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Irgendwann am Donnerstag will der Rat der Stadt Gelsenkirchen darüber entscheiden, ob er dem Fussball-Club Schalke 04 über eine Tochterfirma 25,5 Mio Euro geben will. Das Ganze sei eine Art Darlehen, Kredit, was auch immer, schließlich werden ja auch Anteile von der Arena gekauft und später mit Gewinn zurückverkauft, sagt ein Sprecher. Alles klar? Noch nicht. Bis jetzt wissen wir nur: die Lage bei Schalke spitzt sich weiter zu.
Nach eigenen Angaben ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen den verantwortlichen Schalker Finanzvorstand Peter Peters, sowie den Vorgänger im Amt und jetzigen Schalker Vereins-Präsidenten Josef Schnusenberg. Es geht um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung.
Auslöser der Strafermittlungen sei die Anzeige eines Privatmannes, teilte ein Sprecher der Essener Staatsanwaltschaft mit, ohne Einzelheiten zu dem Anzeigenerstatter zu nennen. Schalkes Finanzvorstand Peters wollte zunächst nichts zu dem Vorgang sagen: „Ich weiß von der Angelegenheit nichts. Zu Sachen, von denen ich nichts weiß, kann ich mich nicht äußern."
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft geht die Anzeige auf „Pressemeldungen“ der letzten Zeit zurück. Es werde nun geprüft, ob der Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung begründet sei, bevor weitere Schritte unternommen würden.
Tatsächlich könnten für die Schalker Vorleute die Ermittlungen gefährlich werden. Bis jetzt ist bekannt, dass in einem Finanzkarussell mit mehreren Tochterfirmen eine aktuelle bilanzielle Überschuldung von über 55,9 Mio. Euro ruht, zudem konnten mehrere dubiose Überweisungen von Sicherungskonten nachgewiesen werden, so dass diese unter die vertraglich mit den Investoren der Schechter-Anleihe vereinbarte Grenze rutschten.
Seit Monaten gab es Warnungen, die auf einer dramatischen Zuspitzung der Finanzlage hinwiesen. Nach Informationen der Welt sollen sowohl Schnusenberg als auch Peters auf die Situation deutlich hingewiesen worden sein. Passiert sei trotzdem wenig. Aktuell ist die Rede von einem Finanzloch zwischen 20 und 30 Mio. Euro.
Um die Situation nun wenigstens bis zum Ende der Saison zu beruhigen, soll der Stadtrat von Gelsenkirchen am Donnerstag Verträge zwischen der Tochterfirma GEW und dem FC Schalke 04 absegnen, mit denen die Stadt mittelbar rund 45 Prozent an der Arena übernehmen würde. Schalkes Finanzchef Peters sagte, nach dem Deal sei der Verein bis zum Ende der Saison sauber durchfinanziert: "Ein weiterer Verkauf von Rechten, Anteilen oder Spielern ist aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nicht notwendig.“
Das kann sein. Doch bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnte beispielsweise eine Stille Beteiligung der B. & C. Tönnies Fleischwerk GmbH & Co. KG an der Schalker Fussball-Arena für weitere Unruhe sorgen. Zunächst hatte Schalkes Finanzchef Peters angegeben, die stille Beteiligung sei“Teil des Finanzierungskonzeptes für den ARENA-Neubau.“
Allerdings wurde der Arena Neubau in den Jahren 1997 und 1998 finanziert. Und die Tönnies Firma hatte ihre stille Beteiligung laut Vertrag erst am 22. Dezember 2006 in Höhe von 12 Mio. Euro eingebracht. Nach meinen Informationen soll der Vertrag zudem rückdatiert worden sein. Tatsächlich habe man erst Anfang 2007 beschlossen, die stille Beteiligung abzuschließen. Sie sei auf Bitten eines namentlich bekannten Vereinsvorstandes in den Dezember des Vorjahres geschoben worden, um Probleme in der damaligen Vereins-Bilanz wegzuschminken. Das Eigenkapital des Vereins sollte damit gestützt werden, sagten mir mehrere Quellen. Ein Schalke-Sprecher wollte sich im Namen des Vereines nicht zu dem Vorgang äußern und drohte stattdessen mit presserechtlichen Schritten.
Merkwürdig ist die stille Beteiligung auf jeden Fall. So heißt es weiter in den Unterlagen, die mir vorliegen, die Tönnies-Firma habe kein Bargeld für die Beteiligung an der Arena gezahlt, sondern alte Darlehen verrechnet. Dann heißt es, im Jahr 2007 habe die Tönnies Company sieben Mio. Euro von der stillen Beteiligung zurückbekommen.
Für Schalkes Finanzchef Peters ist es nicht die erste Strafermittlung der Staatsanwaltschaft Essen. Vor drei Jahren wurden Ermittlungen gegen ihn wegen Bilanztricks unter der Auflage eingestellt, 25 000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu überweisen. Nach Ansicht der Ermittler hatten Peters und der damals Mitbeschuldigte Rudi Assauer „mit Vorsatz“ das Parkstadion falsch bewertet, um die Schalke-Bilanz besser aussehen zu lassen. Peters und Assauer hatten die marode Kampfbahn für einen Euro gekauft und für 15,6 Mio. Euro in die Bilanzen eingebracht.
Wie wird sich das Ganze auf das Geschäft mit der Stadt auswirken? Schwer zu sagen. Bis jetzt musste die Gemeinde immer wieder Geld, in den Verein pumpen. Und es wurde nie abgelehnt. Das letzte mal, dass ich davon weiß, gab die Stadt 2006 rund 2,8 Mio Euro in die Arena. Eigentlich hätte Schalke die Millionen für die Baugenehmigung nachzahlen müssen, wie es anderen Bauherren geht. Bei den Kickern drückte die Gemeinde beide Augen zu. Auf die Auszahlung wurde verzichtet. Das Geld wurde auf die stille Beteiligung aufgeschlagen.
Gespart wurde woanders.