Personalien bei der WAZ – führende Leute gehen

Wie ich gerade erfahren habe, verlassen mit Angela Gareis und Norbert Robers gleich zwei gute Leute die Zeitungen der WAZ-Gruppe. Sie haben gekündigt. Ein vielleicht bemerkenswerter Schritt in der Zeitungskrise.

Angela Gareis leitet derzeit noch das Berliner Büro der Gruppe. Robers war erst im vergangenen Jahr von der Oldenburger Nordwest-Zeitung als Ressortleiter Innenpolitik zur WAZ gestoßen, hatte dann aber bei einer Rocharde in der Redaktion den Tisch gewechselt und ging als Landeskorrespondent nach Düsseldorf. Beide wollten sich auf Nachfrage nicht zu den Gründen ihrer Kündigung äußern.

Aus dem Umfeld der WAZ-Gruppe wird allerdings kolportiert, dass zumindest Gareis sich im Streit um die WAZ-Verhältnisse vom Verlag getrennt habe. Bei Robers hätten auch persönliche Gründe für die Kündigung gesprochen. Weiter heißt es, Chefredakteur Ulrich Reitz habe noch versucht Gareis zu halten, letztlich aber erfolglos.

Die WAZ steckt derzeit in einem langen Umwandlungsprozeß, bei dem rund 300 Stellen abgebaut werden sollen. Zudem sorgen Aboeinbrüche für miese Stimmung in den Redaktionen: Nach Infos der taz haben die NRW-Zeitungen der WAZ-Gruppe gut zwei Monate nach Einführung des zentralen Content Desks in Essen rund 26.000 Exemplare im Vergleich zum Vorjahr verloren. Ein schlechtes Signal für die zentrale Führung.

Mehr zu den Entwicklungen in der WAZ im WAZ-Protestblog.

Munscheid war ein Familienbetrieb

Wenn Otto Bartsch an der großen Treppe im Arbeitsgericht an der Bochumer Straße in Gelsenkirchen steht, dann denkt er an sein altes Büro im ersten Stock. Da, wo heute über Streitigkeiten aus dem Berufsalltag entschieden wird, war vor vielen Jahren die Verwaltung des Gussstahlwerkes untergebracht.

„Nach dem Kriege bin ich in der Exportabteilung gelandet. Ich habe schon in der Handelsschule Englisch gelernt und habe dann bei den Amerikanern in der Verwaltung gearbeitet“, erinnert sich der 86jährige. „Dann war ich Auslandskorrespondent im Werk – und daraus ist dann später der Fremdsprachenkorrespondent geworden.“ 42 Jahre hat Otto Bartsch hier gearbeitet. Der Weg zum Industriekaufmann war für ihn nur über Umwege möglich. Nachdem er 1940 sein Lehre anfing, musste er zwei Jahre zum Kriegsdienst und kam erst 1947 aus der Gefangenschaft zurück. Seine Ausbildung konnte er erst ein Jahr später als 25jähriger beenden. Sein Arbeitgeber, das Gussstahlwerk Gelsenkirchen, auch Gelsenguss oder Munscheidwerk genannt, ist genau unter diesen Bezeichnungen noch heute in den Köpfen vieler Ückendorfer bekannt.

Das Werk gehörte über viele Jahre zu den größten Arbeitgebern, nicht nur im Stadtteil, sondern auch in Gelsenkirchen. Im Laufe der Jahrzehnte haben die Eigentümer mehrfach gewechselt und damit auch die Bezeichnungen für Gelsenguss. „Die einen arbeiteten bei Grillo und bei Krupp, wir haben eben bei Munscheid gearbeitet“, erzählt Otto Bartsch. „In den Hochzeiten waren über 2.000 Menschen hier an der Bochumer Straße beschäftigt“. Für die Menschen in Ückendorf war das Werk immer von großer Bedeutung. „Die meisten, die hier gearbeitet haben, kamen aus der unmittelbaren Umgebung und sind zu Fuß zur Arbeit gekommen“, sagt Otto Bartsch. „Wir hatten eine Kantine, und als die abgeschafft wurde, gab es gegenüber eine Gaststätte.“ Dort gingen viele Arbeiter nach der Schicht auch hin, um sich die Kehle anzufeuchten und „einen Deckel zu machen“. Das Werk an der Bochumer Straße bestimmte den Alltag im Stadtteil. Für die Mitarbeiter errichtete das Werk in Ückendorf viele Wohnungen, die von der Rheinelbe Wohnstätten verwaltet wurden.

