Herzlicher Glückwunsch Lukas

Der Blogger Lukas Heinser aus Bochum, bekannt über seinen Heimathafen Coffee and TV, ist neuer Chef von Bildblog. Das läuft gerade durch Twitter. Deswegen gratulieren wir mal freundlich. Und wieder zeigt sich, dass der Pott vorne liegt. 🙂

Lukas hat schon seit längerem für Bildblog im Umfeld von Stefan Niggemeier gearbeitet. 2008 wurde Lukas mit Coffee and TV zum goldenen Blogger des Jahres gewählt. Vor Kurzem erst hat er sein Studium erfolgreich in Bochum abgeschlossen. Die harte Tastatur des gebürtigen in Dinslaken aufgewachsenen Bloggers haben schon einige Reporter zu spüren bekommen. Neben der Bild haben vor allem die Rheinische Post und die WAZ auf die Nase bekommen. Bei Bildblog wird Lukas sicher mit seiner Medienkritik kräftig weitermachen und noch für einige Überraschungen sorgen.

Zum Schluss noch eine medienpolitische Betrachtung des Wechsels. Mit seinem neuen Chef Lukas Heinser kommt der Bildblog nach Bochum. Und zwar in die gleiche Straße, in der auch Coolibri sitzt. Damit sitzt der Ex-Dinslakener mit seinem bundesweit relevanten Qualitätsmedium neben den Billigstheimern aus dem Pott. Ich finde das spannend. Verschiedene Märkte werden bedient. Auch wir Ruhrbarone sitzen mehr oder weniger in Bochum. Bildet sich etwa hier ein neuer Mediencluster, ein Kreativitquartier? Ein neues Köln? Bald werden sicher die politischen Forscher der Sache auf den Grund gehen und Sonntagsreden dazu schwingen.

Wie dem auch sei: Mich freut es, dass mit Bildblog ein bundesweit relevantes Ding hierhin kommt. Ist doch was, oder?

Der Westen: Kein Problem mit „Judennase Lafontaine“?

In einem Kommentar auf Der Westen wird Linken-Chef Oskar Lafontaine als Judennase beschimpft. Die Moderatoren handeln nicht – seit Stunden

Es sind nicht gerade die hellsten Köpfe, die sich in den Kommentarspalten bei Der Westen tummeln: Gerade in der Nacht sammeln sich dort Radikale, Verschwörungstheoretiker und andere Spinner. Irgendwann kommen dann die Moderatoren und räumen den ganzen Dreck weg. Heute ist das anders. Ein „Ludwig“ schreibt dort unter einem Artikel über Lafontaine: „Es gibt Menschen, die sind einfach nur „ein schäbiger Lump“. Nichts weiter. Lafontaine hat es vorgelebt. Er hat seine gesamte Kraft darin gesetzt, dem Deutschtum zu schaden. Seine spitze Judennase hat es gezeigt. Alles gegen Deutschland!“

Mittlerweile  fordern mehrere Kommentatoren die Löschung des Beitrags von Ludwig, der seit zehn Stunden online ist. Einer droht mit einer Anzeige wegen Volksverhetzung. Und Der Westen? Hat einen neuen Tiefpunkt in seiner Geschichte erreicht. Noch nie gelang es den Moderatoren, dort für eine Diskussionskultur zu sorgen, die einem Medium dieser Größe angemessen wäre. In der Niveaulosigkeit seiner Kommentare bleibt sich Der Westen treu.

Update: Dass der Westen erst nach zehn Stunden und unserer Aufforderung via Twitter den Kommentar löschte, macht die Sache nicht besser.

