Karstadt-Rentner sind pleite

Foto: flickr.com / cosmo flash

Freiwillig sind sie aus dem Essener Konzern ausgeschieden – doch die zustehende Abfindung werden viele Mitarbeiter nie erhalten

Mehr als zwei Jahrzehnte hat Hans-Dieter Friedrich für Karstadt gearbeitet. Nun ist der Essener Konzern "die bitterste Erfahrung seines Lebens". Der insolvente Traditionskonzern, so der 61-Jährige aufgebracht, schuldet ihm "unbesorgte Rentnerjahre". Friedrich ist einer von rund 700 Gläubigern denen in dieser Woche in Essen der erste Sanierungsplan für die Warenhauskette vorgelegt wurde. Friedrich, ein hagerer Mann mit zurück gegelten Haaren, verließ im vergangenen Dezember nach 21 Jahren freiwillig seinen Job im Archiv der Essener Hauptverwaltung. "Dafür wurde mir persönlich gedankt". Die Abfindung über 15 000 Euro hat er bis heute nicht erhalten. Seine Kündigungsfrist lief erst Ende Juni aus – zwei Wochen nach der Insolvenzanmeldung. "Ich bin auf das Geld angewiesen", sagt er. Im kommenden Jahr erhält er mit dem Arbeitslosengeld nur noch 60 Prozent seines bisherigen Lohnes. Friedrich und 40 weitere Betroffene haben einen Brief an den Personalleiter und Insolvenzverwalter geschrieben. Eine Antwort haben sie nicht erhalten. "Altgediente Mitarbeiter werden fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel."

Nicht nur Frührentner Friedrich ist betroffen. Deutschlands Innenstädte werden die Karstadt-Insolvenz bald spüren: Sechss Karstadthäuser, darunter das große silberne Warenhaus in Dortmund, werden schon zum Jahresbeginn 2010 geschlossen. Nun geht gerade im Ruhrgebiet mit seiner kaufschwachen Bevölkerung der schwarze Peter um: Elf weitere Häuser stehen auf der Prüfliste. Diese sind allerdings "aus Schutz" für die Betroffenen noch nicht namentlich bekannt. "Das Ziel ist ihre Fortführung", so Insolvenzverwalter Görg. "Dies gelingt aber nur, wenn vom Vermieter bis zum Beschäftigten alle nennenswerte Beiträge zur Rettung leisten."

Dabei haben die Mitarbeiter schon in den vergangenen vier Jahren mehrmals auf Lohn und Weihnachtsgeld verzichtet. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Hellmut Patzelt hat mit der gesamten Belegschaft am Wochenende erneut ein Sparpaket über 150 Millionen Euro beschlossen. Es ist das dritte innerhalb von vier Jahren. "Das schmerzt uns sehr", sagte Patzelt. Schließlich verdienen Verkäuferinnen ohnehin nur wenig.

Von der größten Insolvenz in der deutschen Wirtschaftsgeschichte sind mehr als 33 000 Personen betroffen. Darunter finden sich eben die Mitarbeiter, die auf ihren Lohn oder Weihnachtsgeld warten, Lieferanten, die noch kein Geld für ihre Produkte bekommen haben oder Coaches, deren Kurse nicht beglichen wurden.

Beate Güllner hat in ihrem Essener Reisebüro abends und am Wochenende unentgeltlich gearbeitet: Mehr als 1000 Euro schuldet ihr der Essener Karstadt-Konzern für in diesem Jahr gemachte Überstunden. Auch ihre Kolleginnen haben noch ein Anrecht auf Weihnachtsgeld und Leistungsboni. Gebündelt haben sie ihre Forderungen an einen Bevöllmächtigten gestellt. "Wir haben immer alles gegeben", sagt die 55-Jährige mit den blond gesträhnten Haaren und der Schmetterlingsbrille. Immer — das bedeutet in ihrem Fall tatsächlich fast das ganze Leben. Mit 15 Jahren wurde sie in einem Karstadt-Reisebüro zur Reisebürokauffrau ausgebildet und arbeitet seit vier Jahrzehnten bei Karstadt. "Früher war das so sicher wie ein Beamtenjob", sagt sie.

