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NRW: Ingo Wolf – Lustreise auf Steuerzahlerkosten?…Der Westen

Antisemitismus: Verliert Dierkes Unterstützer?…Unkreativ

Antisemitismus II: Antifa sei der Mensch, hilfreich und gut…xtranews

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Finanzen: Arme Städte gegen proben den Aufstand…Kölnische Rundschau

Rechts: Aktionswochenende der Rechten…BNR

Ruhr2010: Symbiosen – Graphik von Udo Scheel…Hometown Glory

BKA: “Löschen statt Sperren” funktioniert nicht…Netzpolitik

Digital: Kommt sie noch, die Vorratsdatenspeicherung 2.0?…Spreeblick

Eine Geschichte aus New York: Williamsburg – Teil 10: Die charedische Community

williamsburg11Das jüdisch-orthodoxe Williamsburg liegt, wie ich schon in einer der ersten Folgen erwähnt habe, südlich der Williamsburg Bridge.

Die Charedim, wie sie sich selbst nennen, von den liberalen Juden und von den angrenzenden Latinos auch abfällig Pinguine genannt, wegen der in der Regel schwarz-weißen Kleidung ihrer männlichen Mitglieder und ihres als watschelnd empfundenen Ganges, wären nicht im Traum darauf gekommen irgendwelche sogenannten Kreativen in ihr Neighbourhood zu lassen. Es sei denn sie  würden  ihrer Gemeinde angehören, also auch Charedim sein. Sie hätten das, wenn nicht, auch zu verhindern gewusst. Egal ob Künstler oder nicht.

Sie bilden schon seit ihrer Ankunft aus Osteuropa eine räumlich und sozial geschlossene ethnische Community die sich seitdem kontinuierlich ausgedehnt hat. Zur größten geschlossenen orthodoxen jüdischen Gemeinde außerhalb Israels. Zurzeit, keiner weiß  es genau, denn die USA und auch New York haben keine Volkszählung oder ein Melderegister, ca. 200.000. Auch sie wohnen entlang der  Bedford Avenue und drum herum. Mit eigenen Schulen und Krankenhäusern.

Wer ihr in Richtung Süden unter die Brücke durch folgt, der wird sehr bald in einer gänzlichen anderen Welt sein. Nicht bunt und hip, sondern eher schwarz weiß bis grau. Nur die Frauen tragen schon mal Mehrfarbiges, aber auch das nie in schreienden Tönen. Im modischen Kern ist die Kleidung der orthodoxen Stedel-Juden, was die Männer betrifft, dem polnischen Adel  im 16. Jahrhundert nachempfunden. Allerdings mit genauen religiösen Regeln verbunden, die ich im Einzelnen bis heut nicht durchschaut habe. In Williamsburg wird sie übrigens für die ganze Welt hergestellt.

Die verheirateten Frauen haben durch die Bank eine Perücke auf, weil ihnen bei der Eheschließung aus religiösen Gründen die Haare geschoren werden. Die Männer tragen ab ihrem sechsten Lebensjahr die berühmt-berüchtigten Schläfenlocken.  Alle jüdischen Feiertage werden hier konsequent eingehalten, es gibt mehrere große Synagogen, und die Männer zeigen all die verschiedenen Kleidungszeichen der verschiedenen Erleuchtungsstufen und ihr Gebetskissen mit sichtbarem Stolz.

Die großen Hochzeiten, vor allem der Rabbis und ihrer Familienmitglieder, haben tausende Besucher aus den ganzen USA und werden öfter auch in Williamsburg North gefeiert, weil die „Löckchenjuden“ dort einen großen Teil der Fabriken und Lager- aber auch der Wohnhäuser besitzen. In ihren Sweatshops, die durch die Gentrification erheblich weniger geworden sind, arbeiten bzw. arbeiteten in der Regel die Latinos.

Bei den großen Partys wird dann eine der großen Hallen arbeitsmäßig still gestellt und zum Feiern benutzt. Und die Orthodoxen können feiern. Laut, lustig und sehr musikalisch. Die besten Klezmermusiker der USA wenn nicht der ganzen Welt treten dann in Williamsburg an und die New Yorker Polizei  muss  den Verkehr umleiten, weil so viele Besucher mit schweren Limousinen vorfahren.

Ansonsten  geben sich diese Leute eher schlicht, sprechen in der Regel jiddisch und/oder hebräisch und natürlich englisch und sind,  was die älteren Männer betrifft, sehr freundlich. Auch zu Deutschen. Zumindest wenn sie , im Gegensatz zu andere Touristen, nicht mit der Kamera im Anschlag durch ihr Viertel laufen. Das zooartige fotografieren dieser Leute hat leider gerade auf Grund der  Gentrification südlich der Brücke und dem dadurch bedingten Szenezulauf in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Erst „Künstler“ und dann „Orthodoxis“ gucken gehört vor allem bei den geschichtslosen Flachköpfen unter ihnen  jetzt zum Standardprogramm.

