Von Drogenhändlern, Wahlfälschern, Merkel und Steinmeier

Afghanistan. Können Sie das glauben, wenn Sie jetzt aus dem Fenster sehen, auf den tauenden Schnee, dass wir, wir Deutsche, Sie und ich, einen Krieg führen? Wir tun das. In Afghanistan.

Heute las ich in der Süddeutschen Zeitung, dass unsere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbar wieder eine große Koalition will. Zumindest wenn es um Afghanistan geht. Um das Töten und Getötetwerden zumindest. Der Alt-Außenminister von der SPD, Frank-Walter Steinmeier, jetzt Fraktionsvorsitzender seiner Genossen im Bundestag hat wohl fröhlich zugesagt, da mitzutun. Wir kennen in Deutschland keine Parteien, nur noch Patrioten und Nichtpatrioten, oder was?

Ich kann es kaum glauben. Steinmeier. Der Mann ist Opposition und wanzt sich wieder an seine alte Chefin ran. Die Aktentasche kann es nicht lassen, muss wieder mitfingern im Kanzleramt. Obwohl sein Parteichef Sigmar Gabriel gesagt hat, über die zukünftige Afghanistan-Strategie soll jetzt erstmal die Partei intern debattieren, sich eine Meinung bilden. Obwohl Gabriel sagte, die SPD wolle keine neuen Truppen für Afghanistan, sondern den Rückzug ab 2011.

Steinmeier ist eben Agenda 2010, das heißt von oben verordnen Aktentaschen, was zu tun ist. Und die Partei hat zu parieren. Als seien die Genossen zu dumm, was zu sagen. Und wenn sie was zu sagen hätten, könnte es ja auch den Aktentaschen an der Spitze nicht passen. Wie man hört sind in der SPD gut 70 Prozent gegen den Afghanistan-Krieg.

Mir fehlt bei diesem Spiel um das „Wie“ des deutschen Afghanistan-Krieges da oben bei den Steinmeiers und Merkels und Konsorten eine wichtige Antwort. Eine einzige. Die Antwort auf die Frage: Warum führen wir da Krieg, für welches Ziel kämpfen wir?

Unser Bundespräsident Horst Köhler hat uns Deutsche aufgefordert drüber zu debattieren. Die meisten haben das getan, auch bei uns.

Ich habe nie einen guten Grund gefunden, unsere Truppen in Afghanistan zu lassen. Sie unterstützen den Wahlgefälschten Präsidenten Hamid Karsai und dessen Drogenhandelnden Bruder beim Aufbau eines Narco-Staates. Sie helfen dem Massenmörder Dostum, sie sitzen in ihren Camps und einzelne Offiziere wollen aus der Luft unbedingt töten. Und weil das der Politik aber zu peinlich ist zuzugeben, heißt es nachher man habe zwei im Sand steckende Tanklaster vernichten wollen. Es ging um das Töten, das ist ein Fakt.

Selbst die oberste Evangelische Bischöfin in Deutschland hat gesagt, dass da nichts gut ist, in Afghanistan. Damit meinte sie, dass es keinen Waffenfrieden gibt. Die Menschen werden dort unterdrückt. Und unsere Truppen helfen unwillentlich dabei.

Wir haben hier bei den Ruhrbaronen den grünen Afganistan-Vordenker Joscha Schmierer zu Wort kommen lassen, und er hat erklärt, was er meint. Zusammengefasst kann man aus seinen Worten einen Grund destillieren. Wir müssen das Angefangene zu Ende bringen. Wir dürfen nicht unser Gesicht in der internationalen Gemeinschaft verlieren.

Wir führen also für Ehre einen Krieg, für stolz, und damit für Hochmut. Tut mir leid, das ist mir zu wenig. Dafür muß keine Mutter, keine Frau und kein Kind aus Wanne-Eickel, Sohn, Ehemann und Vater verlieren. Verdammt, ich dachte, die Nummer hätten wir hinter uns.

