Rettet den Blätterwald (7) – Heute: Playboy

In dieser losen Artikelreihe geht es um die reale Vergänglichkeit von Printpublikationen, so letztens um Galore. Diesmal steht ein Titel zum Verkauf und erlangt daher die zweifelhafte Ehre, an dieser Stelle auf seine Sinnhaftigkeit hin untersucht zu werden. Ein Titel, den der Autor dieser Zeilen bislang eh nur zweimal gekauft hatte, zur Deko für seinen Spind bei der Bundeswehr. "Alles was Männern Spaß macht" – auf gehts.

Frauenbilder, Männerbilder. Das "Fest der Liebe" also, als große Sexparty natürlich. Ein "Playmate-Adventskalender" als Beilage, recht derb anmutende Skisport-Bunnies auf dem Cover, denn es geht ja auch um "Die schönsten Skilehrerinnen des Winters". "Die 50 besten Männeruhren" als Special, "Die Wahrheit über die Piraten von Somalia" als Reportage. Ansonsten viel Weiß, na klar. Und Skier als Ohrenersatz. Schnell weg vom Cover und rein in’s Heft.

BMW schaltet doppelseitig, mit dem Spruch "Freude hat ihre eigenen Regeln: Keine Regeln." Überschrift des Editorials: "Die Welt wird weiblicher!". Eigenwerbung für ein Parfüm unter dem Titel "Nie wieder Game Over". Unter dem Editorial die "Playboy-Mitarbeiter des Monats". Die Lesenden ahnen, es geht hier schwer um eine besondere Art von Leistungsprinzip.

Das Inhaltsverzeichnis, und Agassi wirbt für Uhren. "The Return Of Men" bewirbt ein Eau de Toilette. Leserbriefe (zumeist über Models der letzten Ausgaben) und Werbung für Rum. Werbung für einen Fernseher und immer wieder Parfüm und Uhren. Eigenwerbung für die HP des Blattes. Insgesamt wirkt alles recht widerlich, aber wenigstens ökonomisch professionell. Wenn bei diesem Blatt aber die Oberfläche (viel wertige Werbung, Einbindung vieler attraktiver Menschen und Namen) nicht stimmen würde, dann klappte ja auch das ganze Blatt nicht. Macht will ja schon ausgestrahlt sein. Mal schauen wie das inhaltlich transportiert wird.

Hm. Eine Rubrik namens "Radar" will Trends für den Monat anpreisen, so eine österreichische Rocksängerin, Kraftfahrzeuge, Messer, "Tatort"-DVDs (!) und natürlich Uhren, Uhren, Uhren. Hat der Playboy-Leser ständig (Zeit-)Druck, oder was? "24"-DVDs auf einer ganzen Seite, jetzt wird’s aber etwas sehr billig redaktionell. Zitat: "Das ist die eigentliche Moral von "24": Jack Bauer ist also Mahner und Mutmacher zugleich." Like Bruce Willis never happened. Egal. Immer noch "Radar": Von der Redaktion vorgeblich ungeliebte Weihnachtssongs als Anti-Top10-Liste, Fotografen, Autos, Hunziker und warum Helmut Berger nicht mit Grace Kelly tanzte. Schlechtes Kokain machte ihn sich in die Hosen machen. Es geht weiter mit einer Designer-Geschichte und einer Kolumne über gutes Riechen (daneben Alpecin-Werbung, super!). Wer das so liest erinnert sich gerade an typische Barbie-&-Ken-Klischees, da…

… schlägt ein nacktes Hinterteil zu. Wir sind nämlich bei den angekündigten Skilehrerinnen. "Blanke Haut vor Wintergebirge" ist wohl die Grundidee der Fotostrecke. Kategorisiert sind die Damen nach Name, Alter, Stadt und Land; das Ganze gibt es selbstverständlich auch als Wandkalender zu bestellen. Fast putzig: Zur Erleichterung des "Kennenlernens" bzw. Schwärmens gibt es quasi im Nachklapp zur Fotostrecke noch kleine Steckbriefe, die dann noch zusätzlich das genaue Geburtsdatum, das Skigebiet, die Körpergröße und ein paar Zusatzinformationen preisgeben. Dann wirbt Nivea, dann die Deutsche Post, dann kommt eine "David gegen Goliath"-Geschichte reinsten Wassers: Die Reportage über die vollechten Männer, die die Piraten von Somalia sind. Was die Skilehrerinnen wohl zu denen… Schnell weiterblättern.