Die jiddischen Frauen sind gegenüber Menschen die nicht ihrer Gemeinde angehören eher abgewandt bis abweisend. Sie schauen durch die „Anderen“, wenn sie sie denn überhaupt wahrnehmen, wie viele der jüngeren Männer übrigens auch, quasi hindurch. Auch außerhalb ihres Viertels. Als Autofahrer, ich habe unter ihnen noch nie eine Frau am Steuer gesehen, gelten die „Pinguine“ eher als Barbaren. Nicht zuletzt weil sie , trotz häufig überhöhter Geschwindigkeit, dabei permanent telefonieren und dadurch zur Unaufmerksamkeit neigen.

Ganz  im Gegensatz zum eher relaxten, vorsichtigen und rücksichtsvollen Rest der New  Yorker Automobilisten, was das Radeln auf den Straßen der Metropole insgesamt ungefährlicher macht als in einer deutschen Kleinstadt. Egal was man sonst so an Unsinn zu diesem Thema weltweit von Journalisten lesen und hören kann. Sie haben einfach keine Ahnung bzw. sie probieren es aus, ohne um die Regeln und Zeichen zu wissen, nach denen das Verhältnis von Drivern und Bikern in dieser Metropole organisiert ist.  Aber das ist ein anderes Thema.

Da die Orthodoxen wie alle religiösen Fundamentalisten nach der Heirat möglichst viele Kinder anstreben, es sind in ihrem Teil von Williamsburg im Schnitt 8-10 pro Familie, steigt der Wohnbedarf der Community jedes Jahr exponentiell.  So wird das orthodoxe Williamsburg jährlich auf jeden Fall zahlenmäßig größer und die Gemeinschaft hat eine gewaltige Geldreserve angesammelt, um ihre räumliche Ausdehnung per  Hausneubau und  -ankauf zu finanzieren. Häufig wird die Sache in direkter Verhandlung in bar erledigt.

Das Ziel war dabei immer klar. Die nördliche Ausdehnung bis an die Williamsburg Bridge ist mittlerweile abgeschlossen und hat eine Menge Latinos auf die andere Seite der Brücke verdrängt. Nach Norden und Westen gibt es jedoch auf Grund der auch hier leer gefallen Lager und Fabrikgebäude und der vielen Brachen noch Ausdehnungsreserven. Der Neubau ist jedoch immer hoch und kompakt, denn auch dieser Gemeinde ist an möglichst wenigen ethnischen Konflikten gelegen.

Die finden natürlich trotzdem statt, denn das Misstrauen gerade der farbigen Bevölkerung gegenüber der Ausdehnung der „Pinguine“ ist groß. Obendrein gab es in deren Stadtbezirk nie ein Kriminalitäts- oder Drogenproblem. Zumindest kein öffentliches. Jiddish-Williamsburg war auch in den schwersten sozialen Krisenzeiten der Stadt immer ein absolut sicherer Ort. Gebrannt hat es hier nie und Drive-By-Shootings kannte man hier nur vom Hörensagen. Das auch dank einer eigenen enormen sozialen Kontrolle auf den Straßen und einer eigenen Bürgerwehr.

Sie trägt zwar bis heute keine Waffen  und natürlich darf sie auch keine Verhaftungen vornehmen darf. Aber ihre Fahrzeuge sind per Walky Talky schnellstens vor Ort, sie haben eine Sirene und sind in ähnlichen Farben gehalten wie die Autos des NYPD. Ich habe es selbst erlebt, als es Drumherum noch verdammt gefährlich auf Williamsburg Straßen war, wie hier ein Drogendealer vor eine Schule in Sekunden von einer unglaublichen Menge Menschen umstellt wurde. Er hätte gar nicht so schnell schießen können wie immer neue Leute ihn ohne jede Waffe umzingelten. Und weg konnte er natürlich auch nicht mehr.

Kurze Zeit später war das Fahrzeug der Bürgerwehr da, natürlich auch mit unbewaffneten Insassen und die rief dann per Autotelefon die New Yorker Polizei. Diese lokale Schutztruppe war und ist offiziell natürlich nicht erlaubt, aber das NYPD drückte  zu dieser Zeit – und ich glaube auch heute noch – beide Augen zu, wenn ein ganzer Stadtteil kostenfrei für seine Sicherheit sorgt.  Heute allerdings hat diese eigene Security natürlich viel weniger zu tun und auch der Rest von Williamsburg ist so sicher wie es sein jüdischer Teil immer war.

Die Aufwertung dieses Teils von Upcoming W-Burg wurde ganz alleine von seinen angestammten Bewohnern gesteuert. Hier wurde niemand verdrängt. Hier verdrängte man, wenn überhaupt selbst. Hier spülte die Gentrification auf der anderen Brooklynseite  der Williamsburg Bridge genug  Geld in die Immobilienkassen, um der eigenen Gemeinde weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu verschaffen bzw. zu erbauen. Auf jeden Fall blieb dieses Geld in Williamsburg und kam ihm  insofern auch wieder zu Gute. Bei den großen neuen Türmen entlang des Wassers, war das mit Sicherheit nicht der Fall. Ende

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Die Williamsburg Story VI…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Die Williamsburg Story VIII…Klack

Die Williamsburg Story IX

Der Ruhrpilot

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Immer noch PFT in der Ruhr – wo sind die Erfolge des Ministers Uhlenberg (CDU)?