Früher. Vor wenigen Jahren noch war Karstadt in beinahe jeder Innenstadt das wichtigste Geschäft. Gründer Rudolph Karstadt hatte 1881 noch für die damalige Zeit revolutionäre Ideen: Er führte die sofortige Zahlung ein und schaffte das Feilschen an der Kasse ab. Solch neuen Ideen fehlten dem Management von Karstadt in den vergangenen Jahren. Für ihre eigene Abfindung aber waren sie kreativ genug: Sowohl Thomas Middelhoff als auch sein Nachfolger und letzter Chef des Konzerns Eick konnten Millionen nach Hause nehmen. Zwangsrentner Friedrich aber bekommt von seinem jahrzehntelangen Arbeitgeber nichts.

NRW-Umweltministerium unter Druck. Abteilungsleiter gibt Falschaussage zu

Auf WDR.de hat Johannes Nitschmann enthüllt, dass der für Personal und Organisation im NRW-Umweltministerium zuständige Abteilungsleiter Hans-Jürgen H.eine Falschaussage gemacht hat. Nitschmann zitiert aus einem achtseitigen Schreiben des führenden Umweltministeriums-Mannes, in dem H. sich selbst der Falschaussage bezichtigt. "Tatsächlich ist es zur falschen Wiedergabe von Sachverhalten gekommen."

Bei seiner Zeugenaussage hatte sich der Abteilungsleiter von Landesumweltminister Uhlenberg (CDU) in erkennbare Widersprüche verwickelt. Zunächst erklärte er, er sei über das Ausmaß der bundesweiten Strafermittlungen gegen seinen ehemaligen Abteilungsleiter-Kollegen Harald. F. wegen des Verdachts der banden- und gewerbsmäßigen Korruption überrascht worden. Nach etlichen Vorhalten von Ausschussmitgliedern der SPD und Grünen räumte der Zeuge schließlich zögerlich ein, die Korruptions-Vorwürfe seien bereits im Juli/August 2006 Gegenstand von Gesprächen und Vermerken im Umweltministerium gewesen. Bei seiner Zeugenvernehmung am 26. Oktober 2009 vor dem Untersuchungs-Ausschuss habe H., "wiederholt den Eindruck" gehabt, "neben mir zu stehen", heißt es in dem WDR.de vorliegenden Schreiben des Personalchefs von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU).

Aufgrund einer Herzerkrankung könne es bei ihm gelegentlich zu „Blackouts“ kommen. Deshalb habe er seiner Zeugenvernehmung „nicht aufmerksam folgen und die Fragen richtig einordnen“ können. Die „Komplexität des Sachverhalts“ habe dazu geführt, dass er „Zusammenhänge verwechselt“ habe.

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Beerdigen CDU und FDP den Ruhrbezirk?

Auch mit der Forderung nach einem Ruhrbezirk, nach der Modernisierung der abstrus aufgeblasenen Verwaltung des Landes NRW, hat die Union die Landtagswahl 2005 gewonnen. Nun rücken FDP und CDU von dieser Forderung immer deutlicher ab, dabei ist sie Teil des Koalitionsvertrages.

Rolle Rüttgers beim Ruhrbezirk

Münsters Regierungspräsident Peter Paziorek will, dass die Union Rücksicht auf die Westfalen nimmt. „Die Kritik insbesondere aus dem westfälischen Landesteil an den Plänen zu einer Dreiteilung zeigt, dass die landsmannschaftliche Identität und das regionale Selbstverständnis entgegen anderen Vermutungen noch immer sehr ausgeprägt sind“, sagte der CDU-Mann Paziorek der Ibbenbürener Volkszeitung. Wenn es nur Paziorek wäre, wäre das kein Problem: Dass ein Regierungspräsident, ein westfälischer zudem, kein Freund der Reduzierung der Zahl der Regierungsbezirke von fünf auf drei ist, ist nicht weiter überraschend. Das Dumme ist nur: Paziorek ist nicht der Einzige. Auch der Chef der Ruhrgebiets-CDU, Oliver Wittke, spricht nicht mehr von einem Ruhrbezirk und selbst Norbert Lammert, der Übervater der Ruhrgebiets-CDU hält sich zurück. FDP-Fraktionshef Papke hat schon im vergangenem Jahr verkündet, dass die FDP nichts mehr davon hält, Verwaltung und Kosten abzubauen.

Es gibt nicht ein vernünftiges Argument gegen die Neuaufteilung der Bezirke und ein Schleifen der Landschaftsverbände in NRW: Allein die Kosten dieser Überverwaltungen sind Grund genug, damit aufzuräumen. Das Geld für so große Beamtenbespaßungsanstalten ist einfach nicht mehr da – heute schon nicht und in der Zukunft erst recht nicht.

