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B1-Derby: Doppel-Interview mit Ernst und Zorc.. Ruhr Nachrichten

Junge Union: Merkel macht sich bei CDU-Nachwuchsorganisation unbeliebt… FAZ

Duisburg: Dezernent fordert türkische Stadtteile… DerWesten

Video-Journalismus: Bei WAZ, NRZ, Ruhr Nachrichten & Co. … Pottblog

Bergmann-Bier: Viele alte Biersorten des Ruhrgebietes kehren zurück… BILD

Piratenpartei: Nein, danke! Frankfurter Rundschau

NRW: Kommunen tauschen Konjunkturpaket-Gelder aus… DerWesten

Webmontag Ruhr: Zum fünften Mal – diesmal im Unperfekthaus in Essen… Ruhr Digital

Millionenverschwendung im Ruhrgebiet

Der Bund der Steuerzahler hat das neue Schwarzbuch veröffentlicht. Darin führt er die schlimmsten Fälle von Steuerverschwendungen in Deutschland auf. Unter die 128 Beispiele hat es auch das Ruhrgebiet geschafft. Die Steuerexperten kritisieren das geplante Fußballmuseum in Dortmund, für das vor allem die Stadt Dortmund und das Land blechen müssen, während sich der DFB gegen Verluste abgesichert hat. Außerdem gibt es Kritik für ein Projekt zum Kulturhauptstadtjahr 2010. Der geplante Umbau der A 42 zur Parkautobahn ist laut Bund der Steuerzahler ein Beispiel für einen sorglosen Umgang mit 40 Millionen Euro Steuern.

30 Millionen Euro soll das Fußballmuseum in Dortmund allein an Baukosten verschlingen. Davon trägt das Land 18,5 Millionen Euro. Der DFB zahlt den Rest. Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem Bericht aber vor allem die Rolle der Stadt Dortmund. Sie hat nicht nur das Gelände, dessen Wert angeblich bei der Stadt nicht bekannt ist, kostenlos zur Verfügung gestellt, sondern sich auch bereit erklärt für eventuelle Verluste des Museums aufzukommen. Der DFB hat dagegen, laut Schwarzbuch, seinen Anteil an den Verlusten auf eine bestimmte Summe beschränkt.
Kopfschütteln verursacht beim Bund der Steuerzahler auch die geplante Verschönerung der A 42. Die Autobahn soll zur Parkautobahn werden und den Blick auf die Sehenswürdigkeiten des Reviers zwischen Dortmund und Oberhausen freigeben. 40 Millionen Euro kostet das Projekt, das mit dem Fällen der Bäume entlang der Autobahn schon seinen Anfang genommen hat. 2010 soll A 42 dann eine Parkautobahn sein, bei der die Autobahnkreuze Ohrenparks heißen und parkähnlich bepflanzt sind. Eine unnötige Verschwendung von Steuergeldern, meint der Bund der Steuerzahler und hofft, dass diese Verschwendung noch gestoppt wird.
Grund zur Hoffnung bietet die Stadt Essen, die angekündigt hat aus den Planungen für die Parkautobahn auszusteigen und den Ohrenpark in Essen-Nord nicht finanzieren zu wollen.

 

Thyssen entsorgt Problemsparte

ThyssenKrupp und Abu Dhabi MAR werden künftig im Schiffbau eng zusammenarbeiten. Die Gruppe aus dem Golfregion übernimmt größtenteils die Traditionswerft Blohm und Voss – und erhält damit Zugriff auf den "grauen Bereich". Also dem Bau von Fregatten und Korvetten.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, warum sich Thyssen im Werftengeschäft mit einem Unternehmen vom Golf zusammentut. Die Emiraties waren bislang in Sache Kriegsschiffe sehr unverdächtig. Aber Abu Dhabi MAR (ADM) hat ein Gut, das ThyssenKrupp nicht hat: Geld. Und davon eine ganze Menge.

