Der Ruhrpilot

NRW: Merkel glaubt dem Nein der NRW-SPD zu Rot-Rot nicht…Der Westen

NRW II: SPD umwirbt Migranten…Spiegel

NRW III: Das nebulöse Dienstwagen-Angebot der Rüttgers-CDU…Spiegel

NRW IV: Zwei Farben Rau…Jungle World

NRW V: „Rüttgers ist insgesamt kein Volkstribun“…Cicero

Dortmund: Langeweile statt Wahlkampffieber…Der Westen

Mixa: Vier Fäuste für ein Halleluja…Gelsenkirchen Blog

IHK: Aus für Metropolregion Rhein-Ruhr…Kölner Stadtanzeiger

Recht: Anwälte gegen Aussagepflicht bei Polizei…Law Blog

Bildblog: So sorry, Stefan Niggemeier…Achse des Guten

Ein paar Anmerkungen zur Missbrauchsdebatte

Gut an der gegenwärtigen Debatte ist, dass die Opfer endlich wagen zu sprechen. Das befreit. Doch dringt der aktuelle Diskurs in den Massenmedien, der stark an die sprichwörtliche durchs Dorf getriebene Sau erinnert, zum Kern des Problems vor?

Kein Mitleid mit der katholischen Kirche! Die öffentlichen Aggressionen treffen hier sicherlich keine falsche Adresse. Aber ist die Tatsache, dass sie sich auf dieses Ziel richten, nicht schon ein Indiz für eine rapide verfallende Macht? Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker glänzt manchmal auch als scharfer Analytiker: für ihn ist die katholische Kirche, wie sie sich hierzulande darstellt, ein Auslaufmodell – „die wäre imgrunde nur noch durch die Frauen zu retten“ meint er sehr richtig. Das wird sie natürlich nicht zulassen; lieber geht sie unter. Fast ist es schon mitleidserregend, dass diese streng hierarchisch strukturierte Organisation, mit einer besonders hohen Schwulenkonzentration in den Führungsebenen, sich als führende Organisation des Schwulen- (und damit Selbst-!)Hasses zu profilieren versucht. Herrgott, wirf Therapeuten vom Himmel! Welche Erkenntnisse werden sich erst auftun, wenn mann parallel mal die diversen Islamistenzirkel darauf untersucht? Aber das ist ein anderes Thema.

Obwohl nicht ganz. Das, was wir den Islamisten oftmals zu Recht als mittelalterlich unterstellen, wenn wir ihre gesellschaftliche Unterdrückung individueller Freiheiten anklagen, ist hierzulande noch nicht einmal eine historische Hundertstelsekunde her: egal, ob es die Rechte von Kindern, Menschen diverser sexueller Orientierung oder auch von erwachsenen Frauen betrifft. Ich selbst bin 53 Jahre alt, als Kind in der Mitte des Ruhrgebietes in Gelsenkirchen, Gladbeck und Essen aufgewachsen – nicht sexuell missbraucht worden, auch als Messdiener nicht – aber selbstverständlich wurde noch auf mannigfachste Art geschlagen und geprügelt, zuhause, in der Schule (Volksschule und Gymnasium) und der Kirche.

Vieles hat sich gebessert. Vor allem natürlich, dass das alles keine Privatsache mehr ist, sondern öffentlich debattiert wird. Auch dass die Eltern heute mehr wissen über die Erziehung von Kindern, und dass sie so engagiert für ihre Kinder Partei nehmen, wie sie es niemals zuvor getan haben. Was selten ist, ist wertvoll. In den Straßen, in denen ich aufgewachsen bin, sehe ich heute keine Kinder mehr toben. Nicht nur, weil es viel weniger Kinder gibt. Die Eltern haben vor lauter Kindesliebe- eine bedauernswerte Kehrseite – auch Angst, das Kind noch alleine auf die Straße zu lassen – bekanntestes Symptom: die berühmten „Mama-Taxis“. Und die Aufregung, wenn es mal zu einer Prügelei gekommen ist; das steht heute sofort in der Zeitung. Weil es dort häufiger steht, heisst das aber nicht, dass es häufiger vorkommt, sondern vor allem, dass wir heute besorgter darum sind, was ja kein Fehler ist. An „Jugendgewalt“ hat es jedoch durch alle Zeiten keinen Mangel gegeben.

