Jahresrückblick 2009: Juni

Hannelore Kraft änderte ihre Homepage, die SPD litt am Liebesentzug der Wähler und dann waren da noch die Piraten. Langweilig war der Juni nicht.

Hannelore Kraft Lebenslauf auf ihrer Homepage änderte sich, wie schrieben darüber und das führte dann zu längeren – ähem – Diskussionen. Die hatten wir in diesem Monat auch mit Silvana Koch-Mehrin – Madame legte eine eidesstattliche Versicherungen vor und wollte zeigen, dass sie auch oft an der Schüppe steht. Die Diskussionen um die Netzsperren waren das wichtigste Thema des Monats – zumindest im Internet. Die SPD wurde für ihre Unterstützung der Netzsperren kritisiert. Die Piraten waren die Gewinner dieser Debatte, es gelang ihnen allerdings ziemlich schnell, die gerade gewonnenen Sympathien schnell wieder zu verspielen.
Viel diskutiert wurde auch über die Frage ob der Staat Arcandor oder Opel retten sollte – der Wirtschaftsweise Christoph M. Schmidt hielt nicht nichts von solchen Ideen.  

Und sonst? Forsa-Chef Manfred Güllner gab einen Ausblick auf die Kommunalwahl, Grüne und SPD setzten einen Uhlenberg-Untersuchungsausschuss durch und wir sprachen mit Ranger über Amokläufe und Videospiele.

Jahresrückblick 2009:

Januar

Februar

März

April

Mai

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Wir warten auf’s Christkind…

 

Wer Drei Nüsse für Aschenbrödel schon rückwärts singen kann, für den hier ein klitzekleines Alternativprogramm. Dank Zeitverschiebung sind die Leute in Australien so langsam mit der Bescherung durch und der Weihnachtsmann macht sich langsam auf’n Wech in unsere Gegend…

 

Die Ost-West-Route jedenfalls ist schlau ausgedacht. Gefühlte 90 Prozent des Geraffels, das heute verschenkt werden wird, wird ja nicht mehr am Nordpol, sondern mitlerweile ebenfalls in Asien produziert, da kann man den Schlitten fix neu beladen, spart den Zwischenhandel, Elfen- und Transportkosten, der Weihnachtsmann ist ja auch nicht doof und geht mit der Zeit.Sollte es trotzdem zu Verzögerungen mit der Auslieferung kommen oder sollte sich nicht alles vom Wunschzettel auch unterm Baum finden… tscha… könnte hieran liegen…

Wo die Wurzel des Streites liegt, darüber kann man nur spekulieren, aber der Kreative liefert auch hierfür eine mögliche Erklärung…

Vielleicht ist Santa doch nicht sooo schlau

Jahresrückblick 2009: Mai

Am 1. Mai  überfielen Nazis in Dortmund eine DGB-Demo, Wulf Bernotat kündigte seinen Weggang bei E.on an und Silvana Koch Mehrin fiel unangenehm wegen Fehlens am Arbeitsplatz auf.

Foto: FDP Baden-Würtemberg

Am 1. Mai überfielen Nazis die Teilnehmer einer DGB-Demonstration in Dortmund – mit der weichen Linie der Stadt Dortmund gegenüber Nazis war es damit erst einmal vorbei. Im Mai merkte man dass die ersten Wahlen des Superwahljahres vor der Tür standen. Wir berichteten über die nicht ganz so eifrige EU-Abgeordnete wie Silvana Koch-Mehrin (FDP), die häufig  besseres zu tun hatte, als im Plenarsaal zu sitzen. Oskar Lafontaine schaute in Bochum vorbei, wusste alles und das sogar besser als alle und meckerte über die Medien. Ach, die Welt ist grausam. Natürlich nicht für Porschefahrer. Die Wattenscheider Schule besuchte ein Porschetreffen in Dinslaken, der Stadt der Reichen und Schönen, dem Monaco des Ruhrgebiets.
Nicht ganz so gut war die Stimmung im Mai bei den Hertie-Mitarbeitern und den vielen Städten, die schon bald ihr einziges Kaufhaus verlieren sollten – der Vorort-Charakter etlicher Revierstädte wurde immer deutlicher.
Das gilt natürlich nicht für Moers, wo wieder das Jazz-Festival stattfand – wir waren natürlich dabei. Wer Jazz nicht so mochte konnte sich ja in einer Höhle verstecken – zum Beispiel in der des Minotaurus auf Kreta, wir erklärten den Weg dahin. Die Höhle kann übrigens Wulf Bernotat mal besuchen – nach seiner Zeit an der Spitze von E.on hat er ja Zeit.
Und dann gab es noch ein Gutachten, das feststellte, dass es vollkommen in Ordnung war, im Januar eine Israelfahne aus einem Fenster zu reißen, damit der Mob auf der Straße sich beruhigt.