Roland Emmerich! Ja, Mensch! Endlich etwas Spiritualität, haha. "Ich habe keine Angst, alles zu verlieren" wurde für die Überschrift gepickt. Uh yeah, denn Freude kennt ja keine Regeln, Roland. Whisky, Parfüm, und natürlich Technik, Technik immer schön rechts platziert. Die nächste Story bietet eine Skateboard-Ikone als Identifikationsfigur, dann kommt die Story zur edel platzierten BMW-Anzeige und auch ansonsten einfach die Rubrik "Motor". Fast vergessen: Der PKW als ganz wichtiges Utensil. Welch nimmermüder Klassiker, anscheinend jeden Monat neu. Und dann natürlich iPhone-Alternativen im Test, so als modernistischer Technik-Fetisch, und als es gerade ganz schön technikversessen wird, da…

… zeigt sich eine junge Dame romantischst auf eine Art im Ambiente eines österreichischen Schlosses. Das geht ein paar Seiten lang so, dann kommen Witze und "Playmate-News". Ein Playmate von 1976 zieht sich noch einmal kurz für 2009 aus, dann kommt eine Geschichte über einen Violinisten – war der nicht letztens auch bei "Wetten Dass,…"? Gutes Management, haha. Mercedes und Opel schalten auch wie verrückt, dann geht es um "Stil", modisch bedeutet das diesmal "Doppelreiher" und in Überschriften mit Befehlssätzen als Handlungsmaximen für den Herrn ausgedrückt bedeutet das anscheinend "Seien Sie selbstbewusst!", "Verbergen Sie nichts!", "Werden Sie nicht zu breit!", "Geben Sie sich leger!", "Bewahren Sie Haltung!" und "Haben Sie keine Hemmungen!". (Bitte nicht zu viel darüber nachdenken, es widerspricht sich hier einiges!) Darunter dann noch, wie ein Doppelreiher nicht zu tragen ist. Ganz köstlich.

Es folgt eine Geschichte über halbwegs erfolgreiche Jungunternehmer, ein Leitfaden wie sich Männer in einer Parfümerie orientieren können und noch ein bisschen mehr Informationen zwischen "leichte Unterhaltung" und Produktwerbung. All das ist immer noch die Rubrik "Stil". Die Lesenden fühlen sich gerade schon halbwegs in Ludenhausen angekommen, da kommt auch noch das exorbitante "Uhren-Special" inklusive Besinnungsartikeln von Menschen wie Max Herre und Götz Otto, die erklären warum genau sie genau diese Uhr… Noch gefühlte 20 Seiten Uhren, dann Schnaps. Das ist dann aber schon die Rubrik "Lebensart" – im Gegensatz zu "Stil", aha. Es folgen einige nur wenig kaschierte Geschenktipps für Früheinkäufer, dann…

… erklärt ein Evolutionstheoretiker, warum der Mensch ein "Sex-Streber" ist, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, die Sex für Energieverschwendung halten. Wie schön für den Playboy, dass die Herangehensweise an den Geschlechtsverkehr den Menschen zum Menschen macht, und nicht zum Beispiel das Hinterfragen-Können dubioser Thesen. Männliche Menschen bleiben nach dem Kinderzeugen bei ihrer Frau? Stimmt, Cem Özdemir zum Beispiel, naja, zumindest für sechs Wochen. Und weil Mann und Frau den Termin des Eisprunges nicht bemerken, müssen sie auch beisammen bleiben, um Fortpflanzung hinzubekommen? Das Buch des Spezial-Wissenschaftlers heißt tatsächlich "Warum macht Sex Spaß" – "Joy of Sex" hatte mensch ja schon, puh!