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet


Nazis: Tief im Westen…taz

NRW: Lafontaine zieht nicht…Der Westen

Ruhr2010: Essen spart bei Folkwang-Eröffnung…Der Westen

Ruhr2010 II: Kritiker-Treffem…Bo Alternativ

Ruhr2010 III: Ohne Rad zur A40-Party…Recklinghäuser Zeitung

WAZ: Bald mit iPhone-App…Pottblog

Piraten: Vorsitzende gewählt…WDR

Duisburg: Haushalt im Rat…Der Westen

Debatte: meine Schwester und ich…Tagesspiegel

Ruhr2010 IV: „Loveparade ist große Chance  für das Revier“…Bild

Ruhr2010 V: Hamm im Winterschlaf…Kölner Stadtanzeiger

WAZ: Bei NRZ und WR noch 21 Redakteure übrig…Medienmoral NRW

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Helmut Schmidt zu Afghanistan

Morgen will die SPD-Spitze mit dem Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt über die Afghanistan-Politik der Genossen reden. Ich denke Schmidt will auch da raus. Lieber heute als morgen. Hier ein Paar Zitate von ihm aus dem Jahr 2007:

In Afghanistan geht es in erster Linie um Menschen, die unter dem 11. September des Jahres 2001 gelitten haben, das heißt um die Bekämpfung von al-Qaida und nicht der Taliban. Das Argument, Menschen in Not mit dem Einsatz von Waffen zu helfen, hat es bis 1990 nicht gegeben. Es hat immer das Argument gegeben, ihnen finanziell und handelspolitisch beizustehen. Entwicklungshilfe ist ein gutes Konzept, das seit Kriegsende gegolten hat. Das Völkerrecht verbietet die militärische Intervention in einem souveränen Staat, wie schwach oder stark er innerlich auch sein mag.

Uns stellt sich nicht die Aufgabe, Afghanistan davon abzubringen, Mohn anzubauen. Eine zivile Gesellschaft aufzubauen ist kein Grund, dort einzugreifen. Der Grund für die Intervention war ausschließlich al-Qaida; und inzwischen ist al-Qaida nach Pakistan gezogen. Sollen wir demnächst auch dort einmarschieren?

Wenn ich damals Regierungsperson gewesen wäre – sagen wir Verteidigungsminister -, hätte ich wahrscheinlich darauf gedrungen, den deutschen Part so zu begrenzen, dass unser Engagement auf eine nominale Beteiligung hinausgelaufen wäre. Als ehemaliger Frontsoldat kann ich es gut ertragen, von einem amerikanischen Politiker als Feigling beschimpft zu werden.

Foto: Flickr.com/Hardo

Nacktscanner – unsere Würde ist antastbar

Ich vermisse in der Diskussion um die Einführung der Nacktscanner an den Flughäfen einen Punkt, der mich persönlich wütend macht.

Was habe ich verbrochen, dass ich mich vor unterbezahlten Hilfskräften nackig machen soll?

Ich bin ein durchschnittlicher, weißer Deutscher. Ich bin kein Terrorist und ich will keiner werden. Ich finde unseren Staat im Prinzip super – besser jedenfalls als alles was es sonst auf der Welt so gibt. Vielleicht nicht ganz so toll, wie Norwegen, aber knapp dahinter. Ich habe nichts verbrochen.

Wieso soll ich mich also nackt betrachten lassen?

Mich ärgert es jetzt schon, wenn die privaten Wachdienste am Flughafen in meine Taschen schauen. Das sind irgendwelche Vögel. Die haben keine hoheitlichen Rechte und Pflichten. Das sind keine Polizisten, das sind unterbezahlte Wachdienstler.

Wieso dürfen die in meine Sachen schauen.

Ich war mal in Düsseldorf so ziemlich alleine im Sicherheitsbereich. Da wollte einer der Hiwis in meine Klamotten gucken. Ich hab ihn gefragt, welchen Verdacht er gegen mich hat. Auf dem Bildschirm beim Durchleuchten sei doch nichts zu sehen gewesen, was den Schluss nahe legt, dass ich Terrorist wäre. Er hat mir gesagt, die Hilfskräfte müssten in eine bestimmte Menge Taschen je Stunde schauen, das sei so vertraglich festgelegt. Und wenn wenige Leute da wären, müssten sie halt in jede Tasche sehen, also auch in meine. Egal ob da was auf dem Bildschirm zu sehen ist oder nicht.