Die Kriminalitätsstatistiken geben klare Auskunft, wo es für Frauen und Kinder am gefährlichsten ist. Es ist nicht in der Schule, nicht im dunklen Stadtpark, nicht in Bus und S-Bahn, sondern zuhause in der eigenen Wohnung. Die ist aber heilig, ebenso wie die Familie, hier gilt, wie in den Schulen, aus denen der Missbrauch jetzt öffentlich wird, das „besondere Gewaltverhältnis“, das sich weiter austobt, mit einer Riesendunkelziffer. Und übrigens scheint es kein Klassenproblem zu sein; Frauen und Kinder werden auch in der Oberschicht misshandelt.

Es ist also gut, dass es die Diskussion heute gibt. Aber sie darf nicht stehen bleiben. Das Private ist politisch. Da gibt es noch vieles, von dem bisher kaum die Rede war.

Eine öffentliche Debatte über Körperpolitik gibt es kaum. Fast rührend hilflos sind die Versuche, Jugendliche vor den Gefahren der Pornografie zu bewahren, sind es doch die Kids, die heute Eltern und Lehrern Technik- und oftmals auch Medienkompetenz vermitteln müssen.
Einerseits ist es moralisch notwendig und richtig, sexuelle Handlungen nur zwischen Personen zu erlauben, zwischen denen ein gleichberechtigtes und kein Gewaltverhältnis besteht. Andererseits werden in unserer Gesellschaft immer mehr Lebensbereiche durchökonomisiert und vermachtet, eine Entwicklung, die die Kids sehr aufmerksam rezipieren und uns mit ihren neuesten Pornotrends oftmals brutal den Spiegel vorhalten. Verdruckste erzieherische Moralisiererei hilft da nicht viel weiter. Die Älteren tragen selbst noch schwer an der Ideologie von Körper- und Lustfeindlichkeit, die sie nicht nur in einer Kirche, sondern – zumindest in Deutschland – auch in linken Bewegungen eingebimst bekommen haben. Das hat dazu geführt, dass sich eine Mehrheit der Alten und der Jungen in ihrem Körper unwohl fühlt – zu dick oder zu dünn, aber keinesfalls richtig, ganz so, als wenn ein Körper „richtig“ oder „falsch“ sein kann. Wie soll jemand, der oder die so wenig zur Selbstliebe fähig ist, andere lieben oder ihnen Liebesfähigkeit beibringen können? Als „MärtyrerIn“ vielleicht? Womit wir wieder bei Lattenjupp und den Parallelen zum Islamismus wären …..

Landtagswahl NRW: Koalitionen jenseits der Parteien-PR

Rot-grün oder schwarz-gelb? Die von den Kommunikationsprofis der Parteien propagierten Regierungsoptionen sind nach dem 9. Mai unwahrscheinlich. Zeit, sich Gedanken über die Möglichkeiten und Probleme der zwei realistischen Koalitionsopitionen zu machen.

Über zwei Themen reden die Politiker nicht nur in NRW sehr ungern: Über die harten Sparmaßnahmen, die wahrscheinlich nach  der Landtagswahl in NRW auf allen Ebenen erfolgen werden und über die realistischen Koalitionsoptionen.

Schaut man sich die Umfragen der vergangenen Monate an, ist es wahrscheinlich, dass es weder für schwarz-gelb noch für rot-grün reichen wird. Die Linkspartei ist seit August 2007 in  keiner Umfrage mehr unter fünf Prozent gewesen. Ob es gelingen wird, sie aus dem Parlament rauszuhalten, darf man bezweifeln. Kommt es nach der Wahl zu rot-rot-grün? Ich glaube es nicht. Auch wenn SPD, Linkspartei und Grüne ein Interesse daran haben, dass solche Bündnisse in Zukunft eine Option sein werden, ist die Linkspartei in NRW ein denkbar schlechter Partner. Ein Bündnis mit den Politsektierern in NRW würde ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene eher beschädigen als stützen. Das wollen Grüne, SPD und auch die Linkspartei in Berlin nicht. Also wenden wir uns den beiden realistischeren Optionen zu: Der großen Koalition und schwarz-grün.