Ich mach es jetzt kurz: Welchen echten Grund gibt es für den Krieg. Welcher Grund ist das Schicksal unserer Soldaten wert? Jetzt will ich nicht so Gestammel von Taliban besiegen hören. Taliban besiegen. Da sind Gruppen unterwegs, die für ihre Freiheit kämpfen. Da sind Menschen, die sich gegen ethische Säuberungen im Norden wehren – unter den Augen unserer Soldaten. Diese Taliban heißen neuerdings gemäßigte Taliban. Das sind oft Bauern und Vertrieben, die für Ihre Heimat kämpfen. Natürlich gibt es auch jede Menge Banden und Banditen und sogar Terroristen in Afghanistan. Aber die sind nicht notwendigerweise allein in den Reihen der Taliban zu suchen. Der Bruder von Karsai organsiert laut New York Times für die CIA Todesschwadrone. Und den vielleicht größten terroristischen Anschlag gegen die CIA hat ein jordanischer Trippleagent ausgeführt.

Ich glaube nicht, dass allen Soldaten wirklich klar ist, was wirklich läuft. Und ich hoffe, dass viele von Ihnen genauso, wie ich, nach dem „Warum“ fragen. Viele werden denken, es gehe tatsächlich um so was wie Hilfe und Stabilität und Sieg.

Aber denen rate ich, beschäftigt Euch mit den Artikeln, die in diesem Post veröffentlicht sind. In diesem Bericht der New York Times beispielsweise wird der Drogenhandel von Karsais Bruder beschrieben, der bald zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt. Also nicht der Drogenboss Karsai, sondern der Wahlfälscher Karsai kommt. Wie auch immer. Hier der Link, der beschreibt den Weg in den Drogenstaat Afghanistan.

Ich würde mich echt freuen, wenn ich Kontakt zu aktiven Soldaten finden könnte, die mir berichten, was da los ist in Kunduz, was die Leute dort meinen und fühlen, im Sand von Afghanistan. Ich bin immer unter david.schraven (at) ruhrbarone.de zu erreichen. Ich freue mich über Zuschriften.

Foto: bundesregierung

Das hannoveraner Modell

Wenn in Deutschland nach Beispielen für neue Formen der städteübergreifenden Kooperation gesucht wird fällt fast immer der Name „Region Hannover“ Ruhrbarone-Gastautor Felix Stein berichtet über einen Sonderfall unter den Kommunalverbänden, der auch für NRW zum Vorbild geworden ist. Felix betreibt das Blog Frontbumpersticker.

Wer die Region in Aktion erleben möchte sollte im Augenblick seine Aufmerksamkeit auf Garbsen richten, eine jener mittelgroßen Städte, die ringförmig rund um Hannover liegen und deren bebautes Gebiet an vielen Stellen nahtlos in das der Landeshauptstadt übergeht. Wie in anderen dicht besiedelten Gebieten haben Maßnahmen der Stadtplanung und Wirtschaftsförderung hier unmittelbaren Einfluss auf die Nachbargemeinden und werden daher kritisch beobachtet, so auch das aktuelle Vorhaben: der Bau der „Neuen Mitte“. Obwohl bereits mehrere große Einzelhandelsflächen in der Stadt bestehen soll ein neues Center mit 20.000 Quadratmetern dazukommen – den Nachbarstädten Seelze und Neustadt sowie den benachbarten Stadtteilen Hannovers würde damit ein massiver Abfluss von Kaufkraft drohen. Allerdings wird dieses Szenario wohl nicht zur Wirklichkeit werden, denn die zuständige Regionalplanungsbehörde hat den Bau der neuen Mitte untersagt – es handelt sich um die Region Hannover. Was aber ist das für ein Gebilde, das derart in seine Gemeinden hineinregieren darf?

Die 2001 gegründete Behörde ist das was im Beamtendeutsch „Kommunalverband besonderer Art“ genannt wird und wurde aus der Landeshauptstadt Hannover, dem gleichnamigen Landkreis und dem „Kommunalverband Großraum Hannover“ gebildet, später erhielt sie zusätzlich einen Teil der Kompetenzen des 2004 aufgelösten Regierungsbezirks Hannover. Das Ergebnis ist eine Kompetenzbündelung wie es sie in Deutschland auf so niedriger Ebene (in der Verwaltungshierarchie entspricht die Region einem Landkreis) noch nie gegeben hat. Sie ist unter anderem verantwortlich für öffentlichen Nahverkehr und Schornsteinfeger, Müllentsorgung und Wirtschaftsförderung, Regionalplanung und Sozialhilfe, Kommunal- und Fachaufsicht, für die Schulentwicklungsplanung, die Gesundheitsämter und den Natur- und Bodenschutz. Finanziert wird all das durch die von den Mitgliedsgemeinden erhobene Regionsumlage. Nicht zuletzt ist die Region demokratisch legitimiert – sowohl der Regionspräsident als auch die Regionsversammlung werden von den Bürgern direkt gewählt.