Der heute nur noch in Resten für Alteingesessene erkennbare Bahnübergang der Rheinelbe-Bahn, die am Cramerweg die Bochumer Straße überquerte, führte oft zu einem Stau von Menschen und Fahrzeugen an dieser handbedienten Schranke. Anfangs waren es die Kohlenwagen der Zeche und Kokerei Rheinelbe, später die tiefliegenden Spezialwagen des Munscheidwerkes mit den wuchtigen Lasten stählerner Ungetüme, die von hier aus ihren weiteren Weg antraten. Unter schützenden Planen verließen Zahnräder, Polräder, Retorten, Walzenständer von ungewöhnlichen, mehrfach mannshohen Ausmaßen das Werk. Drei Siemens-Martin-Öfen und umfangreiche mechanische Werkstätten bildeten mit den Stahlgießereibetrieben das Munscheidwerk. Die Stahlgießerei, produzierte in der Regel keine großen Serien. Es wurde nach Kundenwünschen gearbeitet, und der wichtigste Kunde war eine dänische Maschinenbaufirma. Der geschmolzene Stahl kam in Pfannen und wurde dann in die Formerei gefahren. Dort wurde nach Holzmodellen eine Form erstellt, in die der Stahl hineinfloss. Es wurden Zahnräder mit einem Durchmesser von bis zu neun Metern produziert. Geliefert wurde in die ganze Welt von Valparaiso in Chile bis nach Kobe in Japan. Im Jahr 1984 war dann Schluss, und das Werk wurde geschlossen. „Das Gussstahlwerk war sozusagen ein Familienunternehmen, in dem ganze Generationen vom Großvater bis zum Enkel gearbeitet haben. Bei den ersten Umsetzungsmaßnahmen habe die Leute teilweise noch gefeilscht, um ein oder zwei Wochen länger hier bleiben zu können“, erklärte der letzte Betriebsratsvorsitzende Friedhelm Dörmann damals. Heute ist in das ehemalige Verwaltungsgebäude ein Gericht eingezogen, und dort, wo einst Zahnräder produziert wurden, steht jetzt der Wissenschaftspark.

3 für 7 – Ausgehtipps am Dienstag

Eine alte Regel besagt, dass man über das Meiste eigentlich nichts sagt. Und wer dies vage verstanden hat, der und die lässt dann umso lieber auch einmal Themen unter den Tisch fallen. Manchmal weiß die Leserschaft dann sogar, was jetzt eben nicht erwähnt wird und freut sich mit. Das macht dann Spaß. Für diese Mitwisser können dann im Text noch unauffällige Andeutungen versteckt werden, diese für den lesbaren (!) Kontext im Grunde unwichtigen kurzen Abschweifungen vom ansonsten eher faktisch gehaltenen Stil. Andererseits müssen ja auch einfach drei irgendwie gute, irgendwie wichtige, irgendwie interessante oder irgendwie "bewusste Erwähnung"s-hafte Themen her, denn ohne geht ja diese Rubrik auch nicht, nicht wahr? Diesmal erwischt es: Ekamina, Off Limits, Bochumer Musiksommer.

Ekamina ist eine eher am Behaglichen orientierte, Sitzpublikum favorisierende, zwischen Kleinkunst und intimen Konzerten angesiedelte Reihe im Hafenschätzchen Sissikingkong in Dortmund. Neun Jahre gibt es diese Reihe heuer schon, und dazu gibt es ein Überraschungsprogramm mit vielen Künstlerinnen und Künstlern, die regelmäßig bei diesem Veranstaltungsoriginal auftreten. Herzlichen Glückwunsch!

Off Limits ist das Internationale Tanz- und Theaterfestival derselben Stadt, macht also einen größeren Bahnhof inklusive Grußwort, Symposium, Freunden und Förderern, bringt dafür aber auch Edles von internationalen Bühnen auf die hiesigen Bretter, so z.B. Datscha Live (Foto: Off Limits), eine Kontinente übergreifende musikalische Annäherung an Garten- und Gärtnerkultur, die A2 Company aus London und mit "Choreographic Captures" auch den Versuch, die Ästhetik des Werbefilms mit Mitteln der Performancekunst auf dessen eigenem Terrain zu überwinden. Off Limits sucht teils noch aktive Teilnehmer. (Siehe Homepage.)

Der Bochumer Musiksommer hingegen versucht sich so sachte als alternatives Stadtfest zum Rock- und Bierprogramm der Total-Konkurrenz zu etablieren und führt dazu durchaus ähnliche, aber auch ganz andere ähem Acts ins Feld: Musikschulenorchester hier, Szene-DJs da, alles Eigengewächse der Stadt großteils, und dann auch Namen wie Ganz Schön Feist, Hauschka, Mathias Schaffhäuser, Näd Mika, Tommy Finke und … räusper … Jamirolike. Sollte auf jeden Fall erwähnt sein.

Neun Jahre Ekamina beginnt am Dienstag um 21 Uhr.
Off Limits geht von Donnerstag bis Sonntag.
Der Musiksommer in Bochum auch.

 

Schlammschlacht in Unna. Jasperneites Ehe-Waterloo

Wilhelm Jasperneite will für die CDU Landrat im Kreis Unna werden. Deswegen hat er eine Internetseite gemacht. Darauf stellte er sich als "alleinerziehender Vater" vor. Den Menschen im Ruhrgebiet könnte Jasperneite nicht nur als Unnaer Lokalpolitiker bekannt sein, sondern auch als EX-Fraktionschef der CDU im damaligen Kommunalverband Ruhr. Hier versuchte er von der Politikerseite auf den Chefsessel der Abfallgesellschaft Ruhrgebiet (AGR) zu wechseln – was aber mißlang. Danach wurde Jasperneite nach und nach im Revier entmachtet und musste sich nach Unna zurückziehen. Wie dem auch sei: die Worte "alleinerziehender Vater" im Online-Lebenslauf von Jasperneite erzürnten seine Ex-Frau. Sie holte nun mitten im Wahlkampf zum Gegenschlag aus. Auf der Seite irmgard-jasperneite.de beschreibt sie detailliert, wie Jasperneite sie verlassen hat und mit den drei Söhnen alleine Zuhaus zurücklies.

