SPD Internet-Gesprächskreis – Pottblog ist dabei

spdlaberbudeIch glaube, es ist kein besonderes Geheimnis, dass wir bei den Ruhrbaronen den SPD-Gesprächskreis für Netzpolitik für ein gezacktes Feigenblatt halten. Das hat Stefan ja auch zutreffend und hinreichend scharf so geschrieben. Trotzdem kommen wir nochmal auf das Gremium zurück.

Denn das Feigenblatt soll einen Goldrand bekommen. Sprich die Internet-Gemeinde der SPD soll drei Menschen wählen, die „Was sind nochmal Browser“-Zypries dabei beraten sollen, was verboten gehört und was nicht. Aus dem Ruhrgebiet ist Jens vom Pottblog als Kandidat in der Verlosung dabei.

Wir kennen Jens schon geraume Zeit. Und er ist OK. Diese Zensursula-Nummer fand er damals auch doof und hat sich auch sehr für seine Partei geschämt.

Wie dem auch sei. Wenn es schon dieses Feigenblatt gibt, wäre es nach unserer Ansicht zumindest gut, wenn einer dabei ist, der auch mal drunter schaut. Deshalb hier der Link zu Jens Vorstellung zur Wahl. klick.

Und falls noch einer in der SPD ist, kann er ja für ihn stimmen. 🙂

Gutmensch-Darsteller Sting klimpert für „Koch deine Feinde“-Diktator

sting1Britische Medien sind nicht zimperlich. „Sting plays concert for daughter of ‚boil your enemies‘ dictator” schreibt Daily Mail. Seit Anfang dieser Woche empört sich die britische Presse über den Auftritt des Rocksänger Sting auf einem Konzert der usbekischen Präsidententochter Gulnara Karimowa in Taschkent. Auch Mirror und Guardian legen nach und werfen dem „Krieger für die gute Sache“ Heuchelei vor, da er nun für eine Despotentochter singt. Für den Auftritt in Taschkent soll Sting, so schreiben die Briten, bis zu zwei Millionen Pfund kassiert haben. Die Briten stört nicht, dass der Skandal mit vier Monate Verspätung aufgedeckt wird. Sting sang schon im Oktober 2009 in Taschkent.

Das usbekische Regime tritt die Menschenrechte mit Füssen. Nach UN Angaben wird in dem zentralasiatischen Land „systematisch“ gefoltert. Über 6000 Menschen sitzen wegen ihrer Überzeugung in usbekischen Knästen. Kinder werden massenhaft vom Staat zur Sklavenarbeit von den Schulbänken in die Baumwollernte getrieben. Im Mai 2005 ließ der usbekische Präsident Islam Karimow einen Volksaufstand in Andischan mit Panzerwagen blutig niederschießen. Journalisten, Menschenrechtler und Künstler werden in Usbekistan verfolgt, verhaftet, getötet oder außer Landes getrieben. Anfang Februar wurde die usbekische Fotografin Umida Achmedowa in Taschkent verurteilt, da ihre Bilder und Filme das usbekische Volk beleidigt hätten.

Die Töchter des usbekischen Präsidenten, Gulnara und Lola, genießen derweil als Botschafterinnen des usbekischen Staates in Europa das feine Leben und umgeben sich mit Stars und Sternchen. Auch das Mitglied von Amnesty International Sting verfiel dem Charme der Despotentochter. Früher hatte der Rocker allerdings mehr Herz für die Geknechteten und Unterdrückten. Sting engagierte sich gegen die Apartheid in Südafrika und die Pinochet Diktatur in Chile.

Sting verteidigt seinen Auftritt in der usbekischen Despotie. Daily Mail druckt dessen Antworten:
“I played in Uzbekistan a few months ago. The concert was organized by the president’s daughter and I believe sponsored by Unicef.”
Der Guardian kontert. “You can believe it all you like, Sting, but it’s absolute cobblers – Lost in Showbiz has checked it out with Unicef, who tactfully describe themselves as „quite surprised“ by your claim.”