Foto: Umweltministerium / Der Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) steht links

Es gibt ein Thema, das möchte NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) am liebsten als erledigt abhaken. Das ist das Thema PFT. Seit 2006 sorgten diese krebserregenden Chemikalien immer wieder für Schlagzeilen. Sie wurden in der Ruhr gefunden, dem wichtigsten Trinkwasserfluss des Landes. Von hier aus stiegen die Gifte auf, bis in den Körper von Kindern. Vor gut anderthalb Jahren rief Minister Uhlenberg ein Programm aus mit dem Namen „Reine Ruhr“. Seither wurde es still um die Perflourierten Tenside.

Doch unbeachtet von der Öffentlichkeit strömen immer noch weiter die PFT durch die Ruhr – bis zu 150 Kilogramm im Jahr, wie aus einem Dokument des Umweltministeriums hervorgeht. Dazu kommen weitere gefährliche Chemikalien. Etwa 750 Kilogramm Röntgenkontrastmittel etwa und bis zu 200 Kilogramm Pharmaka sowie haufenweise Antibiotika. Die Fische der Ruhr schwimmen in einer Art Chemie- und Medikamentencocktail. Passend dazu wurden in Studien bereits erhebliche Mengen Chemikalien in den Blutbahnen von Anglern und deren Ehefrauen nachgewiesen.

Umweltminister Eckhard Uhlenberg hat sich öffentlich vorgenommen, etwas dagegen zu tun. Dabei setzt er seit Jahren auf Dialog und öffentliche Anreize. So wurden beispielsweise knapp 50 Unternehmen überredet, keine PFT in den eigenen Produktionsanlagen einzusetzen, wie das Ministerium mitteilte. Oder es wurden mit Hilfe öffentlicher Fördermittel Spülbäder in Galvanikbetrieben ausgetauscht.

Härtere Maßnahmen bleiben jedoch weitgehend aus. Minister Uhlenberg weist die Kläranlagen-Betreiber an der Ruhr nicht an, ihre Betriebe nachzurüsten, damit möglichst keine Chemikalien mehr in den Trinkwasserfluss eingeleitet werden.

Da kein Zwang ausgeübt wird, konnte die tägliche PFT-Fracht in der Ruhr kurz vor der Mündung in den Rhein seit Februar 2007 nur leicht auf heute 300 Gramm am Tag im Herbst 2009 reduziert werden. Die Konzentrationen des Giftes je Liter Wasser schwanken dabei stark je nach Wasserstand. Mal wird mehr, mal weniger Wasser mit einer ähnlichen Menge Gift verschmutzt.

Genaue Angaben zu finden, ist sehr schwer. Zwar erhebt das Umweltministerium regelmäßig Daten und veröffentlicht diese über Internet-Seiten des Landesumweltamtes, aber anders als behauptet sind diese Daten nicht vollständig. So stammt beispielsweise die letzte publizierte Messung an der Ruhrmündung aus dem Jahr 2007. (Bitte durchklicken zum Messpunkt 004005. Das ist der Messpunkt an der Ruhrmündung) Genauere Daten sind nur mit geheimen Passwort zugänglich. Im Umweltministerium wurde heftig über die Geheimhaltung der Daten gerungen. Staatssekretär Alexander Schink wird etwa in einem internen Schreiben vom 11. Dezember 2008, das mir vorliegt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erhebliche Datenmengen von industriellen Einleitern nicht publiziert wurden.

Die ausbleibende Konsequenz von Umweltminister Uhlenberg bleibt aufgrund der mangelnden Erfolge auf den ersten Blick erstaunlich. Hat er doch nach dem Wassergesetz die Macht, die Einleiter von Giften zu zwingen, ihre Kläranlagen zu ertüchtigen.

Lediglich bei einer Firma wurde zumindest ein Überwachungswert angeordnet, der nach Möglichkeit nicht überschritten werden soll. Ein Grund für den ausbleibenden Zwang die Abwässer PFT-frei zu halten, scheinen die hohen Kosten zu sein. In zwölf Firmen wurden einzelne Anlagen zur PFT-Abscheidung eingebaut. Die Kosten dabei lagen zwischen 60.000 und 700.000 Euro, die größtenteils von der öffentlichen Hand getragen wurden.

Doch vor allem die Betreiber von Kläranlagen an der Ruhr sperren sich gegen die Nachrüstung der eigenen Betriebe. Dabei fließen durch diese Anlagen häufig sowohl die industriellen Abwässer als auch der Dreck aus den Haushalten. Die meisten dieser Kläranlagen betreibt der Ruhrverband. Dessen Laborchef bestätigte vor knapp zwei Jahren an Eides statt, sein Haus sei für rund die Hälfte der PFT-Einleitungen in die Ruhr verantwortlich. Vor allem am Ruhrzufluss Lenne ist die Lage drastisch. Hier stiegen die PFT-Einleitungen in die Ruhr von 2007 bis 2009 wieder auf über 200 Gramm am Tag an. Je nachdem, wie die Firmen hier PFT in die Kanalisation ablassen.