Seit dem 22.04.2003 hat sich mein Leben ganz plötzlich grundsätzlich verändert. Das war der Tag, bzw. der Abend an dem mein Ehemann mir mitteilte, dass er beschlossen habe sich von mir zu trennen und auszuziehen. Im Juni zog er dann aus und ließ mich mit unseren Söhnen in unserem Haus zurück."

Frau Jasperneite ist sauer drüber, dass ihr Mann versucht, auch noch aus der Trennung heraus politisches Kapital zu schlagen. Sie beschreibt, wie sich ihr Mann, der Politiker, nicht um die Kinder kümmerte, sie den Haushalt schmiss und dann verlassen wurde.

Unseren ältesten Sohn bekam er fast nur an den Wochenenden zu Gesicht, da er neben seiner beruflichen Tätigkeit vier Jahre lang eine Abendschule besuchte. Auch die Kleinkinderzeit unseres zweiten Sohnes konnte er nur begrenzt miterleben, da ihn Beruf und Abendschule stark beanspruchten. Anschließend ging er wieder seinem Beruf nach und engagierte sich stärker in der Politik, so dass ihm sehr wenig Zeit für seine Familie blieb. Er konnte sich völlig auf mich verlassen, was die Betreuung unserer Kinder und des Haushaltes betraf. So ging unser Leben weiter bis zu dem besagten Tag im April 2003, an dem sich unser Leben grundlegend änderte. Etwa vier Jahre lang lebte ich mit unseren Söhnen allein in unserem Haus."

Erst als sie 2007 wieder in ihre Heimatstadt gezogen sei, wären die Söhne zum Vater gezogen. Sie seien aber alle erwachsen und müssten nicht mehr erzogen werden. Es könne also keine Rede davon sein, dass Jasperneite "alleinerziehender Vater" sei.

Als Grund für ihre Darstellung gibt Frau Jasperneite an, sie wolle ihre Gefühle deutlich machen:

Ich schreibe diese Klarstellung, weil ich als Mutter der drei Kinder auf seiner Homepage überhaupt nicht vorkomme und man den Eindruck haben könnte, als seien ihm die Söhne vom Klapperstorch vor die Tür gelegt worden. Alle drei Söhne (es sei noch einmal hervorgehoben: Sie sind alle im Erwachsenenalter) haben eine Mutter – die über ihr Nichtvorhandensein in der Vita des Landratskandidaten bestürzt ist. Ich betrachte es als eine Beleidigung und eine Unverschämtheit, dass meine 25-jährige Familienarbeit überhaupt nicht erwähnt und gewürdigt wird, und dass diese Seiten den Eindruck erwecken, als hätte er unsere Kinder allein großgezogen und alles aus eigener Kraft geschafft."

Jasperneite hat mittlerweile die Worte "alleinerziehender Vater" von seiner Seite gelöscht. Stattdessen steht dort nun:

1981, 1984 und 1988 wurden seine Söhne Michael, Daniel und Jonas geboren, die für den Familienmenschen Jasperneite der wichtigste Teil seines Lebens sind"

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FDP droht neuer Finanzskandal im Internet

Der FDP droht ein neuer Finanzskandal. Erstaunlich, oder? Man sollte meinen die Partei sei nach dem Möllemann-Debakel vor dubiosen Finanzierungen gefeit. Weit gefehlt. Aktuell geht es um eine Videowerbekampagne der Herren Fricke & Solms im Internet. Diese verstößt nach Ansicht des renommierten Parteirechtlers Martin Morlok gegen das Parteienfinanzierungsgesetz. Denn die FDP finanziert die Werbespots für Fricke & Solms nach eigenen Angaben aus der Kasse der Bundestagsfraktion. Morlok meint, das dürfe nicht sein, denn aus der Fraktion dürfe nur die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion bezahlt werden, keine Parteien und Personenwerbung. Im Extremfall drohen Rück- und Strafzahlungen in unbekannter Höhe.

Fricke & Solms sind Vormänner der FDP Bundestagsfraktion. Hermann Otto Solms ist finanzpolitischer Sprecher und Otto Fricke Vorsitzender des Haushaltsausschuss des Bundestages. In den Spots Fricke & Solms, die vor allem über Youtube verbreitet werden, machen die beiden Sympathiewerbung. Sie versuchen das Wahlprogramm in netten kurzen Einspielungen komisch zu erklären. Ob das gelungen ist oder nicht, sollte jeder selbst beurteilen. Die Allgemeinheit geht aber an, wie die Spots finanziert werden. Denn nach Angaben der Pressestelle der Bundestagsfraktion wurden die Spots aus Fraktionskassen und damit aus Steuergeldern bezahlt.

