Das "Lex E.on" kann zum Bummerang für die NRW-Energiewirtschaft werden. Dabei ist die Sache im Kern ganz einfach. Die Landesregierung NRW will das Landesplanungsrecht so ändern, dass E.on sein Kraftwerk in Datteln (siehe Screenshot) bauen kann. Dabei geht es um die Entfernung des Klimaschutzes und des Vorranges für heimische Energieträger aus der Landesplanung. Während ersteres zum erwartbaren und wegignorierten Protest der Umweltschützer führt, kommt bei letzterem Widerstand aus einer gänzlich unerwarteten Richtung. Der Versorger RWE findet den Vorstoß der Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben nämlich überhaupt nicht komisch. Bei der Erstellung des Lex E.on wurde offensichtlich nicht ausreichend bedacht, dass auf den Gefallen für E.on hin, die heimische Energieträger aus der Landesplanung zu streichen, die Basis für die RWE-Braunkohlemeiler am Niederrhein gefährdet werden könnte. Für RWE ist diese Nummer das Horrorszenario, denn die Braunkohle-Anlagen sorgen für einen Grossteil der Konzern-Gewinne.
Wie aus Reihen der Landesregierung zu erfahren war, ist dem Energieriesen aus Essen besonders die vorgesehene Streichung des Paragraphen 26 aus dem Landesentwicklungsplan ein Dorn im Auge. Bislang wird mit diesem Punkt der Vorrang heimischer Energieträger wie Braun- und Steinkohle geregelt. Unter anderem auf Basis des Paragraphen 26 konnten in der Vergangenheit scharfe Einschnitte in die Rechte von Landbesitzern und Gemeinden gerechtfertigt werden, wenn es darum ging Kraftwerke gegen Proteste durchzusetzen, Grundstücke wie in Garzweiler zu enteignen oder ganze Dörfer umzusiedeln.
Die schwarz-gelbe Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) will nun genau diesen Vorzugs-Paragraphen sowie den in der Landesplanung festgelegten Klimaschutz kippen, um nachträglich die Fertigstellung des umstrittenen E.on-Kraftwerkes in Datteln zu ermöglichen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte nämlich die Baugenehmigung für das Kraftwerk unter anderem abgelehnt, weil es nicht mit heimischen Kohlen befeuert werden soll, sondern allein auf Importkohle ausgelegt sei. Zudem sei die Kohleverbrennung nicht besonders klimafreundlich. Die Genehmigungen für die E.on-Anlage würden damit den Zielen der Landesplanung widersprechen. Weiter hatte das OVG Münster kritisiert, die Anlage liege zu nah an Wohngebieten. Als Folge konnten Kraftwerksgegner mehrere Teilgenehmigungen für das Bauvorhaben blockieren. Das E.on-Kraftwerk steht seither vor dem Aus.
Um die Probleme „zu heilen“, hatte E.on bereits Anfang Dezember einen Antrag auf einen neuen Bebauungsplan für das Steinkohlekraftwerk bei der Stadt Datteln gestellt. Gleichzeitig versucht die Landesregierung im Schnellverfahren das geltende Landesplanungsrecht zu ändern, um die vom Gericht monierten Widersprüche zu beseitigen. Ein Sprecher der Landesregierung sagte, die Änderungen seien nötig, da sonst die NRW-Gerichte auch den Bau von politisch gewollten Gaskraftwerken mit Hinweis auf die Landesziele blockieren könnten. „Gas muss schließlich auch importiert werden.“
Beim RWE verfängt diese Argumentation allerdings nicht unbedingt. „Während das eine Kraftwerk gesichert wird, wird die Entwicklung des Braunkohlereviers bedroht“, heißt es aus dem Konzern.
In einem Schreiben vom 28. November, das mir vorliegt, wendet sich der Vorstandschef des Kraftwerksbetreibers RWE Power, Johannes Lambertz, direkt an NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). In dem Papier heißt es, RWE gebe den Widerstand gegen die Änderungen im Planungsrecht zunächst auf, „um Hürden für neue planungsrechtliche Verfahren auf kommunaler und lokaler Ebene abzubauen.“ Gleichzeitig fordert Lambertz aber auch, „mit Blick auf die Risiken“, dass die Landesregierung „noch einmal schriftlich klar stellt, dass die Streichung keine Abkehr von der bisherigen landespolitischen Position zum Einsatz der Braunkohle ist.“ RWE vertraue darauf, „dass die Politik Sorge dafür trägt“, dass die heimische Energie auch zukünftig im erneuerten Planungsrecht bevorzugt werde.
Ein Sprecher von Ministerin Thoben sagte, „selbstverständlich“ werde die Braunkohle auch weiter eine wichtige Rolle spielen. „Das ist der einzige heimische Energieträger, den wir in absehbarer Zeit noch haben.“
Die Änderungen des NRW-Planungsrecht sollen bereits im kommenden Frühjahr abgeschlossen werden. Damit könnte der erneuerte Bebauungsplan für das Dattelner E.on-Kraftwerk schon bis zur Jahresmitte beschlossen werden, heißt es in der Landesregierung.