Ich vermisse in der Diskussion um die Einführung der Nacktscanner an den Flughäfen einen Punkt, der mich persönlich wütend macht.
Was habe ich verbrochen, dass ich mich vor unterbezahlten Hilfskräften nackig machen soll?
Ich bin ein durchschnittlicher, weißer Deutscher. Ich bin kein Terrorist und ich will keiner werden. Ich finde unseren Staat im Prinzip super – besser jedenfalls als alles was es sonst auf der Welt so gibt. Vielleicht nicht ganz so toll, wie Norwegen, aber knapp dahinter. Ich habe nichts verbrochen.
Wieso soll ich mich also nackt betrachten lassen?
Mich ärgert es jetzt schon, wenn die privaten Wachdienste am Flughafen in meine Taschen schauen. Das sind irgendwelche Vögel. Die haben keine hoheitlichen Rechte und Pflichten. Das sind keine Polizisten, das sind unterbezahlte Wachdienstler.
Wieso dürfen die in meine Sachen schauen.
Ich war mal in Düsseldorf so ziemlich alleine im Sicherheitsbereich. Da wollte einer der Hiwis in meine Klamotten gucken. Ich hab ihn gefragt, welchen Verdacht er gegen mich hat. Auf dem Bildschirm beim Durchleuchten sei doch nichts zu sehen gewesen, was den Schluss nahe legt, dass ich Terrorist wäre. Er hat mir gesagt, die Hilfskräfte müssten in eine bestimmte Menge Taschen je Stunde schauen, das sei so vertraglich festgelegt. Und wenn wenige Leute da wären, müssten sie halt in jede Tasche sehen, also auch in meine. Egal ob da was auf dem Bildschirm zu sehen ist oder nicht.
Ich habe gefragt, was passiert, wenn ich mich weigere, weil es keinen Grund gibt, in meine Tasche zu sehen und in meine Privatsphäre einzugreifen.
Dann würde ich zu einer Körperuntersuchung weggebracht, hat der Hiwi gesagt. Da müsste ich mich dann ausziehen und man könne mir in den Arsch sehen.
Aha. Ich hab ihn dann in meine Tasche sehen lassen.
Ich kann also gezwungen werden, zu akzeptieren, dass irgendwer ohne Verdacht und ohne hoheitliche Befugnisse in meine Privatsphäre eingreift. Ich soll das normal finden.
Ich finde das ärgerlich.
Klar muss der Eingriff in die Privatsspähre gegen das Interesse der Allgemeinheit am sicheren Flugverkehr abgewogen werden. Und bei einer Tasche kann ich auch verstehen, dass da das Abwiegen gegen mich ausfallen kann.
Verdachtsunabhängig.
Aber wenn es ums nackig machen geht, kann ich nicht mehr nachvollziehen, dass hier das Abwiegen gegen mich ausfallen soll.
Denn hier geht es nicht mehr nur um den Eingriff in meine reine Privatsspähre. Hier geht es um meine tiefe Würde. Meine Würde als Mensch. Und die ist nach dem Grundgesetz unverletzlich.
Hat sich irgendeiner der Verfechter der Totalen Sicherheit mal gefragt, ob die jetzigen Kontrollen nicht ausreichend sein könnten?
Al Quida und die restlichen Terror-Organisationen haben es seit dem 11. September nicht mehr geschafft, einen nennenswerten Terroranschlag im Flugverkehr hinzukriegen.
Die Handlungsfreiheit der Banden wurde effektiv eingeschränkt. Die können nicht mal mehr ordentlich zum Bäcker gehen, geschweige denn in ein Flugzeug einsteigen.
Am 11. September hatte Al Quida ein gutes Dutzend Verbrecher in die Cockpits geschickt. Ausgebildete Leute, die Flieger steuern konnten und bekloppt genug waren, diese in ein Hochhaus zu stürzen.
Danach haben es die Terrorbanden auf einen Schuh- und einen Unterhosenbomber gebracht. In beiden Fällen Amateure, die sich im Wesentlichen nur selbst verletzt haben.
Al Quida hat Anschläge auf Züge versucht. Nicht auf Flugzeuge.
Jetzt gab es diesen einen Unterhosentrottel, der sich den eigenen Unterleib weggeschmorrt hat. Und wegen dem Narren sollen wir uns jetzt alle nackig machen?
Nee. Da bin ich nicht mit einverstanden. In diesem Fall muss das Abwiegen zwischen dem Totalitarismus der Sicherheit gegen meine Würde zu meinen Gunsten ausgehen.
Wenn ich mich nackig mache vor fremden Menschen, dann unterliegen die gewöhnlich der ärztlichen Schweigepflicht. Sonst läuft da nichts.
Das wäre vielleicht anders, wenn es einen Verdacht gäbe gegen mich. Dann vielleicht. Dann würde ich mich nackt scannen lassen. Aber dann muss man mir den Verdacht begründen. Und die Leute, die mich nackig machen, müssen Träger hoheitlicher Aufgaben sein, nicht irgendwelche privaten Vögel, die weder der ärztlichen Schweigepflicht noch den Pflichten eines Beamten unterliegen.
Warum ich das so sehen? Weil ich schon die Hilfswächter sehe. Unterbezahlt, wie die sich einen Spaß machen. Die hübschen Mädchen durchleuchten. Oder wenn die sich die Fetten raussuchen.
Ich höre die Wetten. Hat die ein Intimpiercing? Schwappt von dem der Bauch über den Sack?
Jetzt soll keiner sagen, das wäre nicht so. Ich habe lange genug so Jobs gemacht. Ich kenne genug von den Leuten, die da arbeiten. Klar machen die das. Wer meint, das wäre nicht so, der kennt die Welt nicht. Da werden hundertprozentig Fotos gemacht, von den Nackten aus dem Scanner und ins Internet gestellt.
Bestimmt gibt es dann Regeln, die Wetten auf Intimpiercings verbieten. Aber dennoch wird es diese Wetten geben.
Ich frage mich, warum wir das zulassen sollen? Warum lassen wir es zu, dass unsere Würde auf den Flughäfen in dieser Art verletzt wird?
Ich appelliere an die liberalen Kräfte in diesem Land. Schützt die Würde der freien Bürger.
Ich appelliere an die Sicherheitsfanatiker, geht in Euch, Al Quida ist nicht mehr in der Lage so großen Schaden in der Luft anzurichten, dass wir uns alle ausziehen müssten. Unsere Maßnahmen reichen weitgehend aus.
Ich denke, das Problem liegt ganz wo anders. Wenn irgendeiner von den Geheimdiensten auf den Vater von dem Unterhosenbomber geachtet hätte, hätte auch der nicht in den Flieger einsteigen können. Der Vater hatte die Behörden vor seinem Sohn gewarnt.
Ist das nicht das eigentliche Problem? Die Geheimdienste waren nicht in der Lage die Information zu verarbeiten.
Und weil die Schlapphüte versagt haben, soll ich mich, sollen wir uns alle nackig machen?
Wäre es nicht sinnvoller, den Diensten die Hose stramm, anstatt uns allen die Hosen auszuziehen?
Foto: Flughafen Dortmund