehlerhaftes oder nachlässiges Verhalten mehrerer leitender Personen erleichtert wurde.

Kurz zu den Fakten, die Kristian Frigelj in der Welt präsentiert: der Technische Direktor (TD) Plümecke kassierte fast 45.000 Euro für vergütete Urlaubstage, rund 23.500 Euro für ausbezahlte Überstunden und 15.000 Euro aus Honoraren für außervertragliche Leistungen. Zwei der insgesamt vier Zahlungsanweisungen bei der Urlaubsabgeltung fallen in den Verantwortungsbereich von Dezernent Stüdemann, der vom 16. Februar bis 30. Juni 2006 als so genannter „erster Betriebsleiter“ des Theaters die Geschäfte führte.

Die Rechnungsprüfer kommen zu dem Schluss: „Während der aktiven Beschäftigung des TD hätte das Theater keine Urlaubsabgeltungen durchführen bzw. diese an Herrn Plümecke zahlbar machen dürfen. Es ist festzustellen, dass die vom Theater an den TD ausgezahlten Urlaubsabgeltungen im Widerspruch zu den tarifvertraglichen Regelungen steht.“

Stüdemann hat da wohl ein geschlampt bei seiner Aufsicht. Denn er hatte schon 2006 einen Email-Hinweis auf die überzogene Vergütung bekommen. Trotzdem wurden tausende Euros an Plümecke ausgeschüttet.

Toller Bericht

Waldorf-Kritik: Wenn das Licht ausgeht

hackenSeit Monaten wird bei uns immer wieder über Waldorfpädagogik und Anthroposophie gestritten. Unser Gastautor Valentin Hacken ist Vorstand der WaldorfSV, der bundesweiten Schülervertretung der Waldorfschulen,  Schüler der Freien Waldorfschule Offenburg und widerspricht in seinem Beitrag denThesen unseres Stamm-Gastautors Andreas Lichte.

Rudolf Steiner hat mit der Entwicklung der Anthroposophie und den daraus entstandenen Bewegungen in Wirtschaft, Kunst, Medizin, Pädagogik, Landwirtschaft und Forschung erstaunliches angestoßen. Nach knapp hundert Jahren sind viele Ansätze immer noch bemerkenswert aktuell, sind zeitlos, während andere als Kind ihrer Zeit heute keine Berechtigung, keinen Sinn mehr haben.

Die Waldorfschulbewegung verantwortet also einen Teil des „anthroposophischen Erbes“, den Teil, welcher die ersten Entwicklungen der Waldorfpädagogik enthält. Der allgemeine Diskurs über die Anthroposophie oder Steiner ist an den Waldorfschulen falsch aufgehoben, genauso wie bei den biologisch-dynamischen Landwirten oder den Eurythmisten, der Diskurs über Anthroposophie ist am besten bei genuin anthroposophischen Einrichtungen, etwa der Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung oder der Anthroposophischen Gesellschaft verortet.

Die Auseinandersetzung mit Rudolf Steiner ist allein schon wegen der Ausmaße seiner Gesamtausgabe, über 300 Bände, keine einfache Aufgabe. Um sich dabei nicht auf querlesende Kritiker oder interne Untersuchungen verlassen zu müssen, beauftragte die Anthroposophische Gesellschaft in den Niederlanden eine Kommission unter Leitung des international renommierten Menschenrechtsanwalts Th. A. van Baarda mit der Prüfung der Rassismusvorwürfe. Quantitativ handelt es sich in über 89.000 Seiten um 67 nach Bewertung der Kommission diskriminierende Aussagen. In der Analyse des Gesamtwerkes kam die Kommission zu der Ansicht, dass Rudolf Steiner definitiv keine rassistischen Ansichten vertrat; entsprechende Äußerungen Steiners gibt es zur genüge.

Die Freien Waldorfschulen haben mit der Stuttgarter Erklärung klargestellt, dass sie sich gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus stellen, auch in dem Bewusstsein, dass heute Passagen aus Steiners Werk dem nicht mehr entsprechen. Damit ist die Forderung, die Waldorfschulen sollten sich von Rassismus in Steiners Werk lossagen, haltlos.

Herrn Lichtes Kniefall vor einzelnen Personen wie etwa Herrn Ravagli, den er zum „Chefideologen“ stilisiert, will ich mich nicht anschließen. Ich erlebe als Vorstand der WaldorfSV einen kritischen, offenen Dialog der gerade davon lebt, ohne Chefideologen auszukommen. Dabei sind auch neue Entwicklungen wie etwa die Waldorflehrerausbildung in Witten-Annen oder die Ansätze Rüdiger Iwans zu nennen.

In der Waldorfschulbewegung vollzieht sich derzeit ein spannender Prozess, die Waldorfschulen können bald auf hundert Jahre Geschichte und Tradition blicken, von der Gründung der ersten Schule, Schließung durch die Nationalsozialisten, Neugründung und weltweite Expansion. Wer sich in der Waldorfbewegung auskennt, sieht die derzeitigen intensiven Bemühungen um eine Erneuerung der Pädagogik an Stellen, an denen Traditionen geistesgegenwärtiges Handeln ersetzt haben, um ein neues Greifen und Prüfen der pädagogischen Grundsätze, um eine erneuerte Waldorfschule, die ihren hundertsten Geburtstag ganz auf der Höhe der Zeit feiern kann.

Andreas Lichtes Behauptung, die wichtigste und einzige Qualifikation eines Waldorflehrers bestünde darin, Rudolf Steiner bedingungslos zu verehren ist Quatsch, der sich mit der Wirklichkeit der deutschen Waldorfschulen nicht deckt. Ich beobachte ein sich immer stärker kritisch differenzierendes Verhältnis gegenüber Steiner. Im Übrigen erstaunt es mich immer, außerhalb der Waldorfschule mehr über Steiner sprechen zu müssen als in der Waldorfschulbewegung, hier werden Debatten lieber über Pädagogik, Methodik und Umsetzung geführt.

Genauso wenig richtig ist die Behauptung, Eltern an Waldorfschulen würden nicht über den anthroposophischen Hintergrund der Schule informiert. Diese Information ist kein Geheimnis und in allen Publikationen zu finden, an den Schulen zudem Thema vieler Elternabende, allein schon unter dem Aspekt, dass Pädagogen in der Schule nichts ausrichten können, was nicht zuhause gelebt wird.