Die Dreiteilung des Ruhrgebiets, ein Relikt aus dem frühen 19. Jahrhundert, macht auch gar keinen Sinn. Gut, dass wir jetzt für uns jetzt selbst planen und nicht mehr von Arnsberg, Düsseldorf und Münster Pläne vor die Nase gesetzt bekommen, ist ein  wichtiger Schritt – aber er bleibt inkonsequent, wenn der Schritt der Reduzierung der Regierungsbezirke und die Schaffung eines Ruhrbezirkes nicht erfolgt.

Das Rheinland will einen eigenen Bezirk. Westfalen will keinen, denn die Verantwortlichen in Westfalen fürchten ohne die Ruhrgebietsstädte einen Bedeutungsverlust. Deswegen haben sie in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Lobbyarbeit geleistet, für die nun alle Bürger des Landes zahlen dürfen.

Und das Ruhrgebiet? Hat keinen Druck aufgebaut, um die Landesregierung auf ihre Versprechungen festzunageln. Im Gegenteil, Heinz-Dieter Klink (SPD), der von SPD und Grünen gewählte "Chef" des Regionalverbands Ruhr, wetterte bei jeder Gelegenheit gegen die Pläne der Landesregierung. Auch aus den Städten – selbst aus den CDU regierten – kam wenig Unterstützung. Und von Seiten der Bürger? Die fordern – ehrenvoll, aber nicht gerade realistisch, eine Ruhrstadt, anstatt sich politisch für einen Ruhrbezirk stark zu machen, der es zumindest auf die Agenda der Politik geschafft hatte. Und Rüttgers will die Landtagswahl gewinnen: Nach anhaltend schlechten Ergebnissen der Union im Revier will er keine Stimmen in Westfalen verlieren – und mit dem Ruhrbezirk, das ist wohl die Einschätzung in die CDU-Zentrale in Düsseldorf, wird man im Ruhrgebiet nichts gewinnen.

Von da an ist wieder einmal eine historische Chance verpasst worden -. aber im Chancen verpassen ist man ja im Ruhrgebiet ziemlich gut. Nur die Chancenverwertung, die will irgendwie nie klappen.

 

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Grüne Hochschulpolitik heute Mittag in Duisburg

Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring besucht heute die protestierenden Studenten an der Universität Duisburg-Essen. Er will um 13:30 Uhr auf dem Duisburger Campus im Audimax auflaufen. Sein Credo:

Unser Bildungssystem ist ungerecht, demotivierend und unterfinanziert. Wir wollen weg von Studiengebühren, viel zu hohen lokalen NCs und wenden uns gegen ungerechte Stipendiensysteme. Wir brauchen bessere Studienbedingungen für alle anstatt Exzellenz für wenige. Nur mit gleichen Chancen auf gute Bildung und breiteren Wegen auf den Uni-Campus kann der gesamtgesellschaftliche Bildungsaufbruch gelingen.

Ich persönlich finde spannend, dass derzeit offenbar tatsächlich in der Kultusministerkonferenz über eine Reform der Uni-Lehrgänge beraten wird. Es wird kein Ende der Bachalor- und Masterrei geben, aber das System soll angepasst und verbessert werden. Es sind einfach zuviele Leute unzufrieden. Hier können tatsächlich die Proteste der Studenten zu einem Erfolg führen, indem sie halboffene Türen ganz aufmachen. Natürlich werden nicht die radikalen Fordeurngen erfüllt. Aber wie sagt man, das unmögliche muss verlangt werden, um das mögliche zu bekommen. Ich bin gespant, wie die Kompromisslinie aussieht.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: Willkommen im Pott…Zeit

Ruhr2010 II: Metropolenträume in der Provinz….Bo Alternativ

Studi-Protest: Die Ruhr brennt…RP Online

SPD: Sozialdermokratische Einheitspartei…Süddeutsche

SPD II: Feldschlacht um Kurs und Personal…Zeit

Dortmund: SPD demütigt Grüne…Ruhr Nachrichten

Duisburg: Grüne sind geteilt…Der Westen

Wikipedia: Hasse mal nen Euro?…FIXMBR

Rat genehmigt Schalke Rettung: Münsteraner Regierungspräsident erklärt sich im Prüfverfahren für befangen

Foto: Peter Paziorek, Regierungspräsident von Münster

Um kurz nach 23:00 Uhr war es soweit. Der Gelsenkirchener Stadtrat hat mit breiter Mehrheit beschloßen, über die Tochterfirma GEW den Fussballclub Schalke 04 zu retten. Am Ende war es eine Formalität. Unterdessen erklärte sich der Münsteraner Regierungspräsident befangen. Als Schalkes Ehrenrat könne er den Deal nicht unvoreingenommen prüfen.

