Piraten regieren ein wenig mit

Die Piraten sitzen in Münster im Rat – und sind jetzt Bestandteil eines lockeren Bündnisses, das über die Mehrheit im Rat verfügt.

In Unistädten haben die Piraten ihr größtes Wählerpotenzial – und in Münster, einer der wenigen Städte in denen die Partei bei der NRW-Kommunalwahl im August antrat, sitzen die Polit-Freibeuter auch im Rat. Nun gehören sie zu einem lockeren Bündnis, dass die Politik in der Stadt mitgestalten will: SPD, Grüne/GAL, Die Linke, ÖDP, UWG und Piratenpartei  haben sich gegen CDU und FDP zusammengeschlossen. Marco Langenfeld, Münsteraner Pirat und Ratsmitglied in einer Erklärung "Wir wollen Münster zeigen, dass man auch ohne eine Festbindung Politik machen kann. Themenbezogene Zusammenarbeit fördert das Wohl der Stadt. Unsere Ziele sind vor allem sozialpolitischer Natur, aber wir werden Münster auch kulturell voranbringen."

Nico Kern, der Spitzenkandidat der Piraten für die NRW-Landtagswahl im Mai kommenden Jahres, sieht die Kooperation nach Münster-Art als Modell: "Wir laden vor diesem Hintergrund auch an anderen Orten und auf anderen Ebenen zur Zusammenarbeit ein, auch außerhalb von Stadt- und Gemeinderäten. Ein offener Dialog mit verschiedenen Interessengruppen wie Parteien oder Nichtregierungsorganisationen hilft, praktische Lösungen zu finden." Ein wenig Vollmundig ist das schon – die Piraten sind in NRW nur in den Räten in Achen und Münster vertreten.  

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Studis unter Druck

Unter ihren Kommilitonen finden die Besetzer der beiden Audimaxe wenig Unterstützung – zumindest im Internet.

Es ist seit Jahrzehnten die Krux studentischer Proteste: Kaum jemand macht mit. So auch diesmal bei den Protesten gegen die Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Besetzern der Hörsäle spüren in Online-Foren Desinteresse und Gegenwind. So auch im eigens eingerichteten Protest-Blog: Gerade einmal drei Kommentare zieren den Artikel über die Ziele der Besetzung – und von denen wurde einer entfernt und zwei sprechen sich gegen die Aktion und das Vorghehen der Besetzer aus. Vander: ""wo erstmal die Wiwis in ihrem Streben nach Geld gestört worden sind" Also mal ganz ehrlich, ich finde das ist ne absolute frechheit sowas zu behaupten. Verstehe nicht warum BWLer oder sonstige so pauschalisiert werden müssen. Gehts hier nicht um Zusammenhalt der Studierenden oder hab ich da was missverstanden. Nur weil sich manche beschweren, dass Vorlesungen ausfallen und dadurch weniger gelernt werden kann, gibt das dem Autor hier kein Recht zu sagen, dass Wiwis nur nach Geld aus sind."   

Auch im Webforum der Uni Duisburg Essen wird nicht gerade heiß diskutiert – gerade einmal knapp 20 Postings finden sich zu dem Thema Besetzungen. Und auch dort sind die Reaktionen eher verhalten: Ari sieht die Besetzung kritisch: "Dass grade das Audimax besetzt wurde, finde ich auch nicht so toll, da die meisten Besetzer bestimmt nichtmal Vorlesungen dort haben (das mutmaße ich mal). Es schadet momentan nur den BWLern und Fachverwandten. Vielleicht hätte man einen Ort wie die Mensa auswählen sollen (Hungerstreik), auch wenn das wiederum dem Personal geschadet hätte… schwieriges Thema, da sollte man im Vorfeld mehr drüber nachdenken.", und DkH hat sogar einen Tipp für seine Kommilitonen: "Anstatt zu protestieren sollten die (zumeist politisch linken) Protestanten lieber studieren, dann klappts auch mit der Regelstudienzeit".