Sting erklärt sich weiter:
„I supported wholeheartedly the cultural boycott of South Africa under the apartheid regime because it was a special case and specifically targeted the younger demographic of the ruling white middle class.
‚I am well aware of the Uzbek president’s appalling reputation in the field of human rights as well as the environment. I made the decision to play there in spite of that.
‚I have come to believe that cultural boycotts are not only pointless gestures, they are counter-productive, where proscribed states are further robbed of the open commerce of ideas and art and as a result become even more closed, paranoid and insular.
‚I seriously doubt whether the President of Uzbekistan cares in the slightest whether artists like myself come to play in his country, he is hermetically sealed in his own medieval, tyrannical mindset.’”

Der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan Craig Murray kommentiert Stings Verteidigung genüsslich:
“But this really is transparent bollocks. He did not take a guitar and jam around the parks of Tashkent. He got paid over a million pounds to play an event specifically designed to glorify a barbarous regime. Is the man completely mad?
Why does he think it was worth over a million quid to the regime to hear him warble a few notes?
I agree with him that cultural isolation does not help. I am often asked about the morality of going to Uzbekistan, and I always answer – go, mix with ordinary people, tell them about other ways of life, avoid state owned establishments and official tours. What Sting did was the opposite. To invoke Unicef as a cover, sat next to a woman who has made hundreds of millions from state forced child labour in the cotton fields, is pretty sick.
Next time you see Sumner on television warbling on about his love for the rain forest, switch him off.”
Der britische Botschafter Murray wurde vom diplomatischen Dienst entfernt, nachdem er aufgedeckt hatte, das britische, US, und deutsche Geheimdienste Erkenntnisse von Folteropfern aus Usbekistan nutzten. Murray schrieb über die Zeit in Usbekistan das Buch „Ein Mörder in Samarkand. Am 20 Februar 2010 wurde es von der BBC vertont.
Sting ist nicht der einzige Künstler, der für Gulnara Karimowa sang. Auch Rod Stewart und Julio Iglesias reisten nach Taschkent. Christiano Rondaldo, der Fußballer von Real Madrid, besuchte im Dezember. die Despotentochter.
Karimowa trifft auch immer wieder gerne die Vizechefin von Chopard Caroline Scheufele. Und Claudia Schiffer zeigte sich mit der Tyrannentochter, wie so viele andere.

3 FÜR 7 – Wohin? Ah, dahin!

uploads_media_wohnzimmer_zeichnung_raumlaborberlinIst heut‘ nicht was? Klar. Aber Freitag und Samstag ja auch. Und danach erstmal! Es gibt ja vielerlei Untersuchungen zu den Auswirkungen dieses „Mehr“ an Informationen via Internet et al. Neigen wir neuerdings also noch mehr dazu, über Dinge zu reden, mit denen wir nicht direkt zu tun haben? Haben wir womöglich mit immer mehr Dingen nicht direkt zu tun, aber irgendwie den Zwang, dazu eine Meinung zu entwickeln? Sind vielleicht auch deshalb „einfache Lösungen“ und ebensolche Ideologien wieder so en vogue? Kommt bald der „Browse-nothing-day“? Oder gehen wir einfach mal hin zu „Die lustige Witwe“, „Odyssee Europa“, La Roux?

Nun passiert es also: Hier wird Harald Schmidt empfohlen. Aber nun nicht der Herr auf der Bühne, er tritt bei „Die lustige Witwe“ nur off-camera in Erscheinung, einmal aber auch einfach aus dem Off. Lehárs Operetten-Überklassiker bietet jedenfalls gute aktuelle Anknüpfungspunkte an das Tagesgeschehen: Irritierte Konsumisten, marode öffentliche Kassen, unromantische bis fragwürdige Gründe für Hochzeiten. Das Stück an sich wird respektiert und nur vorsichtig dem Zeitgeist entgegengerückt – wenn also mal Operette, dann vielleicht die.

