Foto: Umweltministerium / Der verantwortliche Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) steht links
Im Rahmen des Untersuchungsausschuss des Landtages zu den Ermittlungen gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter des NRW-Umweltministeriums (PUA) zeichnet sich eine neue, schwere Panne ab. Nach Recherchen der Ruhrbarone haben reihenweise Mitarbeiter des Umweltministeriums aus dem Landeskriminalamt (LKA) Abschriften ihrer Vernehmungen aus den Ermittlungsakten bekommen, um sich auf ihre Aussagen vor den Parlamentariern vorbereiten zu können.
Demnach konnten sich die als Zeugen geladenen Ministerialen per Brief oder Email beim Leiter der LKA-Ermittlungskommission, Eckhard Lech, ihre Aussagen bestellen, in denen sie den ehemaligen Abteilungsleiter Harald F. belastet haben. In der ersten dieser Anfrage vom 20. Oktober 2009 heißt es: „Ich möchte sie bitten, mir kurzfristig zur Vorbereitung auf die Befragung im Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II des Landtages Nordrhein-Westfalen, eine Kopie des Protokolls zuzusenden.“ Der LKA-Beamte übersandte daraufhin die angeforderten PDF-Dateien aus den Ermittlungsakten.
Den Ruhrbaronen liegen mindestens fünf dieser Anfragen von Mitarbeitern des Umweltministeriums vor, die alle befriedigt wurden. Vier davon aus der Zeit zwischen 20. und 23. Oktober 2009. Wie aus einem handschriftlichen Vermerk des leitenden Oberstaatsanwaltes Ralf Meyer in Wuppertal hervorgeht, war das Vorgehen des LKA mit ihm abgestimmt und genehmigt.
Dabei war dem Ermittler durchaus bewusst, dass die Weitergabe der Protokolle problematisch ist. In dem Vermerk heißt es: „Bei der Übergabe einer Protokollabschrift an einen Zeugen kann die Gefahr bestehen, dass er bei einer späteren Vernehmung nur den auswendig gelernten Inhalt der Protokollabschrift wiedergibt und nicht die jeweilige Erinnerung zum Zeitpunkt der Vernehmung.“ Obwohl diese Gefahr erkannt war, entschied sich Oberstaatsanwalt Meyer die Unterlagen an die Mitarbeiter von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg weiterzugeben. Als Grund führte Meyer an: „Da der PUA einen anderen Untersuchungszweck (politische Einflussnahme auf das Verfahren) hat, als das Strafverfahren scheidet schon insoweit eine mögliche Gefährdung des Untersuchungszwecks des PUA aus.“ Interessante Begründung.
Aber auch eine Gefährdung der Strafermittlungen gegen Friedrich und andere noch verbliebene Beschuldigte sieht Oberstaatsanwalt Meyer nicht. Er schreibt handschriftlich: „Eine Gefährdung des Untersuchungszwecks des Strafverfahrens ist ebenfalls nicht ersichtlich, da die Ermittlungen insoweit abgeschlossen sind.“
Und abschließend erteilt dann der Oberstaatsanwalt Meyer die Weisung: „Bei weiteren Gesuchen (…) soll daher ebenso wie im Falle des Zeugen XY eine Ablichtung des Protokolls ausgehändigt werden.“
Das Verteilen von Zeugenaussagen aus dem Verfahren gegen Harald Friedrich et. al. an Mitarbeiter des Ministeriums ist deswegen besonders pikant, weil das Landgericht Wuppertal bereits in der Vergangenheit die Weitergabe von Ermittlungsakten aus dem Verfahren an die Belastungszeugin Dorothea Delpino missbilligt hatte. Dieser Zeugin hatte Oberstaatsanwalt Meyer eine CD-Rom mit allen Akten gegeben, inklusive der intimen Details aus dem Privatleben unschuldiger Menschen, die nur aufgrund falscher Beschuldigungen der Belastungszeugin in den breit gefächerten Angriff der Ermittler geraten sind.
Das Wuppertaler Gericht hatte in dem Fall gerügt, dass den Anwälten der Beschuldigten nicht zuvor rechtliches Gehör gegeben wurde. Trotz dieser Entscheidung des Gerichtes hat Oberstaatsanwalt Meyer wieder Akten und Zussagen an Zeugen aus dem Ministerium weitergegeben, ohne den Anwälten der noch beschuldigten Menschen die Chancen oder Möglichkeit auf rechtliches Gehör zu geben. Zur Erinnerung, wegen der falschen Beschuldigungen aus dem Ministerium wurden die wirtschaftlichen Existenzen mehreren Menschen vernichtet. Arbeitsplätze gingen verloren und mindestens eine Firma musste Insolvenz anmelden.
In diesem Fall erscheint das Vorgehen aber noch aus einem weiteren Grund bedenklich. So könnten der leitende Oberstaatsanwalt Meyer und mit ihm der Leiter der Ermittlungskommission Lech mit der Aktenweitergabe das Bemühen des Untersuchungsausschusses Licht hintertreiben, in die Affäre zu bringen.
Besonders der Belastungszeugin Ulrike Frotscher-Hoof, die sich bei den Anschuldigungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter hervorgetan hatte, wurde viel Material zugesteckt, damit diese sich auf ihre Aussage vorbereiten konnte. Die Zeugin hatte am 23. Oktober 2009 auf dem offiziellen Briefbogen des Ministeriums um die Zusendung von Aussagen und Materialien geboten, „zur Vorbereitung auf die Befragung vor dem PUA“. Danach wurden ihr mehrere Aussagen sowie eine Email zugesandt.
Im Untersuchungsausschuss befragt, gab die Zeugin öfter mal an, sich nicht an konkrete Sachverhalte erinnern zu können. Komisch. Hatte sie doch Abschriften ihrer eigenen Aussagen mit sehr konkreten Beschuldigungen am 27. Oktober 2009 zum Aktenstudium ins Ministerium geschickt bekommen.
Ich habe schon öfter über den Skandal berichtet. Hier gibt es mehr zum Thema:
LKA-Beamter setzt Uhlenberg-Ministerium unter Druck
LKA versus Umweltminister Uhlenberg
Uhlenberg-Untersuchungsausschuss: Spuren einer Intrige
Uhlenberg-Untersuchungsausschuss: Justiziar verwickelt sich in Widersprüche
Anfrage-Email wird im Uhlenberg-Untersuchungausschuss verteilt
LKA-Vermerk aus dem Uhlenberg-Ausschuss: “Hat Frau Delpino die Ermittlungen geführt?”
Uhlenberg-Skandal wird richtig übel
Dubiose Belastungszeugin präsentiert dubiose Belege
Der Untersuchungsausschuss “Uhlenberg” hat viel zu tun
Die Akte F – wie das NRW-Umweltministerium einen Ex-Mitarbeiter verfolgt
Berichte aus dem Sumpf, in dem Uhlenberg und das LKA sitzen
Abhörskandal im PFT-Fall
Mega-Lauschangriff in NRW
Der Fall F. – Ministerium erhält Einblick in Ermittlungsakte
Offene Akten für die Belastungszeugin
Verfahren Harald F – Pleite für die Staatsan