Es folgt ein "Flirt-Helfer", der paradoxerweise erklärt, wie mann ausgerechnet den Barkeeper zu seinem Verbündeten machen kann. Dem Autor dieser Zeilen hier fällt gerade auf, wie gut das Blatt das Ende der Tabak- und vor allem Whisky-Schaltungen alter Zeitrechnung überstanden hat. Endlich mal was zum Thema "Alkohol und Frauen" aber auch, endlich! Aber nicht vergessen: "Werden Sie nicht zu breit!".

Die Rubrik heißt ja auch "Lust" und bekommt allen möglichen Trash da reingepackt, bis der "Berater" einschreitet und Fragen be-entwertet. Schönste Frage: "Auf was für Typen stehen Frauen eigentlich?" Antwort (in Auszügen): "Sie sind zu perfekt. Das macht Frauen schnell misstrauisch. Sie fangen dann an herumzuanalysieren. (…) Machen Sie doch einmal das Experiment: Macho statt Gentleman." Genau, Frauen wollen sich überlegen fühlen, deshalb muss der Mann ein Schwein sein, oder Pirat vielleicht…

Dann noch eine Softpornostrecke, diesmal in Schwarzweiß und mit Fotoapparatfirma-Productplacement, etwas Kultur inklusive eines Interviews mit Leon de Winter ("Es sagt uns die DNA, wie wir uns zu verhalten haben, und zwar seit Zehntausenden von Jahren: Ab 13 möchten wir töten und vergewaltigen und Krieg führen, das ist, was wir in unserm tiefsten Innern wollen." – "Unsere Schulen sind nicht geeignet für Männer. Die können keine Kriege mehr führen(…), die Schulen sind perfekt geeignet für Mädchen, die sich benehmen." – "Israelische Raketen gegen arabische Schwänze: Darum geht’s."), Nick Cave’s Buch über einen Sexomanen ("Eine düstere Moritat"), Kiss ("haben alles richtig gemacht") und in der Schmuddelecke unter "Wiedergehört": "Bleach" von Nirvana ("Rotzigkeit", "verzweifelter Gesang"). Jetzt reicht’s aber so sachte! Okay, noch Woody Allen, Computerspieltipps, und ein "Schlusswort" über das Ende einer Beziehung ("Mich träfe überhaupt keine Schuld, sagten alle. Ich sei verführt worden. Ich hätte gar nicht gewusst, worauf ich mich einlasse. Ich war Deutschland, sie war Hitler. An unserer Theke ist eine Stimmung wie Ende Mai ’45. Alle sind schon immer dagegen gewesen, jetzt wo Adolf weg ist bzw. Ramona. (…) Und dann schreibt Ramona eine SMS. (…) Ich bin gerührt. Vielleicht auch nur besoffen. So eine SMS hat Hitler nicht geschickt, aber Vergleiche hinken immer. Ich guck demnächst die ganzen Dokus, in denen die Leute erzählen, wie die DDR nach dem Dritten Reich möglich war. Irgendwas muss ich meinen Jungs sagen, wenn Ramona wieder bei mir einzieht.") Keine Ahnung, welche Art neueR Partner/in dem Playboy zu wünschen ist.

Update: Grüne und SPD empört über Essener Kinderkessel

Der Innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, Karsten Rudolph, verlangt von NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP)parlamentarische Aufklärung über das Vorgehen der Polizei gegen eine Studentendemo in Essen. Und auch bei den Grünen in Berlin ist man empört.

Wie die Ruhrbarone berichtet hatten, wurden hier über 150 Studenten und 35 Kinder einkesselt und festgenommen. Allein die Kinder wurden frühzeitig aus dem Kessel entlassen, nachdem ihre Personalien festgestellt worden waren. Die Demo war friedlich. Nach Berichten von Augenzeugin ging von den Protesten gegen Studiengebühren und verschulte Unis keine Gewalt aus.