Wie Professor Morlok von der Uni Düsseldorf erklärt, darf das nicht sein. Die strengen Regeln für den Umgang mit Steuergeldern würden vorsehen, dass nur die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion aus Steuern bezahlt werden darf – und keine Sympathiewerbung für Fraktionsmitglieder und keine Parteiwerbung.

Morlok sagte den Ruhrbaronen: „Wir haben hier den glasklaren Fall von Sympathiewerbung für Fricke und Solms. Zudem wird allein das Programm der FDP beworben. Die Fraktion taucht nur kurz im Anhang des Spots auf. Das ist unerlaubte Werbung.“

Tatsächlich scheint die Fraktion, außer Geld zu geben, nicht viel für den Spot gemacht zu haben. Unter dem Titel: „Insel der Erkenntnis (FDP-Steuermodell)“ dreht es sich allein um die Steuerideen der FDP. Von der Arbeit der Fraktion ist nicht die Rede. Dafür darf sich Solms als Eisverkäufer profilieren. Auch im Spot „Fricke&Solms auf Bundesparteitag in München (Steuerkonzept)“ dreht es sich um alles Mögliche, nur nicht um die Fraktionsarbeit.

Produziert wurde zumindest der Spot Insel der Erkenntnis laut Abspann von einer Firma Universum Verlag GmbH. Das Unternehmen kümmert sich seit längerem um die FDP-Auftritte im Internet. Für die FDP in NRW konzipierte die Firma den neuen Internetauftritt. Auch hier scheint die Finanzierung aus Fraktion und Partei vermischt zu sein. Zumindest heißt es in der Präsentation der Firma: „Das neue FDP-Info-Portal wird getragen vom FDP-Landesverband und der FDP-Landtagsfraktion“.

Die FDP-Bundestagsfraktion jedenfalls lässt in einer Stellungnahme an die Ruhrbarone mitteilen, die Reihe "Fricke & Solms" werde von der FDP-Fraktionspressestelle betreut und hergestellt, "die Inhalte werden von uns selber ohne Kreativagentur oder sonstige externe Ideengeber entwickelt. Für Filme, die wir nicht mit eigenen Geräten (handelsübliche Amateurgeräte und Software) selber drehen und schneiden können, haben wir einen Rahmenvertrag mit einer externen Produktionsfirma.“

Zu der Finanzierung will ein Sprecher der Fraktion lieber nichts konkretes sagen. Stattdessen antwortet er ausweichend: „Sämtliche Ausgaben der FDP-Bundestagsfraktion werden in regelmäßigen Abständen vom Bundesrechnungshof geprüft. Den Fraktionen des Deutschen Bundestages ist es untersagt, Wahlwerbung zu machen. An dieser Vorgabe, die übrigens ebenfalls regelmäßig vom Bundesrechnungshof kontrolliert wird, richten wir unser gesamtes Informationsangebot konsequent aus.“

Nun ja, man wird sehen, ob sich der Rechnungshof bald mit den Spots "Fricke & Solms" auseinandersetzen wird. Ähnliche Fälle gab es jedenfalls schon. Die CDU in Rheinland-Pfalz beispielsweise kam in Turbulenzen, als bekannt wurde, dass der CDU-Landeschef und Fraktionschef Christoph Böhr Geld aus den Fraktionskassen umgeleitet hat, um für sich selbst Werbung zu machen. Die rheinland-pfälzische CDU hatte nämlich anlässlich der Fußball-WM 1998 eine mit Fotos ihres Landesvorsitzenden Böhr gespickte Broschüre herausgegeben und diese je zur Hälfte aus den Kassen von Landespartei und Landtagsfraktion bezahlt. In der WM-Broschüre mit dem Titel "Nix Politik, Fußball!" hatte sich Böhr als glühender Fan des Spiels präsentiert. Den Anteil der Fraktion an der Broschüre in Höhe von 33 745,26 Euro wertete das Berliner Verwaltungsgericht als "unzulässige Spende" an die Partei. Fraktionen dürften laut Gericht nämlich das Geld, das ihnen vom Staat zur Verfügung gestellte wird lediglich zur Wahrnehmung eigener Aufgaben einsetzen, nicht aber für die hinter ihnen stehenden Parteien.

Weiter stellten die Berliner Richter fest, dass die Fußballbroschüre keinerlei Bezug zur Arbeit der Fraktion gehabt habe. Stattdessen habe es sich um eine „reine Sympathiewerbung“ für Böhr gehandelt. Damit habe die CDU gegen das Parteiengesetz verstoßen. Als Strafe verlangten die Richter in ihrem Urteil von der CDU, dass sie den dreifachen Betrag der erhaltenen Spende zurückzahlt.

Was ab Montag kommt…

Am Sonntag ist Kommunalwahl in Nordrhein Westfalen und wohl noch nie lohnte sich die Lektüre der Wahlprogramme so wenig wie in diesem Jahr. Es ist Kuschelzeit – nicht nur im Bund sondern auch in Städten.