Die Kapitalkraft ist auch nötig, denn Blohm und Voss gilt als ein Verlustbringer, der an der deutschen Küste seines gleichen sucht. Thyssen-Vorstand Olaf Berlien droht daher nicht zu Unrecht, dass man den Laden zum Jahresende hätte schließen müssen. Aber dazu wird es nicht kommen, dank dem neuen Investor vom Golf.

ADM investiert einen dreistelligen Millionenbetrag und erhält dafür 80 Prozent der Blohm und Voss-Bereiche, die auf den Bau von Megajachten, Instandhaltung und Schiffkomponenten fokussiert sind. An Blohm und Voss Navel, dem Überwasser Marinegeschäft, erhalten die Araber die Hälfte.

Für Thyssen ist das ein gutes Geschäft, haben sie nun doch einen finanzkräftigen Partner für die defizitäre Sparte. Und Abu Dhabi MAR? Die haben nun ein weiteres Statussymbol, gilt Blohm und Voss doch als der Mercedes unter den Werften.

Mitten in Bochum: Das „Deutsche Reich“

Fast 2000 Straßen gibt es in Bochum, darunter eine die besonders auffällt: Die Straße „Deutsches Reich“ im Stadtteil Werne. Die Anwohner sind mit ihrer Adresse äußerst unglücklich und wünschen sich eine Umbenennung. Das lehnen Stadt und Politik ab, unter anderem mit der Begründung, man wolle den Anwohnern Aufwand und Kosten einer Adressänderung ersparen.

Es ist ein grauer, regnerischer Nachmittag. Ich habe mich auf den Weg nach Werne gemacht, um mir die Straße „Deutsches Reich“ anzugucken und mit Anwohnern über ihre ungewöhnliche Adresse zu sprechen. Vor einem Haus weht eine Deutschlandflagge, wie als Bestätigung dafür, dass ich hier richtig bin – vielleicht aber auch ein Zeichen des Trotzes, oder der Ironie. Der Anwohner ist nicht zu Hause, aber ein paar Häuser weiter öffnet man mir die Tür und erzählt gerne über die Straße Deutsches Reich: „Wir sind unglücklich mit diesem Straßennamen, waren aber damals froh, die Wohnung hier bekommen zu haben“, erzählt die Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte. „Es ist sehr unangenehm. Überall wo man hinkommt und seine Adresse angeben muss, wird man gefragt: Wo wohnen Sie? Stimmt das? Gibt es so was wirklich?“

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Nicht vergessen: Christof Stählin kommt!

Am 22.10.09 gibt sich Christof Stählin am Essener Campus die Ehre. Er ist Literat, Musiker und Kabarettist. Bekannte Bühnenkünstler, wie Dota Kehr (Sängerin von „Die Kleingeldprinzessin“), Judith Holophernes (Sängerin von „Wir sind Helden) und Eckart v. Hirschhausen (Kabarettist) haben schon in seiner „Mainzer Akademie für Poesie und Musik“ gelernt.

Sein aktuelles Programm heißt "Deutschland. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Es beschäftigt sich mit dem angeschlagenen Nationalbewusstsein Deutschlands, mit der Identitätsfindung und traditionellen Liedern. Auslöser für die Thematisierung Deutschlands waren vor allem die dauer-präsenten Deutschlandflaggen während der Fußball-WM 2006. Stählin möchte offenbar hinterfragen was „Deutschland“ nun eigentlich ist und vielleicht sogar einen Teil der Stimmung des Sommermärchens von 2006 reanimieren. Los geht’s um 20 Uhr im ESG-Zimmertheater (Gruppenraum) der Brücke.

Organisator und Ort der Veranstaltung:

Evangelische Studierenden Gemeinde (ESG) Essen

c/o „die BRÜCKE“

Universitätsstraße 19

45141 Essen (Eintritt: 5 Euro)

Weitere Infos findet Ihr unter:www.christof-staehlin.de

Abmahner will Blogs wegen Wagenknecht-Foto drankriegen – Summen von 20.000 Euro und mehr im Gespräch

Das Wagenknecht-Foto wurde angeblich von der Linken ohne Lizenz verbreitet. Wir haben deswegen eine Abmahnung bekommen und veröffentlichen das Foto deswegen nicht mehr.