Müssten diese Anlagen auf Anweisung des Umweltministers PFT-sicher gemacht werden, würde das teuer. Beispielsweise hat die Emschergenossenschaft im nördlichen Ruhrgebiet vier Pilotprojekte zur Bekämpfung von Spurenstoffen wie PFT mit Hilfe öffentlicher Förderungen eingeleitet. Eine einfache Ozonierung, bei der viele aber nicht alle Schadstoffe vernichtet werden, kostete hier je 10.000 angeschlossener Einwohner zwischen 400.000 und 800.000 Euro. Die aufwändigere Membranreinigung kostete je 10.000 Einwohner ungefähr 4 Mio. Euro. Hochgerechnet auf die Anlagen des Ruhrverbandes würden die Kosten im hohen dreistelligen Millionen- oder sogar im Milliardenbereich liegen. Das Geld müsste auf die angeschlossenen Kommunen und Firmen umgelegt werden.

Der Ruhrverband wehrt sich deswegen, seine Anlagen nachzurüsten. Ein Sprecher teilte dazu mit: „In einem demokratischen Rechtsstaat wie dem unseren kann der Ruhrverband als öffentlich-rechtlicher Betreiber nicht einfach hingehen und nach eigenem Gutdünken die Gebühren erhöhen, um damit Dinge zu finanzieren, die gesetzlich von ihm nicht gefordert werden.“ Übersetzt heißt das: Keine Nachrüstung ohne Zwang. Und genau den will Uhlenberg offensichtlich nicht ausüben.

Vor diesem Hintergrund rückt die enge Zusammenarbeit von Ruhrverbandschef Harro Bode mit dem Umweltministerium von Eckhard Uhlenberg ins Zentrum des Interesses. So liegen mir Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass Bode seit 2006 vehement gegen den damaligen Abteilungsleiter Harald F. im Umweltministerium schoss, der auf eine Verbesserung der Ruhrverbandsanlagen drängte.

Dieser Harald F. wurde einige Monate später im Umweltministerium geschaßt.

Erstaunlicherweise taucht Harro Bode dann wieder im Ermittlungsverfahren gegen Harald F. auf. Er steht in Kontakt zu Staatsanwaltschaft und Umweltministerium, und vermittelt zumindest ein Schreiben vom Ministerium an die Strafverfolger, wie aus einem Papier der Ministeriumsspitze hervorgeht, das mir vorliegt. Warum er das tut, ist mir absolut nicht klar. Offenbar verfolgt Bode ein Interesse. Nur welches kann ich noch nicht sagen.

Baustopp für E.on-Kraftwerk in Datteln?

Das E.on-Kohlekraftwerk in Datteln hat einen herben Rückschlag erlitten. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte heute das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 3. September. Damit sind zahlreiche Rechtsverstöße des Bebauungsplanes für das Kraftwerk gegen die Landes- und Regionalplanung letztinstanzlich bekräftigt worden.

Die Konsequenzen aus dem Urteil sind noch nicht ganz klar. Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) jetzt auf einen sofortigen Baustopp drängt, denken die Betreiber über eine Lösung auf Basis des von der schwarz-gelben Landesregierung geänderten Planungsrechtes nach. Dazu müssten nach und nach weitere rechtliche Grundlagen für das Projekt auf kommunaler Ebene nachträglich verändert und passend gemacht werden. Fazit ist trotz allem: es droht eine 1 Mrd. Euro schwere Bauruine.

In einer Presseerklärung des Umweltverband heißt es, der BUND verlange auf Grundlage der verschiedenen BUND-Eilanträge, dass der im parallelen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren verhängte teilweise Baustopp erweitert wird. Die Bezirksregierung Münster habe dies für den Fall angekündigt, dass das Urteil auf den unwirksamen Bebauungsplanes rechtskräftig wird.

Im Hinblick auf die für morgen erwartete Entscheidung des Dattelner Stadtrats über die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes forderte der BUND, das
Verfahren zu beerdigen. Es sei eine Illusion, anzunehmen, dass die jetzt höchstrichterlich bestätigten massiven Rechtsverstöße der Kraftwerksplanung geheilt werden könnten.

Dessen ungeachtet wollen die Kraftwerksbefürworter morgen im Rat nochmal alles geben, um die rechtlichen Grundlagen so passend zu machen, dass der Bau doch noch durchgesetzt werden kann.

Deutsche Soldaten unterstützten trotz EU-Waffen-Embargo usbekischen Diktator

Deutsche Soldaten haben nach Informationen der Ruhrbarone trotz eines internationalen Waffenembargos Truppen des usbekischen Diktators Islam Karimow ausgebildet. Den Informationen zufolge wurde die Ausbildung vom damaligen Außenministerium unter Frank-Walter Steinmeier (SPD) koodiniert. Das pikante dabei: Die EU hatte nach dem Massaker von Andischan, bei dem hunderte Zivilisten von Truppen Karimows abgeschlachtet worden waren, ein umfassendes Waffenembargo gegen Usbekistan verhängt. Steinmeier hatte auf politischem Wege versucht, dieses Embargo zu lockern. Nun kommt raus, dass er wesentlich mehr gemacht hat. Er ließ im Rahmen der deutschen militärischen Ausbildungshilfe (MAH) zu, dass deutsche Soldaten weiterhin die Armee von Karimow schulten. Nach Informationen der Ruhrbarone wird die militärische Zusammenarbeit mit dem Diktator bis heute fortgesetzt. Für Deutschland ist Usbekistan als Luftwaffen-Stützpunkt im Afghanischen Krieg wichtig.