Menschlich, Nah, Mutig – es ist viel gewitzelt worden über die oberflächlichen und belieben Versatzstücke mit denen die Parteien im Moment um Wähler werben. Auch die Programme machen nicht viel her – sie sind voller Wünsche und Pläne, die alle längst Makulatur sind, denn in den kommenden Jahren werden die Städte spoaren müssen, egal wer sie regiert. Angesichts der Haushaltslage in den Städten ist es mutig sich überhaupt zu bewerben, denn auf  diejenigen, die ab Montag die Verantwortung tragen werden, kommen harte Zeiten zu.

Nicht nur dass die Gewerbesteuer in den Städten im ersten Quartal dieses Jahres um gut ein Drittel gesunken sein dürfte, um sich nun längere Zeit auf diesem niedrigen Niveau zu halten, auch vom Land werden über 250 Millionen Euro weniger an die Städte zugeteilt werden. Auch in Düsseldorf hat man kann kein Geld mehr. Und durch die steigende Arbeitslosigkeit werden die Kommunen schon bald deutlich mehr für Soziales ausgeben müssen.

Die spannende Frage im Wahlkampf wäre also gewesen: Wer will wo sparen? Wie sehen die Konzepte aus, die Städte wieder handlungsfähig zu machen? Darüber erfahren wir nicht allzu viel. Man spricht gerade im Wahlkampf ungerne über die unschönen Dinge im Leben, denn dem Wähler traut man nicht zu, die Wahrheit zu ertragen.

Aber ein paar Sachen kann man ahnen: Die Politik wird versuchen die kommunalen Unternehmen so lange zu halten wie sie kann – sie sind für die Parteien als Postenreservoir für verdiente Mitglieder viel zu wichtig, als dass sie sie leichtfertig aus der Hand geben werden. Auch an die RWE-Aktien wird man sich klammern. OK, im Moment ist der Kurs so niedrig, dass sich ein Verkauf oftmals nicht lohnt, aber das könnte sich ja in ein paar Jahren ändern.

Also wird  es Steuererhöhungen geben: Bottrop hat heute schon einen ebenso hohen Gewerbesteuerhebesatz wie München – der RP in Münster aht die Stadt angesichts ihrer Haushalstmsisere zur Steueranhebung gezwungen. Andere Städte werden bald folgen – für die Wettbewerbsfähigkeit des Reviers ein Rückschlag. Und die Gebühren werden steigen: Ob Kindergarten, Stadtbücherei oder Abwasser – die Städte werden zugreifen wo sie können.

Und es wird auch die Stunde der städtischen Töchter schlagen: Sie werden mehr ihrer Gewinne  abführen müssen. Das wird, zum Beispiel bei Stadtwerken, zu Preiserhöhungen und Kundenverlusten führen. Und die Städte werden sparen: Prestigebauten wie das Konzerthaus Bochum werden nicht mehr gebaut – oder auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Oft wird es nur noch um Gesichtswahrung gehen. Auch die Kultrurhauptstadt wird es treffen.

Grob zusammen gefasst: Wir werden für deutlich schlechtere kommunale Leistungen deutlich mehr bezahlen.

Was die Städte tun könnten? Sie könnten sich zu einem güsntigen Zeitpunkt von Unternehmensbeteilgungen trennen, sie könnten anfangen, Aufgaben vermehrt gemeinsam zu erledigen und so mittelfristig Personal einsparen. Sie könnten ihren Wohnungsbestand verkaufen – gerne mittels Genossenschaftsmodellen an die Mieter.

Und wir müssen darüber nachdenken ob es wirklich über 50 Städte und Gemeinden und mehr als ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen für knapp über 5 Millionen Menschen sein müssen. Der Preis für diese Wasserköpfe sind hohe Ausgaben und immer schlechtere städtische Leistungen für uns alle.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Opel I: Will GM Opel behalten?…FTD

Opel II: Opelaner wollen demonstrieren…Handelsblatt

Opel III: Sie mögen scheitern…Weissgarnix

Medien: Offener Brief an DuMont…Tagesspiegel

Anlage: Der gute Banker von Bochum…FAZ

Gamescom: Im Westen nicht Neues…4Players

Kommunalwahl: Anschleichen auf roten Socken…FR Online

Ruhr2010: Volksfest im Winter…Westfälische Nachrichten

Kommunwahl II: Dortmunder Opposition wittert Betrug…Der Westen

Demo: Werben für "Freiheit statt Angst"…Netzpolitik

LEG: Mieter sind sauer…Ruhr Nachrichten

Apple: Der Schneeleopard kommt…Macnotes

Kommunalwahl III: AUF die Fresse…Gelsenkirchen Blog

Kommunalwahl IV: Generationswechsel in vielen Rathäusern…Ruhr Nachrichten

Kommunalwahl V: Kandidaten beurteilen Bewerber…Zoom

Krise: Gedanken zur Inflationserwartung…Verlorene Generation

Kommunalwahl VI: Was auf der Straße zählte…Der Westen

Nahverkehr: Kein VRR-Ticket am Rhein…Der Westen

Kultur: Ausstellung zum demographischen Wandel…Hometown Glory

Kommunales Debakel um Rot-Weiss-Essen Stadion. Staatsanwaltschaft prüft Verfahren gegen OB Reiniger (CDU)