Irgendwie scheinen die Proteste die Masse der Studierenden nicht erreicht zu haben – wie fast immer in den vergangenen Jahrzehnten. Eine Ausnahme waren die Proteste gegen Studiengebühren – aber da ging es auch ums Geld.

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Evolution und Karneval

Der Karneval hat begonnen. In Zeiten der Schweinegrippe könnten  viele eifrige Karnevalisten um die Darwin-Awards antreten.

Seit 11.11 Uhr ist es soweit: Bis Aschermittwoch kann man den WDR auf der Fernbedienung löschen und sollten Nicht-Karnevalisten Mainz, Köln und Düsseldorf weiträumig umfahren.

Einen Blick auf die Karnevalshochburgen sollten allerdings Evolutionsbiologen werfen. Karneval in Zeiten der Schweinegrippe ist eine riskante Veranstaltung, die lamgfristige Auswirkungen auf die Zukunft dieser Volksbelustigung haben könnte: Bützen sich arg viele junge, kinderlose und ungeimpfte Karnevalisten in die Infektion und werden von der Grippe dahingerafft, können sie diese rheinische Tradition nicht mehr an ihre Kinder weiter geben. Sie steigen dann aus dem großen Spiel Namens Evolution aus, bevor sie sich reproduzieren konnten. Schlechte Perspektiven für den Karneval. Wer es arg übetreibt ist auch ein Kandidat für einen Darwin-Award – damit werden seit Jahren  besondere Trottel ausgezeichnet, die es geschafft haben sich aus der Fortpflanzungskette zu verabschieden. Unvorsichtige Karnevalisten könnten so die Dodos des 21. Jahrhunderts werden.  

Und jetzt alle: Die Korowohne ziieht woiter, der Sultan der hat Dorscht"

Studenten protestieren in Duisburg und Essen

Seit Dienstag Nachmittag besetzen Studierende die beiden größten Hörsäle in Essen und Duisburg. Sie protestieren gegen die Studiengebühren und die Verschulung der Studiengänge. „Wir bleiben hier so lange bis unsere Forderungen erfüllt werden“, sagen Studenten und packen am Abend ihre Schlafsäcke in den Unihallen aus.

„Es riecht nach Revolution“ lautet eine Überschrift in der frischen Ausgabe der Campus-Zeitung „pflichtlektüre“, die auf dem Rednerpult im Essener Audimax liegt. Im Artikel geht es um die Unzufriedenheit der Dortmunder Dekane mit den neuen Studienabschlüssen Bachelor und Master. Die Geschichte war wohl gut recherchiert und seit langem geplant. Anders als die Protestaktion von Essener Studenten, die den größten Hörsaal seit Dienstag Nachmittag besetzen.

Es war ein ganz gewöhnliches Germanistik-Seminar kurz nach 15 Uhr im R12-Gebäude am Essener Campus. Plötzlich ging die Tür auf und den Raum betraten etwa zehn junge Menschen. „Hallo! Auf der Vollversammlung der Studierenden wurde gerade beschlossen, das Audimax zu besetzen. Wir protestieren gegen die Studiengebühren, gegen den Bolognaprozess und die Teilnahmepflicht für die Uni-Veranstaltungen. Kommt mit uns, um eure Solidarität zu zeigen“, sagt ein dunkelhaariger Student mit der Brille. Mit dem Bolognaprozess ist gemeint, dass die Studienfächer in ganz Europa vergleichbar werden sollen. Deswegen wurde in Deutschland etwa der alte Diplom-Ingenieur abgeschafft und stattdessen die nach Modulen strukturierten Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt. Der Student ruft: „Wir machen das doch für euch. Wenn wir etwas erreichen, werdet ihr auch davon profitieren.“ Die Seminarteilnehmer bleiben still sitzen. Als die Organisatoren der Aktion und überraschenderweise auch die Dozentin rausgehen, stimmen die Studenten ab, ob sie das Seminar verlassen und den Protest unterstützen wollen. „Ich finde es schon irgendwie wichtig“, meldet sich ein blondes Mädchen. „Ich auch“, sagt ihre Nachbarin. „Vielleicht retten wir auch Karstadt“, flüstert die Stimme aus der hinteren Reihe. Das Seminar wird also abgebrochen.