SPD-Innenpolitiker Rudolph sagte: „Es scheint, als würde gegen die Studenten offensiv vorgegangen, während es bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität an Initiative mangelt.“ Ein Kessel wie in Essen sei allenfalls gerechtfertigt, wenn „massive Ordnungswidrigkeiten“ festgestellt worden seien. „Man kann niemanden einkesseln, weil er bei rot über die Ampel geht.“ Das Vorgehen der Polizei erscheine hier „unverhältnismäßig“. Weiter sagte Rudoplh, man könne der Polizei sicher keine Vorwürfe machen. „Das Problem sind die Vorgaben der Landesregierung und des liberalen Innenministers Ingo Wolf.“

Rudolph sagte, er werde den Kesseleinsatz im Innenausschuss des Landtages zum Thema machen. Wolf müsse über das Vorgehen der Polizei Auskunft geben.

 

Auch der Essener Grüne-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring, in der Fraktion für Wissenschaftspolitik zuständig, findet die Stigmatisierung der Schüler und Studenten durch den Polizeieinsatz fragwürdig: "Die Streikenden pauschal als „linke Krawallos“ zu schikanieren und zu kriminalisieren ist definitiv der falsche Weg. Zwar war ich selbst nicht Augenzeuge der Essener Demo, habe aber in der Vergangenheit immer wieder feststellen müssen, dass die Verhältnismäßigkeit bei einer Einkesselung von Jugendlichen durch Polizeibeamte oft nicht gegeben ist." Klar ist für ihn allerdings auch: "Es gilt, sich an Regeln zu halten."

Gehring begrüßt gegenüber den Ruhrbaronen den Protest der Schüler und Studenten: "Die Schüler und Studierenden haben meine volle Unterstützung, wenn sie gegen die soziale Spaltung im Bildungssystem und gegen miserable Studienbedingungen protestieren. Wenn die Bildungsrepublik nicht zum Trauerspiel verkommen soll, dann müssen jetzt kluge Sofortmaßnahmen für bessere Studienbedingungen her. Bund, Länder und Hochschulen müssen einen "Pakt für Studierende" verabreden, der Studienplätze aufbaut, Bologna korrigiert, Studiengebühren überwindet und die Studienfinanzierung stärkt." Er findet es gut, dass Jugendliche politisch aktiv werden und sich für ihre Belange einsetzen und ihren Protest in die Öffentlichkeit tragen: "Dies ist ihr ureigenes Recht und zeigt zugleich: Jugendliche sind eben nicht unwillig, sich zu engagieren!"

Winnenden: Schützen sind zufrieden

Nach dem Schulmassaker von Winnenden drohten den Schützen massive Einschränkungen. Umgesetzt wurde von den Plänen kaum etwas – der Schützenverband freut sich nun über seine effektive Öffentlichkeitsarbeit.

Schützenbruder. Foto: Florian Seiffert / Flickr

Winnenden im März dieses Jahres: Ein ehemaliger Schüler der Albertville-Realschule tötet in seiner alten Schule 15 Menschen mit den Jagdwaffen seines Vaters. Elf weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Der Amokläufer, Tim K., entzog sich seiner Verhaftung durch Selbstmord.

Winnenden erschütterte – wieder einmal – die Republik. Schnell wurde der Ruf nach Verboten von Computerspielen laut, K. hatte am Abend vor der Tat Far Cry gespielt – aber auch die Schützen, denn die Morde begang K. mit den Waffen seines Vaters, einem Sportschützen, gerieten unter Druck: Zahlreiche Politiker forderten strengere Auflagen für die Schützen, um weitere Amokläufe zu verhindern: Keine Waffen mehr in den Privatwohnungen von Schützen, die Beschränkung des Sports auf Kleinkaliberwaffen und geringere Munitionsvorräte in den Häusern der Schützen sollten es künftigen Tätern schwerer machen, an die Mordwaffen zu gelangen. Auch die Eltern der Opfer wendeten sich mit einem offenen Brief an die Politik und forderten eher moderate Konsequenzen. Passiert ist wenig: Die große Koalition beschloss schärfere Kontrollen der Schützen und hob das Alter für Schießsport mit Großkalibern von 14 auf 18 Jahren an.