Um der Reihe der Richtigstellungen gleich einen weiteren Punkt anzufügen, nein, Anthroposophie wird an der Waldorfschule nicht unterrichtet. Diesen Vorwurf aus Heften zu konstruieren, welche zeigen, dass Waldorfschülern in den ersten Jahren Sagen und Mythen, aber auch das alte Testament erzählt werden ist reichlich unoriginell.

Dass sich die Prüfungen für Waldorfschüler in einigen Bundesländern minimal von den Prüfungen der staatlichen Schulen unterscheiden ist richtig, von einem einfacheren „Lex Waldorf“ zu sprechen hingegen falsch. In Bundesländern mit Zentralabitur legen dies auch die Waldorfschüler ab. Teils werden einige Inhalte, z.B. in den Realschulprüfungen dem Lehrplan der Waldorfschule auf einem gleich komplexen Level angepasst, hierüber wachen die zuständigen Ministerien.

Doch Herr Lichte unterstellt den Waldorfeltern nicht nur, ihre Kinder durch einfachere Prüfungen zu schicken, sie seien vor allem hinter dem „Vorteil“ der „ausländerfreien Zone“ her. Davon abgesehen, dass eine „ausländerfreie Zone“ nicht nur als Wort ein Anschlag ist, ist sie selbstverständlich kein Vorteil. Es ist, mit Verlaub, auch albern einer internationalen Schulbewegung mit solchen Argumenten zu kommen. Die Waldorfschulen mühen sich aktiv auch verstärkt pädagogisch wirksame Angebote für Kinder mit Migrationshintergrund zu finden, ein Beispiel hierfür ist die interkulturelle Waldorfschule Mannheim.

Wo es an Fakten fehlt scheint auch das Erfinden offenbar nicht weit, der Spruch den Herr Lichte „den Waldorfschülern“ in den Mund legt, „Und reicht es nicht zum Straßenkehrer werd ich eben Waldorflehrer“ begegnet mir hier das erste mal, vermutlich wird er von der gesamten Schülerschaft vor dem Bundesschülerrat geheim gehalten.

Einen anderen Spruch, wenn auch nicht sehr vornehm, teilen sich Waldorfschüler und Schüler aller anderen Schulen, „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten!“

Wenn ich mich recht erinnere war es eine Sequenz des Films „Wie gut sind Waldorfschulen wirklich“ in dem eine Mutter berichtete, sie sei ganz entsetzt gewesen, was mit ihrem Kind geschieht, sie dachte das wäre eine „normale Schule“ nur mit ein bisschen Tanzen zusätzlich. Die Waldorfschulen wecken als stark idealistische, andersartige (doch gleichwertige) Einrichtungen immense Erwartungen welche in Mischung mit Unkenntnis erhebliche Falltiefe an Enttäuschung und Wut erzeugen können. Dem gilt es mit stärkerer Kommunikation pädagogischer Konzepte, aber auch mehr Verantwortung auf Seiten der Eltern entgegen zu wirken.

Als Schüler und Vorstand der WaldorfSV – Bundesschülerrat der Freien Waldorfschulen erwarte ich einen verantwortungsvollen Dialog zu Bildungsfragen mit fachkundigen Beteiligten. Bildungsfragen sind Freiheitsfragen, Waldorfpädagogik im Dialog mit den Erziehungswissenschaften ist für mich ein wichtiger Beitrag zu einer menschenwürdigen Pädagogik welche die Person mit all ihren Ebenen wahrnimmt.

Andreas Lichte disqualifiziert sich mit seinen Argumentationen, welche keiner Korrektur in einem Deutschunterricht standhalten würden für diese zukunftswichtige Aufgabe selbst.

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Westerwelle Streit: Kein brauner Sumpf in Sicht

westerwelle_public_domainNoch blöder als Karneval ist kein Karneval. Und kein Karneval fängt am Aschermittwoch an. Den gibt es selbstverständlich auch in der Politik, wo er – wie sinnig – politischer Aschermittwoch heißt. Die ganze Veranstaltung kommt aus Bayern. Das Copyright für diesen Event hat eigentlich die CSU, in Person des unvergessenen Franz-Josef Strauß. Von unserem Gastautor Werner Jurga

Im Laufe der Zeit hat sich die Bierzelt-Politik epidemisch auf die anderen Parteien ausgebreitet, teilweise sogar auf Orte außerhalb des bajuwarischen Freistaates. Allerdings: die Top-Veranstaltungen aller Parteien finden auf bayrischem Boden statt. Und die besten, weil die eigentlichen und unerreichbaren, sind nun einmal die Christsozialen.

Horst Seehofer, als ihr Vorsitzender sozusagen der Statthalter Franz-Josefs auf Erden, hatte dann auch den Volltreffer des Kein-Karneval-Auftakttages, als er das Palaver, das seit einer Woche die politische Debatte des Landes zu beherrschen scheint, einordnete als „Kein Tsunami, nur eine Westerwelle“. Kein Karneval scheint doch nicht so schlecht zu sein.

Man empörte sich nach Kräften über Westerwelles Gastbeitrag in der „Welt“ zur Altweiberfastnacht. Am letzten Donnerstag, also den 11. Februar 2010, gab der FDP-Vorsitzende zum Besten: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“ Dies ist der meist zitierte Satz aus dem auch ansonsten abgrundtief langweiligen Beitrag.

Ich wurde jedoch den Eindruck nicht los, diese Weisheit wie auch jeden anderen Baustein aus diesem die Republik in ihren Grundfesten erschütternden Dokument schon einmal irgendwie, irgendwo und irgendwann von Deutschlands Freiheitskämpfer Nummer Eins vernommen zu haben.