Jahresrückblick 2009:

Januar

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März

April

 

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Als wir sichtbar wurden…

Die Parteien konnten auch im Jahr 2009 mit dem Internet nicht viel anfangen. Aber die Online-Community begann Einfluss auf die Parteien auszuüben.

2008 schauten Wahlkampfmanager fasziniert in die USA. Obama, hatte die Präsidentenwahl auch im Internet gewonnen, dort die Spenden für seine Kampagne gesammelt und via Twitter engen Kontakt zu seinen Anhängern gehalten. Also rüsteten die Parteien digital auf: Die Internetseiten wurden erneuert, Facebook-Seiten eingerichtet und die SPD startete sogar ein iPhone-App um die weniger werdenden Anhänger in den Wahlkampf einzubinden. Zeitweise hatte man den Eindruck als ob alle Parteimitglieder den Tag nur noch twitternd verbringen würden. Vor allem vor der Europawahl war das digitale Engagement groß. Das Internet wurde von den Parteien vor allem als PR-Plattform wahrgenommen, über die man noch den größten Schwachsinn verbreiten konnte. Einer der absurdesten  Twitter-Feeds die ich in dieser Zeit gelesen haben war "Martin Schulz hat das Tempodrom zum Kochen gebracht!" Martin Schulz? Schon heute weiß kaum jemand mehr wer das ist und zum Kochen hat der in seinem Leben höchstens das Wasser in einem Nudeltopf gebracht.

Die Union war die ganze Zeit etwas zurückhaltender um fremdelte mit dem für sie neuen Medium – eher lieblos machte man was online weil man online was machen musste. Einen Blumentopf wollte man erst gar nicht gewinnen und bei der Digital-Politik der CDU war wohl auch den Wahlkamfmanagern klar, das die Investitin in Gratis-Streuselkuchen für Senioren rentierlicher sein würde.

Trotzdem wurden die Online-Schritte der Parteien von vielen Anfangs mit Wohlwollen betrachtet. Sie gaben sich teilweise  zumindest Mühe. Womit niemand, vor allem bei den Parteien, nicht gerechnet hatten war, dass die umworbene Online-Community selbst das Thema setzen würde, dass im Internet den Wahlkampf und das Ansehen der Parteien bestimmt hat.

Sicher hat Don Alphonso recht, wenn er schreibt, dass die Frage der Netzsperren ein randständiges Thema war und ist, das an großen Teilen der Bevölkerung vorbeigeht, – aber an der ging in diesem Jahr ohnehin alles vorbei. Dafür dass wir 2009 in der schwersten Wirtschaftskrise  seit dem zweiten Weltkrieg steckten – deren Folgen wir noch viele Jahre spüren werden – wurde im Wahlkampf kaum über Politik diskutiert. Der Kuschelwahlkampf 2009 mit einer in sich ruhenden Kanzlerin auf der einen und einem blassen SPD-Kandidaten auf der anderen Seite, war einer der verpassten Chancen: Wann, wenn nicht 2009 hätten die Parteien die Unterschiedlichkeit ihrer Programme im Wahlkampf besser herausarbeiten können? Stattdessen wurde getwittert und gefacebooked was das Zeug hielt.

In diesen inhaltsleeren Raum stieß die Debatte um die Netzsperren hinein – und die Online-Community berauschte sich an ihrer eigenen Stärke: Im Sekundentakt wurde via Twitter die Zahl der Unterschriften unter der E-Petition von Franziska Heine bekannt gegeben und sie stieg in bis dahin unbekannte Höhen: 134.015 Menschen hatten bis zum 16. Juni gegen den Netzsperren unterschrieben.

Erst erwischte der Protest die Union. Aus Ursula von der Leyen wurde Zensursula und auch viele Sozialdemokraten schlossen sich dem Protest gegen die Netzsperren und dem Bashing von der Leyens an – bis sie erstaunt feststellten, dass die eigene Partei ja mit am Kabinettstisch saß und die SPD-Minister die Netzsperren-Beschlüsse mit trugen. Auf dem SPD-Parteitag im Juni wurde ein Antrag von Björn Böhning das Netzsperren-Gesetz nicht zu unterstützen noch nicht einmal diskutiert.

Nun traf der Zorn der Netzes mit voller Wucht die SPD. Wer hat uns Verraten? Sozialdemokraten! Nunja, es scheint so zu sein dass diese Erfahrung jede Generation immer wieder neu machen muss. Dass die SPD dann in der Opposition ihre Positionen revidiert ist auch nicht neu und lässt nicht die geringsten Rückschlüsse auf künftiges sozialdemokratischen Regierungshandel zu.