Die europäische Sanktionsmaßnahme und vor allem das EU-Waffenembargo gegen Usbekistan galten vom 12. November 2005 bis zu dessen Auslaufen am 13. November 2009. Steinmeier wurde 10 Tage nach Verhängung des Waffenembargos gegen Usbekistan Außenminister. Die MAH wird von der Bundeswehr durchgeführt, sie findet aber aufgrund bilateraler Vereinbarung statt, und dafür tragen das Auswärtige Amt und der damalige Außenminister Steinmeier(SPD) die Verantwortung. „Die Militärische Ausbildungshilfe für Usbekistan wurde nicht ausgesetzt.“, erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage der Ruhrbarone.

Für die EU Sanktionen und das Waffenembargo gegen das zentralasiatische Land gab und gibt es gute Gründe. Am 13. Mai 2005 schlugen usbekische Truppen im Massaker von Andischan den Volksaufstand in der usbekischen Provinzstadt blutig nieder. Nach Berichten von Augenzeugen, Menschenrechtsorganisationen und der OSZE starben bei dem Feuerüberfall der usbekischen Sicherheitskräfte bis zu 500 Menschen, darunter auch Frauen und Kinder.

Europa war entsetzt:

On 23 May 2005, the Council strongly condemned the reported excessive, disproportionate and indiscriminate use of force by the Uzbek security forces in Andijan”.

Das Waffenembargo gegen Usbekistan war eindeutig, wie das Verteidigungsministerium mitteilt:

Nach Verordnung (EG) Nr. 1859/2005 des Rates vom 14. November 2005 über bestimmte restriktive Maßnahmen gegen Usbekistan ist es untersagt, zur internen Repression verwendbare Ausrüstungen an Usbekistan zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder nach Usbekistan auszuführen sowie natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Usbekistan oder zur Verwendung in Usbekistan finanzielle Mittel, finanzielle Hilfe oder technische Hilfe bereitzustellen.“

In dem EU Dokument findet sich zu dem eine Erklärung, was unter technische Hilfe zu verstehen ist.

technical assistance” means any technical support related to repairs, development, manufacture, assembly, testing, maintenance, or any other technical service, and may take forms such as instruction, advice, training, transmission of working knowledge or skills or consulting services; technical assistance includes verbal forms of assistance.”

Das Waffenembargo erlaubt auch Ausnahmen, aber nur für ”non-lethal military equipment intended solely for humanitarian or protective use, for institution building programmes of the United Nations, the European Union and the Community, or for EU and UN crisis management operations“.

Das trifft für die MAH nicht zu, denn die Ausbildung dient der usbekischen Armee.

Demnach hätte Außenminister Steinmeier die MAH mit Usbekistan aussetzen müssen. Aber der Sozialdemokrat dachte nicht daran. Er widmete die Außenpolitik ganz der Lobbyarbeit für den usbekischen Despoten in Taschkent und so ging auch die MAH mit den usbekischen Truppen trotz des EU Waffenembargos fröhlich weiter.

Das Ziel der Ausbildung im Rahmen der MAH sei „die Entwicklung demokratisch orientierter Streitkräfte“ erklärt das Bundesverteidigungsministerium. Zum dem soll die MAH Verbindungen zu Staaten stärken, „deren Stabilität im deutschen Interesse liegt“.

Die MAH mit der zentralasiatischen Staat begann 1994 und 165 usbekische Soldaten durchliefen seither in Deutschland die Schulungen der Bundeswehr. Auch jetzt zu diesem Zeitpunkt werden fünf usbekische Soldaten in Deutschland ausgebildet. Die erste Absicht des Trainingsprogramms ist bei Usbekistan unzweifelhaft verfehlt.

Usbekistan unter der Herrschaft Karimows zeigt keinerlei Interesse an „demokratisch orientierter Streitkräfte“. Das Gegenteil ist der Fall.

Gab es 1994 in dem zentralasiatischen Staaten an der afghanischen Grenze noch Ansätze einer Zivilgesellschaft, so sind diese heute allerdings restlos zerschlagen. Tausende Menschen sitzen wegen politischer und religiöser Überzeugungen in usbekischen Gefängnisse ein. Journalisten, Menschenrechtler und Oppositionelle werden verfolgt, verhaftet oder gar ermordet. Die Folter wird in Usbekistan nach UN-Angaben “systematisch“ angewandt. Am 13 Mai 2010 jährt sich der fünfte Jahrestag des Massakers von Andischan.

Die Ausbildung usbekischer Soldaten in Deutschland ist auch nach der Aufhebung des EU Waffenembargos mehr als fragwürdig. Es ist aber ein Skandal, dass die MAH während des Waffenembargos fortgesetzt wurde.

Der Grund für Steinmeiers Despotenliebe liegt im Flughafen von Termes, von dem der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr koordiniert wird. Steinmeier hat als Außenminister deswegen Deutschland erpressbar gemacht.