Es riecht nach Kaffee im Essener Audimax. In der linken Ecke der Bühne steht ein Tisch mit mehreren Kaffee- und Milchpackungen, Brot, Schokocreme und Marmelade. Die Volksküche wurde vor dem sich spontan organisierten Arbeitskreis „Infrastruktur“ eingerichtet. "Wir haben eine kleine Spendenrunde gemacht und für das gesammelte Geld die Produkte eingekauft", erzählen die Lehramtstudenten Ina und Michael. Der Arbeitskreis „Besetzung“ studiert die Foderungsformulierungen der Potsdamer Kommilitonennen, die seit einer Woche ihre Uni besetzen. Etwa 100 Studenten befinden sich im Audimax. Einige beschäftigen sich auf der Bühne mit der Organisation der Protestaktion, andere machen in den hinteren Reihen ihre Hausaufgaben.

 Kurz vor dem Plenum, wo die Liste der Forderungen erarbeitet werden soll, wird die harmonisch scheinende Arbeitsatmosphäre gestört. Im Audimax sind Studierende der Wirtschaftswissenschaften eingetroffen. Sie wissen nichts von der Protestaktion im Hörsaal, sie sollen hier gerade eine Vorlesung haben. Doch die Sitzplätze sowie das Rednerpult sind von den Protestierenden besetzt. Die WiWis sind empört: „Wir haben die Studiengebühren für diese Vorlesung bezahlt.“ Ein junger Mann mit den langen gebundenen Haaren drängt sich zum Mikrophon: „Die Audimax-Besetzung wurde bei der Vollversammlung demokratisch abgestimmt. Wir gehen nicht raus.“ Nach einer hitzigen Diskussion müssen die Wirtschaftstudenten nachgeben. "Es ist gut, eine Meinung zu vertreten und sich für die Belange der Studierenden einzusetzenn. Aber es ist Frechheit, den größten Hörsaal zu besetzen und damit uns, den Wirtschaftstudenten , die Möglichkeit zu studieren wegzunehmen. Wenn man auffallen will, kann man nackt durch die Stadt laufen oder das Dekanat stürmen", sagt der Erstsemestler Christoph.

Der BWL-Student Peter sitzt in der ersten Reihe. "Ich war heute bei der Vollversammlung dabei. Ich fand es interessant, dass die Besetzung festgelegt worden war, bevor es über die Forderungen nachgadacht wurde. Ich persönlich bin nicht gegen die Studiengebühren, sondern gegen die Art und Weise, wie die benutzt werden", sagt der Student. Er ist gespannt, welche Forderungen im Plenum ausdiskutiert werden.

Zum Beginn des Plenums sprechen ein Verdi- und zwei Schülervertreter den Studierenden ihre Grußworte aus. Um 19 Uhr ist der Hörsaal gut gefüllt. Nach der dreistündigen Debatte einigen sich die Teilnehmende schließlich auf drei Punkte: Abschaffung der Studiengebühren in jeglicher Form, Aufhebung der Bachelor- und Master-Studienabschlüsse in jetziger Form sowie Beibehaltung der "alten" Studienabschlüsse Diplom und Magister und Abschaffung der Anwesendheitspflicht für die Uni-Veranstaltungen.

Kurz vor 23 Uhr verlassen müde Studenten das Audimax. Sie wollen morgen früh wieder kommen, um die Aktion fortzusetzen. Etwa 40 Studierende entscheiden sich für die Übernachtung auf dem kalten Audimax-Boden. Für Essen, Trinken und Schlafsäcke wurde gesorgt. Die Taschenlampen wurden auf alle Fälle auch gebracht. Die Studenten an der Ruhr haben sich also den Kommilitoninnen in Potsdam, Greifswald, Leipzig, Mönchengladbach, Münster und Wien angeschlossen, wo ebenso Uni-Hörsäle aus Protest besetzt wurden.