Der am deutlichsten sichtbare Effekt dieser Neuorganisation ist die Vereinigung von zuvor parallel existierenden Verwaltungsstrukturen von Stadt und Landkreis Hannover, etwa bei den Gesundheitsämtern und Berufsschulen. Als Folge dieser Bündelung konnte ein Bürokratieabbau durchgeführt werden, der es möglich gemacht hat in den ersten Jahren nach Gründung die Zahl der bei der Region Beschäftigten von über 2500 auf etwa 2100 zu reduzieren. Vor allem im Umweltbereich hat die Reduzierung der zuständigen Instanzen außerdem zu stark vereinfachten Verwaltungsabläufen geführt – zuvor mussten hier bis zu vier verschiedene Akteure koordiniert werden (Stadt, Landkreis, Kommunalverband und Regierungsbezirk). Nicht wirklich gelöst werden konnte dagegen das strukturelle Finanzproblem. Während fast alle Regionsgemeinden noch immer mit Haushaltsdefiziten kämpfen müssen hat die Region selbst in den wenigen Jahren ihres Bestehens schon fast 500 Millionen Euro Schulden angehäuft. Ohne die Region wäre die Lage aufgrund der größeren und komplizierteren Bürokratie aber wohl noch schlechter, so dass man zumindest von einer Teilverbesserung sprechen kann.

Alles in allem ein Erfolgsmodell also, doch es bleibt die Frage: kann man es auf andere Ballungsräume übertragen? Wie in Radio Eriwan lässt sich darauf mit einem „Im Prinzip ja, aber …“ antworten. Zwar sind in Aachen und Saarbrücken mittlerweile weitere Kommunalverbände besonderer Art eingerichtet worden, die sich auch am Vorbild Hannover orientieren, eine vergleichbare Aufgabenfülle haben sie von ihren Landesregierungen aber nicht erhalten. Während etwa vor kurzem die Aachener Regionsbeigeordnete Gisela Nacken im Gespräch mit den Ruhrbaronen die fehlenden Kompetenzen in den Bereichen Regionalplanung und Wirtschaftsförderung beklagte, gehören diese in Hannover von Anfang an zur Region dazu, der zu Beginn genannte Fall der Neuen Mitte Garbsen ist ein gutes Beispiel dafür. Das Widerstreben gegen eine Abgabe von Zuständigkeiten scheint also in NRW ein Hindernis zu sein. Auch der Gedanke an die Aufgabe der eigenen Selbstständigkeit (Hannover ist trotz seiner 500.000 Einwohner nicht mehr kreisfrei) dürfte manchen Lokalpolitiker hart schlucken lassen.

Nicht vergessen darf man, dass die Region Hannover von einem „historischen Glücksfall“ profitieren konnte: durch die kurz nach der Regionsgründung erfolgte Auflösung der Regierungsbezirke konnten „herrenlose“ Kompetenzen beansprucht und errungen werden. Eine vergleichbare Entwicklung ist in Nordrhein-Westfalen derzeit nicht absehbar. Zudem bezog der Landkreis Hannover als klassischer „Kragenkreis“ einen Großteil seiner Identifikation schon immer aus der in seinem Zentrum liegenden Stadt. Die Region existierte im Grunde zuerst in den Köpfen der Bürger, dann erst in der Wirklichkeit. In anderen Ballungsräumen ist das nicht immer so gegeben. Langfristig dürfte das hannoveraner Modell dennoch Schule machen, zu offensichtlich sind seine Vorteile. Allein – langfristig ist ein dehnbarer Begriff.