Ich habe gefragt, was passiert, wenn ich mich weigere, weil es keinen Grund gibt, in meine Tasche zu sehen und in meine Privatsphäre einzugreifen.

Dann würde ich zu einer Körperuntersuchung weggebracht, hat der Hiwi gesagt. Da müsste ich mich dann ausziehen und man könne mir in den Arsch sehen.

Aha. Ich hab ihn dann in meine Tasche sehen lassen.

Ich kann also gezwungen werden, zu akzeptieren, dass irgendwer ohne Verdacht und ohne hoheitliche Befugnisse in meine Privatsphäre eingreift. Ich soll das normal finden.

Ich finde das ärgerlich.

Klar muss der Eingriff in die Privatsspähre gegen das Interesse der Allgemeinheit am sicheren Flugverkehr abgewogen werden. Und bei einer Tasche kann ich auch verstehen, dass da das Abwiegen gegen mich ausfallen kann.

Verdachtsunabhängig.

Aber wenn es ums nackig machen geht, kann ich nicht mehr nachvollziehen, dass hier das Abwiegen gegen mich ausfallen soll.

Denn hier geht es nicht mehr nur um den Eingriff in meine reine Privatsspähre. Hier geht es um meine tiefe Würde. Meine Würde als Mensch. Und die ist nach dem Grundgesetz unverletzlich.

Hat sich irgendeiner der Verfechter der Totalen Sicherheit mal gefragt, ob die jetzigen Kontrollen nicht ausreichend sein könnten?

Al Quida und die restlichen Terror-Organisationen haben es seit dem 11. September nicht mehr geschafft, einen nennenswerten Terroranschlag im Flugverkehr hinzukriegen.

Die Handlungsfreiheit der Banden wurde effektiv eingeschränkt. Die können nicht mal mehr ordentlich zum Bäcker gehen, geschweige denn in ein Flugzeug einsteigen.

Am 11. September hatte Al Quida ein gutes Dutzend Verbrecher in die Cockpits geschickt. Ausgebildete Leute, die Flieger steuern konnten und bekloppt genug waren, diese in ein Hochhaus zu stürzen.

Danach haben es die Terrorbanden auf einen Schuh- und einen Unterhosenbomber gebracht. In beiden Fällen Amateure, die sich im Wesentlichen nur selbst verletzt haben.

Al Quida hat Anschläge auf Züge versucht. Nicht auf Flugzeuge.

Jetzt gab es diesen einen Unterhosentrottel, der sich den eigenen Unterleib weggeschmorrt hat. Und wegen dem Narren sollen wir uns jetzt alle nackig machen?

Nee. Da bin ich nicht mit einverstanden. In diesem Fall muss das Abwiegen zwischen dem Totalitarismus der Sicherheit gegen meine Würde zu meinen Gunsten ausgehen.

Wenn ich mich nackig mache vor fremden Menschen, dann unterliegen die gewöhnlich der ärztlichen Schweigepflicht. Sonst läuft da nichts.

Das wäre vielleicht anders, wenn es einen Verdacht gäbe gegen mich. Dann vielleicht. Dann würde ich mich nackt scannen lassen. Aber dann muss man mir den Verdacht begründen. Und die Leute, die mich nackig machen, müssen Träger hoheitlicher Aufgaben sein, nicht irgendwelche privaten Vögel, die weder der ärztlichen Schweigepflicht noch den Pflichten eines Beamten unterliegen.

Warum ich das so sehen? Weil ich schon die Hilfswächter sehe. Unterbezahlt, wie die sich einen Spaß machen. Die hübschen Mädchen durchleuchten. Oder wenn die sich die Fetten raussuchen.

Ich höre die Wetten. Hat die ein Intimpiercing? Schwappt von dem der Bauch über den Sack?

Jetzt soll keiner sagen, das wäre nicht so. Ich habe lange genug so Jobs gemacht. Ich kenne genug von den Leuten, die da arbeiten. Klar machen die das. Wer meint, das wäre nicht so, der kennt die Welt nicht. Da werden hundertprozentig Fotos gemacht, von den Nackten aus dem Scanner und ins Internet gestellt.