Seit ein paar Wochen haben wir bei den Ruhrbaronen Abmahn-Ärger mit der alten Sahra-Wagenknecht-Fotografin Helga Paris. Ihr Abmahnanwalt aus Berlin, aus der Rechtsanwaltkanzlei Haupt, schrieb uns an, weil wir ein Foto aus einer Presseerklärung der Linken hier veröffentlicht haben. Es ging darum, dass Sahra Wagenknecht in Düsseldorf für den Bundestag kandidierte. Die Linke hatte dazu schon im März eine Erklärung abgegeben. Wir haben die Erklärung noch am gleichen Tag verarbeitet – inklusive Bild. Wie man im Webarchiv sehen kann, wurde das wohl bekannteste Wagenknecht-Foto von den Linken im Internet zum freien Download angeboten – zumindest für Zwecke der Berichterstattung. Wir haben hier schon über den Fall berichtet: klack

Der Abmahnanwalt aus der Kanzlei Haupt sagt, die Linke habe damals kein Recht gehabt, das Foto im Netz zu verbreiten, deswegen wolle er nun bei uns und bei den Linken und bei anderen Blogs Lizenzgebühren kassieren.

Da dass bekannte Bild im Internet weit benutzt wird, kann der Abmahner richtig abkassieren. So seine Hoffnung – und wohl auch die Hoffnung von Helga Paris. Das Foto ist vielleicht das bekannteste Wahlkampf-Foto von Wagenknecht überhaupt. Selbst bei Heise wird es genutzt: klick

Gut. Jetzt habe ich einige Hintergründe zu dem Fall: Helga Paris hat das Foto nach Angaben der Linken schon 1998 gemacht und Sahra Wagenknecht die Negative gegeben. Dafür hat sie 1400 Deutsche Mark bekommen, sagen die Linken. Ein faires Geschäft, sollte man meinen. Sahra Wagenknecht hat seither das Foto benutzt. Ohne Probleme. Gut elf Jahre lang. Nun finden Helga Paris und ihr Abmahnanwalt, sei es an der Zeit, frisches Geld mit dem Foto zu machen. Seit Mai macht der Abmahnanwalt aus der Kanzlei Haupt Druck auf die Linke. Sie sollen irgendwas zwischen 1000 und 20.000 Euro für die angeblich nicht korrekte Nutzung des Fotos zahlen. Dazu noch die Summen aus dem Internet, von den Blogs, die irgendwann das Paris-Fotos genutzt haben. Der Rechtsanwalt von Frau Sarah  Wagenknecht sagt dazu: "Da wir uns bockbeinig anstellen, versucht die Gegenseite nun woanders zu holen, was sie bei uns nicht kriegen. Für Medienrechtler ist das ein gefundenes Fressen."

Wir wissen bis jetzt von den Blogs Paderzeitung, BSOZD und xtranews, dass sie abgemahnt wurden. Für ein Foto, dass elf Jahre ohne Beanstandung genutzt werden konnte und für das die Fotografin schon gutes Geld kassiert hat.

Was aber haben wir dann damit zu tun? Wenn der Abmahner Recht hat, dann hat die Linke Mist gemacht und nicht wir. Dann soll er sich doch an die Linke oder an Sahra Wagenknecht halten und nicht an uns.

Ich habe den Abmahnanwalt aus der Kanzlei Haupt angerufen und gefragt, was die Nummer soll. Er sagt: Die Linke halte ihn hin. That’s it. Deswegen wende er sich an uns.

Mit anderen Worten, von der Linken konnte der Abmahner bislang kein Geld ziehen. Deshalb will er bei uns kassieren. Gut. Wir werden nie mehr ein Foto von Helga Paris benutzen.