Ruhrstadt-Blogger treffen sich in Kulturhaupstadt

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Seit Anfang des Jahres bauen wir rund um die Internetseite zwanzig10.de ein Netzwerk von Bloggern auf, die über alles Berichten, was mit der Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet zu tun hat. Das wichtigste dabei: wir Blogger sind frei und ungebunden und können über die Kulturhauptstadt berichten, wie wir wollen. Also sowohl positives als auch negatives.

Seit fast zwei Wochen ist zwanzig10.de Online. Der erste Eindruck hier bei uns ist positiv. Die Partnerblogs veröffentlichen Ihre Links auf der Seite. So bekommt man einen schnellen und guten Überblick, was so läuft im Pott. Wie das genau funktioniert, kann man hier lesen: klick

Immer noch kommen neue Blogs dazu, die den Überblick noch weiter verbessern. Insgesamt machen jetzt fast 20 Blogs mit. Ich bin sicher es werden noch mehr. Wir konnten schon etliche der Besten versammeln.

Nun wollen wir gemeinsam, also wir von den Ruhrbaronen, Stefan Evertz von Hirnrinde.de und Jens Matheuszik vom Pottblog alle Blogs von zwanzig10.de sowie weitere Interessierte Internetmacher zu einem Treffen einladen. Siehe auch die Einladung bei Stefan Evertz auf Hirnrinde.de.

Wir wollen ein wenig schwatzen, uns kennen lernen und über Perspektiven der Kooperation klönen. Es gibt kein Programm, dafür aber was zu trinken.

Wir wollen uns im Essener Unperfekthaus treffen. Und zwar am 4. Februar um 19:00 Uhr. Wo genau das Treffen ist, das seht ihr hier: Unperfekthaus.de

Wer das Haus nicht kennt: da muss man einen Mindestverzehr von 5,50 Euro als Eintritt zahlen. Dafür kann man soviel Wasser, Kaffee und Cola trinken wie man will. Zudem gibt es da ruhige Ecken, wo man palavern kann und Internet-Anschluss gibt es auch. Wir finden den Deal fair. Deswegen gehen wir da auch hin. (Nebenbei. Ich war mal mit meinem Jungen da, der sollte auch den Mindestverzehr zahlen, das fand ich nicht fair, deswegen bin ich mit ihm da nicht rein. Aber wie gesagt, das nur am Rande.)

Wer also Interesse hat, mal einige der Menschen und Blogger kennenzulernen, die bei zwanzig10 mitmachen oder wer noch Fragen zum Projekt hat: Komm vorbei.

Wir können die Details direkt vor Ort klären

Wer mag, kann ja kurz in den Kommentaren Bescheid sagen, ob er kommen will.

In jedem Fall freuen wir uns auf Euch.

zwanzig10.de-Treffen am 4. Februar 2010, 19:00 Uhr im Essener Unperfekthaus

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Toto & Harry Bild: Sat1
Toto & Harry Bild: Sat1

Uni: Steine auf Toto & Harry Streifenwagen…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010: Was sich lohnt…Stern

Ärger: Essener OB droht Intendanten…Der Westen

Herten: Ein.Blicke09…Hometown Glory

Dortmund: Bahnhofsumbau verzögert sich…Ruhr Nachrichten

Tocotronic: Früh vergreist…taz

Duisburg: 12 Schulen sollen geschlossen werden…Der Westen

Opel: Klage gescheitert…Frontmotor

Amiga: 20 Jahre…hr

Ruhrbarone: „Was mir nicht gefällt…Prospero

Digital: Ende des Maoismus…FAZ

Digital II: Grimme online Award…heise

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Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Dortmund: SPD-Jurist will durch alle Instanzen klagen…Der Westen

