Am Mittwoch wird Guido Westerwelle(FDP) der neue Außenminister. Als Frank-Walter Steinmeier(SPD) einen Tag zuvor in Schloss Bellevue die Entlassungsurkunde entgegennahm, hatte der gescheiterte SPD Spitzenkandidat noch den letzten außenpolitischen Triumpf. An diesem Tag kippte der Außenministerrat der EU in Luxemburg das Waffenembargo gegen Usbekistan Link. Damit fiel die letzte EU Strafmaßnahme gegen Usbekistan. Im Oktober 2005 hatte die EU als Folge des Massakers von Andischan gegen das zentralasiatische Land ein Einreiseverbot für hochrangige Regierungsmitglieder und das Waffenembargo beschlossen sowie den EU Kooperationsvertrag mit Usbekistan ausgesetzt. Ein halbes Jahr zuvor hatten am 13 Mai 2005 usbekische Sicherheitskräfte einen Volksaufstand von Panzerwagen aus zusammengeschossen und mehrere hundert Menschen getötet Link.
Der usbekische Präsident Islam Karimow leugnet bis heute das Massaker und spricht von der Abwehr eines terroristischen Angriffes. Nach der Bluttat von Andischan zog die Repression in Usbekistan an. Die Staatsmacht tötete, inhaftierte und vertrieb systematisch Menschenrechtler und Journalisten, die von der offiziellen Linie abwichen. Dazu nur zwei Fälle. Im Juni 2008 wurde der Journalist Salidschon Abdurachmanow verhaftet und im Oktober 2008 wegen Drogenhandels zu 10 Jahren Haft verurteilt Link. Es gilt jedoch als sicher, dass die usbekischen Sicherheitsbehörden die Drogen dem Journalisten untergeschoben haben. Der usbekische Geheimdienst macht auch vor der Landesgrenze nicht halt. Am 24 Oktober 2007 wurde der usbekische Journalist Alisher Saipov in der kirgisischen Stadt Osch, unweit der usbekischen Grenze, ermordet Link.
Die Hauptforderung der EU, die sie mit der Verhängung der Sanktionen verband, war eine unabhängige Untersuchung des Massakers von Andischan. Die usbekische Regierung lässt eine solche Untersuchung bis heute nicht zu. Die usbekische Staatsmacht merzte zudem noch die wenigen Inseln der Freiheit im Lande aus, die vor dem Massaker in Andischan noch vorhanden waren. Die usbekische Staatsmacht duldet seither keinerlei unabhängig veröffentliche Meinung im Land. Fast alle internationalen Organisationen wurden des Landes verwiesen. Die Konrad Adenauer Stiftung, die Friedrich Ebert Stiftung und das Goethe Institute durften allerdings bleiben. Dieses Privileg des usbekischen Tyrannen Islam Karimow spricht nicht für diese Organisationen. Es gibt wenige Länder auf der Erde, die so konsequent bürgerliche Freiheiten bekämpfen. Mir fällt da vor allem Birma oder Nordkorea ein. All das hat die EU nicht davon abgehalten, die Sanktionen gegen Usbekistan erst alle sechs Monate abzumildern und nun als letztes das Waffenembargo aufzuheben. Für diese Nachsicht gibt es Gründe. Usbekistan ist für die EU und für Deutschland wichtig. Die Bundeswehr unterhält im usbekischen Termes einen Stützpunkt, von dem sie den Afghanistaneinsatz versorgt Link.
Der EU Beschluss zu Usbekistan ist vor diesem Hintergrund nichts anderes als eine Kapitulationsurkunde der EU gegenüber dem Regime eines Despoten. Mit diesem Beschluss verkündet die EU, dass Menschenrechte keinerlei Gewicht haben. Die Botschaft in die Welt ist fatal: Solange ein Land für Europa von Nutzen ist, kann dessen Herrscher sein Volk knechten und ausbeuten, wie es ihm gefällt. Er kann von Panzerwagen aus auf sein Volk schießen lassen, die Reichtümer des Landes rauben, Wahlen fälschen, Presse verbieten, Kinder in die Baumwollernte zwingen und Menschen in den Wahnsinn foltern. Europa wird es nicht stören. Im Gegenteil. Europa verkauft die Kooperation mit einem solchen Regime noch als Menschenrechtsdialog. Das ist perfide. Die Menschenrechte werden nicht nur als wertlos angesehen, sie werden sogar noch dazu missbraucht, das Geschäft mit dem Despoten zu rechtfertigen. Es war vor allem der Außenminister Steinmeier, der diese Kapitulationsurkunde der EU gefingert hat Link.
Es gab Staaten, wie Großbritannien, die Niederlande und die skandinavischen Länder, die vor dem usbekischen Diktator nicht in die Knie gehen wollten. Aber Steinmeier konnte sich in der EU durchsetzen. Steinmeier wurde zum Türöffner des usbekischen Blutsaugers in Europa. Von Anfang an hat Steinmeier alles getan, um kurz nach der Verhängung der EU Sanktionen die Folgen für das Regime in Usbekistan so erträglich wie möglich so gestalten. Der Sozialdemokrat war sich noch nicht mal zu schade, die Entspannungspolitik Willy Brands zu missbrauchen, um die Kungelei mit einem Despoten politisch zu begründen. Steinmeier, die deutschen Diplomaten und die EU rechtfertigten sich mit angeblichen Reformen und einer Dialogbereitschaft Usbekistan. Nun, dann schauen wir uns diese Reformen mal an.