Foto: bundesregierung

5 FÜR 7 – Kultur und Co an der Ruhr

folkwang_kirchnerZehn Wochen Kulturhauptstadt: Ein Zwischenstand. (Denn wer hat schon 100 Tage Ruhe heutzutage?) Beim Zwischenresümee zum Milchkaffee auf der Rüttenscheider hieß es gerade etwa wie folgt: Nach Außen innerhalb Deutschlands sieht’s PR-mäßig doch ganz gut aus: Erst die Eröffnung und der Charteinstieg, dann Ruhrmuseum und Folkwang, dann Odyssee Europa – alles ging groß durch die Feuilletons.
Jetzt: NRW-Wahlen als Nonplusultra für ungezählte Reichstagskarrieren anscheinend. Auch fein. RAG macht Ökostrom, Schalke und Dortmund stehen gut da wie lange nicht mehr, die Ruhrbarone auch, Debatten hier setzen Akzente und labern nicht mehr einfach nur hinterher. Wie und wo gekürzt und kooperiert werden muss in den Kommunen, selbst das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Daher zur Feier des Tages gleich mal fünf Themen: Local Heroes Recklinghausen, DAF & No More, Folkwang, Hinterhaus, 2. Klavierfestival Oberhausen.

Diese Woche ist Recklinghausen dran im Rahmen von Local Heroes – eine dieser 120.000-Einwohner-Städte hier in der Gegend, die endlich mal wieder ihre 15 Minuten bekommen. DAF und No More hatten die ihren in den 80ern, und das ist ja schon so lange her, dass mittlerweile locker beobachtet werden darf: Meine Güte, haben die geklaut bzw. ging das schnell damals für NewWave-Trendsurfer von Düsseldorf nach London und so! Ein bisschen Suicide, ein ganzes Ende Cabaret Voltaire, Andocken an den Mute Records Maschinenpark, Hitler & Homoerotik, Koks & Uniform und ab dafür. No More waren da irgendwie näher am hiesigen Electro Marke Eigenbau, aber irgendwie mussten sich ja dann irgendwie alle in die Schubladen EBM oder Pop, Goth oder Disco, Techno oder Schlager einsortieren lassen. Schön dass die zusammen auftreten und mal wieder die Muckis zeigen wollen.

Erste Sonderausstellung in Folkwangworld: „Das schönste Museum der Welt“ wurde es mal genannt, und das soll nun rekapituliert werden mit Ausstellungsstücken aus den Goldenen Zwanzigern etc. (Das Foto von Jens Nober zeigt „Tanzpaar“ von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahr 1914). Der Autor dieser Zeilen freut sich auf kommende, stringentere Konzepte (nicht das mit Elvis!), versteht aber, dass sich erstmal volksnah gegeben wird bei gleichzeitiger Selbstbeweihräucherung. So san’s halt, die alten Kulturadelsleut! Wem das zu überkandidelt ist, kann gern zur ersten Ausstellung im Hinterhaus, Interview hier.

Klavierfreuden nicht als Chillout oder Romantikaccessoire sondern in aller Öffentlichkeit im Rahmen eines klein-feinen Festivals? Dann ist diese Woche vielleicht Oberhausen (erst recht) auf der Karte.

Recklinghausen zeigt sich noch bis Samstag als Local Hero.
DAF und No More on stage am Donnerstag.
Das Hinterhaus ist hier.
„Das schönste Museum der Welt“ wird ab Samstag bestaunt.
Das „2. Oberhausener Festival rund ums Klavier“ ist am Sonntag.



Eine Geschichte aus New York: Williamsburg – Teil 9: Die Scene Changer

williamsburg-9Die letzte Phase der Gentrification, die der Scene-Changers  überlappt sich insofern, dass die Scene-Seekers, wenn sie denn dauerhafte Bewohner werden, selbst in die Rolle der Scene-Changer schlüpfen.  Es kommen aber jetzt auch die hinzu, die mit der Szene vorher nicht einmal als Besucher was zu tun hatten. Sie suchen ganz allgemein nach Wohn- und Lebensraum in  New York und bekommen von Experten oder Freunden den Tipp „Upcomming Williamsburg“.

Die Szene dort interessiert sie nicht im Geringsten, sondern nur das, was sie als Ambiente und als Infrastruktur geschaffen hat. Das kann man ihnen auch nicht für Übel nehmen, denn so läuft Marktwirtschaft nun mal.

Aber sie bedeuten damit unausweichlich eine neue Stufe des Wandels. Zum einen weil sie gleich auf dem höchsten Mietniveau einsteigen, weil sie es auch bezahlen können und dafür natürlich auch Entsprechendes erwarten. Sie gehören deswegen in der Regel auch einer anderen sozialen Schicht, auf jeden Fall aber einer wesentlich höheren Einkommensklasse an als alle bisherigen Bewohner.  Zum anderen beteiligen sie sich so gut wie gar nicht an den bestehenden bzw. gewachsenen sozialen Strukturen und Organisationen und bilden stattdessen eher ein eigenes Milieu aus. So auch in W-Burg.