Opel: 12.000 in Kurzarbeit…Ruhr Nachrichten

Opel II: Einenkel will wissen wie es weiter geht…Ruhr Nachrichten

Pleite: RVR fordert Entschuldungsfonds für Städte…Bild

Kultur: Museumschef fordert Ruhrkunsthalle…Der Westen

RRX: NRW will zweiten Bahngipfel…Kölner Stadtanzeiger

Ruhr2010: Platz für Kreative…Der Westen

Diskussion: Täter, Opfer, Duisburger…xtranews

Das Musiktheater baut am virtuellen Opernhaus

Das Musiktheater im Revier sucht seinen Weg in die digitale Welt und es sucht auch den Weg zu jungen Zuschauern. Mit dem Experiment „Internetoper“ soll ein Anfang gemacht werden. Damit will man die Dynamik und die Kreativität des Netzes mit der Faszination Oper verbinden. Am Ende könnten dann neue Erzählformen, Interpretationsmöglichkeiten und Bildästhetiken stehen. In der Welt der Theater ist man damit ganz weit vorne, denn so etwas gab es bisher nicht. „Das geht weit über das hinaus was man von einem Opernhaus eigentlich erwartet. Über eine virtuelle Community wird hier ein völlig neues Angebot gemacht“, sagt der Intendant Michael Schulz. „Der Freundeskreis auf Facebook ist bereits groß und wir hoffen auf eine eigene Dynamik im Netz“.

Jeder Mensch ist ein Künstler hieß es schon bei Joseph Beuys. „Bei der Internetoper seid Ihr die Regisseure, Darsteller, Bühnenbildner, Filmkünstler“, heißt es auf www.internetoper.de. Erzählt wird die „Affäre Manon“, die Liebesgeschichte zwischen der jungen, luxusliebenden Manon Lescaut und dem armen Studenten Armand. Die tragische Liebesgeschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt: Giacomo Puccinis Oper „Manon Lescaut“ aus dem Jahr 1893 und Hans Werner Henzes Drama „Boulevard Solitude“ von 1952 bilden die Grundlage. Mit Hilfe der Romanvorlage von Abbé Prévost wurden die Opern zu einer fortlaufenden Geschichte verknüpft und in 50 kurze Episoden aufgeteilt. „Wir wollten keinen Film mach, was es zum Beispiel ja schon an anderen Häusern gibt“, sagt die Chefdramaturgin Anna Melcher. „Nicht meckern, sondern machen. Man kann selber mit einfachen Mitteln etwas in Bilder fassen. Es ist ein wirkliches Experiment und es funktioniert nur, wenn viele Menschen mitmachen“.

Es lassen sich einzelne Episoden auswählen und die Idee soll dann in einem selbstgedrehten Video verwirklicht werden. Das wird dann hochgeladen und so zu einem Bestandteil der Internetoper. Sänger des Musiktheaters im Revier und die Neue Philharmonie Westfalen haben die Musik dazu aufgenommen. Die musikalische Untermalung kann aus einer so genannten „ToolBox“ geladen werden. Es gibt zu jeder Episode eine genaue Anleitung zum Mitmachen und eine kurze Beschreibung der Handlung. Der Intendant kann sich gut vorstellen, dass die Folgen mit einem Handy aufgenommen werden: „Es ist auch ausdrücklich erwünscht mit der Musik zu arbeiten und sie neu zusammenzusetzen“. Damit technisch alles einwandfrei läuft, hat man sich die Hilfe der Hochschule für angewandte Wissenschaft aus Hamburg gesichert. Die Studenten haben einen Trailer gedreht und auf die Internetseite des Projekts gestellt.

Die zerstückelte Internetoper wird bei so manchem Opernfreund zumindest für Stirnrunzeln sorgen. Bei dieser Kundschaft steht Tradition, Festhalten am Original und das Liveerlebnis besonders hoch im Kurs. Mit der Internetoper sollen Menschen angesprochen werden, die den Weg in die klassischen Kulturtempel bisher nicht gefunden haben. Sollte die Affäre Manon im Netz ein Erfolg werden, dann könnten solche Projekte in Gelsenkirchen zum festen Bestandteil des Spielplans werden. Viel spannender wäre natürlich, wenn die Community Einfluss auf das Geschehen auf der realen Bühne und die Programmgestaltung hätte. Erst dann könnte man wohl von einem virtuellen Opernhaus sprechen.

www.internetoper.de

Ich schildere den GAU – Interview mit Leon de Winter

Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter zählt zu den erfolgreichsten Gegenwartsschriftstellern in Europa. Auch als Essayist meldet sich der Sohn niederländischer Juden regelmäßig zu Wort: Den einen gilt er als Verteidiger der Aufklärung, den anderen als ein islamophober Hysteriker, der mit seinen Kommentaren leichtfertig antimuslimische Ängste schürt. Im Interview spricht de Winter über seinen neuen Roman, Israels düstere Perspektiven und die Gefahr durch den Iran.