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Elend: Armer Ruhrgebietsnorden…Der Westen

Opel: Industrie gegen Opel-Bevorzugung…Spiegel

Opel II: Magna will kooperieren…Welt

Schalke: Nutten und Koks…Gelsenkirchen Blog

Opel III: Henderson sagt sorry…Spiegel

Fleisch: Staatsanwaltschaft gegen Tönnies…Der Westen

Gelsenkirchen: Ende der Literaturwoche…Hometown Glory

SPD: Im Dauertief…Stern

Fußball: Enke ist tot…taz

Karneval: Geierabend startet…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010: Winkelmanns Inszenierung…Ruhr Nachrichten

Bochum: Die Sparpläne der CDU…Der Westen

Literatur: Macondo-Festival…Ruhr Nachrichten

Flughafen: Dortmunder Parteien streiten…Der Westen

Essen: Auf der Suche nach der Macht…Der Westen

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Schalkes schwere Gang. Am Donnerstag soll Gelsenkirchen 25,5 Mio. rüberschieben

Foto: flickr / cerberusofcologne2008

Irgendwann am Donnerstag will der Rat der Stadt Gelsenkirchen darüber entscheiden, ob er dem Fussball-Club Schalke 04 über eine Tochterfirma 25,5 Mio Euro geben will. Das Ganze sei eine Art Darlehen, Kredit, was auch immer, schließlich werden ja auch Anteile von der Arena gekauft und später mit Gewinn zurückverkauft, sagt ein Sprecher. Alles klar? Noch nicht. Bis jetzt wissen wir nur: die Lage bei Schalke spitzt sich weiter zu.

Nach eigenen Angaben ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen den verantwortlichen Schalker Finanzvorstand Peter Peters, sowie den Vorgänger im Amt und jetzigen Schalker Vereins-Präsidenten Josef Schnusenberg. Es geht um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung.

Auslöser der Strafermittlungen sei die Anzeige eines Privatmannes, teilte ein Sprecher der Essener Staatsanwaltschaft mit, ohne Einzelheiten zu dem Anzeigenerstatter zu nennen. Schalkes Finanzvorstand Peters wollte zunächst nichts zu dem Vorgang sagen: „Ich weiß von der Angelegenheit nichts. Zu Sachen, von denen ich nichts weiß, kann ich mich nicht äußern."

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft geht die Anzeige auf „Pressemeldungen“ der letzten Zeit zurück. Es werde nun geprüft, ob der Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung begründet sei, bevor weitere Schritte unternommen würden.

Tatsächlich könnten für die Schalker Vorleute die Ermittlungen gefährlich werden. Bis jetzt ist bekannt, dass in einem Finanzkarussell mit mehreren Tochterfirmen eine aktuelle bilanzielle Überschuldung von über 55,9 Mio. Euro ruht, zudem konnten mehrere dubiose Überweisungen von Sicherungskonten nachgewiesen werden, so dass diese unter die vertraglich mit den Investoren der Schechter-Anleihe vereinbarte Grenze rutschten.

Seit Monaten gab es Warnungen, die auf einer dramatischen Zuspitzung der Finanzlage hinwiesen. Nach Informationen der Welt sollen sowohl Schnusenberg als auch Peters auf die Situation deutlich hingewiesen worden sein. Passiert sei trotzdem wenig. Aktuell ist die Rede von einem Finanzloch zwischen 20 und 30 Mio. Euro.

Um die Situation nun wenigstens bis zum Ende der Saison zu beruhigen, soll der Stadtrat von Gelsenkirchen am Donnerstag Verträge zwischen der Tochterfirma GEW und dem FC Schalke 04 absegnen, mit denen die Stadt mittelbar rund 45 Prozent an der Arena übernehmen würde. Schalkes Finanzchef Peters sagte, nach dem Deal sei der Verein bis zum Ende der Saison sauber durchfinanziert: "Ein weiterer Verkauf von Rechten, Anteilen oder Spielern ist aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nicht notwendig.“

Das kann sein. Doch bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnte beispielsweise eine Stille Beteiligung der B. & C. Tönnies Fleischwerk GmbH & Co. KG an der Schalker Fussball-Arena für weitere Unruhe sorgen. Zunächst hatte Schalkes Finanzchef Peters angegeben, die stille Beteiligung sei“Teil des Finanzierungskonzeptes für den ARENA-Neubau.“