Bestimmt gibt es dann Regeln, die Wetten auf Intimpiercings verbieten. Aber dennoch wird es diese Wetten geben.

Ich frage mich, warum wir das zulassen sollen? Warum lassen wir es zu, dass unsere Würde auf den Flughäfen in dieser Art verletzt wird?

Ich appelliere an die liberalen Kräfte in diesem Land. Schützt die Würde der freien Bürger.

Ich appelliere an die Sicherheitsfanatiker, geht in Euch, Al Quida ist nicht mehr in der Lage so großen Schaden in der Luft anzurichten, dass wir uns alle ausziehen müssten. Unsere Maßnahmen reichen weitgehend aus.

Ich denke, das Problem liegt ganz wo anders. Wenn irgendeiner von den Geheimdiensten auf den Vater von dem Unterhosenbomber geachtet hätte, hätte auch der nicht in den Flieger einsteigen können. Der Vater hatte die Behörden vor seinem Sohn gewarnt.

Ist das nicht das eigentliche Problem? Die Geheimdienste waren nicht in der Lage die Information zu verarbeiten.

Und weil die Schlapphüte versagt haben, soll ich mich, sollen wir uns alle nackig machen?

Wäre es nicht sinnvoller, den Diensten die Hose stramm, anstatt uns allen die Hosen auszuziehen?

Foto: Flughafen Dortmund

Ruhrpilot: Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

NRW: Rüttgers soll antreten…Bild

NRW II: Piraten beschließen Programm…Gulli

Initiative: Abgeordnete für rot-rot-grün…FAZ

Dortmund: Sierau gibt sich kämpferisch…Der Westen

NRW III: Lafontaines letzte Mission…Der Westen

NRW IV: Hoffnung bei SPD und Grünen…Welt

Dresden: LKA gegen Nazigegner…Netzpolitik

Ruhr2010: Ärger um Folkwang-Eröffnung…Der Westen

Ruhr2010 II: Wer kennt die Kulturhauptstädte…xtranews

Gronau: Demo für Atomausstieg…Ruhr Nachrichten

SPD: Gabriel in Witten…Der Westen

TV: Art Spiegelman…Zoom

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Verfrühter politischer Nachruf auf Oskar Lafontaine

Ich kann mich erinnern, als Oskar Lafontaine damals hinschmiss, da war
er SPD-Chef und Finanzminister. Ein paar Tage später saß mein Onkel auf
unserer Terrasse in Bottrop und hat fast geweint, mit Tränen in den
Augen saß er da.

Er kam sich verraten vor, verlassen, alleine gelassen mit all den Clements dieser Welt, die mit den Stimmen der Arbeiter an die Macht kamen, um danach Aufsichtsräte von Gazproms und Zeitarbeiters Gnaden zu werden.

Mein Onkel hat also geweint, oder sagen wir fast geweint. Oskar war weg. Mein Onkel hat Oskar im Wahlkampf geholfen. In jedem Wahlkampf in dem Oskar mitgemacht hat. Er hat für ihn Plakate geklebt und hat Wahlkampfautos gefahren. Er war an Wahlständen hat dort diskutiert und Flyer verteilt. Er hat an Oskar geglaubt.

Mein Onkel war stolz, wenn Oskar kam nach Bottrop, dann waren die Marktplätze voll. Da reichte es aus, eine Notiz in der Zeitung zu bringen, und die Menschen kamen, sagt mein Onkel. Nicht ganz wie bei Willy, aber fast. Bei Peer Steinbrück oder Hannelore Kraft, müssen persönliche Einladungen verschickt werden, mit Rückantwortschein und der Mahnung um Erscheinen. Und dann kommen doch zu wenig. Die SPD geht in Bottrop in Säle, die mit Wandverhängen verkleinert werden können, falls zu wenige Leute erscheinen.

Irgendwann wurde mein Onkel wütend auf Oskar. Weil der ihn verraten hat und die Sache der Arbeiter.