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CDU Bochum: Grabenkämpfe auch im Internet… Pottblog

Dortmund I: Sprengt OB-Neuwahl das rot-grüne Bündnis? … Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Grüne kalt erwischt… DerWesten

Wattenscheid: Vogelpark bedroht… Ruhr Nachrichten

Essen: Geplant: Einkaufen bis 21 Uhr… DerWesten

Gelsenkirchen: Brauchst Du ein Schloss, Horst? … Gelsenclan

B1-Tunnel: Beschwerde des Landes… DerWesten

Bochum: Protest gegen Sparvorschläge… Ruhr Nachrichten

Opel: Letzer Akt… Wirtschaftswoche

Wahltrend: SPD nahe am Projekt 18… Handelsblatt

Betriebsrat bei Focus?

Unruhe bei den Mitarbeitern des Magazins Focus: Aus Sorge um die Zukunft wollen sie nun einen Betriebsrat gründen. Die Einladung zur Betriebsversammlung am 10. November ist raus. Dort soll der Wahlvorstand bestimmt werden.

Bald wird sich das Magazin Focus eine  andere Werbeikone suchen müssen:  Gründer- und Chefredakteur Helmut Markwort plant das Magazin zumindest aus der ersten Reihe zu verlassen, als Nachfolger ist Gabor Steingart vom Spiegel im Gespräch.

Da die Medienkrise auch an Focus nicht spurlos vorbei gezogen ist, machen sich nun immer mehr Mitarbeiter Sorgen um ihre Zukunft und wollen jetzt einen Betriebsrat gründen – sicher ist sicher.

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Kunst: Ai Weiwei in München oder wie ein weicher Teppich die harte Geschichte offenbart

Zur Zeit findet in München im Haus der Kunst die Ausstellung des berühmtesten chinesischen Konzeptkünstlers Ai Weiwei statt. Der ist streitbar und hat sich nicht nur in der Kunstwelt sondern auch bei politich Denkenden einen Namen gemacht.

Es gab einigen Wirbel um den Künstler: Weil die chinesische Regierung nicht wollte, dass er zur Buchmesse kommt, weil er jüngst in München am Kopf operiert werden mußte, da chinesische Polizisten ihn mißhandelt hatten und weil er auch sonst kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, die eigene Regierung (aber auch den westlichen Kapitalismus) zu kritisieren.

Ein speziell für Deutsche Besucher interessantes und sehr zurückhaltendes Exponat in der Münchener Ausstellung ist ein Teppich: Das exklusiv für diesen Anlaß gestaltete Kunstwerk trägt den Titel „Soft Ground“. Ai Weiwei beweist damit, wie genau er sein Umfeld beobachtet und wie sensibel er das Erleben in Kunst umsetzt. Der Wollteppich ist eine genaue Nachbildung des darunterliegenden Steinbodens des größten Raumes im Münchner Haus der Kunst, der aus insgesamt 969 Fliesen besteht. Adolf Hitler hatte seinerzeit darauf gedrungen, dafür anstatt italienischem Marmor deutschen Kalkstein zu verwenden. Der ist nicht so haltbar und die Jahrzehnte haben ihre Spuren hinterlassen.

Ai Weiwei hat jede Fliese fotografieren und in einer Weberei in der Provinz Hebei nach diesen Vorlagen einen 1:1-Teppich originalgetreu reproduzieren lassen – wie ein neuer, komfortabler doppelter Boden, der den alten, abgenutzten, überdeckt. In den kann man ob seiner Dicke leicht einsinken, kein Zufall also, dass man in der Auseinandersetzung mit diesem Werk tief in die deutsche Geschichte eindringen kann. Er regt zum Nachdenken über einen geschichtlichen Hintergrund an, der in Vergessenheit geraten war. All das mit einem hohen kunsthandwerklichen Aufwand, der vielen seiner Werke gemein ist.

Der Künstler nimmt Bezug auf das Haus der Kunst, weil das ursprünglich in Hitlers Namen für deutsche Kunstleistungsschauen erbaut wurde, und setzt es ins Verhältnis zu Chinas bewegter Geschichte, in deren Verlauf sich unter dem kaiserlichen Regime ein hochstehendes Handwerk und künstlerisches Wirken entwickeln konnte. Die Luxuriosität des weichen Teppichs scheint also zu trügen.Ein Nachdenkstück mit doppeltem Boden, wie es viele in der Ausstellung gibt.