Herr de Winter, Ihr Roman Das Recht auf Rückkehr ist von Teilen der deutschen Literaturkritik als „israelische Kampfprosa“ und „Manifest der Antiaufklärung“ bezeichnet worden. Was sagen Sie zu dieser Lesart?

Eine Umschreibung wie die zitierte aus der taz ist völliger Unsinn. Offensichtlich gibt es Menschen, die ihre ideologische Brille niemals absetzen. Ja, mein Roman spielt im Israel des Jahres 2024, das nach wie vor von den politischen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern bestimmt wird. Aber ich habe vor allem einen Roman über einen Vater geschrieben, der seinen Sohn verloren hat und mit diesem Verlust nicht weiterleben kann. Es geht um Trauer und Ängste sowie Verluste innerhalb einer jüdischen Familie.

Im Buch ist Israel auf einen Stadtstaat rund um Tel Aviv zusammengeschrumpft. Wie wahrscheinlich ist diese Perspektive?

Es ist der „worst case“, der GAU, den ich in meinem Roman schildere. Es wird hoffentlich nie so weit kommen, aber völlig ausgeschlossen ist es nicht. Ich wollte als Schriftsteller untersuchen, was passieren kann, wenn bestimmte Umstände sich nicht ändern. Ich mache mir große Sorgen um die Zukunft Israels.

Warum?

In Israel gibt es eine immer größere ultraorthodoxe Gruppe, die sich auf eine ganz andere Weise mit Israel identifiziert als es die säkularen Juden tun. Außerdem ist da eine immer größer werdende arabische Bevölkerung, die sich immer weniger mit Israel verbunden fühlt. Bei diesen drei Gruppen der israelischen Gesellschaft kann man immer weniger die Bereitschaft feststellen, sich mit dem jeweils anderen zu identifizieren und sich als ein Staat zu begreifen. Vor diesem Hintergrund drohen Israel in den kommenden zehn Jahren große Spannungen. Das alles bildet den Hintergrund meiner Geschichte.

In Ihrem Roman heißt es an einer Stelle, die palästinensischen Araber hätten die Juden „mit ihren Gebärmüttern“ besiegt.

Dieser Umstand ist schon längst demografische Realität in Israel. Der große Zuwachs von Menschen in Gasa und im Westjordanland ist einer der Hauptgründe der Spannungen. Wenn eine Mutter vier Söhne in schwierigen Umständen ohne Zukunftsperspektive wie in Gasa hat, dann bekommt jede Gesellschaft eine immense Zunahme von Gewalt.

Das Recht auf Rückkehr ist Ihr bislang pessimistischster und verstörendster Roman.

Offensichtlich wird dieses Buch von den Lesern pessimistischer aufgefasst, als es von mir beabsichtigt war. Eine Geschichte funktioniert immer auf mehreren Ebenen. Es ist eine Warnung vor der Zukunft, deshalb kann es keine heitere Geschichte sein. Wie die meisten meiner Geschichten geht es um Verlust, Trauer und Abschied. Man spürt eine große Trauer beim Abschied von einem Kind. Die Hauptfigur meines Romans bleibt aber trotz aller Verluste noch voll Hoffnung. Ich habe die Zukunft hoffentlich nicht komplett schwarz gemalt.

Immerhin haben Sie in letzter Zeit häufig Ihre Enttäuschung über die Politik Israels zum Ausdruck gebracht. Was kritisieren Sie konkret?

Enttäuschung ist das falsche Wort. Ich verstehe die schrecklichen Grenzen der Möglichkeiten in dieser Region. Ich verstehe, wie schwer es ist, dort zu überleben. Ich verstehe, wie schwierig es ist, mit den Aktivitäten der Nachbarn, die autokratisch oder diktatorisch regiert werden, leben zu müssen. Wie soll man da überleben und was für eine Politik wäre vor diesem Hintergrund angemessen? Die Nachbarn Israels heißen eben nicht Norwegen oder Schweden. Es ist fast unmöglich, wenn man sich die Möglichkeiten der israelischen Politiker, die eigene Moral zu schützen, vor Augen führt.