Große Koalition
In vielen Bereichen stimmen SPD und CDU überein: In der Industriepolitik sind die Unterschiede gering. Beide Parteien wollen, dass die Industrie in NRW ihre Großprojekte umsetzen kann. Bei allem Streit um das Verfahren: Auch die SPD will, wie die CDU, neue Kohlekraftwerke in NRW, will die Energieversorger nicht übermäßig belasten und ist an attraktiven Rahmenbedingungen für die Großindustrie interessiert. In der Bildungspolitik könnte sich die SPD durchsetzen. Rüttgers hat schon im vergangenem Jahr gegenüber einer SPD-Oberbürgermeisterin erklärt, er wisse, dass es in der Schulpolitik nicht so weiter gehen könne. Längeres gemeinsames Lernen könnte so ein Erfolg der SPD in den Koalitionsverhandlungen werden, und dass Rüttgers sein Amt riskiert, um die Laufzeit von Atomkraftwerken zu verlängern, darf bezweifelt werden. Kleinere Änderungen bei Hartz IV würden auch mit Rüttgers gehen.

Schwarz-grün
Schwarz-grün in NRW würde sowohl für CDU als auch für die Grünen neue Koalitionsoptionen im Bund eröffnen und ist somit für beide eine strategisch interessante Koalition. Inhaltlich passt das nicht? Die Grünen würden mit der CDU dafür sorgen, dass die große historische Leistung der Landesregierung, der Kohle-Ausstieg, nicht angerührt werden würde. In der Bildungspolitik könnte Rüttgers nachgeben und auch die Studiengebühren könnten fallen. Beim Atomausstieg könnte Rüttgers  nachgeben. von Beust in Hamburg und Müller im Saarland haben das auch schon getan. Dafür würde die Union in den beiden Feldern Wirtschaft- und Sozialpolitik die Oberhand behalten. Würde Rüttgers das erste schwarz-grüne Bündnis in einem großen Bundesland hinbekommen, könnte er  auch versuchen sich 2014 in das Bundespräsidialamt zu verabschieden: Er wäre für CDU, FDP und Grüne in der Bundesversammlung wählbar. Wenn Merkel mitspielt…

Wir als Wähler sollten nun über diese Bündnisoptionen diskutieren und nicht über die Vorgaben aus den Wahlkampfzentralen, die am 9. Mai um 18.00 Uhr ohnehin nichts mehr wert sein werden.

Foto: Landtag NRW

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Katholische Kirche gegen Regensburg Digital

Das Blog Regensburg Digital hat kritisch über den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsopfern berichtet. Mit einer einstweiligen Verfügung will die Kirche das nun künftig verhindern.

Auch bei den einst vom Papstbruder Georg Ratzinger geleitetem Regensburger Domspatzen kam es zu Missbrauchsfällen. Und das Blog Regensburg-Digital berichtete darüber und beklagte  den Umgang der Kirche mit den Missbrauchsopfern bei den Regensburger Spatzen und im gesamten Bistum.

Das gefiel der katholischen Kirche nicht, die nun eine einstweilige Verfügung gegen das Blog angestrengt hat. Dem Blog ist es nun verboten, in Zusammenhang mit einem pädophilen Pfarrer über eine Vereinbarung zwischen der Diözese Regensburg mit der Familie eines Opfers so zu berichten, das der Eindruck entstehen könnte, es sei  Schweigegeld geflossen.

Regensburg-Digital will gegen diese einstweilige Verfügung vorgehen und benötigt nun Spenden:

Wir betrachten diese Entscheidung als einen skandalösen Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit. Bis spätestens 1. Mai müssen wir nun mit unserem Rechtsanwalt Nils Pütz entscheiden, welche Schritte wir einleiten werden.