Der Zorn war groß, sehr groß, fast wie auf eine Frau, die mit einem anderen abgehauen ist. Und SPD-Leute, wie mein Onkel, die verzeihen Verrat nicht. Nie. Wenn Du bei denen verschissen hast, dann hast Du bei denen verschissen. Bis Dein Name auf Deinem eigenen Grabstein wegverwittert ist.

Die Menschen und die Medien sind über Oskar hergezogen. Sie haben ihn Populist genannt, sie haben ihn Hammelfänger von Ratten genannt. Sie haben ihm alles Böse gewünscht und gesagt, er sei ein Machtmensch, dem es nur um Macht gehe.

Das ist nicht alles wahr und nicht alles falsch. Lafontaine hat eine Beschränkung der Bankenspekulationen gefordert, er hat eine Steuer auf Börsengewinne gefordert und eine Umverteilung von oben nach unten. Für diese Positionen hat er die Macht zum Handeln gesucht.

Dann wollte die SPD nicht mit ihm diese Dinge umsetzen unter den Genossen Schröder und Clement.

Deswegen war es richtig von ihm, die Macht in der Regierung fahren zu lassen. Und die SPD aufzugeben. Er hat nicht wie andere um der Macht Willen an der Macht geklebt. Sondern er hat die Macht des Handelns wegen gesucht. Als er die nicht bekam, hat er den Rücken gerade gemacht.

Und dann hat er sich eine neue Basis geschaffen, um von dort aus Macht für sein Handeln zu gewinnen. Er hat seine Positionen erneut aufgebaut, bis diese selbst teilweise von der CDU übernommen wurden.

Ein Machtmensch, der das richtige auch zur unrichtigen Zeit forderte, der unbequeme Wahrheiten gesagt hat, auch wenn diese keiner hören wollte, und der dafür einen hohen Preis bezahlt hat. Dafür gebührt ihm Respekt.

Ich habe seine erste Rede nach seinem Abdanken gesehen, damals. Ich meine es war in Saarbrücken. Da hatte auch ich Tränen in den Augen. Eine große Rede, ein großer Redner.

Lafontaine ist einer der Besten in Deutschland. Er hat linke Positionen wieder in die Politik gebracht. Er hat für Alte, für Arme gestritten, selbst dann noch, als er es zu Geld und Wohlstand gebracht hatte.

Leider haben die dauernden Anfeindungen und auch das Attentat bei Lafontaine Spuren hinterlassen. Er hat sich eingeigelt und als Mensch benommen, wie der letzte Sack. Ich hab ihn ein paar Mal persönlich erlebt. Mit dem Kerl hätte ich privat nie ein Bier getrunken. Ein Fiesling, der vor abstoßender Arroganz kaum gehen konnte.

Aber darum geht es ja auch nicht. Privat kann der machen, was der will. Es geht darum, was er in der Politik sagte und tat.

Und da hat er seine Positionen gut und clever vertreten. Er hat die Positionen der Armen und Benachteiligten laut und deutlich vertreten. Er hat den Stummen und Ohnmächtigen eine Stimme und Macht gegeben. Er hat sich Macht zum Handeln gesucht. Und versucht zu handeln, als er es konnte.

Das ist gut. In der Demokratie ist es wichtig, die Stimmen der Benachteiligten in den Parlamenten zu hören, damit die Gesellschaft nicht zerfällt.

Leider ist Lafontaines Partei im Westen, in NRW, ihm selbst nicht ebenbürtig. Da laufen zu viele Irre rum, die nicht in der Lage sind, es dem Oskar gleich zu tun. Ich habe keine Vordenker getroffen oder gehört, die mich beeindruckt hätten.

Das ist schlecht, weil die Belegschaft der Linken in NRW nicht in der Lage sein wird, die Stimme der Ohnmächtigen im NRW-Landtag zu vertreten. Sie droht mit ihrer Mikkerbelegschaft bei den Wahlen unter die fünf Prozent Hürde zu purzeln.