Spiegel Online war jetzt so freundlich, einen Blick in die Archive zu werfen; und siehe da:

■ Westerwelle im September 2003 in der „Welt am Sonntag“: „Die deutsche Politik trägt mittlerweile Züge der Dekadenz. Auf der ganzen Welt werden die Wohlstandschancen verteilt, das Wirtschaftswachstum ist höher als bei uns. Und wir gewähren Viagra auf Sozialhilfe.“

■ Im November 2003 im „Focus“: „Die deutsche Politik – die Politiker und die Meinungsmacher – hat mittlerweile einen ordentlichen Schuss Dekadenz.“

■ O-Ton Westerwelle in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ im Dezember 2006: „Die deutsche Politik hat Züge von Dekadenz. Anstrengungsloses Einkommen den Menschen und anstrengungslosen Wohlstand der Nation vorzugaukeln, war schon der Grund für den Untergang des Römischen Reiches.“

■ In der „Bild“-Zeitung im Juni 2007: „Es ist dekadent, der Bevölkerung vorzugaukeln, es gäbe Einkommen ohne Anstrengung.“

■ Im Mai 2008 in der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich halte es für dekadent, dass in unserer Gesellschaft das Soziale mit dem Staatlichen gleichgesetzt wird, und dass nur derjenige als mitfühlender Mensch gilt, der für staatliche Umverteilung ist.“

Noch nicht im „Welt“-Text hat sich der Gedanke befunden, dass diejenigen, die arbeiten, mit anderen Worten: die „Mittelschicht“ die „Deppen der Nation“ seien. Den hat Westerwelle in den folgenden Tagen dann noch draufgelegt. Den Gedanken, sollte es sich dabei um einen handeln. Gedanke oder nicht – egal: auch dieser Spruch ist alles andere als neu. Ich hatte ihn bereits vor zwei Jahren vernehmen können.

Zeit Online bringt eine dpa-Meldung, derzufolge der SPD-Vorsitzende über die CDU-Vorsitzende gepoltert habe, Merkel sei eine «Biederfrau bei den Brandstiftern», weil sie Westerwelle Benzin habe ins Haus tragen lassen und sich nun wundere, dass der Dachstuhl brennt.

Man möchte meinen, es müsse am Bierzelt von Vilshofen liegen, dass Sigmar Gabriel in der Wahl seiner Metapher so grässlich daneben liegt. Dass er in der zurückliegenden Woche wiederholt meinte, sich in dieser Sache auf Max Frischs Klassiker beziehen zu dürfen, muss nicht unbedingt dagegen sprechen. Es war ja die ganze Woche Karneval; da hat er gewiss nie die Einladung zum Bier so einfach ablehnen können.

Hannelore Kraft, Vorsitzende und Spitzenkandidatin, wusste freilich gleich, was die Stunde geschlagen hat. Frischs Brandstifter stehen metaphorisch für die Nazis. Nur: so verschwurbelt, wie es der Sigmar bringt, kapiert das mal wieder bestimmt kein potenzieller Wähler an Rhein und Ruhr. Also gibt Hannelore, die Wahlkämpferin, gleich einmal so richtig die Kante: Westerwelle fischt im „braunen Sumpf“. Das sitzt.

Frau Kraft ist also der Auffassung, Westerwelle habe in seinem Gastbeitrag für die „Welt“, wie man heute so sagt: „rechtspopulistische“ oder, wie ich sagen würde, faschistoide Thesen vertreten. Nun gut, es handelt sich nicht um einen Geheimtext; noch mal: Sie finden ihn hier.

Sollten Sie sich dieses Westerwellersche Standard-Gelaber nicht antun wollen, was ich verstehen könnte, lassen Sie es sich gesagt sein: da ist mittendrin dieser eingangs zitierte Satz. Davor und dahinter dieses seit Jahren bekannte neoliberale Zeug. Was da nicht ist: irgendetwas Braunes. Irgendetwas, das nur entfernt Assoziationen an Blut und Boden, an Deutschtümelei oder Herrenrasse zuließe. Nichts, gar Nichts.

Westerwelle ist bekennend lebender Schwuler, Westerwelle hat die Revanchistin Steinbach in ihre Schranken gewiesen, Westerwelle hat mit dem Rechtspopulismus nichts zu tun. Was sollen also diese unqualifizierten Andeutungen?

Seit wann wird im „braunen Sumpf“ der Kapitalismus über den grünen Klee gelobt? Westerwelle und seine FDP sind fest im Westen verankert; dort, wo er die USA kritisiert hat, befand er sich im Einklang mit den Sozialdemokraten. Dass er vor Jahren Möllemanns antisemitische Hetze laufen ließ, ist wahr. Aber eben auch: Vergangenheit. Außenminister Westerwelle hat seinen ersten Staatsbesuch in Israel absolviert, und zwar einwandfrei.

Westerwelle ist ein wirtschaftliberaler Politiker. Er hat die FDP auf seinen marktradikalen Kurs eingeschworen. Die gegenwärtig ungünstige politische Situation versucht er, durch eine Offensive der Sprüche zu „drehen“. In der Berliner Koalition droht die FDP auf zentralen Feldern zu scheitern. Fliegt sie aus der Landesregierung in NRW heraus, ist Westerwelle gescheitert. Schwarz-Grün erscheint als Schreckensbild am Horizont: die FDP droht zur Politsekte einiger kapitalistischer Radikalinskis zu werden.

Dass in dieser Situation führende Sozialdemokraten Westerwelle Vorwürfe machen, die vollkommen an der Sache vorbei gehen, gibt erstens kein gutes Bild ab und könnte sich zweitens bitter rächen. Denn es dauert noch eine ganze Weile, bis in NRW gewählt wird. Warum sollte es Westerwelle bis dahin nicht schaffen zu erläutern, dass seine Gegner hier wahlkampfgetrieben unsachlich „argumentieren“?!

In der Sache geht es um das Lohnabstandsgebot, das von niemanden in Zweifel gezogen wird. Diesem Gebot kann man dadurch gerecht werden, indem die Löhne erhöht oder aber die Hartz-Vier-Leistungen gesenkt werden. Oder indem flächendeckende Mindestlöhne eingeführt oder aber die Steuern gesenkt werden.

Westerwelle steht nicht mit leeren Händen da; er hat Zeit, und er weiß das. Daraus resultiert seine Unerbittlichkeit. Deshalb macht er Fehler. Ihm jetzt mit eigenen Fehlern zu antworten, ihm zu folgen auf dem Weg der Nervosität, der Verbissenheit und der dramatisierenden Propaganda, würde Westerwelle ziemlich früh die Umkehr zu seinem – neulich äußerst erfolgreichen – Steuersenkungs-Pop ermöglichen.