Aber zu diesem Zeitpunkt war es gelungen, dass ein eher randständiges Thema auf einmal breit diskutiert wurde. Die Piratenpartei geriert nach ihrem Überraschungserfolg bei der Europawahl in den Blickpunkt der Medien. Sicher, viele, die heute bei den Piraten rumlaufen, sind mit dem Begriff Irre noch freundlich beschrieben – Kinderschänder, nur halbwegs verkappte Rechtsextreme und viel andere Spinner sammeln sich bei den Piraten – aber das gab es dass auch alles in den Anfangstagen bei den Grünen und selbst die SPD hat als Chaostruppe angefangen und ihren ersten Vorsitzenden bei einem Duell um das Herz einer attraktiven Dame verloren. Wohin sich die Piraten entwickeln wird sich zeigen: Gelingt es ihnen sich schnelle von den Irren und Trittbrettfahrern zu trennen und den langen Atem aufzubringen, den der Aufbau einer Partei mit allen Diskussionen und Rückschlägen erfordert könnten sie die Partei sein, die das Thema Digitalisierung so in die Politik einführt wie es den Grünen mit der Ökologie gelungen ist.

Ein Hauptproblem, und auch da muss man Don Alphonso schon wieder recht geben, ist, dass im Internet nicht intensiv genug über andere politische Themen diskutiert wird und das ist auch selbstkritisch gemeint: Wir haben viele Themen in der Vergangenheit einfach nicht beachtet. Das wird sich ändern. Blogs sind bis heute was ihre Themen betrifft in hohem Maße selbstreferentiell: Irgendein neues Feature auf Twitter oder lustiges Muppetvideo rocken die deutschsprachige Blogszene. Afghanistan? Erhöhung der Sozialbeiträge? Alles irgendwie nicht ganz so spannend und irgendwie vielleicht auch viel zu kompliziert.

In diesem Jahr ist es gelungen Themen wie die Netzsperren auf die Agenda zu setzen und das nicht ohne Erfolg: Die Netzsperren sind ausgesetzt, FDP und Grüne haben das Thema Freiheit im Internet für sich erkannt. Prima. Aber das kann alles nur der Anfang gewesen sein. Die Bedeutung der Zeitungen nimmt ab – ich kann nicht sagen dass mir das gefällt und ich das ohne Sorgen sehe, aber es ist nun einmal so. Blogs könnten einen Beitrag leisten  sie zu ersetzen – als Medium dass Diskurse anstößt und ihnen den nötigen Raum gibt. Ob das klappt? Wir werden es sehen, aber wir haben es selbst in der Hand.

Jahresrückblick 2009: April

Im April ging der PFT-Skandal weiter, aber am Horizont erschien eine neue Bedrohung: Die Schweinegrippe. Wir zeigten wie man sich schützen kann.

Eigentlich sollte die Kulturhauptstadt mit einem großen Fest in der Schalke-Arena eröffnet werden – im April wurde bekannt dass die ausfallen wird. Bekannt wurden auch vier Memos von George Bush die genau erklärten, wie gefoltert werden darf. Da konnte einem schon schlecht werden. Übrigens: Für Übelkeit  sorgte auch wieder PFT in der Ruhr. Minister Uhlenberg bekam das Problem nicht in den Griff. Warum ist der eigentlich noch Minister? Naja, was soll er auch sonst machen? Auf der Straße rumhängen und selbstgebastelte Schweinegrippe-Schutzmasken verkaufen? Wir hatten dazu die richtige Anleitung.

Der April war aber auch ein Monat der Erinnerung – an einen Besuch bei dem verstorbenen Schriftsteller Walter Kempowski und an eine Kindheit im Schatten des havarierten Reaktors in Tschernobyl. Für mich war die Tschernobyl-Geschicht eine der beeindruckensten Texte des ganzen Jahres.

Im Ruhrgebiet ist ja immer Strukturwandel und der kostet Geld. Besonders sinnlos ist bei dem Wunderauto Loremo ausgegeben. Ob man den Namen noch im kommenden Jahr hören wird? Abwarten.

Und dann berichteten wir noch vom Sauerland-Prozess und einigen Ungereimtheiten um die Terrorgruppe IJU, die anstehende Wahl des ziemlich machtlosen Europaparlamentes und hatten auch noch eine Premiere: Die Wattenscheider Schule veröffentlichte ihren ersten Text: Die Zeugen Jehovas sind die besten Menschen der Welt.

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