Regelungen, mit denen die Schützen gut leben können, wie sich in einer Pressemitteilung des Deutschen Schützenbundes zeigt. Die Opfer des Mordlaufs werden mit keinem Wort erwähnt, der Amoklauf mit 15 Toten wird zu einem Ereignis und am meisten bemitleiden sich die Schützen selbst:

"Nach den Ereignissen im Frühjahr diesen Jahres sah sich der viertgrößte olympische Spitzensportverband zahlreicher unsachlicher Angriffe ausgesetzt: „Wir mussten die Krisenkommunikation professionell managen“, sagte Jörg Brokamp. Dabei hätten sich vor allem erhebliche Diskrepanzen in der Außen- und Innenwahrnehmung des Verbandes gezeigt. Während Außenstehende den DSB häufig als einflussreichen Teil der Waffenlobby ansähen, fühlten sich nicht wenige verantwortungsvolle Sportschützen als „Prügelknaben der Nation“, angesichts der erneuten Verschärfungen des Waffengesetzes. 

Zugleich war ein bislang noch nie da gewesenes Interesse der Medien an schießsportrelevanten Themen zu beobachten. Fernseh- und Hörfunksender hätten den DSB geradezu überfallen und mit Interviewanfragen überhäuft. Dabei zahlte sich die Festlegung klarer Sprachregelungen aus: Während Pressesprecher Birger Tiemann die Medienvertreter mit Erstinformationen versorgte, konnten sich Präsident Josef Ambacher und Vizepräsident Jürgen Kohlheim um die mediale Nachsorge kümmern. 

Die Ergebnisse dieser Informationspolitik – festzumachen an den drei Größen Transparenz, Sachlichkeit und Information – seien nach Kohlheim durchaus zufriedenstellend: Das Waffengesetz wurde in einer unzweifelhaft schweren Zeit bei weitem nicht in dem Umfang verschärft, wie es viele Medienvertreter und Politiker anfangs noch gefordert hatten. Im Rahmen eines Ausblicks auf die zukünftig verstärkte Nutzung neuer und interaktiver Medien verwies Jörg Brokamp an dieser Stelle auch auf die neue Twitter-Seite des DSB (www.twitter.com/dsb_de), womit zukünftig noch schneller als bisher Kurznachrichten an alle Internetnutzer verschickt werden können. Dieses Angebot werde ab sofort die bewährten Informationswege wie DSB-Internetseite, Newsletter und Deutsche Schützenzeitung ergänzen. 

Als völlig indiskutabel bezeichnete Ambacher polemische und beleidigende Briefe und E-Mails, die von einer zahlenmäßig sehr kleinen Gruppe von Schützen massenhaft versendet worden seien und dem Ansehen des Schützenwesens erheblich geschadet hätten: „Das ist keinesfalls der Stil unseres bald 150 Jahre alten Verbandes!“."

Selbskritik? Eigene Vorschläge wie solche Taten nicht wieder vorkommen? Mitleid? Keine Spur. Die Pressemittteilung des Schützenbundes ist ein widerwärtiges Dokument menschenverachtender Selbstgerechtigkeit.

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Massenfestnahme nach Kessel

Über 150 Schüler und Studenten kesselte die Essener Polizei heute ein – darunter 35 Kinder.