Die Todesstrafe hat Usbekistan abgeschafft. Das ist zu begrüßen. Aber in usbekischen Gefängnissen wird die Folter weiterhin systematisch angewendet. Immer wieder werden Menschen in usbekischen Folterknästen zu Tode gequält.
Der Habeas Corpus wurde eingeführt. Das Rechtssystem in Usbekistan ist aber völlig dem Willen der Staatsmacht untergeordnet. Richter, Anwälte, Polizei und Staatsanwaltschaft sind ausschließlich Befehlsempfänger der Macht. Was nützt der Habeas Corpus, wenn die usbekische Polizei einem Journalisten Drogen unterschieben kann, dieser daraufhin verhaftet, angeklagt und sogar verurteilt wird, ohne dass der Mann auch nur die aller geringste Chance auf ein faires Verfahren hat?
Was nützt die Ratifizierung der Konvention gegen Kinderarbeit, wenn trotzdem die Staatsmacht Kinder von den Schulen in die Baumwollfelder treibt Link?
Es stimmt, dass das usbekische Regime einige inhaftierte Menschenrechtler und Journalisten freigelassen hat. Und für diese Menschen bin ich sehr froh. Aber gleichzeitig hat die usbekische Staatsmacht andere Journalisten und Menschenrechtler verhaftet, um frische Ware für den politischen Deal mit Steinmeier zu erhalten.
Auch in dem EU Beschluss zur Aufhebung des Waffenembargos wird Usbekistan aufgefordert, Vertreter von der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ins Land zu lassen. Auch das ist nicht neu. Als die EU im April 2008 die Reisebeschränkungen gegen usbekische Staatsbeamte aussetzte, war das schon ein Thema in dem EU Dokument. „..to finalise without delay the accreditation of the new Country Director of Human Rights Watch and to allow the unhindered operation of that organisation“. Die danach einsetzenden Verhandlungen zwischen Usbekistan und HRW führten zu nichts. Die Mitarbeiter von HRW bekommen bis heute kein Visum und keine Arbeitsgenehmigung für Usbekistan. Soviel zur Dialogbereitschaft der usbekischen Regierung. Dumm nur, dass HRW wochenlang keine Presseerklärung zu der Verhaftung des Journalisten Salidschon Abdurachmanow am 7 Juni 2008 veröffentlichte, und dessen Verhaftung erst am 23. Juli 2008 erwähnte als HRW das Scheitern der Verhandlungen mit Usbekistan erklären musste Link. Dumm nur, dass die Erwähnung von HRW in dem EU Dokument der Rechtfertigung für die Sanktionsaufhebung dient. Warum HRW trotz des Desasters weiterhin zulässt, dass der Name HRW sogar noch in dem EU Dokument zur Aufhebung des Waffenembargos erwähnt wird, ist für mich schwer verständlich. Der erfolgte Protest von HRW gegen die Aufhebung des Waffenembargos verliert dadurch an Glaubwürdigkeit.
Fakt ist. Der usbekische Präsident Islam Karimow ist an keinerlei substanziellen Reformen in seinem Herrschaftsgebiet interessiert. Karimow blieb einfach solange am Verhandlungstisch sitzen, bis die EU die eigenen Forderungen vergessen hatte. Und Steinmeier kämpfte bis zu letzt und mit Erfolg für die Aufrechterhaltung dieser Scheinwelt.
Steinmeiers Usbekistanpolitik stand leider nie im Zentrum der politischen Debatte in Deutschland. Sie zeigt aber sehr deutlich den Grad der Unmenschlichkeit, mit dem Sozialdemokraten in Deutschland Politik ausübten. Vielleicht war aber genau das auch der Grund für die desaströse Niederlage der SPD bei den Wahlen. Die Menschen haben gemerkt, dass von der SPD keine moralische Strahlkraft mehr ausgeht. Die SPD hat schlicht das „Gute“ verloren. Für mich war aber genau das immer der Grund für die Sozialdemokraten zu stimmen. Denn immer wenn es hart auf hart ging, standen die Sozialdemokraten in der deutschen Geschichte auf der richtigen Seite. Bei Steinmeier war das aber plötzlich nicht mehr so. Und das haben die Menschen gespürt. Steinmeier hat seinen Tanz mit dem usbekischen Despoten als neue Ostpolitik verkaufen wollen. Er hat aber dafür keinen Friedensnobelpreis erhalten sondern einen Tritt vom Wähler. Manchmal ist Politik gerecht.
Ich weiß nicht, wie Westerwelle die auswärtige Politik führen und wie dessen Usbekistanpolitik aussehen wird. Große Hoffnungen mache ich mir da nicht. Aber ich wünsche mir, dass die Menschenrechte zu mindestens nicht mehr als Tarnkappe missbraucht werden, um mit den schlimmsten Despoten weltweit ins Geschäft zu kommen. Damit wäre schon viel erreicht.