Im Kern soll die GEW nun ihre Beteiligung an der Schalke Arena aufstocken. Dafür zahlt die GEW dem Club 15 Mio. Euro für 40 Prozent an der Arena Besitzgesellschaft. Weitere 5 Mio. Euro wird die GEW der Arena Gesellschaft leihen, sagte GEW-Geschäftsfüher Ulrich Köllmann am Rand der Veranstaltung. Insgesamt zahlt damit die Stadt Gelsenkirchen über die GEW für die Schalke-Rettung 20 Mio. Euro. Zusätzlich wird eine nicht genannte Bank – unabhängig von der GEW – der Arena-Gesellschaft 5,5 Mio Euro leihen. Damit bekommt Schalke insgesamt 25,5 Mio. Euro, um die Saison zu Ende spielen zu können.

Da die GEW das Geld nicht hat, muss sie sich die Millionen "überwiegend" selber leihen, sagt Köllmann. Die städtische Tochter macht also Schulden, um den verschuldeten Verein Schalke zu retten. Interessant ist, dass Schalke die Arena-Anteile später wieder zurückkaufen will und darf. Die GEW soll dann einen Betrag von 15 Mio. Euro plus X für die nun gekauften Anteile bekommen. Es heißt, die Stadt mache damit nur eine Art Kreditgeschäft mit Schalke. Mehr nicht.

Für die Stadt sei das ein gutes Geschäft, hieß es am Rande der Ratssitzung. Für den Rückkauf gebe es einen schönen Nachschlag. Und zudem werde die Arena Dividenden ausschütten. Zumindest an letzter Stelle bin ich allerdings ein wenig skeptisch, dass dies wie geplant passieren wird. Denn zunächst ist der einzige Zahler für die Arena der Verein Schalke 04. Laut Pachtvertrag muss Schalke jährlich 17,219 Mio. Euro an die Arena Gesellschaft zahlen. Dazu sollen 100.000 Euro für jede Veranstaltung kommen. Allerdings sind die ersten 25 Veranstaltungen frei. Aber selbst dann ist nicht damit zu rechnen, dass der Verein besonders viel zusätzliches Geld an die Arena Gesellschaft überweisen kann. Denn die Investoren in die so genannte "Schechter-Anleihe" bestanden bisher darauf, dass Schalke nicht mehr als 17,219 Mio. Euro an die Arena-Gesellschaft überweisen darf. Der Rest soll im Verein bleiben, um die Schulden bezahlen zu können. Im Jahr 2008 etwa bekam die Arena nur 125.611,32 Euro für alle Veranstaltungen in der Halle. Zusammengefasst heißt das: Die Einnahmen der Arena Gesellschaft sind kaum steigerungsfähig. Der Gewinn wird in diesem Jahr laut Plan bei 1,2 Mio. Euro liegen. Mehr wird auch in Zukunft kaum drin sein. Es wird allenfalls kleine Steigerungen geben.

Das ist spannend, wenn man sieht, dass die Arena Gesellschaft einen Verlustvortrag von 30,97 Mio. Euro vor sich herschiebt. Es wird also ein paar Jährchen dauern, bis mal eine Dividende kommt.

Von der aktuellen Finanzspritze in Höhe von insgesamt 25,5 Mio. Euro fließen nur die 15 Mio. Euro für die Stadionbeteiligung direkt an Schalke. Der Rest nimmt einen Umweg. Und zwar gehen die 5 Mio. von der GEW und die 5,5 Mio. von der Bank zunächst als Darlehen an die Arena Gesellschaft. Diese zahlt damit andere Darlehen an den Verein Schalke 04 zurück. Damit hat der Schalke e.V. das ganze Geld und die Arena Gesellschaft neue Schulden. (Klarstellung: Die Arena hat nach der Aktion neue Schulden bei einem anderen Schuldner. Insgesamt erhöhen sich die Schulden nicht, mit den neuen Schulden werden alte Schulden an den Verein bezahlt – es findet also eine Umschuldung statt. DANKE an für den Hinweis an Rolf Kommentar #3)

Interessant ist noch, dass die Arena Gesellschaft nach dem Geschäft nicht mehr in der Bilanz des Firmengeflechts von Schalke 04 auftauchen muss. Damit verschwinden die Schulden der Arena in Höhe von rund 100 Mio. Euro aus den Vereins-Büchern. Sogar die Überschuldung des Schalke-Konzerns könnte damit aufgehoben werden.