Allerdings wurde der Arena Neubau in den Jahren 1997 und 1998 finanziert. Und die Tönnies Firma hatte ihre stille Beteiligung laut Vertrag erst am 22. Dezember 2006 in Höhe von 12 Mio. Euro eingebracht. Nach meinen Informationen soll der Vertrag zudem rückdatiert worden sein. Tatsächlich habe man erst Anfang 2007 beschlossen, die stille Beteiligung abzuschließen. Sie sei auf Bitten eines namentlich bekannten Vereinsvorstandes in den Dezember des Vorjahres geschoben worden, um Probleme in der damaligen Vereins-Bilanz wegzuschminken. Das Eigenkapital des Vereins sollte damit gestützt werden, sagten mir mehrere Quellen. Ein Schalke-Sprecher wollte sich im Namen des Vereines nicht zu dem Vorgang äußern und drohte stattdessen mit presserechtlichen Schritten.

Merkwürdig ist die stille Beteiligung auf jeden Fall. So heißt es weiter in den Unterlagen, die mir vorliegen, die Tönnies-Firma habe kein Bargeld für die Beteiligung an der Arena gezahlt, sondern alte Darlehen verrechnet. Dann heißt es, im Jahr 2007 habe die Tönnies Company sieben Mio. Euro von der stillen Beteiligung zurückbekommen.

Für Schalkes Finanzchef Peters ist es nicht die erste Strafermittlung der Staatsanwaltschaft Essen. Vor drei Jahren wurden Ermittlungen gegen ihn wegen Bilanztricks unter der Auflage eingestellt, 25 000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu überweisen. Nach Ansicht der Ermittler hatten Peters und der damals Mitbeschuldigte Rudi Assauer „mit Vorsatz“ das Parkstadion falsch bewertet, um die Schalke-Bilanz besser aussehen zu lassen. Peters und Assauer hatten die marode Kampfbahn für einen Euro gekauft und für 15,6 Mio. Euro in die Bilanzen eingebracht.

Wie wird sich das Ganze auf das Geschäft mit der Stadt auswirken? Schwer zu sagen. Bis jetzt musste die Gemeinde immer wieder Geld, in den Verein pumpen. Und es wurde nie abgelehnt. Das letzte mal, dass ich davon weiß, gab die Stadt 2006 rund 2,8 Mio Euro in die Arena. Eigentlich hätte Schalke die Millionen für die Baugenehmigung nachzahlen müssen, wie es anderen Bauherren geht. Bei den Kickern drückte die Gemeinde beide Augen zu. Auf die Auszahlung wurde verzichtet. Das Geld wurde auf die stille Beteiligung aufgeschlagen.

Gespart wurde woanders.

Salut! 20 Jahre BAG der Fanprojekte

Foto: Thomas Meiser

Der folgende Text ist eine Grußadresse des Fan-Soziologen Dieter Bott, der seit 28 Jahren Fanforschung betreibt und mit den Fanprojekten in Frankfurt, Düsseldorf und Duisburg eine von den Vereinsinteressen unabhängige „Sozialarbeit mit Fussballfans“ vorbereitet hat. 1968 gründete Dieter Bott in Frankfurt das „1. Anti-Olympische Komitee“ – nach der Devise „vögeln statt turnen!“ Gegenwärtig bildet er an der Fachhochschule in Düsseldorf Sozialarbeiter für ihre Tätigkeit in sozialen Brennpunkten aus. von Dieter Bott

Am  13. November  2009  feiert die Bundesarbeitsgemeinschaft  (BAG) der Fanprojekte ihr 20-jähriges  Bestehen in Dortmund. Den Festvortrag hält der renommierte Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer, der zu Beginn der nun institutionell abgesicherten und vom Verein unabhängigen »Sozialarbeit mit Fußballfans« die nationale Orientierung und Gewaltfaszination der jugendlichen Szene untersucht und auch auf strukturelle Ursachen und Defizite der für sie zuständigen gesellschaftlichen Institutionen zurückgeführt hat. Die Kommerzialisierung des Profifußballs nimmt seinen Anhängern ihre  frühere  Bewegungsfreiheit.  Die »Enteignung  vormals  selbstbestimmter Räume« (Heitmeyer) schwächt die jugendliche Selbstregulierung und  Selbstverantwortung  –  verbunden  mit  Versitzplatzung und Verkäfigung. Dazu kommt eine alles und alle erfassende Überwachung.