Selbst die örtliche Kunstszene ist für sie eher Ambiente, denn Treffpunkt oder Raum des eigenen Engagements. Das gleiche gilt erst recht für die Beteiligung an den örtlichen Mieterorganisationen, die sich in W-Burg zunehmend im Abwehrkampf gegen die immer höheren Mieten befanden und noch befinden. Meistens bildet diese Kategorie der Zuzügler gerade in New York,aber nicht nur dort, auch eher Eigentum, als dass sie zur Miete wohnen wollen. Konflikte zwischen den Kreativen und diesen sogenannten Yuppies  wurden so auch in Williamsburg unvermeidlich. Aber auch von den ursprünglichen polnischen und lateinamerikanischen Einwohnern ist diese Gruppe der neusten  „Invasoren“ nur wenig gelitten.

Das alles spiegelte und spiegelt  sich auch im Straßenbild wieder. Der Bohemien- bzw. der Buntheitsfaktor nahm in den letzten Jahren massiv  ab. Das Schaulaufen derer, die unbedingt auffallen wollen, nahm  dagegen kontinuierlich zu. Das Viertel ist jetzt auch offiziell hipp, denn es steht so in den New Yorker Reiseführen und in weltweiten Szenemagazinen. Deswegen tauchen auch die ersten Promis auf, zumindest aber wird jetzt vermutet, dass man dort entdeckt werden könnte, wenn  man nur genügend aufgedreht rum läuft. Von einem Galeristen, Literaturagenten, Regisseur usw. Egal ob der in Williamsburg als Scout unterwegs ist oder vielleicht dort sogar fest wohnt.

Fotografiert und gefilmt wird in Williamsburg schon länger und viel, und zwar von den unzähligen Kunststudenten und Künstlern die dort wohnen. Aber die richtigen Shootings der Meister aus Manhattan haben länger auf sich warten lassen. Einer der ersten  habe ich selbst noch auf dem Dach bei S. erlebt. Die Locationscouts der New Yorker Filmgesellschaften und Fotoagenturen suchen wie überall auf der Welt nun mal immer neue und  interessante Orte.  Filmleute habe auf Grund ihrer normalen Security auch nicht ganz soviel Angst vor Straßenüberfällen. Deswegen ist eine Vorhut von ihnen schon kurz nach der ersten Künstlerwelle aufgetaucht.

Der erste große Hollywoodlike-Film der Williamsburg ins internationale Licht rückte kam jedoch erst später: „Perfect  Murder“ mit Michael Dougles. Eines der Fabriklofts in Greenpoint war dabei eines der wichtigsten Aktionsstätten und ein  dubioser Künstler nahm im Plot auch eine mörderische Hauptrolle ein.

Die ersten Locationsscouts kamen aber nach Williamsburg weil dort der spektakuläre Blick auf Manhattan von den Dächern aus auch noch billig zu kriegen war. In Manhattan kostete selbst die kurzeitige Nutzung solcher Spannungsorte zu dem Zeitpunkt noch locker das 10 fache. Heut sind auch dafür die Preise in Williamsburg mit den sonstigen Mieten enorm angestiegen.

Vor ein paar Jahren wurde ich mehrfach im Stadtteil angesprochen, weil ich  irgendeinem berühmten Schauspieler  aus einer bestimmten Perspektive und bei etwas weniger Licht offensichtlich sehr ähnlich sah.  Meine Zeit als Promi-Copy währte allerdings nur eine Woche. Die Tatsache, dass ich schon über viele Jahre so regelmäßig und  jeweils lange genug vor Ort war, so dass neben meinen Arbeitspartnern und Freunden  mich auch Nachbarn immer wieder erkannten und begrüßten, ja um meine genau Herkunft wussten, tat das seinige dazu.

Ich saß nach getaner Arbeit sehr oft am Abend auf einer der vor den vielen Szeneläden gestellten kleinen Bänke, auf denen man den Passanten auf der Bedford , so lange wie man wollte, zusehen konnte. Dabei  hatte ich fast  immer dieses herrliche New York Village Gefühl, was man in Manhattan zwar auch haben kann, nicht aber so relaxt. So bekam ich über die Zeit auch die Änderungen der Streetstyles und damit die soziale Zusammensetzung der Szene in ihrer äußeren Erscheinung mit.

Williamsburg wurde wirklich weltweit tonangebend. Hier habe ich fast alle szenigen Modeänderungen immer gut ein bis 2 Jahr eher mitbekommen, als  sie in Berlin ankamen. Z.B. das man oder besser frau knallbunte Gummistiefel auch im Sommer trägt, oder die jungen Männer Hütchen und Bärtchen und die jungen Frauen Tag und Nacht riesige Sonnenbrillen. Single Speeds, d.h. Fahrräder  ohne Gangschaltung und Fixies , d.h. Fahrräder mit feststehender Hinterradnarbe ohne Gangschaltung und Bremsen, wurden hier mindesten 5 Jahr eher als in Berlin gefahren. Das erste Single Speed in Deutschland habe ich allerdings in meinem Lieblingsfahrradladen im Bochumer Bermuda3Eck entdeckt. Weit bevor die Berliner überhaupt wussten, was das überhaupt ist.