Mit einer Massenfestnahme von 150 Studenten und Schüler löste die Essener Polizei gegen 14.30 Uhr den Polizeikessel am City-Center auf. Die Studenten wurden mit Linienbussen in die Polizeischule in die Norbertstraße in Essen Bredeney gebracht. Eine weitere Gruppe von 50 Studenten war parallel zur Demo in der Innenstadt zur Zentrale der CDU Essen gezogen – dort kam es nicht zu Festnahmen, gegen einen Studierenden soll die Polizei allerdings ermitteln. Von den 150 Studenten in der Poilizeischule nahm die Polizei die Personalien auf. Gegen sie werden nach Angaben der Polizei  Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gestellt. In dem Polizeikessel befanden sich nach Angaben der Polizei auch 35 Kinder, die allerdings nicht festgenommen wurden, sondern nach Festellung ihrer Personalien freigelassen oder ihren Eltern übergeben wurden.

Eine Redakteurin der Ruhrbarone wurde trotz Presseauasweis festgenommen, ist mittlerweile aber auch wieder frei.

Die Polizei begründete den Studenten- und Kinder-Kessel vor allem durch Eingriffe der Demonstranten in den Straßenverkehr: "Nach offizieller Beendigung durch den Veranstalter und die Polizei liefen mehrere hundert Demonstranten durch die Innenstadt. Es kam zu spontanen Straßenblockaden und Durchbrechungen von Polizeiabsperrungen, wodurch es zu gefährlichen Situationen für Autofahrer und den Demonstranten kam." Ganz Wagemutige könnten ja nun auf die Idee kommen, dass es die Aufgabe der Polizei gewesen wäre, den Verkehr so zu regeln, das die Schüler- und Studenten ihr Demonstrationsrecht hätten wahrnehmen können. Wolfgang Beus, Sprecher des Inneministeriums, das für die Polizei in NRW zuständig ist, wollte den Einsatz auf Anfrage nicht kommentieren: "Das entscheiden die Kollegen vor Ort." Er würde die Einzelheiten nicht kennen und könnte nicht beurteilen, ob das Verhalten der Beamten gerechtfertigt war oder nicht.

Die Proteste sind zur Zeit abgeflaut.

 

Praktizierte Kulturkriminalität

Nach Aussage von Marketing-Experten ist die Marke Coca-Cola heute rund 50 Milliarden Euro wert. Damit ist sie die weltweit wertvollste Marke für ein Industrieprodukt. Noch wertvoller ist die Marke "Made in Germany", der Barwert des dadurch auf den Weltmärkten erzielbaren und immer wieder erzielten Mehrerlöses für deutsche Exporte aller Art beläuft sich auf über 300 Milliarden Euro. Von unserem Gastautor  Walter Krämer

Leider hat noch kein Marketing-Experte den Wert der Marke "Diplom-Ingenieur" quantifiziert. Vermutlich kämen auch hier mehrere Milliarden Euro zusammen. Denn in jahrzehntelanger Aufbauarbeit haben deutsche Hochschulen und deutsche Hochschulabsolventen auf allen Weltmärkten einen mehr als ausgezeichneten Ruf für dieses Vorzeigeprodukt erworben – wenn sich in Rio de Janeiro, Kuala Lumpur oder Bangkok ein deutscher Diplom-Ingenieur und ein amerikanischer Master-Absolvent für einen Arbeitsplatz bewerben, wird in der Regel der deutsche Diplom-Ingenieur genommen.

Jetzt wirft man diese Marke ohne Gegenleistung für die zwei gesichtslosen und austauschbaren Micky-Maus-Grade Bachelor und Master weg. Jeder Verkaufschef eines gewinnorientierten Unternehmens würde wegen eines solchen Fehlverhaltens auf der Stelle entlassen. Aber deutsche Kultusbürokraten dürfen das.