Westerwelle sagt es nicht offen; aber es ist klar. Und viele in der Union machen wenig Hehl daraus, dass sie es letztlich genauso sehen: die Hartz-Vier-Sätze sollen gesenkt werden. Im NRW-Wahlkampf sollte es um die Frage gehen, ob die Leute dies auch wollen. Oder ob sie das Lohnabstandsgebot durch flächendeckende Mindestlöhne und allgemein durch eine expansive Tarifpolitik gewährleistet wissen wollen.

Man lese und staune: die überwältigende Mehrheit ist gegen eine Politik der Steuersenkungen. Warum auch immer. Und dieser Mehrheit liegt auch das Lohnabstandsgebot sehr am Herzen. Hieran gilt es anzuknüpfen. Das Gerede über den „braunen Sumpf“, in dem sich Westerwelle angeblich bewege, geht auch insofern in eine völlig falsche Richtung. Und ganz unabhängig davon: es gehört sich nicht.

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

forum_mh Ruhrgebiet: Mentalitätswechsel durch Architektur?…Exportabel

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Weitere dubiose Vorgänge im Ministerium von CDU-Uhlenberg

uhlenbergkuhFoto: Umweltministerium / Der Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) steht links

Das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium Harald F. ist festgefahren. Alle Vorwürfe aus dem Haftbefehl mussten fallengelassen werden, nur wenige Randvorwürfe werden von Staatsanwalt Ralf Meyer aus Wuppertal noch aufrechterhalten und vom Landeskriminalamt (LKA) verfolgt. Da geht es um Currywürste und Braten oder sechs mehr oder weniger belanglose Schreiben, die im privaten Büro von Harald F. herumgeflogen sind. Nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft allesamt Dinge, die kaum zu einer Anklage reichen, und mit denen ich mich hier nicht weiter beschäftige. Denn es gibt noch einen Vorwurf, der allerdings interessant ist.

Es geht um Computerkarten und eine angeblich manipulierte Ausschreibung. Ich habe den Eindruck, als habe die Verfolgung des Staatsanwaltes aus Wuppertal und der Druck des LKA eine persönliche Note bekommen. Eine Note, die man auch Wut nennen könnte. Vernichtungswut.

Zunächst ist bereits klar, denke ich, wie das Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Abteilungsleiter angestoßen wurde. Es war eine Art Intrige, die von der Spitze des Umweltministeriums befeuert wurde. Die Spuren dieser Intrige habe ich hier nachgezeichnet. klick

Selbst Minister Eckhard Uhlenberg musste vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag NRW zugeben, dass er in Grundzügen über die Nummer informiert war – auch wenn er es nicht für eine Intrige hält, sondern für ein ganz normales Vorgehen, was ein eher schlechtes Licht auf den CDU-Politiker wirft.

Aber egal. Ich will den Vorwurf mit den Computerkarten nachzeichnen. Hier muss ich früh ansetzen. Bei einer Geschichte, die lange zurückliegt. Damals, als Harald F. noch Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium war.

Wir gehen zurück ins Jahr 2004 etwa. Da fiel Harald F. auf, dass immer wieder Aufträge aus dem Landesumweltamt vergeben wurden, ohne dass irgendwas ausgeschrieben wurde. Er fing an sich zu wundern, und ließ eine Aufstellung machen. Darin sammelte er monatelang alle dubiosen Vergaben aus dem Landesumweltamt.

Später nach dem Wechsel der Landesregierung kommt ein anderer Stein ins Rollen. Nicht gegen das Landesumweltamt, sondern gegen Harald F.. Beim Landesrechnungshof ging eine anonyme Anzeige ein, in der Harald F. nun vorgeworfen wurde, er habe sich selbst zwielichtiger Geschäfte schuldig gemacht. Der Landesrechnungshof leitete die anonyme Anzeige an das Umweltministerium weiter und bat um Stellungnahme. Im Ministerium sorgte das Schreiben bald für interne Furore, denn Harald F. hatte die Post aus dem Landesrechnungshof selbst beantwortet, ohne die Hausspitze korrekt zu informieren, wie Umweltstaatssekretär Alexander Schink (CDU) meinte. Wie dem auch sei, am Ende wurde aus der anonymen Anzeige an den Landesrechnungshof ein wichtiger Zündfaden, um die Intrige gegen Harald F. zu spinnen.

Ich will einen Schritt zurückgehen. Ganz an den Anfang. Was waren das für dubiose Vergaben, die Harald F. zusammenstellen lies?

Es ging um Datenverarbeitungen. Seit Jahren hatte das Landesumweltamt hier mehr oder weniger freihändig Aufträge im Gesamtwert von über 18 Mio. Euro rausgehauen. Nutznießer war allzu oft die Firma Emprise Consulting GmbH aus Düsseldorf.

Seit 2004 trug Harald F. Belege über diese Vergaben zusammen. Der Chefhaushälter im Landesumweltamt wurde informiert. Es folgten Diskussionen mit dem damaligen Präsidenten des Landesumweltamtes. Kernpunkt der Kritik war neben den zweifelhaften Auftragsvergaben vor allem die Abhängigkeit in die sich das Landesumweltamt sehenden Auges stürzte. Alle Datenprozesse wurden von nur sehr wenigen Unternehmen betreut. Schließlich fertigte der Chefhaushälter im Landesumweltamt einen Bericht an.

Er stellte fest, dass von Gesamtaufträgen in Höhe von 18,6 Mio. Euro nur 440.000 Euro öffentlich ausgeschrieben wurden.

Im gleichen Zeitraum wurden 9,8 Mio. Euro freihändig vergeben, davon bekam die Firma Emprise allein 6,7 Mio. Euro. Zudem flossen 7,3 Mio. Euro über Anschlussfinanzierungen an diverse Firmen. Hier bekam Emprise 1,8 Mio. Euro vom Kuchen. Alles für Software-Lösungen.

Harald F. war erstaunt. Er lies die Software der Firma Emprise durchleuchten. Seiner Ansicht nach wurden dabei mehrmals veraltete Systemkomponenten einfach doppelt abgerechnet.

Ein Gutachten der Firma Mummert und Partner wurde erstellt. Darin wurden die Software-Praktiken im Landesumweltamt beschrieben. Gleichzeitig wurde eine angeblich enge Verbindung des Emprise-Chefs Joachim R. zum Präsidenten des Landesumweltamtes Herrn I. bekannt.