Es braucht aber jemanden, der Leute, wie den Mann meiner Cousine im Parlament vertritt. Der macht einen knallharten Job, malocht sich einen Puckel, ein Ex-Bergmann, der umgeschult hat. Bekommt kaum genug Geld zum Leben und soll von dem Moos immer mehr für Kinderbildung, Krankenschutz und Rente abzwacken.

Diese Menschen brauchen eine Stimme, sonst wenden sie sich von der Demokratie ab, weil sie sich verlassen fühlen von der politischen Klasse.

Das meine ich unabhängig von meiner politischen Meinung.

Nur wenn im Parlament alle wichtigen Strömungen vertreten sind, kann man über Debatten tragfähige Kompromisse finden, die unsere Gesellschaft nicht zersplittern lassen.

Wenn nur noch eine Positionen mit geringen Nuancen im Parlament existiert, ist das immer schlecht.

Ich vermisse Oskar Lafontaine in der deutschen Politik jetzt schon, wenn er nicht mehr als Spitze der Linken auftritt.

Kraft: Parteisoldatin ohne Perspektive

Schwarz-Gelb verliert in den Umfrage seine Mehrheit. Die SPD gewinnt dazu – und doch wird Hannelore Kraft davon nicht profitieren

Immer wieder gibt es Menschen in Parteien, die einen sehr undankbaren Job haben: Sie müssen mit viel persönlichem Einsatz ihre Partei in einer Zeit stabilisieren, in der sie keine Machtperspektive hat. Sie legen mit ihrer Arbeit und mit ihrer persönlichen Niederlage die Grundlage für spätere Sieger. Hans-Jochen Vogel war so jemand.
Und Hannelore Kraft ist auch so jemand: Schwarz-Gelb im Bund macht einen so erbärmlichen Job, dass sich auch der gutwilligste Wähler dieser Koalition nur vor Grauen schütteln kann und auch in NRW sieht es nicht gut aus: Komplettausfälle wie Uhlenberg, Sommer und Müller-Piepenkötter und der schmierige Kampf gegen kritische Medienvertreter lassen die Erfolge der Rüttgers-Regierung wie den Bau neuer Hochschulen oder die Reformen im Bereich der Landesverwaltung verblassen.
OK, auch unter Kraft ist die SPD in NRW nicht gerade eine sprühende Innovationsmaschine mit vielen Ideen geworden sondern nur der langweile Haufen der sie immer war, aber offensichtlich trauen ihr immer mehr Menschen zu, das Land zumindest halbwegs skandalfrei zu führen: Bei der gestern vom WDR veröffentlichten Umfrage kommt die SPD auf 32 Prozent und die Union nur noch auf 36 Prozent. Die Mehrheit für Schwarz-Gelb ist weg und sie wird nicht wiederkommen. Vor allem die plumpen Versuche der Bundesregierung, die unangenehmen Nachrichten erst nach der NRW-Wahl zu verkünden, nutzen nichts – die wenigsten Menschen schätzen es, wenn man sie für dumm verkauft will.
Aber für Kraft wird das nicht reichen: Sie wäre in NRW auf eine Linkspartei angewiesen, mit der die SPD nicht kooperieren kann: Antisemiten, Trotzkisten, Stalinisten – was sich in diesem integranten Haufen alles so tummelt, kann keine Partner der SPD sein. Krafts einzige Regierungsperspektive ist die große Koalition – SPD, Grüne und FDP in NRW, das ist zwar theoretisch denkbar, wäre aber sehr schwierig. Die mangelnde Perspektive wird den Aufstieg der SPD stoppen. NRW könnte Schwarz-Grün werden.

Kraft wird die SPD aus ihrem tiefen Tal holen. Sie wird mit einem halbwegs guten Wahlergebnis helfen, sie zu stabilisieren – in NRW und im Bund. Und sie wird die Grundlage legen für einen möglichen Wahlsieg der SPD 2015. Dann wird die Linkspartei entweder weg sein oder sich gewandelt haben und auch die Konflikte zwischen Grünen und FDP werden sich bis dahin abschleifen. Von Krafts Kärnerarbeit werden dann wahrscheinlich andere profitieren.