Großes Thema, teure Karten: „Odyssee Europa“. Das Mammutprojekt an sechs Spielstätten an einem Wochenende mit eben so vielen Regisseuren, Städten und Interpretations- bzw. Inszenierungsansätzen. Vielfalt und Opulenz also auch hier, und dann noch anhand eines Werkes, auf das sich schon die halbe Zivilisationsgeschichte berufen hat. Bleibt hier in der Kürze der Zeit also nur auf den Punkt „Formalia“ einzugehen: Ein dreistelliger Eintrittspreis und sechs Vorstellungen an zwei Tagen (etc.) sind sicherlich ein Fest für die Kulturschickeria, wirken aber nicht zwingend so als wolle man, dass das Publikum (Zeichnung: Christoph Franz) sich tiefgreifend mit den Inhalten auseinander setzen kann. Nach all den trojanischen Pferden und Vorboten als Präambeln für dieses Spektakel darf wohl Zweierlei erwartet werden: a) Die Feuilletons werden in Erklärungsnot geraten, was das denn nun gewesen sein soll. b) Es wird Misswahl-mäßig spannend, welche Inszenierung sich am ehesten dem Thema gewachsen zeigen kann.

Oder einfach doch mal wieder nach Köln fahren: Das Konzert von The xx am selben Tag fällt ja aus, aber mit La Roux ist ein anderer Ausgehgrund für alle dedicated followers of fashion in der Stadt. Ältere Menschen können sich fragen, warum neuerdings immer eher unsympathische Menschen produktionstechnisch in Richtung „nächstes mögliches Popfrolleinwunder mit total kredibilen Wurzeln“ gebürstet werden, jüngere finden’s einfach toll, wie es sich gebührt: Menschen wie Du und ich, vielleicht etwas skrupelloser, live auf der Bühne, und berühmt! Wow! Plus Support übrigens. Und das macht Sinn bei nur 45 Minuten „Topact“ wie gestern in Hamburg. Wir lernen: Im Grunde ist also La Roux der Evergreen in der heutigen Runde, so Genre-technisch betrachtet. Und wir denken: Ach, im Grunde ist das ganze Popbusiness schon immer so ein Nehmen-und-Geben aus öffentlichem Schandkragen-Tragen und ebenjenes süffisant beklatschen gewesen – das wurde nur irgendwann mal verdrängt. (Bitte nicht ausdiskutieren!)

„Die lustige Witwe“ u.a. noch am Mittwoch und Samstag.
„Odyssee Europa“ ab Samstag.
La Roux am Samstag.

Die Ökospeedies kommen

erockitHabe gestern im Zug zwischen Osnabrück und Berlin ein Extra-Heft der Zeitschrift „Aktiv Radfahren“ zum Thema Elektro-Rad gelesen und bin aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen.

Das Angebot an Hybrid-Bikes, das heißt von Körper- und Batteriepower gleichzeitig angetriebener Zweiräder ist mittlerweile so vielfältig und serientechnisch ausgereift, dass man mit Fug und Recht von einem Quantensprung in der ökologischen Mobilität reden kann.

Das Fahrrad der Zukunft ist mit Sonnen/Wind- und Muskelkraft angetrieben und schafft damit Entfernungen und Steigungen die auch den untrainierten oder älteren BikerInnen einen täglichen Aktionsradius ermöglichen, der dem Auto gleich kommt. Obendrein bleibt ihr Fahrzeug nicht stehen, wenn der Strom aus geht, sondern kann bis zur nächsten Stromtankstelle nur mit Muskelkraft weiter gefahren werden. Die neusten Antriebstechniken erlauben sogar beim Freilauf oder beim Bremsen die Rückspeisung der dort gewonnenen Lauf- oder Bremsenergie in die Fahrradbatterie.

Für disperse und eher flache Stadtregionen wie das Ruhrgebiet ist ein solches  „Pedelec“, also per Pedal und Elektrik durch zweifach regenerierbare Energiezufuhr angetriebenes Fahrzeug, das ökologisch ideale Fortbewegungsmittel. Im Gegensatz zum Elektroauto verbraucht es obendrein fahrend und stehend viel weniger Platz, fördert systematisch die Gesundheit des Fahrenden und ist mit Bus und Bahn kombinierbar.