Harald F. informierte den Staatssekretär im Umweltministerium Alexander Schink über die Vorgänge. Wie dieser auch zugibt.

Soweit so gut. An dieser Stelle hätte man erwarten können, dass es zum Knall kommt. Dass die Vergaben des Landesumweltamtes offiziell untersucht werden.

Doch genau das passierte nicht.

Stattdessen sagte Staatssekretär Schink vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages, es habe ein Zerwürfnis zwischen Harald F. und dem damaligen Präsidenten des Landesumweltamtes Herrn I. gegeben. Schink spricht weiter davon, er habe als Staatssekretär versucht, dieses Zerwürfnis zu kitten. Doch dies habe nicht geklappt. Gleichzeitig sei ihm, Schink, aufgestoßen, dass Harald F. versucht habe, die Vergaben im Landesumweltamt zu zügeln.

Und weiter sagt Schink vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages – ungefragt – der Chef des Ruhrverbandes Harro Bode habe sich bei ihm, Schink, über Harald F. beschwert, weil der in einer Karte dargestellt habe, dass die Kläranlagen des Ruhrverbandes nicht so gut gewesen seien, wie immer behauptet. Bode habe gesagt, diese Karte sei unverschämt gewesen. Denn dort seien unter anderem seine Klärwerke mit einem roten Punkt markiert gewesen.

Ich habe die Karte gesehen. Tatsächlich waren da rote Punkte auf den Kläranlagen des Ruhrverbandes. An diesen roten Punkten konnte jeder Leser sofort erkennen, dass diese Anlagen mehr Schadstoffe in die Ruhr abließen als andere Klärwerke.

Auch das ist interessant. Zur Erinnerung: Der Ruhrverband ist der Verband, der sich in der Vergangenheit gegen die Verbesserung seiner Kläranlagen gesperrt hat, als öffentlich gefordert wurde, die Anlagen zu ertüchtigen, damit daraus keine krebserregenden PFT mehr in die Landschaft sickern.

Was machte Schink? Er spricht von den anonymen Vorwürfen an den Landesrechnungshof, siehe oben, findet den Umgang mit den anonymen Vorwürfen skandalös und entlässt später Harald F. Einen Zusammenhang zwischen der Entlassung und dem PFT-Skandal oder den dubiosen Vergaben im Landesumweltamt habe es nicht gegeben. Niemals. Das sagt Schink vor dem Untersuchungsausschuss.

Nach den anonymen Anzeigenerstattern forschte er nicht.

Auch die dubiosen Vergaben im Landesumweltamt wurden nach dem Rauswurf von Harald F. nicht weiter untersucht.

Schink sagt, ihm sei damals von den Verantwortlichen im Landesumweltamt berichtet worden, dass alles seine Richtigkeit gehabt habe, da es Module gewesen seien, die eben immer an die Emprise und andere Unternehmen gegangen seien. Das sei so OK. Das war alles. Die Beschuldigten haben sich rein gewaschen. Und Ende.

Erst jetzt hat Schink vor dem Untersuchungsausschuss – ungefragt – zugegeben, dass die Vergaben damals vielleicht doch nicht so OK waren, wie früher gedacht. Und weiter sagt Schink, er habe nun das Landesumweltamt aufgefordert, ihm zu der „Gesamtproblematik“ bis morgen (18. Februar) Bericht zu erstatten, denn Harald F. habe ihn damals nicht umfassend informiert. Ganz nach dem Motto, wem man einmal Schuhcreme ins Gesicht geschmiert hat, der bleibt auch der schwarze Peter. Im Kleingedruckten seiner Aussage gibt Schink nämlich an anderer Stelle zu, Harald F. habe ihn informiert. Ein leitender Ermittler aus der Generalstaatsanwalt Düsseldorf fragte mal, wann eigentlich die Pflicht des Staatssekretärs Schink beginne, nachzufragen.

Wie dem auch sei. Hier eine Liste der dubiosen Vergaben als PDF zum herunterladen. Klick

Ob die Sache noch was bringt, ist fraglich. Im Sommer 2009 wurde über das Vermögen der Firma Emprise das Insolvenzverfahren eröffnet.

Wo ist jetzt der Zusammenhang zu dem Ermittlungsverfahren?

Nun: Ich möchte auf einen Namen aufmerksam machen. Bei den dubiosen Vergaben im Landesumweltamt damals war ein Mann ganz vorne mit dabei. Herr V., zuständig für die Datentechnik im Haus. Die eine oder andere Vergabe hat er sogar selbst betreut.

Doch nun zum letzten echten Vorwurf im Verfahren gegen Harald F. Wie gesagt, es geht um die Erstellung von Computerkarten. Es heißt, einer Firma, mit der Harald F. zu tun gehabt habe, seien Unterlagen aus einer Ausschreibung für die Erstellung eben dieser Karten zugespielt worden, damit diese den Auftrag gewinnt.

Spannend ist die Genese des entscheidenden Beweises zu diesem Vorwurf: Ich muss jetzt sehr detailliert werden, um meinen Punkt zu machen. Sorry, es geht nicht anders.

Es geht vor allem um das Asservat 28-2-53.

Dieses Asservat wurde angeblich im Haus des Beschuldigten K. gefunden. Es ist ein Aktenordner. In dem Aktenordner sollen Unterlagen gefunden worden sein, die beweisen, dass K. ein Konkurrenzangebot zur Vergabe der Computerkarten vorab in die Hand bekam. Der Aktenordner ist eine Sammlung von einzelnen Dokumenten und Papieren.

Zunächst lässt sich aus den Verfahrensakten herauslesen, dass die belastenden Unterlagen aus dem Asservat 28-2-53 erst sehr spät explizit und detailliert in die Hauptakte des Verfahrens eingeführt wurde. Nämlich ab etwa Blatt 9500. Zu dem Zeitpunkt als diese Seiten angelegt wurden, waren die meisten Vorwürfe schon erledigt.

Für unseren Fall ist besonders der Einzelbeweis Nr. 35 wichtig: Ein angebliches Original des Angebotes der Firma Land & System. Mit diesem Angebot bewarb sich die Firma um den Auftrag, die Computerkarten zu erstellen.