Nach Heitmeyer findet neben dieser Enteignung zusätzlich auch eine Entwertung statt, indem der finanzielle Anteil, den die anwesenden Zuschauer einbringen, abnimmt gegenüber den dominierenden Fernseh- und Sponsorengeldern, deren Interessen die Rahmenbedingungen und den Ablauf bis hin zum Amateur-Fussball immer stärker beeinflussen. Was der dem DFB und den mittlerweile vierundvierzig Fanprojekten verbundene Sportsoziologe Gunter Pilz kommerz- und repressionskritisch die »Eventisierung des Profifußballs« nennt, die diesem immer neue Besucherschichten erschließt, hat bei den organisierten traditionellen Fans keinen Beifall gefunden. Im Gegenteil: Vom Bündnis aktiver Fussballfans gegen Rechts (BAFF) bis zu diversen Ultra-Gruppierungen, die etwa seit 1997 nach und nach die Meinungsführerschaft in den Fanblöcken übernommen haben, regt sich Widerstand  gegen »den  größten  Scheiß  vom  Merchandise«.  Der  kann  so  weit gehen, dass diese  aktiven  und für die Stimmung in der Arena unverzichtbaren Ultra-Fans die sponsorenabhängigen Vorgaben der Vereine ignorieren und überteuerte Vereinstrikots durch ein dezentes eigenes »old-school
outfit« ersetzen.

Die Kritik am großen  Geld, die sich stets und besonders  an Hoeneß  und Bayern München  festmachte,  trifft  allerdings auch die eigenen »Scheiß-Millionäre«,  wenn  sich  die  investierten  Riesenbeträge  nicht  auszahlen. Aber auch dort,wo sie einen Dorfverein kurzfristig zum Spitzenreiter der Liga machen, weckt diese enorme Förderung des modernen Fußballs keine Begeisterung bei den traditionellen Fans, die den Milliardär und Sponsor Hopp  ins  Visier nehmen, weil er zweifellos nicht selbstlos dort investiert, wo sich das Geld beinahe automatisch vermehrt und seinen hauseigenen Produkten das  Attribut der  Bodenständigkeit  und der Popularität durch sein Fußball-Engagement hinzukauft. »Dass dich keiner leiden kann, stand nicht in deinem Business-Plan« schreiben Düsseldorfer Fans auf eins ihrer Banner. Übereifrige Zensurmaßnahmen gegen diese Art der Majestätsbeleidigung verderben als feudale Willkür das Klima und verschärfter Einsatz durch Polizei und Ordnungskräfte verhärten die Fronten.

Das ist die Stunde der unabhängigen Fanprojekte, ihrer zentralen Koordinierungsstelle (KOS) und der sie begleitenden Forschung (Pilz, Heitmeyer u. a.). Aufklärung, Vernunft und Versachlichung ist gegen  die skandalisierende Medienberichterstattung aufzubieten. Die unabhängigen Fanprojekte vor  Ort  sind in ihrer Vermittlerrolle gefragt, damit  die kooperationswilligen Kräfte vom Verein  und der Polizei den  jugendlichen Fans auf Augenhöhe begegnen und sich auch auf deren Interessenlage einlassen können. Dazu gehört  ganz  wesentlich  die  Plausibilität  und  Transparenz  der  Vergabe von Stadionverboten. Nur etwa zehn Prozent der von einem Stadionverbot betroffenen Fans nehmen dort, wo sie ihnen inzwischen angeboten wird, die Möglichkeit zu einer Stellungnahme aus ihrer Sicht wahr, höre ich von Thomas Schneider (DFL). Dass dieses resignative, weil erfahrungsgesättigte Desinteresse der betroffenen Fans an ihrer eigenen Verteidigung (»Gegen ein Polizeiprotokoll hast du so gut wie keine Chance«) als Schuldeingeständnis gewertet wird, zeigt die Szeneferne des verwalteten Fußballs.