Fotos mit Genehmigung des Haus der Kunst.

György Konrád über Osteuropas Erinnerung an Krieg und Holocaust

 Foto: Flickr

»Entfesselte Erinnerung. Die Auseinandersetzung mit Völkermord, Zwangsarbeit und dem Zweiten Weltkrieg nach 1989« – so hieß eine internationale Konferenz der Stiftung Erinnerung–Verantwortung–Zukunft und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die vor einigen Wochen in Berlin stattfand. Die Festrede hielt der bekannte ungarische Schriftsteller György Konrád. Am Rande der Konferenz ergab sich – bei Whiskey und Rotwein in einem Café am Potsdamer Platz – die Möglichkeit, mit Konrád über die Erinnerungsformen Osteuropas zu sprechen.

Herr Konrád, mit welchen Gefühlen besuchen Sie als Überlebender des Holocaust diese Konferenz, auf der die Verbrechen an den Juden wissenschaftlich-abstrakt behandelt und die Lebensgeschichten der Opfer nur am Rande thematisiert werden?

Meine Teilnahme an dieser Veranstaltung erscheint mir notwendig, aber auch ein wenig frivol. Dieses Gefühl ist unvermeidlich. Für Menschen, die nicht meine Erfahrungen gemacht haben, ist es naturgemäß etwas anderes. Trauer können wir nur für Menschen empfinden, die wir gekannt und geliebt haben.

Wie haben sich die osteuropäischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Judenverfolgung auseinandergesetzt?

Es wurde von den Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg vermieden, über dieses Thema zu sprechen. Man wollte keine Teilung der Gesellschaft riskieren. Es spielte keine Rolle, ob man als Arbeiter Jude, Christ oder Muslim war. Und es gab Antisemitismus. Auch das ein Grund, warum man nicht über die Verbrechen an den Juden sprach.

Haben sich die osteuropäischen Länder nach 1989 ausreichend mit der eigenen antisemitischen Vergangenheit befasst?

Diese Bereitschaft war nicht sonderlich stark ausgeprägt. Das hatte seinen Grund. In der Sowjetunion galt das Wort »Zionist« als Schimpfwort. Es gab natürlich auch nach 1989 Regierungen, die latent antisemitisch eingestellt waren. Und noch heute sprechen Rechtsradikale von der »Achse New York–Tel Aviv«. Aber man kann nicht behaupten, dass es innerhalb des rechten Parteienspektrums nur judenfeindliche Stimmen gegeben hätte. Sicherlich: Einige Politiker haben den Holocaust geleugnet. Aber es gab auch diejenigen, die sich mit den Juden vor dem Hintergrund der Schoa solidarisierten und für sie Verständnis hatten.

Wie beurteilen Sie die deutschen Formen der Erinnerung an die sechs Millionen ermordeten Juden?

Deutschland nimmt seine Geschichte sehr ernst und bekennt sich zur Schuld am Zweiten Weltkrieg. Das schätze ich sehr. Eine solche Bereitschaft, sich mit den eigenen Untaten auseinanderzusetzen, ist in den Ländern der früheren Sowjetunion nur schwer zu finden. Wenn wir ein falsches Bild von der Vergangenheit haben, dann sind wir auch fähig zu anderen Verbrechen.

Wie aktuell die Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist, zeigen in diesen Tagen auch Russlands und Polens gegensätzliche Interpretationen des Hitler-Stalin-Pakts. Haben sich beide Länder hinreichend kritisch auch mit der dunklen Seite ihrer Geschichte befasst?

Keines der beiden Länder ist unschuldig. Aber sie sind auch Opfer. Sowohl Russland als auch Polen sagen die Wahrheit, aber beide Staaten verschweigen auch etwas. Es ist für mich immer erfreulich, wenn einzelne Menschen während der Schoa nach dem Satz aus dem Talmud gehandelt haben: »Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt.«

Was ist der Grund dafür, dass in Ihrer Heimat Ungarn der Hass auf Juden in solch bedenklichem Maße zunimmt?

Weil es sie gibt!

 

© Jüdische Allgemeine: 10.September 2009