Während die katholische Kirche genügend Finanzmittel zur Verfügung hat, um mit Hilfe des Landgerichts Hamburg die Meinungsfreiheit einzuschränken, haben wir dieses Privileg nicht. Bereits bis jetzt sind Kosten von rund 3.000 Euro entstanden. Allein um in erster Instanz gegen diese Entscheidung vorzugehen zu können, benötigen wir voraussichtlich weitere 2.500 Euro.

Wenn Sie uns unterstützen wollen, überweisen Sie eine Spende mit dem Betreff „LG Hamburg” auf folgendes Konto:

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V..
Volksbank Regensburg (BLZ 750 900 00)
Kontonummer: 63363

Wer gerade mit dem Gedanken spielt aus der Kirche auszutreten, kann ja einen Teil der so gesparten Steuern den Regensburgen zur Verfügung stellen, die in ihrer Heimat sowohl von den Medien als auch von großen Teilen der Politik keine Unterstützung bekommen.

Foto: Regensburg-Digital

Der Ruhrpilot

NRW: Rüttgers und die Quittung fürs Fallenlassen…Süddeutsche Zeitung

NRW II: Rüttgers verliert, FDP holt auf…Stern

NRW III: Piraten auf der Suche nach der Identität…Zeit

NRW IV: Neue Parteispendenaffäre der NRW-CDU?…Wir in NRW

NRW V: Die Linkspartei will real existierenden Sozialismus…Welt

Linkspartei: NPD-Funktionär zur Kommunistischen Plattform gewechselt…xtranews

Dortmund: Mehr Jobs in der Krise…Der Westen

Ruhr2010: U-Voreröffnung am 9. Mai geplatzt…Ruhr Nachrichten

Essen: Messe ächzt unter der Finanzlast…Der Westen

1. Mai: Erster Euromayday Ruhr…Bo Alternativ

Musik: Rüttgers singt selbst…Pottblog

Ruhr2010 II: Gelsenkirchener Kulturschiffe legen ab…Pottblog

Protest: Gegen RWE und seine Reaktoren…taz

Der Vulkan und das iPad…

Ein schöner, blauer Himmel ohne Kondensstreifen und weniger Lärm. Für die meisten von uns waren die Folgen des der Vulkanausbruchs auf Island eher angenehm. Aber was ist wenn Eyjafjallajökull nicht aufhört Ärger zu machen und seine Vulkankumpels anfangen ihm nachzueifern?

Die Folgen der Dauereruption von Eyjafjallajökull sind beängstigend: Im beginnenden Aufschwung ist der Export bedroht, Tausende hängen in Urlaubsparadiesen fest und man sieht Niki Lauda im Frühstücksfernsehen. Alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem was droht, wenn sich die isländischen Vulkane nicht schnell erholen und der Frachtverkehr zwischen den Kontinenten nicht wieder in Schwung kommt: Die Markteinführung des iPads in Europa könnte sich weiter verzögern, weil Lebensmittellieferungen und Ersatzteile für medizinische Geräte im Falle der Dauerkrise bevorzugt transportiert werden. Und das vielleicht für Monate.

Diese katastrophale Konsequenz des Vulkanausbruchs haben die  Medien bislang verschwiegen. Wahrscheinlich aus Verantwortung der Gesellschaft gegenüber: Wer will schon für eine Massenpanik verantwortlich sein?

Foto: Apple

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Aufschub für Ferrostaal-Chef

Eigentlich wollte heute der Aufsichtsrat von Ferrostaal über den Verbleib von Vorstandschef Matthias Mitscherlich entscheiden. Die Asche-Wolke verschaffte dem Manager eine Atempause.