Wenn die Fanprojekte den 20. Jahrestag ihres Zusammenschlusses in der BAG mit durchschnittlich 1,8 Mitarbeitern pro Projekt zelebrieren, anstatt spätestens bis zu  diesem Datum die ihnen  seit 1992  (Nationales KonzeptSport und Sicherheit) zustehenden mindestens drei fest  angestellten  Mitarbeiter  verbindlich  zu fordern, dann  stellt  sich die Frage,  wie  man  die berechtigten Interessen der Jugendlichen mit so wenig Kräften vertreten kann,  wenn  man  es  schon  nicht  schafft,  die  legitimen  eigenen  Interessen durchzusetzen. Als Seismografen der jugendlichen Fußball-Subkultur haben die Fanprojekte frühzeitig Kenntnis von den Stimmungen in der Fankurve – und können beurteilen, wie diese sich aufbauen. Es ist  nicht nur klassische Sozialarbeit und aufsuchende Jugendarbeit, Einzelfallhilfe und Gruppenbetreuung, die von den vereinsunabhängigen Sozialarbeitsprojekten mit überwiegend sportlichen Angeboten betrieben wird. Es sind nicht nur die Service-Leistungen für besorgte Eltern und den Verein, wenn zum Auswärtsspiel  ein  betreuter  Bus für Jugendliche unter  18  Jahre bereitgestellt wird  und es ist nicht nur gut  fürs Image gegenüber den Behörden, wenn Fußballturniere der Projekte auch gegnerische Fangruppen integrieren können  und dem  Rassismus symbolisch die rote Karte  gezeigt wird. Das  alles sind Tropfen  auf den heißen Stein, die strukturell nicht greifen können!

Es fehlen jugend-  und kulturpolitische längerfristige Angebote und Partizipation fördernde Interventionen der Projekte. Dazu müssen die Bundesligavereine und ihre Verbände allerdings auch bereit sein. Die von Wilhelm Heitmeyers Bielefelder  Forschungsgruppe jährlich erhobenen  Befindlichkeiten der »deutschen Zustände« geben keinen Anlass zum Jubel. Die empirisch erhobenen Werte beispielsweise zum Sexismus und zur Homophobie, zu Rassismus und Antisemitismus verlangen nach Gegenmaßnahmen, die ohne eine personelle und finanzielle Verstärkung der Fanprojekte nicht zu leisten sind.

Eine detaillierte Untersuchung zur »Menschenfeindlichkeit«, speziell im Fußball-Milieu kann die erste Heitmeyer/Peters-Studie aus den 1980er Jahren auf den neusten Stand bringen. Wilhelm Heitmeyer  will mit seinem, die Fremdenfeindlichkeit erweiternden Begriff der Menschenfeindlichkeit, besonders die Verachtung und Ausgrenzung von Schwachen und Prekären, Verlierern und Opfern ins Bewusstsein heben. Speziell im Fußball-Milieu können die Forschungen  von Gunter Pilz sinnvoll  ergänzt und  erweitert werden,  weil hier der traditionelle »Anti-Intellektualismus« und das »verhängnisvolle Härte-Ideal«  (Adorno) beinahe  unreflektiert  abgefeiert werden – gegen »Memmen und Weicheier, Schattenparker und Frauenversteher«. Woher das Geld für diese Studie nehmen?

Wenn alle Hersteller von überflüssigen und ästhetisch minderwertigen Fanartikeln samt der unsäglichen Maskottchen für ihre Geschmacksverirrungen einen Obolus entrichten, dann ist die halbe Miete schon zusammen. Die andere Hälfte zahlen DFB und DFL  aus ihrer  Portokasse, weil sie  diese  Zumutungen solange schon toleriert haben.