Diese Ökospeedies kommen aber auch gut ohne die Kombination mit dem ÖPNV aus, weil 40- 70 km pro Stromladung dank zusätzlicher Pedalpower fast immer drin sind. Wenn Fahrpausen obendrein zum „Nachladen“ benutzt werden, können es auch locker 100 km sein. Das ist einmal von Unna bis Duisburg und zurück.
Zwischenstädtische Fahrten zur Arbeit, in der Ruhrstadt eher normal, sind also mit diesen Rädern, zumindest bei regen- und schneefreiem Wetter, kein Problem mehr. Man kommt dabei nicht mal richtig ins Schwitzen, und genau diese ohne Elektrozufuhr unvermeidliche Transpiration hat bislang viele Büroleute, auch wenn sie eher grün angehaucht waren, vom Fahrrad als Dienstfahrzeug abgehalten.

Längere Einkaufsfahrten mit zwei großen Packtaschen am Gepäckträger, in die auch die Verpflegung für mehrere Tage, zu zweit sogar für eine ganze Familie reingeht, sind mit diesen Bikes nicht mehr kräftezehrend und ein Parkplatz sowieso kein Problem. Längere Freizeitfahrten mit kompletter Picknickausrüstung auch nicht.

Ein Kind auf dem Rück- oder Vordersitz wird von der Last zum Reisebegleiter. Das gilt, mit etwas mehr Stromverbrauch, auch für die/den zufällig getroffenen Freund/Freundin die/der ein Stück auf dem Gepäckträger mit fährt.
Noch kriege ich das alles ohne Elektrohilfe hin. Aber es wird nicht mehr lang dauern, dann werde ich mir so ein Ding kaufen und es wird mir eine Menge Spaß bereiten damit an der Ruhr und an der Spree entlang zu gondeln. Die Preise sind allerdings noch zu hoch um massentauglich zu sein. Aber mit der Menge der Käufer sinkt ja in der Regel auch

Werbung


Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Bochum: Konzerthausspender verbittert…Der Westen

Revier-Derby: Vorbesprechung der Fanbeauftragten…Ruhr Nachrichten

Selbstmord: Günter von Gravenreuth ist tot…taz

Nachruf: von Gravenreuth…Gulli

NRW-Wahl: Berlin wird nervös…Kölner Stadtanzeiger

Gelsenkirchen: FDP distanziert sich von Abmahn-Queen…Gelsenkirchen Blog

NPD: Bus kaputt…Bo Alternativ

Hip-Hop: BBOY Freestyle Jam…Hometown Glory

Ruhr2010 I: Die Vermessung des Weltinnenraums…xtranews

Opel-Theater: Zweiter Akt…Verlorene Generation

Castrop: Handwerker prüfen Sammelklage gegen Ayurveda-Hotel…Der Westen

Ruhr2010 II: Erfolgreiche Local Heroes…RP Online

Zensursula-Anhörung: Es bleibt viel zu tun!…Netzpolitik

AMI Leipzig: BMW Tadaradaaadaa Tadaradaaadaa

SUV: Im Galopp zum Streetbanging. Von Gastautor Manfred Ganswindt.

Die Zukunft des Automobils: Im April öffnen sich die Leipziger Pforten für die Automobilmesse „Auto Mobil International“ (AMI). Wir greifen vor und stellen einen heißen Boliden der Zukunft vor. (Damit man weiß unter wessen Räder man kommt.)

BMW-Kunden bemängeln häufig, dass sich das auf der Autobahn einzigartige Überholprestige ihres Geländewagens im dichten Innenstadtverkehr, zwischen Horden von Fussgängern, verlieren würde.

BMWs innovative Ingenieure bauten kurzerhand die Walküre in das Fahrzeug ein. Wagners Oper wird über die Karosserie abgestrahlt, die aus dem selben schwingungsfreundlichen Aluminium besteht wie die Membranen der bekannten Bassboxen von Larry Hartke. Wie erwartet stellt sich der großzügige Fahrgastraum als idealer Resonanzkörper heraus. Narrensicher: Die Lautstärke wird über das Gaspedal geregelt. Tritt man das Gaspedal ganz durch, schaltet sich der Kickdown ein: Die Oper springt augenblicklich zum Walkürenritt.