Mitscherlich steht mächtig unter Druck. Die Staatsanwaltschaft München hat die Firmenzentrale in Essen durchsucht, angeblich soll der Konzern in der Vergangenheit bei Aufträgen kräftig geschmiert haben. Laut Medienberichten ist dabei auch Mitscherlich ins Visier geraten – er soll der Untreue verdächtigt werden.
Überraschend kommen die Vorwürfe nicht. Erst kürzlich hatte der Ferrostaal-Chef in einem Interview mit dem Handelsblatt eine interessante Haltung in Sache Schmiergeld an den Tag gelegt.
Nach Angaben aus Unternehmenskreisen ist nun vor allem MAN mit dem Verhalten von Mitscherlich in der aktuellen Affäre unzufrieden. Der Münchener Lkw-Bauer hat die Mehrheit an den Investor IPIC aus Abu Dhabi verkauft, hält aber noch 30 Prozent von Ferrostaal.
Auf einer ursprünglich für heute angesetzten Sitzung des Aufsichtsrats sollte über die Ablösung von Mitscherlich beraten werden, doch das Treffen musste verschoben werden. Grund ist die Aschewolke über Europa, die den Flugverkehr behindert. Das Gremium will nun am 3. Mai zusammenkommen, um über den Verbleib von Mitscherlich an der Konzernspitze zu beraten.

Ressentiment oder Ökonomie

Selbst PolitikjournalistInnen und halb oder ganz linke PolitikerInnen verstehen bis heute nicht den Unterschied zwischen einem privaten und einem öffentlichen Haushalt, ganz zu schweigen von der globalen Ökonomie.

Ihre Weisheit erschöpft sich in dem Satz: „Man kann nur ausgeben, was man auch eingenommen hat.“ Und wer sich daran nicht hält, ist günstigstenfalls ein Schlawiner, will mit weniger Arbeiten mehr verdienen und hat recht häufig dunkle Haare und auch einen dunkleren Teint. Denn es ist ja bekannt, da unten am Mittelmeer ist nicht nur schöneres Wetter, da besteht das Leben vor allem aus Pausen, wie fast alle von uns aus unseren Urlauben wissen.

Diese Klippschulwirtschaftslehre verbindet sich auf das Feinste mit alten rassistischen Ressentiments und bildet ein stimmiges Weltbild, auf das unsere Regierung und unsere Kanzlerin ihre Bewältigung der griechischen Finanzkrise bauen. Ohne von übermässigen inländischen Debatten gestört zu werden, können so die Interessen deutscher Banken und Rüstungskonzerne, die veritabel im Griechenland-Geschäft engagiert sind, gewahrt werden. Denn der wichtigste Punkt für Merkel und Co. ist, dass deren Forderungen auf Heller und Cent beglichen werden. Und dafür müssen die gleichen GriechInnen, die schon unter ihren korrupten Regierungen gelitten haben, eben nun noch einmal leiden, mit Renten- und Lohnsenkungen. Hiesige ArbeitnehmerInnen haben davon überhaupt nichts. Im Gegenteil: durch ihre eigenen Reallohnverluste, hervorgerufen vor allem durch jahrzehntelang allzu bescheidene Tarifabschlüsse, haben sie zu den Voraussetzungen der Griechenland-, die auch eine Irland-, Italien-, Portugal- , Spanien-, Baltikum-, Balkan-, EU- und Europakrise ist, selbst beigetragen.

Der Exportvizeweltmeister Deutschland, der den Löwenanteil seiner Exporte im EU-Raum und Europa realisiert, hat alle seine potenziellen Konkurrenten kaputtkonkurriert, weil hierzulande die üblichen Verteilungskämpfe zwischen Unten und Oben viel deutlicher als in anderen demokratischen Ländern zugunsten von Oben ausgegangen sind. Von den Produktivitätsfortschritten, die natürlich im globalen Wettkampf die entscheidende Rolle spielen, hat Unten in Deutschland niemand etwas abbekommen. Die anderen EU-Länder finden das nicht amüsant, denn solche Handelsungleichgewichte können naturgemäß nicht von Dauer sein, und dann ist Schluss mit den lustigen Exportüberschüssen.

In dieser Lage sind wir jetzt in Europa. Und die Bundesregierung lässt nun heftig den „hässlichen Deutschen“ raushängen, und glaubt sich das leisten zu können, weil das in der inländischen Öffentlichkeit ja niemand thematisiert. Sie verweigert sich kooperativen Lösungen in EU- und Euro-Raum und setzt brutal das durch, was sie als „deutsche Interessen“ definiert, bzw. von der Zeitung deutscher Klippschüler definieren lässt. Im Unterschied zur hiesigen biodeutschen veröffentlichten Meinung ist die Debatte der Deutschland-Griechen, wie sie z.B. auf dem Premium-Radiosender Funkhaus Europa zu verfolgen ist, angenehm selbstkritisch und differenziert. Aber wer hört das schon?