Dieses Schreiben soll nun dem Beschuldigten K. zugespielt worden sein. Er soll es dann benutzt haben, um sein eigenes Angebot zu frisieren und so den Auftrag für die Erstellung der Computerkarten zu bekommen. Dieser Einzelbeweis Nr. 35 soll im Asservat 28-2-53 gewesen sein. Also in dem entsprechenden Aktenordner. Eine Beweiskette, die zu einer Anklage reichen könnte. Auch wenn nicht nachgewiesen ist, was Harald F. damit zu tun haben soll.

Aber war die Kette eigentlich so, wie behauptet? Es geht weiter in die Details. Der erste ausführliche Bericht über die Durchsuchung beim Beschuldigten K. stammt vom 3. Juni 2008. Er beginnt schon auf der Seite 3673 der Hauptakte und geht über mehr als 150 Seiten. Hier wird indirekt auch das Asservat 28-2-53 erwähnt, ohne aber detailliert den Inhalt zu beschreiben. Der Bericht enthält noch keinen Hinweis und keine Dokumentation des angeblichen Originalangebots der Firma Land & System.

In der Hauptakte folgt dann auf den Blättern 7659 bis 7661 eine Tabelle über die Projekte mit Beteiligung des Beschuldigten K. Diese Tabelle wurde mit Datum 30. Oktober 2008 verfasst.

In dieser Tabelle ist zum erstenmal von dem Projekt zur Erstellung von Computerkarten die Rede, das angeblich verschoben sein soll. Dabei bezieht sich die Tabelle auf ein anderes, nämlich im Umweltministerium sichergestelltes Asservat mit der Nummer: 01/43.

Es kommt zu einer Merkwürdigkeit: Ab der Seite 7662 in der Hauptakte folgt ein weiterer Bericht über Asservate in einem Objekt des Beschuldigten K. Dieser Bericht datiert vom 29. August 2008. Und ist damit zwei Monate älter als die zuvor dokumentierte Tabelle aller Projekte mit Beteiligung des Beschuldigten K.

In diesem Bericht werden insgesamt 29 Beweismittel dokumentiert. Ein angebliches Original des Angebotes der Firma Land & System ist wieder nicht dabei.

Dann folgt in der Hauptakte ein Vermerk über die Auswertung eines weiteren Objektes des Beschuldigten K. Dieser Vermerk ist vom 8. Juli 2008 und damit noch mal älter als die zuvor benannten Akten.

Die sichergestellten Asservate werden detailliert beschrieben. Und insgesamt 37 Beweismittel dokumentiert. Das angebliche Original des Angebotes der Firma Land & System wird weder erwähnt noch dokumentiert.

Dass die Vermerke älter sind als der zusammenfassende Bericht, ist nicht seltsam. Denn auf diesen Vermerken basiert der Bericht. Seltsam ist, dass ein angebliches Original des Angebotes der Firma Land & System aus dem Asservat 28-2-53 nicht erwähnt wird. Hier hätten diese Dokumente doch auffallen müssen. Denn dies wäre ja so etwas wie ein rauchender Colt.

In der Hauptakte folgen dann weitere Berichte über andere Asservate, in denen über 40 Beweismittel dokumentiert werden. Hier taucht auch das Projekt Computerkarten wieder auf. Es werden fünf Schreiben zwischen dem Beschuldigten K. und dem Ministerium aufgeführt und ein Leistungsnachweis dokumentiert. Das Original des Angebotes der Firma Land & System wird wieder nicht erwähnt, obwohl in diesen Berichten und Vermerken sehr detailliert die vorgefundenen Schreiben beschrieben werden.

Lediglich in einem zusammenfassenden Bericht wird auf Seite 7765 der Hauptakte auf der unteren Seitenhälfte erwähnt, dass ein Angebot der Firma Land & Systems aufgefunden wurde. Auf Seite 7765 wird das Beweismittel noch einmal erwähnt. Hier trägt es überraschender Weise die Nummer 238.

Die hohe Ordnungszahl ist merkwürdig. Sie deutet eigentlich darauf hin, dass dieses angeblich bei dem Beschuldigten K aufgefundene Beweismittel nicht aus dem Asservat 28-2-53 stammen kann.

In den Asservaten 28-2-54 und 28-2-55 wurden beispielsweise die Beweismittel-Nummern von 38 bis 78 verteilt. In dem Aktenordner des Asservates 28-2-53 gehen die Ordnungsnummern auch nicht wirklich höher.

Wo gibt es aber so hohe Zahlen für Beweismittel, wie jene 238? Nach Aktenlage eigentlich nur im Umweltministerium. Wir erinnern uns an die Tabelle, in dem das Projekt zur Erstellung von Computerkarten erwähnt wurde. Diese Tabelle basierte auf dem im Umweltministerium sichergestelltes Asservat mit der Nummer: 01/43.

Die nächste Merkwürdigkeit: Der Aktenordner, der eigentlich das Asservat 28-2-53 ausmacht, verschwindet scheinbar. Er wird offensichtlich zerrupft. Existiert nicht mehr als Sammlung, sondern nur noch in seinen Einzelteilen. Für den Untersuchungsausschuss im Landtag wird er später erneut zusammengestellt, irgendwie. Doch das klappt nicht so richtig. Mit einem Mal sind Unterlagen der Ermittler, wie zum Beispiel ein Gutachten über Fingerabdrücke, Bestandteil des Ordners. Krude.

Am 6. Februar 2009, nachdem die meisten Vorwürfe auf Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft erledigt waren, taucht plötzlich eine neue Inhaltsbeschreibung des Asservates 28-2-53 auf. Und zwar auf den Seiten der Hauptakte 9518 bis 9532. Und hier findet sich nun eine „Anlage 35“. Diese Anlage wurde in den vorherigen Auswertungen nicht dokumentiert oder beschrieben. Auch jetzt wird diese Anlage nicht dokumentiert. Sie wird nur erwähnt.

Erst am 18. Mai 2009 wird das Original des Angebotes der Firma Land & System als Beweisstück Nr. 35 in das Verfahren eingeführt. Und explizit in die Hauptakte eingebracht. Es heißt nun, das Angebot sei in den Unterlagen gefunden worden, die beim Beschuldigten K. beschlagnahmt wurden.