Von Gastautor Manfred Ganswindt.

Wüst-Nachfolge: Auch Wittke macht es nicht

wittke_ddorfOliver Wittke, der Chef der Ruhrgebiets-CDU, wird nicht Nachfolger des zurückgetretenen CDU Generalsekretärs Hendrik Wüst.

Das erklärte Wittke heute dem Pottblog in einem Video. Wie es der Zufall wollte, hatte Pottblogger Jens Matheuszik nämlich einen bereits lange abgesprochenen Termin mit Wittke für eine Reihe von Videointerviews.

Da auch der Arnsberger Regierungspräsident Helmut Diegel mittlerweile abgewunken hat, ist die Personalfrage ungeklärt. Beide Namen waren von Medien im Zusammenhang mit der Wüst-Nachfolge genannt worden. Da Wittke traditionell kein gutes Verhältnis zu Rüttgers hat und für Diegel der Posten des Generalsekretärs ein Rückschritt gewesen wäre, war die Berufung eines der Beiden auf den Posten  sehr unwahrscheinlich.

Foto: Frederik Görges/Ruhrbarone

Werbung


Aus für Wüst

wuestVerschiedene Medien melden das Aus für Hendrik Wüst als CDU-Generalsekretär in NRW. Die Affäre um den Miet-Ministerpräsidenten war auch Rüttgers zu viel.

Die Trennung von Hendrik Wüst wird Rüttgers weh tun – allzu viele Freunde hat er nicht mehr in seinem Umfeld und ob das Bauernopfer Wüst ihn rettet ist fraglich. Die WAZ schreibt, dass nach ihren Informationen der Arnsberger Regierungspräsident Helmut Diegel und ex Verkehrsminister Oliver Wittke mögliche Nachfolger wären. Beides halte ich für eher unwahrscheinlich: Wittke ist kein Freund von Rüttgers und hat politisch seit seinem Rücktritt an Gewicht verloren. Zudem arbeitet er für den Bauunternehmer Walter Hellmich – da ist der nächste Skandal schon vorprogrammiert. Und Diegel? Dem wird zwar der Wunsch nachgesagt ins Kabinett zu wechseln, aber der Job des Generalsekretärs käme eine Degradierung gleich. Was für die von der WAZ genannten spricht ist der schiere Personalmangel der Union: Wer sonst?

Das Rüttgers bei Wüst die Notbremse zieht, ist ein Zeichen der Nervosität. Für ihn könnte es bei der Wahl im Mai eng werden. Es ist aber auch ein Wechsel in der Politik des Ministerpräsidenten: Wittke musste wegen eines eher albernen Verkehrsdelikts seinen Platz räumen – die Doppelnullagenten mit der Lizenz zum Versagen durften hingegen im Kabinett bleiben: Umweltminister Uhlenberg und Schulministerin Sommer. Zu einem Befreiungsschlag, einer großen Kabinettsreform fehlte Rüttgers der Kraft. Dabei machen beide ihren Job so schlecht, dass die Erfolge der Landesregierung, der Ausstieg aus der Kohle, die Reform des RVR-Gesetzes oder die zahlreichen Hochschulgründungen,  in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen werden. Rüttgers weiß jetzt wo die Reissleine hängt – hätte er das schon vor zwei Jahren gelernt, seine Chancen auf Wiederwahl wären deutlich höher

Akte studivz – XY: Glaubwürdig und gläsern

studivzEs geht um Datenschutz. Um Sicherheit. Möchten Sie, dass ihr Geburtstag durchs Internet wabert, oder ihre Unterhosengröße? Wie dumm sind eigentlich soziale Netzwerke?

Ich will ein aktuelles Beispiel aus dem realen Leben geben, um zu zeigen, was passieren kann, wenn man im virtuellen zuviel dampfplaudert.

Zunächst eine einfache Sache: Das EU-Parlament lehnt das SWIFT-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA ab.