OB Reiniger (CDU und 2. vr) läßt sich bei Rot-Weiß Essen feiern. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft Essen Ermittlungen in der Causa "Volkseigener Kickerclub" Foto: Stadt Essen

Der Wahlkampf in Essen wird in der letzten Woche spannend. Es geht um den Neubau des Georg-Melches-Stadion, Millionenzahlungen an Unternehmen aus dem Umfeld eines zwielichtigen Ex-Filmrechtehändlers, satte Beraterhonorare für den ehemaligen Fußballprofi Thomas Strunz und ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den Essener Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger.

Die Geschichte beginnt in der Essener City. Hier wurde in den vergangenen Jahren die Philharmonie gebaut, hier wurden Theater und die schönen Künste gepäppelt. Ein Erfolgsreigen für die schwarz-grüne Koalition in der zukünftigen Kulturhauptstadt Europas.

Doch nach all den Segnungen für die Hochkultur fragten sich die Verantwortlichen von CDU und Grünen, ob das genug ist, um die Wahlen in einer Arbeiterstadt zu gewinnen, wie ein Kenner der Essener Politik berichtet. Eine neue Idee kam auf: im armen Essener Norden sollte das marode Stadion des Fußballclubs Rot-Weiß Essen saniert werden, damit die kleinen Leute was bekommen, auf das sie stolz sein können. Lange vor der Kommunalwahl startete also das Projekt Arena. Bevollmächtigter des Vorhabens wurde im Namen von Oberbürgermeister Reiniger Stadtdirektor Christian Hülsmann.

Zunächst sieht alles nach einem Erfolg aus. Am 8. August – pünktlich zur heißen Phase des Wahlkampfes – feierte Reiniger vor der Lokalpresse in der Hafenstraße den „Anstoß“ für die neue Arena. Bei der Zeremonie sagte der CDU-Politiker, nach dem Sturz in die Viertklassigkeit habe die Stadt „das Heft in die Hand“ nehmen müssen. Reiniger sagte, die Stadt werde insgesamt 24 Mio Euro für das Stadion zahlen. Dies sei ein „Beitrag zur sozialen Symmetrie in unserer Stadt”.

Tatsächlich aber war zum Zeitpunkt des Anstoßes nichts in trockenen Tüchern. Im Gegenteil: die gesamte Finanzierung des Stadionbaus ist ungewiss. Mir liegen interne Dokumente der Stadt Essen vor. Aus den Papieren lässt sich lesen, mit welchen Manövern die Verantwortlichen um Reiniger und Hülsmann versuchen, das Projekt durchzuboxen.

Denn bevor die Stadt überhaupt an den Stadionbau gehen konnte, musste zunächst der Fußballverein Rot-Weiß vor der Pleite gerettet werden. Auf dem Club lastete im Frühjahr eine Schuldenlast von rund 11 Mio Euro. Der Verein konnte seine Rechnungen kaum bezahlen. Eine Insolvenz stand unmittelbar bevor.

In einer Notrettung kaufte die Stadt Essen zunächst über ihre Grundstücksverwaltungsgesellschaft GVE ein Darlehen der MK Medien Beteiligungsgesellschaft an den Fußballclub auf, das dieser nicht zurückzahlen konnte. Die MK Medien wurde dabei von Michael Kölmel vertreten. Dieser Mann ist nicht unbekannt. Er hatte den Filmrechte-Konzern Kinowelt gegründet und spektakulär in die Pleite geführt. Kölmel saß vorübergehend in Untersuchungshaft und wurde schließlich wegen Untreue und Insolvenzverschleppung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monate sowie einer Geldstrafe von 326.000 Euro verurteilt. Die Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Mit dem Darlehen übernahm die GVE Schulden von Rot-Weiß Essen an die MK Medien in Höhe von 7,5 Mio Euro. Dafür verpflichtete sich die GVE insgesamt 3,5 Mio Euro an die MK Medien zu zahlen. Zusätzlich kaufte die städtische Tochter für insgesamt 3,2 Mio Euro Rechte und Darlehen von der Marketinggesellschaft des Fußballvereins. An der Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls die MK Medien von Michael Kölmel beteiligt. Damit hatte die Stadt Essen Schulden des Fußballclubs Rot-Weiß Essen in Höhe von insgesamt rund 10 Mio Euro übernommen. Diese Darlehen wurden bislang nicht eingetrieben, sondern stehen als wertlose Forderungen in den Büchern der GVE.

Doch auch das reichte noch nicht aus, um den Verein zu retten. Um die Lizenzbedingungen des Deutschen Fußballbundes zu erfüllen, übernahm die Stadt zusätzlich eine 49-Prozent-Beteiligung an der Profiabteilung des Clubs und die Mehrheit an der Marketinggesellschaft.