Sie meinen die Bedrohung durch den Iran?

Ja. Es naht eine große Konfrontation mit dem Iran – auch wenn der Iran gleichzeitig in der Region die größte Hoffnung ist. Sollte die iranische Oppositionsbewegung doch noch erfolgreich sein, würde sich auf einen Schlag die Lage im Nahen Osten ändern. Es bedeutete das Ende der islamistischen Revolutionen und eine große Änderung in der islamischen Welt. Wenn die Opposition aber endgültig scheitert, so wie es aussieht, dann wird das Mullah-Regime in Teheran – und in dessen Gefolge auch Hamas und Hisbollah – weiter radikalisiert. Was das für Israel bedeutet, kann sich jeder denken. Auf dieser Grundlage wollte ich ein Zukunftsbild von Israel entwerfen.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Israel gezielt die Standorte im Iran angreifen wird, an denen Atomwaffen vermutet werden?

Ich bin überrascht, dass es noch nicht passiert ist. Ich hatte es schon vor drei Jahren erwartet, als deutlich wurde, dass der Iran ein Atomprogramm unterhält. Weil die Amerikaner die muslimische Welt nicht weiter provozieren möchten, wird diese Arbeit letztlich an Israel hängen bleiben – auch wenn die sunnitischen Staaten große Angst haben vor einer schiitischen Atombombe. Sollte es so weit kommen, wäre es besser, wenn Israel und Amerika zusammen auftreten. Amerika wird sich entscheiden müssen.

Leon de Winter: Das Recht auf Rückkehr. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes, Zürich 2009, 549 S., 22,90 €

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Dortmund: Sierau facht Juristenstreit um sein OB-Ende an

sahra-wagenknecht_pressefoto1Dortmunds Noch- und Ex-Oberbürgermeister Ulrich Sierau (SPD) will einen Schlussstrich unter das Dortmunder Debakel zur Kommunalwahl setzen. Dazu sollen alle juristischen Streitigkeiten schnell beendet werden, sagt Sierau derzeit auf einer Pressekonferenz in der Bierstadt.

Ob das klappt, ist fraglich. Gerade Sieraus SPD-Genossen aus der Ratsfraktion hatten erklärt, gegen den Neuwahlbeschluss der Rates juristisch kämpfen zu wollen – und sich damit gegen die eigene Partei gestellt. Es ist offen, ob sich Sierau gegen seine eigenen Leute durchsetzt. Die Neuwahlen sollen nach dem Wunsch von Sierau am 9. Mai durchgezogen werden, dem Datum der Landtagswahlen in NRW. Mal sehen, wieviel Sierau noch zu sagen hat.

Jedenfalls will der umstrittene Oberbürgermeister nicht wie vorgesehen am 18. Januar aus dem Amt scheiden, wenn bis dahin nicht das Innenministerium in NRW eine „rechtliche“ Klärung herbeiführt. Momentan sagt er, sowohl Stadt als auch Bezirksregierung hätten nicht juristisch sauber gearbeitet.

Mann könnte das auch anders sagen: Sierau versucht den schwarzen Peter an die Landesregierung, Stadt oder Bezirksregierung weiterzureichen und kettet sich derweil an seinen Stuhl. Ich bin gespannt, wieviel schwache Glieder diese Kette hat. Oder ob Sierau nachher samt Stuhl rausgetragen wird.

Kläsener wird Chef der Westfalenpost

Stefan Kläsener wird Chefredakteur der Hagener Westfalenpost und damit Nachfolger von Bodo Zapp, der im kommenden Jahr in Rente geht. Das meldete soeben die WAZ-Mediengruppe.

Kläsener ist zur zeit kommisarischer Chefredakteur der  ebenfalls zur WAZ-Gruppe gehörenden Braunschweiger Zeitung. Deren neuen Chef wird Armin Maus vom Fränkischen Tags in Bamberg.