Streetstylemäßig war allerdings der Wandel W-Burgs am deutlichsten an einer neuen Art von Hunden zu sehen , die vorrangig auch jetzt die jungen Frauen mit sich führten. Nach dem das Sicherheitsproblem auf den dortigen Straßen endgültig gelöst war, gab es lange Zeit keine Hunde mehr in W-Burg. Jetzt tauchten statt der damaligen richtigen Hunde zunehmend Zier- und Spielhündchen an der Seite der junger Leute auf. Der Weg vom  Kampfhund zum Schoßhündchen  zeigt am klarsten worum es in New York bei der Gentrification neben Infrastruktur und Urbanität am meisten geht: Um Sicherheit.

Aber auch die vielen individualistischen modischen  Einzelinnovationen, von denen ich schon in einem der anfängliche Folgen berichtet habe, nahmen jetzt exponentiell zu. Eine junge Gruppe von Williamsburger  Modedesignern hatte  vorher schon das heute auch in Manhattan, und demnächst sicher auch in Europa in Erscheinung treten werdende Label „Booklyn Industries“ ins Leben gerufen.

Den ersten richtigen Verkaufsladen gab es natürlich an der Bedford nahe North 7th. Und natürlich den Stress mit der Lokal-Szene wegen des  zunehmenden „kapitalistischen“ Erfolgs per Graffiti auf den Schaufenster und Türen der Boutique.  Den gibt es allerdings seit  Beginn der immer noch aktuellen Phase des Scenechanging nicht mehr.

Vielmehr ist neuste Mode jetzt auf der Bedford und drum herum normal. Auch die von „Brooklyn Industries“. Der noch verbliebene individuelle Style, neuerdings Controverse (Self)design genannt, weil jeder Style jetzt auch seinen Namen haben muss, denn Williamsburg ist jetzt „maßgebend“, also „supercool“, ist dadurch immer anstrengender geworden.  Er wird schnell in der Szene selbst, dank Style Book auch weltweit, kopiert, weil was wirklich Neues auch in den heute sogenannten Kreativvierteln dieser Welt kaum noch einem einfällt.

Der Trend geht deswegen in den letzten Jahren vom Künstler zum Künstler(selbst)darsteller, was sich natürlich aus der Natur der Sache immer schon gegenseitig  bedingte und wechselseitig spiegelte. In Williamsburg hat das jedoch dazu geführt, dass sich diese beiden inneren Bilder nun rollenmäßig im Straßenbild zunehmend als personell getrennt manifestierten. Als verschiedene Personengruppen.

Die die real kreativ waren und auch davon ihren Lebensunterhalt mit realer  Entlohnung bestreiten konnten trennten sich von denen, die sich das wünschten aber nicht schafften. Und erst recht von denen die einfach nur so aussehen wollten. Letztere Gruppe nahm seit der Change-Phase ebefalls rasant zu.

In diesem Viertel hatte man eben auch als Rechtsanwalt oder Broker, oder einfach nur als kunstsinniger Berufserbe oder als  Durchschnittsstudent ohne jede besondere Ambition irgendwie kreativ auszusehen. Cool zumindest. Und die Standards dafür setzte und setzt immer noch die Szene bzw. die die sich dazu gehörig fühlten.

Das, was in der sozialen Realität zunehmend zerbrach, funktionierte immer noch als Style. Die Stylisten waren aber nicht mehr die Kreativen, zumindest nicht, wenn sie sich nicht selbst zur Modebranche zählten. Es waren selbsternannte „Kreative“, sozusagen ihre modischer Abklatsch als Lebensaufgabe.

Eine spezielle Gruppe unter ihnen die schon länger W-Burg bevölkerten waren die sogenannt PPA´s, ausbuchstabiert Parent Payed Artists. Sie hatten natürlich richtige, häufig sogar überdurchschnittlich große, Künstlerlofts, machten auch Kunst darin, aber jeder der nur etwas Ahnung hatte wußte, dass das sie weder davon lebten noch jemals davon würden leben können. Das allerdings taten sie über Jahre. Und sie trugen fast immer Klamotten und Schuhe auf den Spuren künstlerischer Arbeit sichtbar waren.

Die erfolgreichen Kreativen dagegen zogen und ziehen sich zunehmend aus dem Straßenleben zurück. Zumindest als Selbstdarsteller.  Sie benutzen sie zunehmend wie die zu gezogenen Scene-Changer nur noch als Ambiente und Infrastruktur. Die Kreativendarsteller dagegen übernahmen und übernehmen weiterhin die Straße in einer Weise, dass es für den Eingeweihten schon eine  lächerliche Note bekommen hat. From being cool to being a fool it´s only a little step. Die wirklich Coolen suchen derweil schon nach neuen Treffpunkten für die wirklichen In-People. Für die, die nicht mehr unbedingt anders sein wollen aber dafür  nur noch unter sich. Wie in Manhattan eben.

Oder wie in einem Teil von Williamsburg, an dem der ganze Hype spurlos vorüber gegangen ist, obwohl dort die Leute wohnen, die wahrscheinlich am meisten an der Gentrification ihres Stadtteils verdient haben. Aber dazu in der letzen Folge.

Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Willamsburg Story II…Klack

Die Williamsburg Story IV…Klack

Die Williamsburg Story V…Klack

Die Williamsburg Story VI…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack

Die Williamsburg Story VII…Klack