(Anmerkung: Die gestrichene Passage habe ich – wie von Herrn Hülsmann unten beschrieben – nicht ganz richtig dargestellt. Die GVE hat die Vermartungsrechte von RWE weitgehend übernommen und will die Mehrheit an der Marketingsgesellschaft übernehmen. In der entsprechenden Aufsichtsratsvorlage der GVE heißt es wörtlich: "Die Vermarktung des Lizenzspielerbereichs soll künftig durch eine Vermarktungsgesellschaft erfolgen, an der mehrheitlich die GVE beteiligt sein wird und die auch die Vermarktung des neuen Stadions aus einer Hand übernehmen soll:")

Damit soll offiziell die Verwendung der städtischen Gelder überwacht werden.

Im letzten Schritt schließlich wollte die Stadt dafür sorgen, dass ein Profi den Club in die sportliche Zukunft führt. Aus diesem Grund stimmte sie der Berufung von Thomas Strunz zum sportlichen Direktor zu. Zum Anreiz bekam der Ex-Kicker von Bayern München einen Beratervertrag mit der städtischen Tochter GVE in Höhe von 80.000 Euro, wie die Stadt bestätigt. Dafür sollte Strunz das Unternehmen bei den Umbaumaßnahmen des Stadions beraten. Angeblich bestand sein Beitrag vor allem darin, vom Bau von Entmüdungsbecken in der Gästekabine abzuraten, wie aus dem Aufsichtsrat der GVE kolportiert wird.

Damit schien die Rettung des Vereins gelungen. Der DFB erteilte eine Lizenz. Bleibt die Finanzierung des Stadionbau selbst. Und ausgerechnet hier tauchen neue Probleme auf. Eigentlich solle der Handelshof Essen, eine Immobilie in bester städtischer Lage, von der GVE für 20 Mio Euro verkauft werden, um den Stadionbau zu bezahlen. Allerdings scheint dieser Deal zu floppen, da das Gelände aus einem Cross-Border-Geschäft heraus belastet ist. Essen hatte die U-Bahnen unter dem Handelshof an einen amerikanischen Investor verkauft. Dieser müsste nun angeblich dem Deal zustimmen – und tut es bislang nicht.

(Anmerkung: Kann ja sein, dass der Investor irgendwann zustimmt. Deswegen muss man das hier weicher fassen.)

Was bleibt, gleicht einem Desaster. Die Stadt Essen hat unter Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger die Verantwortung für den Verkauf von Fanschals und die Bezahlung von Fußballprofis übernommen. Zudem wurde ein Ex-Profi-Kicker mit einem satten Beratervertrag ausgestattet, an dessen Berechtigung es erhebliche Zweifel gibt – ohne eine stabile Finanzierung des neuen Stadions vorweisen zu können.

Die Staatsanwaltschaft Essen bestätigt, dass eine Anzeige gegen Reiniger und die Verantwortlichen der GVE eingegangen es. Es werden nun offiziell staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue geprüft.

Im Namen der Stadt Essen will Stadtdirektor Hülsmann die Informationen auf Anfrage bis Dienstag kommentieren. Ich bin gespannt.

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Das Opel-Orakel

Kein A. rsch weiß, wie es weitergeht mit dem deutschen Autobauer. Sicher ist nur, dass sich Bund, GM und die Opel-Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und NRW in dieser Woche wieder zusammen setzen wollen. Der GM-Verwaltungsrat hat sich jedenfalls immer noch nicht entscheiden, wer den Laden kriegen soll. In Detroit sollen sie sogar überlegen, Opel in Eigenregie zu sanieren. Oder kriegt BILD-Geheimfavorit Ripplewood den Zuschlag? Oder der Politik- und Gewerkschaftsdarling Magna? Oder Insolvenz? Fragen wir am besten mal das Youtube-Orakel. Demnach kommen die Verhandlungen kaum von der Stelle, drehen sich ganz schön im Kreis, klick.

Drogengerüchte um UBP Kandidat

Die Unabhängige Bürgerpartei (UBP) versucht mit Angst vor Kriminellen
und Migranten im nördlichen Ruhrgebiet Stimmen zu sammeln. Um einen
Ihrer Kandidaten gibt das Gerücht, er hätte in seiner Jugend mit Drogen
gehandelt. Beweisen kann das niemand.

2009 ist das Jahr, in dem rechtspopulistische Parteien versuchen in der Breite in die Kommunalparlamente Nordrhein-Westfalens einzuziehen. Jenseits der plumpen Parolen von NPD und DVU versuchen sie durch betont bürgerliches Auftreten und das betonen von Anstand, Sitte und Gesetzestreue Zweifel an ihrer politischen Ausrichtung zu zerstreuen.
Die bekannteste dieser Parteien ist Pro NRW. Sie ist das Projekt des ehemaligen Republikaners Marcus Beisicht und wird neben Köln, wo sie bereits im Rat vertreten ist, auch in über 30 anderen Kommunen zur Wahl antreten. Mit dabei ist Gelsenkirchen, wo mit Kevin Gareth Hauer ein ehemaliger Republikaner versucht, mit Angst vor Kriminalität und Migranten Stimmen zu sammeln. Bei der Landtagswahl im kommenden Jahr will Pro NRW in den Düsseldorfer Landtag einziehen.