Bei der GEW und der Stadt werden die Arena-Schulden auch nicht auftauchen, da die Gemeinde nicht die Mehrheit an der Arena übernimmt. Hier werden maximal 45 Prozent der Schulden oder 45 Mio. Euro in der Bilanz auftauchen, je nachdem, wie die Arena in der Bilanz der GEW verbucht wird.  Sollten die Schulden in der Bilanz auftauchen, würde auch das Vermögen der Arena Gesellschaft in der GEW-Bilanz aufgenommen. Wieviel dies im Fall der GEW ausmacht, ist unklar. GEW-Chef-Köllmann sagte aber, die Arena-Gesellschaft werde gar nicht voll in die Bilanz integriert, sondern nur als Beteiligungswert geführt.

Das ganze muss von der zuständigen Bezirksregierung in Münster unter dem Regierungspräsidenten und Mitglied des Schalker Ehrenrat Peter Paziorek geprüft werden. Dabei muss überwacht werden, ob bei dem Stadionkreditgeschäft gegen die Gemeindeordnung NRW verstoßen wurde. Hier hat sich nun Paziorek für befangen erklärt. Sicher nicht zu unrecht, hatte er doch erst vor wenigen Wochen versucht, selber noch einen neuen Namenssponsor für die Arena zu finden. An seiner statt soll nun in Zukunft seine Stellvertreterin Dorothee Feller-Elverfeld über Schalkes Wohl und Wehe entscheiden.

Gut so. Trotzdem denke ich, wird die Sache durchgewunken. Die GEW ist seit Jahren an der Arena beteiligt und übernimmt nicht die Mehrheit.

Rektor setzt Besetzern Frist bis Freitag

In einer Presseerklärung hat der Ulrich Radtke, der Rektor der Uni Duisburg-Essen, den Hörsaalbesetzern eine Frist zur Räumung gesetzt: Am Freitag um 18.00 Uhr soll der Protest im Hörsaal beendet werden.

Er habe für die Forderungen der Studenten zum Teil Verständis, so Radtke in einer heute veröffentlichen Pressemitteilung, aber in der kommenden Woche müsse der Lehrbetrieb wieder wie gewohnt weiter gehen: "Deshalb sage ich Ihnen zu, dass das Rektorat Ihre friedlichen Protestmaßnahmen bis Freitagabend (13.11.), 18 Uhr im Audimax duldet. Ab der kommenden Woche muss allerdings dafür Sorge getragen sein, dass der reguläre Seminarbetrieb wieder stattfinden kann."

Aber Radtke ist mit den Studenten nicht in allen Punkten einig. Eine Abschaffung der Studiengebühren würde seiner Ansicht nach die Wettbewerbsfähigkeit der Uni Duisburg Essen gefährden: Eine Abschaffung der Studienbeiträge zum jetzigen Zeitpunkt wäre deshalb für die UDE-Studierenden kontraproduktiv, weil die Studienqualität darunter dann massiv zu leiden hätte, und die UDE im Vergleich zu den konkurrierenden Unis deutlich zurückfallen würde."

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New York, Rio, Kabul

Das Bild des Tages (klack) kommt vom Hindukusch. Neben Opel-Opa Jürgen Rüttgers ist Freiherr zu Guttenberg längst das Phänomen der Politik, ein neuer Phänotyp des Politischen. Ob am Times Square in der Krise (klick) oder in der Bundeswehrmaschine über Afghanistan, überall macht Gutte "bella figura". New York, Rio, Kabul. Vom Krisen- zum Kriegsminister. Hauptsache die Frisur stimmt.

 illu: ruhrbarone

Enke – was sagt er uns?

Alle Nachrufe sind geschrieben. Weil auf dieser Seite an anderer Stelle immer wieder in Kommentaren gefragt wird, Fan welches Vereins ein ruhrbaron-Autor sei: ich konnte diesen Nachruf auf dem Borussia-Mönchengladbach-Fanblog seitenwahl.de besonders gut nachfühlen.