Ein Beweis der vom Himmel fällt? Gerade dann, wenn das Verfahren vor dem Aus steht? Komisch.

Vor allem, wenn man bedenkt, wie die handschriftlichen Notizen der Zeugin Dorothea Delpino aufgetaucht sind, als das Verfahren wegen Geheimnisverrat bei einem Bewerbungsgespräch vor der Einstellung stand.

Denn am 18. Mai 2009, dem gleichen Tag, an dem das Beweisstück 35 auftaucht, ruft Eckhard Lech, Leiter der LKA-Ermittlungskommission im Fall Harald F., bei der Belastungszeugin Delpino an. Er fragt sie, ob sie noch etwas Belastendes gegen Friedrich habe. Diese Frage ist merkwürdig, da Delpino bereits 2006 alles Interessante und Uninteressante, alle möglichen Emails von Harald F. und Daten, derer sie habhaft werden konnte, an das LKA ausgehändigt hat – Hauptsache es erweckte den Eindruck, Harald F. habe etwas verbotenes getan. LKA-Mann Lech und Delpino standen zudem sehr lange in engem Kontakt und tauschen ganze Aktenordner mit angeblich belastendem Material aus. Unterlagen, die diese Aussage beweisen können, liegen mir vor.

Wie dem auch sei. Jedenfalls informierte Delpino das LKA am 20. Mai 2009, die gewünschten Unterlagen seien lieferbar. Der Leiter der Ermittlungskommission Lech holte die Papiere daraufhin bei Delpino persönlich ab. Nochmal: Lech ist genau der Beamte, der zuvor sehr eng mit Delpino beim Zusammenstellen der Korruptionsvorwürfe zusammengearbeitet hatte.

Natürlich kann es sein, dass die Beamten um Lech erst spät bemerkt haben, dass sie da etwas Belastendes übersehen haben. Kann ja auch sein, dass eine Zeugin jahrelang handschriftliche Notizen aufbewahrt, die beweisen sollen, dass sie und Harald F. bei ihrer Einstellung betrogen haben.

Aber wie wahrscheinlich ist das?

Jetzt zurück zum Landesumweltamt und die dubiosen Vergaben da. Sie erinnern sich? Erinnern Sie sich noch an Herrn V.? Das war der Mann, der für die Datentechnik zuständig war, und der die eine oder andere Vergabe betreut hat, die von Harald F. angegriffen wurden.

Dieser Mann ist mit einem mal wieder dabei. Mitten im Ermittlungsverfahren rund um den letzten echten Vorwurf. Diesmal ist er so eine Art Generalzeuge für Staatsanwalt Meyer und das LKA, wenn es darum geht, Harald F. im Fall der so genannten Computerkarten zu belasten. Herr V. beurteilt für die Ermittler die angeblichen Beweise. Bemerkenswert oder? Vor allem wenn man an den anonymen Anschiss beim Landesrechnungshof denkt. Und die Briefeschreiber, die nie gesucht wurden.

Tscha. Was soll ich sagen. Da fällt mir auch nicht mehr viel ein. Ich finde das alles nur super seltsam. Ob Herr V. die anonyme Anzeige gestellt hat, weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal, ob es einen Zusammenhang zwischen dem anonymen Angriff und der Vergabeaffäre im Landesumweltamt gibt. Keine Ahnung.

Ich finde es nur dubios, wie hier Beweise auftauchen. Und ich finde es komisch, dass Leute Harald F. belasten sollen, die zuvor selbst in einem Vergabeverfahren von diesem angegriffen wurden.

Vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag trat LKA-Mann Lech jedenfalls mit gleich zwei Rechtsanwälten an der Seite auf. Warum, ist schwer zu sagen. Vielleicht, weil er und die Staatsanwaltschaft Wuppertal die Unterlagen zur Vergabeaffäre im Landesumweltamt zwar beschlagnahmt, aber nach kurzer Prüfung wieder rausgegeben haben, ohne irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen?

Was weiß ich. Hier nun der Gag zum Schluss: Aus der Hauptakte des Ermittlungsverfahrens kann man lesen, dass der Beschuldigten K. sein erfolgreiches Angebot für die Erstellung der Computerkarten am 3. September 2003 im Umweltministerium eingereicht hat. Das Konkurrenzangebot von Land & System ging erst am 17.September 2003, also rund 14 Tage später dort ein. Wie soll der Beschuldigte K. also sein eigenes Angebot auf Basis des Angebots von Land & System frisiert haben, das er angeblich auf kriminellem Wege aus dem Umweltministerium bekam?

Oberstaatsanwalt Jens Frobel von der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf sagte mal im Untersuchungsausschuss, Staatsanwalt Meyer aus Wuppertal habe nicht immer die nötige Aktenkenntnis, um die Vorwürfe zu beurteilen.

Könnte was dran sein.

Ich habe schon öfter über den Skandal berichtet. Hier gibt es mehr zum Thema:

Uhlenberg-Ausschuss wird zum Justizskandal. Strafvereitelung oder Verfolgung Unschuldiger?

Ermittlungsakten für Zeugen – wie sich Mitarbeiter des NRW-Umweltministeriums auf Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages vorbereiten können

LKA-Beamter setzt Uhlenberg-Ministerium unter Druck

LKA versus Umweltminister Uhlenberg

Uhlenberg-Untersuchungsausschuss: Spuren einer Intrige

Uhlenberg-Untersuchungsausschuss: Justiziar verwickelt sich in Widersprüche

Anfrage-Email wird im Uhlenberg-Untersuchungausschuss verteilt

LKA-Vermerk aus dem Uhlenberg-Ausschuss: “Hat Frau Delpino die Ermittlungen geführt?”

Uhlenberg-Skandal wird richtig übel

Dubiose Belastungszeugin präsentiert dubiose Belege

Der Untersuchungsausschuss “Uhlenberg” hat viel zu tun

Die Akte F – wie das NRW-Umweltministerium einen Ex-Mitarbeiter verfolgt

Berichte aus dem Sumpf, in dem Uhlenberg und das LKA sitzen

Abhörskandal im PFT-Fall

Mega-Lauschangriff in NRW

Der Fall F. – Ministerium erhält Einblick in Ermittlungsakte

Offene Akten für die Belastungszeugin

Verfahren Harald F – Pleite für die Staatsan

Werbung


Apple kommt ins Ruhrgebiet

appleApple-Stores gibt es in Deutschland in Hamburg, München und Frankfurt  – und bald im Ruhrgebiet.