Nun veröffentlicht ein kritischer Student, der mir persönlich bekannt ist, seinen Beifall zu dieser Politik im Buschfunk der sozialen Netzwerke von studivz bis myspace; seine politische Grundorientierung hatte er zuvor irgendwann einmal dort irgendwo als vielleicht „kommunistisch“ bezeichnet, oder war es doch „sozialistisch“. Irgendwo links jedenfalls.

Er hatte sich auch in virtuellen Gruppen gegen das Anti-Terror-Lager in Guantanamo und gegen das Kriegstreiben der USA engagiert.

Eingeschrieben ist der kritische Student im Fach der Orientalistik – oder war es Slavistik?

Wie dem auch sei: der kritische Student wollte nun vor ein paar Tagen in die USA einreisen. Er kam nicht weit. Am Grenzposten des Flughafen wurde er festgehalten und drangsaliert. Stundenlang quälende Fragen zu seinem politischen Hintergrund, zu seiner religiösen Überzeugung, zum Status quo des transatlantischen Bündnisses, etc…folgten.

So ist es passiert, so habe ich es gehört und hier aufgeschrieben. Der Name des kritischen Studenten ist mir bekannt.

Vielleicht wäre es clever von ihm gewesen, er hätte die Freiheitsstatue irgendwo in ein Fotoalbum des World Wide Web eingefügt.

In meinen Augen ist es absurd, wenn darüber diskutiert wird, die Persönlichkeitsrechte zu schützen, wenn gleichzeitig Massen an Menschen ihre persönlichen Informationen in virtuellen Netzwerken posten; sei es in studivz, facebook, myspace oder sonst was… Es scheint, als sei den Leuten der Schutz ihrer Daten und ihrer Intimsphäre egal.

15 Millionen User sind bei den VZ-Netzwerken registriert. Der Marktführer bietet Schülerinnen und Schülern im schülervz, angehenden Akademikern im studivz und Erwachsenen sowie sonstigen Lebensläufen im meinvz eine Plattform zur Selbstdarstellung. Ein Blick in die Realität der virtuellen Datenbanken verleiht mir den Eindruck, als sei nichts schöner als die Preisgabe der persönlichen Informationen. Urlaubsbilder mit dem Liebsten, Mitgliedschaften in aussagekräftigen Gruppen, politisches Outing, Material en masse für Datenhaie und Profil-Analytiker – und das alles ohne Zwang. Hier finden zukünftige Arbeitgeber, Headhunter und Behörden genauso das, was sie interessiert, nicht nur neue Partner und Freunde. Selbst Gangster können über Twitter und Facebook rausfinden, ob irgendwer daheim ist oder im Urlaub in Pusemukkel.

Der breite Widerstand gegen Privatspährenkiller wie den Nacktscanner verliert an Glaubwürdigkeit, wenn die meisten Menschen ihre Persönlichkeitsrechte freiwillig aufgeben. Der gläserne Student möchte an und für sich Herr sein über das, was er preisgibt, aber er veröffentlicht freiwillig alles, was er hat

Es liegt doch nur nahe, dass Geheimdienste, Schnüffler und Kriminelle versuchen in den Besitz dieser Daten zu kommen, um daraus Nutzen zu ziehen.

Es ist schlicht ein Widerspruch, mehr Datenschutz zu fordern, wenn auf dem virtuellen Studenten- respektive Partnermarkt die Vita eines jeden studivz-Mitglieds chronologisch nachvollziehbar erscheint. Von der Geburt, zum ersten Schultag, das zweite Kind, der dritte Partner, das vierte Haustier, die fünfte Freundin, das erste und wahrscheinlich einzig gelesene Buch, die x-te Party – der gewiefte Forscher wird nach kurzer Recherche einen Stammbaum erstellen können inklusive einem Persönlichkeitsprofil, das sich sehen lassen kann. Diese Erkenntnis kann verkauft oder genutzt werden, um die Meinung, das Verhalten oder die Einstellung des gläsernen Studenten zu manipulieren.

Ein bisschen mehr nachdenken wäre schön. Vielleicht wäre es ja klug, die sozialen Netze stärker zu hinterfragen, bevor man von über mehr Datenschutz schwadroniert.