Vieles spricht dafür, dass der Fall Enke nur die Spitze eines Eisberges ist. Kürzlich hat Sebastian Deisler, ebenfalls ein Ex-Gladbacher, mit einer Buchveröffentlichung, bei der ihm Tagesspiegel-Autor Michael Rosentritt behilflich war, einen tiefen Einblick in seine Krankheitsgeschichte gegeben. Wer das gelesen hat, wird von Enkes Fall weniger überrascht gewesen sein. Deisler/Rosentritt vermittelten das Bild einer archaisch und extrem gestrig anmutenden verschwiemelten Männer-Macho-Gesellschaft, die, verbunden mit dem milliardenschweren Geschäfts- und Profitdenken des heutigen Profifussballs auch weniger zarte Gemüter schnell anwidern kann.

Es gibt Bereiche, in denen Modernisierungs- und Menschlichkeitsfortschritte erkennbar sind, allerdings auch diese nur, weil sie dem strikten Erfolgsdenken Folge leisten.

Da sind zum einen die schwarzen Fußballer, die sich mit wachsendem Selbstbewusstsein aufgrund starker sportlicher Leistungen dem Rassismus entgegenstellen. Namentlich sind da – in schöner Ruhrgebietsausgewogenheit – Gerald Asamoah und Patrick Owomoyela zu nennen, die auch ausserhalb des Platzes eine starke Position beziehen. Unsichtbar hinter diesen Stars bleiben jedoch die zahlreichen afrikanischen Fußballer, die in sklavenähnlichen Verhältnissen – meistens über die Drehscheibe Belgien – nach Europa gebracht werden, um auf diesem Kontinent der unbegrenzten Fußball-Möglichkeiten für sich und ihre zurückbleibenden Angehörigen das Glück zu finden. Weniger als 5% von ihnen sehen wir in den Stadien des Profifußballs. Die andern sehen wir so wenig, wie die Tausenden, die jedes Jahr im Atlantik und im Mittelmeer jämmerlich ersaufen.

Zum andern sind das die deutschen Fußball-Frauen, die, wie in anderen Branchen auch, eine signifikant stärkere Leistung als die Männer liefern, nämlich als Serien-Welt- und Europameisterinnen, und dafür wie üblich entschieden schlechter bezahlt werden. Immerhin habe beide, die Schwarzen, wie die Frauen offizielle Unterstützung durch den DFB und seinen Präsidenten. Das ist noch nicht lange so.

Ein großer Schritt nach vorn war ausserdem das SZ-Interview von Philipp Lahm. Mit einer glasklaren Problemanalyse hat er sich bei seinen Bossen unbeliebt gemacht, deren Sprüche („wird er noch bedauern“) wenige Tage später durch Enkes Selbstmord eine Kodierung bekamen, die sicher nicht beabsichtigt war, und ihre Artikulierer hoffentlich ein wenig beschämt.

Dann ist da noch der Bereich der Homophobie im Fußball, dessen widerliche Ausprägungen in verschwitzten Umkleidekabinen Deisler zu schildern wusste. Auch da will DFB-Präsident Zwanziger ran, aber bisher ist er – zumindest in der Öffentlichkeit – nicht so richtig vorwärts gekommen. Jürgen Klopp ventilierte kürzlich in einem Interview auf ungewohnt zurückhaltende Art eine durchaus gute Idee: nicht ein einzelner Spieler sollte sich als schwul outen. Seit dem Selbstmord des schwarzen Briten Fashanu 1998 traut sich das verständlicherweise sowieso keiner. Sondern eine Gruppe von mindestens 10, besser mehr Spielern sollte es tun, damit sich die Publicity-Belastungen auf viele Schultern verteilen.

Ein frommer Wunsch wird es bleiben, das Rad des grassierenden Milliardenwahnsinns im Fußball, das den jugendlichen Millionären eine materielle Verantwortung für ihr soziales Umfeld aufbürdet, die sie gar nicht tragen können, zurückzudrehen. Ein ebenso frommer Wunsch ist es, dass das Männerbusiness, wie es andere Branchen längst tun, die Relevanz sog. „soft skills“, wie Empathie, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Kompromissbereitschaft etc. anerkennt, und fähige Frauen in die Chefetagen einziehen lässt. In Zeiten des aufrechten Gangs, der Entwicklung von Schrift und Sprache, des Herabsteigens von Bäumen und des Bewohnens von richtigen Häusern müsste das eigentlich möglich sein und könnte das Business sowohl effizienter als auch menschlicher machen. Schauen wir nach Rom: dort wird eine Millionärs- und Vereinserbin, Signora Sensi gerade nach allen Regeln der Berlusconi-Kunst fertig gemacht. Wäre das hier anders? Mangels Versuch wissen wir es nicht.