Foto: ruhrbarone
Die Welt ist nicht einfach. Und erst recht nicht einfach, wenn es darum geht, in der Nordsee große Windstromfarmen zu bauen. Das Klima da draußen ist milde gesagt, beschi…en. Maschinen leiden unter dem Salz, den Stürmen und sonst allen widrigen Bedingungen, die man sich ausdenken kann. Nicht umsonst nennt man die Nordsee auch Mordsee. Und in dieser feindlichen Umwelt wollen die Deutschen große Windparks bauen, um die Energieversorgung des Landes ökologischer zu gestalten.
Das Vorhaben ist nicht trivial. Jeder, der hier aktiv werden will, braucht viel Geld und Talent. Bislang haben vor allem mittelständische Pioniere versucht, die Projekte auf hoher See umzusetzen. Sie haben es nicht geschafft. Ihnen fehlte das Eigenkapital, um Kredite von den Banken zu kriegen. Ihnen fehlten die Spezialschiffe, um die Turbinen aufzupflanzen. Und zum Schluss fehlten ihnen die Propeller selbst.
Die meisten Probleme haben die Mittelständler nicht selbst verschuldet. In der Finanzkrise schraubten die Banken den Eigenkapitalanteil für eine Kreditfinanzierung reihenweise von 15 auf 30 Prozent hoch. Damit man sich das vorstellen kann: Statt 30 Millionen Euro müsste nun eine kleine Firma 60 Mio Euro mobilisieren, um einen Kredit für einen kleinen Off-Shroe-Windpark zu kriegen. Bis jetzt hat das so gut wie keiner geschafft. Nur die großen haben einen Modellpark errichtet.
Die Spezialschiffe sind ein ähnliches Problem. Es gibt nur eine Handvoll. Wer sie mieten will, muss jede Menge Geld zahlen. Aber bis man überhaupt zahlen darf, muss man jede Menge Glück haben, ein freies Schiff zu bekommen, denn die meisten in Europa verfügbaren Spezialschiffe sind lange ausgebucht. Und den Rest hat der dänische Versorger Dong vor kurzem weggekauft und baut damit nun seine eigenen Windparks. Ein Mittelständler kommt nun so gut wie nicht mehr an ein Schiff.
Bleibt das Problem mit den Turbinen. Es gibt nur zwei nennenswerte Produzenten für Off-Shore-Propeller. Siemens und Repower. Da auch die Großen das wissen, haben sich sich auf Jahre hinaus die Produktion gesichert. Ein Mittelständler dürfte extreme Probleme haben, noch eine hochseetaugliche Turbine aufzutreiben.
Matt gesetzt – würde ich sagen.
Muss deswegen nun der Ausbau der Off-Shore-Energie scheitern? Nein, er wird nur anders aussehen, als das viele Leute gedacht haben. Off-Shore wird keine mittelständische, neue Energiewirtschaft entstehen. Nur die großen Konzerne sind in der Lage die Projekte umzusetzen. Damit wird Off-Shore die gleiche Situation wie On-Shore herrschen. Wenige Riesen werden das Gros der Stromproduktion kontrollieren.
Nehmen wir das Beispiel RWE. Der Konzern will in der Nordsee zwei Riesenprojekte verwirklichen – einen 1000 Megawattpark bis 2013 sowie einen 288 Megawattpark bis 2014. Der für den Bau verantwortliche Chef der Konzern-Ökosparte RWE Innogy, Fritz Vahrenholt sagt: „Wir müssen die Erzeugung von Erneuerbaren Energien industrialisieren. Die Zeit der Manufakturen ist vorbei.“ Was er damit meint, ist schnell erklärt: RWE will zwei Spezialschiffe in Korea bauen lassen, um eigene Kapazitäten zu haben, die Projekte realisieren zu können. Die Kosten je Schiff liegen bei über 100 Mio. Euro. Dabei handelt es sich um Hubschiffe, die in der Lage sind, Tragepfosten in den Meeresboden zu rammen und dann Arbeitsplattformen an diesen Pfosten über den Meeresspiegel zu stemmen. Von hier aus kann dann unabhängig vom Wetter an den Windpfeilern gearbeitet werden. Der Bauauftrag für das erste Schiff wurde bereits erteilt. Der zweite Auftrag soll in Kürze folgen, hieß es. Mit den Schiffen können die Turbinenmaste wie Stahlnägel reihenweise in den Boden gehämmert werden. Industrie eben, und keine handgeschraubten Strompfeiler.
Dann will RWE einen eigenen Hafen in Bremerhaven bauen, um die Parks unterhalten zu können. Der Konzern braucht ein Lager, eine Anlaufstelle für Techniker und Technik. Auch das können sich nur die Großen leisten. Bis zum Jahr 2014 will RWE rund 6 Mrd. Euro in insgesamt 2300 Megawatt Leistung auf hoher See investieren. Das entspricht der Leistung von zwei Atomkraftwerken. Andere Großversorger gehen einen ähnlichen Weg. Es ist absehbar, dass die Großen bis zu 70 Prozent der Off-Shore-Leistung in der Nordsee kontrollieren werden.
Die Kritik der Mittelständler an dem Vormarsch der Großen trifft in meinen Augen nicht ins Ziel. Es geht um eine realistische Betrachtung der Lage. Nur die Großen können die großen Sachen machen. Auch der Vorwurf, die Konzerne würden den Wettlauf auf See verschleppen, trifft in meinen Augen nicht zu. Auch wenn die Grünen eine interessante Lesart präsentieren. Die energiepolitische Sprecherin der grüne Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, hatte etwa zuvor gesagt, die Versorger würden auf hoher See die Arbeiten verzögern, da sie Angst hätten, dass die Verbraucherpreise fallen würden, wenn gleichzeitig hohe Windkapazitäten und billiger Atomstrom in die Märkte dringen würden. Sprich, dass sich die hohen Investitionen der Konzerne für diese nicht lohnen würden, weil sie Geld im Handel verlieren würden.
Ich glaube das nicht. Bleiben wir bei RWE. Für jemanden, der die Realisierung der Parks verschleppen will, erscheint es doch seltsam, dass er eigene Schiffe baut, um schneller fertig zu werden, oder? Zudem ist die Summe von 6 Mrd. Euro für ein Öko-Alibi einfach zu groß. Im Gegenteil glaube ich, dass RWE ein hohes Interesse daran hat, die Windparks schnell zu bauen. Und zwar aus folgendem, einfachen Grund. Wegen der Braunkohlekraftwerke ist die CO2-Bilanz des Essener Riesen bescheiden. Mit den Windparks würde diese Bilanz in der Stromerzeugung besser. Sprich der Konzern wird im Klimawandel zukunftsfähiger. That’s it.