Doch längst ist Pro NRW im politischen Marktsegment der Rechtspopulisten nicht mehr alleine. Mit der Unabhängigen Bürgerpartei (UBP) ist der Partei zumindest im nördlichen Ruhrgebiet ein ernst zu nehmender Konkurrent erwachsen. Hier, wo die Arbeitslosigkeit hoch und die Zukunftsaussichten schlecht sind tritt die UBP an.

Gegründet wurde die Partei von ehemaligen Hertener CDU-Mitgliedern. Einige von Ihnen waren 2004 noch als Kandidaten der Sozialen Bürger Partei in den Hertener Rat eingezogen. Heute tritt die UBP auch in Marl, Dorsten, Recklinghausen, Castrop-Rauxel sowie Dorsten an und bewirbt sich für den Kreistag in Recklinghausen.

Bereits seit 2004 sitzt der UBP-Mann und Ex-Junge Union Politiker Borsu Alinaghi im Kreistag sowie im Hertener Rat. Unter den Führungskräften rechtspopulistischer Parteien nimmt Alinaghi eine Sonderstellung ein. Der Sohn eines persischen Arztes setzt sich für eine besonders harte Linie gegen Straftäter ein – vor allem wenn sie einen Migrationshintergrund haben. Und Kinder, die beim Schulantritt kein Deutsch kennen, sollen auf die Sonderschule abgeschoben werden.

Alinaghi erweckt den Anschein eines Saubermannes, dem der Sinn nach Recht und Ordnung steht. Werte, die im seinen eigenen Leben allerdings keinen hohen Stellenwert zu haben scheinen. Immer wieder kommt das Rats- und Kreistagsmitglied selbst mit dem Gericht in Kontakt: Er wurde bereits wegen Diebstahl und wegen Körperverletzung gegen ein Kind belangt.

Allein diese beiden Verurteilungen reichen in einer normalen Partei aus, um eine Laufbahn zu beenden – in der angeblichen Law & Order Partei UBP offensichtlich nicht.

Nun macht in Herten ein Gerücht die Runde, das für Alinaghi unangenehme Folgen haben dürfte, sollte es sich als wahr erweisen: Etliche Hertener Politiker, weit über den Kreis der politischen Gegner Alinaghis hinaus, berichten davon, das Alinaghi Anfang der 90er Jahre wegen Drogenhandels zu  einem dreiwöchigen Jugendarrest verurteilt wurde. Damals noch als Mitglied der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU.

Auch ein Job beim Paketdienst UPS soll ein gerichtliches Nachspiel gehabt haben.

Zitieren lassen mit den Vorwürfen will sich allerdings niemand – und auch an das genaue Jahr der angeblichen Verurteilung will sich niemand mehr genau erinnern. "Es muss so 1992 gewesen sein“, erinnert sich ein Hertener Kommunalpolitiker.

Es heißt, die damalige CDU-Spitze habe über die Vorfälle den Mantel des Schweigens legen wollen. Die angeblich drei Wochen in einer Jugendarrestanstalt seien parteiintern als Urlaub dargestellt worden, heißt es weiter.

Beweise? Fehlanzeige. Die Ruhrbarone haben versucht, den Anschuldigungen nachzugehen. Allerdings konnten bislang keine Dokumente gefunden werden, die eines der Gerüchte bestätigen. Nachfragen bei Behörden und einem damals zuständigen Richter wurden zudem abgewiesen.

Dies bedeutet, dass es sich bei den Geschichten um den angeblichen Arrest auch um böse Gerüchte handeln kann, die bewusst von politischen Gegnern gestreut werden, um den Wahlkampf anzuheizen. Denn beliebt war der Rechtsausleger Alinaghi in Herten noch nie. Schon als Jugendlicher, sei er ein "Demagoge" gewesen, der auf die Hilfe seines wohlhabenden Vaters zurückgreifen konnte, sagen zwei ehemalige Lehrer über den Lokalpolitiker.

Für Alinaghi sind die Gerüchte unhaltbar. Auf Anfrage reagiert das Kreistags- und Ratsmitglied erzürnt: "Die von Ihnen angesprochenden Sachverhalte sind schlicht weg falsch und unwahr!!! Weder wurde ich wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt, noch wegen irgendwelcher Sachen bei UPS. Auch habe ich noch nie in einer Strafanstalt eingesessen." Alinaghi will diejenigen strafrechtlich verfolgen, die diese Gerüchte über ihn verbreiten.

Da hätte er viel zu tun, denn bei den Recherchen erzählten ein knappes Dutzend Hertener, darunter mehrere Verantwortungsträger, den Ruhrbaronen die gleiche Geschichte – was immer noch nicht bedeuten muss, dass sie wahr ist. Aber Grund genung für uns ist, darüber zu berichten: Denn über die Vita Alinaghis muß jetzt diskutiert werden – sie ist durch seine Forderungen für ein hartes Durchgreifen bei jugendlichen Kriminellen selbst zum Politikum geworden.