Und nicht nur in den Ingenieurwissenschaften vernichtet das Verbot der bewährten Diplom-Studiengänge unermessliches Human- wie Sachkapital, das vermutlich erst von künftigen Generationen korrekt beziffert werden kann, von den sonstigen Nebenwirkungen der unseligen Bologna-Reform ganz zu schweigen. So hat etwa an meiner eigenen Fakultät Statistik an der TU Dortmund der Anteil der Studierenden mit Auslandserfahrung dramatisch abgenommen – nach Leuten, die etwa mit ERASMUS auch mal außerhalb der Landesgrenzen studieren wollen, muß man seit Bologna mit der Lupe suchen. Und auch anderswo wird die Mobilität der Studierenden durch die Zwangsamerikanisierung des deutschen Universitätsstudiums nicht größer, sondern kleiner, das Studium bis zu einem berufsqualifizierenden Abschluß wird nicht kürzer, sondern länger und die Akzeptanz der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt wird nicht besser, sondern schlechter. Das nenne ich Kulturkriminalität. Und es ist beschämend, wie wenig sich die deutsche Hochschullehrerschaft dagegen aufbäumt, wie rückgratlos man diesen Unsinn mitmacht und sich wieder einmal von ideologisch verblendeten Ministerialbürokraten und ein paar selbsternannten Hochschulreformern aus Gütersloh am Nasenring durch die Manege führen läßt.

Demonstierende Studenten und Schüler von den Polizisten eingekesselt

Etwa 200 Studenten und Schüler, die heute gegen Missstände im Bildungssystem demonstrierten, sind momentan von den Polizisten am Essener Porscheplatz eingekesselt. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Die Polizisten gehen teilweise brutal vor und bedrohen die Protestierenden durch Elektroschocker. Die nicht eingekesselten Studenten zeigen sich solidarisch: Sie organisieren Wasser und Brötchen für die Kommilitonen. Alle eingekesselten werden eine Anzeige bekommen, hat die Polizei verkündet. Dabei verhielten sich die Protestierenden während der Protestaktion friedlich.

Die Demonstration der Studierenden gegen die schlechten Studienbedingungen fing um zehn Uhr auf der Essener Campuswiese an. Einige Hunderte junge Menschen mit den Transparenten, Flyers und Kaffeebechern in der Hand traten von einem Fuß auf den anderen. Auf den handgemachten Plakaten stand: „Studiengebühren abschaffen“ und „Freie Bildung für alle“. Déjà vu? Vor fünf Monaten, am 17. Juni, gab es schon ein ähnliches Bild. Nur die Bäume auf der Wiese hatten mehr grüne Blätter. Vom Campus gingen die Studenten Richtung Innenstadt.

Die Demonstranten in Begleitung der Polizisten zogen sich durch die ganze Rottstraße. Am Kopstadtplatz machten sie den ersten Halt, hier schlossen sich die Schüler dem Protest an. Der Platz war so voll, dass keine Stecknadel zwischen den Demonstranten mehr zu Boden fallen konnte. Studenten und Schüler machten viel Lärm in der Essener Innenstadt. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“, riefen Hunderte junge Menschen im Sprechchor. Die Blechtrommler sorgten für den passenden Rhythmus. Mehrere Passanten zeigten sich neugierig und machten kurzen Stopp, schlossen sich der Demo jedoch nicht an.

Viele Bewohner schauten aus dem Fenster, als die breite Kolonne sich durch die Hindenburgstraße Richtung Hauptbahnhof zog. Vorne führte eine dunkle Gestalt mit dem Aufschrift „Bolognaprozess“ auf dem Seil die weiß bekleideten Angeklagten „Bachelor“ und „Master“ zur Hinrichtung. Ein Schüler mit einem roten Schal über den Hals, den seinen Namen nicht nennen wollte, ging etwas seitig von der Kolonne. „Die Klassen sind voll, die Lehrer sind überfordert. Ich bin in der zwölften Klasse. Wir hängen jetzt mit dem Stoff extrem hinterher. Wie soll es werden, wenn sie die Schulzeit noch verkürzen? Und wenn ich jetzt studieren möchte, muss ich teure Studiengebühren bezahlen. Das geht nicht“, sagte der Schüller und rannte plötzlich nach vorne, um seinen Kommilitonen Anweisungen zu geben.

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