Katharina Borchert hat Der Westen aufgebaut. Zum 1. April kommenden Jahres wechselt sie als Geschäftsführerin zu Spiegel-Online. Grund für die WAZ-Gruppe ihr Internetangebot "Der Westen" einmal gründlich zu renovieren? Laut WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz befindet sich der Verlag in einer ergebnisoffenen Debatte über die künftige Ausrichtung seines Online-Portals.
Der Kommentator mit dem Namen fiftyruhr ist sauer: "Das ist ja die Krux: Die Onliner nehmen es bedenkenlos in Kauf, dass Zeitungen und mit ihnen Zeitungsjobs dabei draufgehen, wenn sie Print-Inhalte komplett & kostenlos absaugen und gratis ins Netz stellen."
fiftyruhr ist nicht der Einzige, der sich im WAZ-Protestblog Medienmoral-NRW abfällig ist die Strategie der WAZ-Gruppe äußert, nicht unbeträchtliche Teile des inhaltlichen Angebots der Druck-Ausgabe schon am Vortag kostenlos ins Netz zu stellen. Viele WAZ-Mitarbeiter sehen in diesem Vorgehen einer der Gründe für die Auflagenverluste der WAZ-Zeitungen – und den Verlust ihrer Arbeitsplätze.
Dabei sollte Der Westen neue Leser für die WAZ gewinnen: Online und im Print. Über 2 Millionen Menschen, so einst die Analyse der WAZ, werden allein im Kernerscheinungsgebiet der Titel der WAZ Gruppe in NRW, Teilen des Ruhrgebiets, der Sauerlandes und des Rheinlands, nicht erreicht. Mit Der Westen sollte sich das ändern und zumindest was die Reichweite des verlagseigenen Internetangebot betraf, ging das Konzept auch auf: Gegenüber der Zeit, in der jede Zeitung der Verlagsgruppe mit einem eigenen Internetangebot auftrat, hat sich seit der Einführung des Gruppen-Angebots "Der Westen" die Zahl der Seitenaufrufen von gut 23 Millionen im September 2007 auf 73 Millionen im September 2009. Allerdings hat das die Auflage der Zeitungstitel nicht gestützt: Die WAZ-Gruppe hat in den vergangenen zwei Jahren knapp acht Prozent ihrer Auflage eingebüßt. Für viele Mitarbeiter ist klar: Das liegt auch an den Gratis-Inhalten im Netz – auch wenn nahezu alle Regionalzeitungen in den vergangenen Jahren bei der Auflage Verluste hinnehmen mussten.
Nun soll wohl die Online-Strategie des Verlages geändert werden. Wenn Westen-Chefin Katharina Borchert im kommenden Jahr die WAZ-Gruppe Richtung Hamburg verlässt, könnte sich, soll WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz vor Mitarbeitern erklärt haben, einiges ändern: Umsonst am Vortag soll es die noch heute verfügbaren Artikel-Mengen dann nicht mehr geben. Reitz widerspricht gegenüber den Ruhrbaronen dieser Darstellung:
So einfach stimmt das nicht. Wir diskutieren intensiv, wie andere Verlage auch, über die Möglichkeit, unsere teuren, weil selbst recherchierten Inhalte, gegenzufinanzieren. Dabei geht es um die zukünftige Sicherung des Qualitätsjournalismus. In diesem Zusammenhang spielt die Frage eine Rolle, wie wir künftig online mit lokalen Inhalten umgehen. Die Debatte in unserem Haus wird ergebnisoffen geführt.