Wie kann es nur zu so einem Demokratie-Desaster in der Ökonomie-Debatte kommen? Ist es die deutsche Inflationstraumatisierung aus den 20er Jahren? Noch nicht einmal meine Eltern haben die miterlebt; meine mittlerweile allesamt verstorbenen Großeltern haben sie mitbekommen, und ja, von ihrer Sparparanoia haben wir Enkel sogar über ein ansehnliches Erbe profitiert. Und ich würde die These wagen, dass die 12 Jahre Faschismus hierzulande auch in diesem Bereich bis heute historisch wirksame Zerstörungsschneisen in Wissenschaft und Ökonomieöffentlichkeit hinterlassen haben, da sie in den ersten Nachkriegsjahrzehnten zum Teil bewusst nicht bearbeitet sondern restauriert wurden.

Das führt dazu, dass wir heute von amerikanischen Präsidenten belehrt werden müssen, wie Banken besser kontrolliert werden sollen, oder von einem ideologisch eigentlich reaktionären französischen Präsidenten, wie man eine rationale Konjunkturpolitik macht. Und ausgerechnet ein rechter Luxemburger, Jean-Claude Juncker, muss in deutschen Rundfunkinterviews den Sinn einer europäischen Griechenlandsolidarität erklären, weil deutsche Regierungsmitglieder dazu zu feige sind. Und nur in wenigen, vor allem wenig massenwirksamen inländischen Medien wird Anschluss an diese Debatte gehalten , z.B. von den Kolumnisten Fricke, Münchau und Zeise in der deutschen Financial Times.

Das wird alles auf uns zurückfallen, auch und gerade ökonomisch. Die europäischen Freundinnen und Freunde werden das deutsche Verhalten in dieser Krise nicht vergessen. Zu diesem ökonomisch unsinnigen Verhalten gehört ja ausserdem das moralische und menschenrechtliche Desaster der deutschen Rolle in der europäischen Flüchtlingspolitik. Hier lassen wir die nämlichen Länder Griechenland, Italien, und Spanien genauso alleine. Unsere Regierung scheint die Szenerie, in der nicht nur jährlich tausende jämmerlich im Mittelmeer ersaufen, sondern sich auch rassistische Progrome mit sichtbarer Förderung durch Mafia und reaktionäre Regierungen und Parteien häufen, mit Wohlgefallen zu betrachten, nach dem Motto: „Siehste, Einwanderung bewirkt eben sowas.“
Nur, wenn man das will!

Einwanderung bedeutet immer auch Innovation, ökonomisch, kulturell, sozial. Wer sich so konservativ abschottet, wie wir Deutsche es unseren Regierungen erlauben, der wird in Kürze nicht nur demografisch, sondern vor allem ökonomisch den Allerkürzesten ziehen. Ich wage, die These, dass nicht nur China oder Indien, sondern auch Länder wie, wenn dort erst massentauglicher Internetzugang geschaffen wurde – und das steht bevor – sogar ehrgeizige Länder wie Äthiopien oder Ruanda uns innovatorisch in schätzungsweise nur 50 Jahren noch was vormachen werden. Während wir ihre Leute nicht reinlassen und auch keine Geschäfte mit ihnen machen wollen, weil sie uns zu doof, zu schwarz und zu korrupt sind (Siemens oder Daimler sind dort aber sehr wohl bekannt!), machen sie ihre Geschäfte eben mit Chinesen oder Brasilianern. Sie brauchen uns nicht.
Entscheidend für die Wachstumsperspektiven einer Volkswirtschaft ist, ob die Menschen glauben, dass die Zukunft besser wird, als Gegenwart und Vergangenheit. Ein Land, in dem die Alten eine wachsende Mehrheit stellen, das sich einmauert und in dem diese Mehrheit glaubt, „früher war alles besser“, wird ihnen bald hinterhergucken .