Denn offensichtlich plant Apple einen Store im CentrO in Oberhausen. Mitarbeiter werden schon gesucht. Ich hoffe der Store öffnet im Sommer – ich stelle es mir blöd vor, vier Nächte im Schnee zu schlafen, nur um die Eröffnung mitzuerleben.
Via Macwelt

MSV-Präsi-Hellmich: Ärger bei der Alemannia in Aachen

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Duisburg, St. Pauli und jetzt Aachen.Handwerker haben Streit mit der Walter Hellmich Bau GmbH. Der Streit zwischen dem Dinslakener Bauunternehmer und MSV Präsidenten und einem Aachener Maler droht nun zu eskalieren. Es geht um fast 300.000 Euro. Klagen nicht ausgeschlossen.

Der Bauunternehmer Frank Stelljes aus Bremervörde weiß über Walter Hellmich Baugesellschaft nur Gutes zu berichten: „Als es mit den Zahlungen hakte, gab es Streit, dann haben wir uns zusammengesetzt und das Problem gelöst.“  Die Zahlungsmoral auf dem Bau, das sei ein düsteres Kapitel, aber Hellmich sei mit seinem Unternehmen beim Bau der Südtribüne des neuen Stadions am Millerntor, dem Renommeeprojekt des Zweitligisten St- Pauli, ein realtiv fairer Partner gewesen. Immerhin – als mit dem Stopp der Arbeiten gedroht wurde, hat er gezahlt.

Das würden die Handwerker auch gerne sagen können, die sich in der vergangenen Woche in der Wohnung von Maler Michael Severich in Aachen-Laurensberg trafen. Sie alle haben ein gemeinsames Problem: Sie haben als Subunternehmer für die Walter Hellmich Bau GmbH am Neubau des Aachener Tivolis gearbeitet. In einer Rekordzeit von 13 Monaten haben sie das neue Tivoli hochgezogen. Hellmichs Unternehmen wollte sein Versprechen halten, dass die Alemannia den Saisonauftakt 2009/2010 im neuen Stadion feiern konnte. Das gelang – auch wenn die Feier ausblieb: Aachen verlor 0-5 gegen St. Pauli.

Nun wollen sie ihr Geld. Zum Beispiel Maler Michael Severich. Der hat die Aachener Kanzlei Delheid Soiron Hammer mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt. In einem Schreiben vom 1. Dezember 2009 fordert die Anwaltkanzlei die Bürgschaft über 265.053,51 Euro an den Maler, nachdem die bereits angemahnten Zahlungen ausblieben. Geld, bzw. eine Absicherung, die Severich dringend  benötigt: „Wenn wir nicht im Herbst einen großen Auftrag auf einer anderen Baustelle bekommen hätten, wären wir in die Pleite gegangen. Ich habe 18 Angestellte – ich brauche das Geld.“

Die Baugesellschaft Walter Hellmich hat den Forderungen des Malers widersprochen. 61 Punkte hatte das Unternehmen in einem ausführlichen Schreiben an der Arbeit von  Severich zu bemängeln – Severich hat die Mängel seiner Ansicht nach ausgeräumt. Bei den von Hellmich aufgeführten „Mängeln“ handelt es sich laut Severich um Zusatzleistungen bzw. noch nicht erbrachte Restarbeiten aus dem Vertrag. Die Arbeiten für die Firma Hellmich wurden jedoch auf Grund nicht geleisteter Vergütung eingestellt, und werden auch dann erst wieder aufgenommen, wenn die Vergütung erfolgt. Nun bereitet sein Anwalt die Klage gegen Hellmichs Bauunternehmen vor. Über 80.000 Euro wollen die anderen Handwerker, die sich bei Severich getroffen haben. Sie haben dem Dinslakener Bauunternehmen letzte Fristen eingereicht – verstreichen die, wollen auch sie klagen.

Der Ärger mit den Handwerkern ist nicht das einzige Problem Hellmichs in Aachen: Das Parkhaus ist so mangelhaft gebaut, dass die Aachener Parkhaus GmbH (APAG), eine städtische Tochter, die das Tivoli-Parkhaus in Auftrag gab, das Gebäude nicht abgenommen hat. Nur zu den Heimspielen der Alemannia wird es kurzzeitig freigegeben. Dumm auch für die Alemannia: Auf dem Dach des Parkhauses sollten Trainingsplätze für Kicker eingerichtet werden.

Weitere Probleme hat Hellmich auch mit einer Fläche südlich des Stadions: Ursprünglich wollte er sie lukrativ entwickeln. Ein Aachener Ratsherr: „ 50 Millionen war ein guter preis, aber das Packet Stadion beinhaltete eben auch die Möglichkeit für Hellmich das Südgelände lukrativ zu bebauen und zu vermarkten.“

Auf ihrer Homepage beschreibt Hellmichs Unternehmen seine Pläne mit dem Areal: „Darüber hinaus ist die Hellmich Gruppe damit beauftragt, eine südlich angrenzende Projektfläche zu entwickeln. Diese Projektfläche bietet hervorragende Nutzungsmöglichkeiten für Sportfachmärkte, Hotels oder medizinische Einrichtungen.“ Bis Ende des Jahres hatte Hellmich Zeit, einen Erbpachtvertrag mit der Stadt zu schließen. „Bei uns ist aber nichts angekommen“, sagt das Ratmitglied. Schade, denn das Areal grenzt an die Fläche auf der das weltbekannte Concours Hippique International Officiel (CHIO) stattfindet und ein lukrativeres Publikum als die Alemannia anzieht. Warum lässt sich Hellmich das Geschäft entgehen? Wir wissen es nicht. Weder zur Bezahlung der offenen Rechnungen der Aachener Handwerker noch zu den weiteren Plänen Hellmichs auf dem Alemannia Gelände bekamen wir bis jetzt eine Antwort von Hellmich auf unsere Fragen.

Mehr zu dem Thema:

Walter Hellmich, der MSV und das Geld