Der Recklinghäuser Bundestagsabgeordnete Phillipp Mißfelder setzt auch kurz vor der Wahl auf Schwarz-Gelb. Raum für schnelle Steuersenkungen sieht er nicht.
Sie sind der Spitzenkandidat der Mittelstandvereinigung NRW. Das erscheint ungewöhnlich, weil sie bislang eher als Generationspoltiker wahrgenommen wurden.
Ich bin kein Unternehmer, arbeite zwar nebenbei für einen Verlag in NRW, aber das ist mein persönlicher Bezug. Ich bin sicher kein Handwerksmeister wie viele andere Mitglieder der Mittelstandsvereinigung, aber ich stehe hinter den Positionen der Mittelstandsvereinigung. Seitdem ich im Bundesvorstand der CDU bin, und das sind jetzt auch schon zehn Jahre, gehöre ich zu denen, die immer mehr Reformen gefordert haben und sich für eine wirtschaftsliberale Ausrichtung der Union eingesetzt haben. Das passt gut zusammen und wir von der jungen Union haben uns auch entschlossen, uns für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik einzusetzen.
In den Jahren der großen Koalition hat sich die CDU immer stärker sozialdemokratisiert. Was sagen sie denjenigen, die die Ansicht vertreten, dass Freiberufler und Mittelständler eigentlich nur noch FDP wählen könnten?
Das höre ich natürlich auch häufig, aber ich kann nur darauf verweisen, dass wir als Union mit Karl Theodor zu Guttenberg…
Der ja in der CSU ist…
….ja, die aber zur Union gehört, jemanden haben, der sehr populär ist und für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik steht.
Aber ohne die FDP wird es keine Änderung in der Wirtschaftspolitik geben. Wenn es wieder zu einer großen Koalition kommt, wird die Union doch die Wähler, die auf Reformen hoffen, wieder enttäuschen.
Um es ganz klar zu sagen: Ich bin gegen eine große Koalition. Es kann bei der Bundestagswahl nur eine Option für uns geben und das ist eine Koalition von CDU und FDP. Die Reformnotwendigkeit ist in Deutschland so groß geworden, dass es dazu keine Alternative gibt. Ich kann nur jeden davor warnen, mit dem Gedanken zu spielen, andere Konstellationen wären besser. Es ist so, wie Sie sagen: Die schwarz-gelbe Koalition ist die einzige, mit der wir auch eine wirtschaftsliberale Programmatik durchsetzen können.
Wie hoch sehen sie denn die Chancen für eine schwarz-gelbe Mehrheit? Vor vier Jahren gab es auch gute Umfragen und am Wahlabend reichte es dann doch nicht mehr.
Schwarz-Gelb ist zum greifen nah, aber es stimmt: Immer mehr Menschen entscheiden sich erst in den letzten Tagen vor der Wahl. Deshalb gilt es bis zu letzten Sekunde zu kämpfen. Wer glaubt, die Wahl wäre schon gewonnen, irrt. Wir müssen bis zur Wahl darum werben, die Union zu wählen.
Aber müssen Sie nicht erst einmal innerhalb der Union um ihre Positionen werben? Wenn man sich Rüttgers und Laumann in NRW anschaut oder Seehofer in Bayern, dann haben diese Christdemokraten mit der Politik, die einst auf dem Leipziger Parteitag beschlossen wurde, nicht mehr viel zu tun. Haben Sie nicht große Schwierigkeiten, ihre eigenen Positionen in der Union durchzusetzen?
Wir haben in der CDU klare Beschlüsse, für die sich auch die Junge Union eingesetzt hat und die gelten. Eins ist doch klar: Wenn man politische Mehrheiten hat, die nicht von der SPD abhängen, werden die Gestaltungsspielräume doch wesentlich größer. Ich bin optimistisch, dass wir in einer Koalition mit der FDP mehr von unserem Programm durchsetzen können als es in den vergangenen vier Jahren der Fall war.
Was wären denn Ihrer Ansicht nach die dringendsten Aufgaben, die nach der Wahl von einer schwarz-gelben Regierung angepackt werden müssten?
Ich glaube, das wichtigste ist, dass wir trotz der Krise die öffentlichen Haushalte konsolidieren. Der Handlungsspielraum von Politik wird sich immer weiter einschränken, wenn uns das nicht gelingt – und vor allem die zukünftigen Generationen werden darunter leiden. Das heißt für mich, es darf keine weiteren Konjunkturprogramme geben, der Staat wird wieder sparsamer werden müssen und er muss sich von dem Gedanken verabschieden, mit dem Geld der Steuerzahler Unternehmen zu retten.
War das Krisenmanagement der großen Koalition erfolgreich?
Es gab viele Kompromisse, ein paar Sachen waren erfolgreich, andere nicht. Das Konjunkturpaket II hat erst im Sommer begonnen zu wirken – ob sich diese Ausgabe gelohnt hat, wird man im Nachhinein besser beurteilen können. Das gleiche gilt für die Umweltprämie: Wir werden uns sehr genau anschauen müssen, ob mit dem Geld wirklich Arbeitsplätze in Deutschland gesichert wurden und wenn, wie viele. Mein Problem mit all diesen Maßnahmen ist, dass am wenigsten der Mittelstand von ihnen profitiert, und der ist das Rückgrat unsere Wirtschaft – bei den Arbeitsplätzen, bei den Ausbildungsplätzen und bei den Investitionen.
Und der Mittelstand brauch keine Konjunkturpakete?
Nein, der Mittelstand braucht vernünftige und verlässliche Rahmenbedingungen, um erfolgreich arbeiten zu können. Er braucht weniger Bürokratie, eine realistische Umweltgesetzgebung und vernünftige Steuerpolitik in den Berechen Unternehmenssteuern und Erbschaftssteuer. Das sind die Themen, die den Mittelstand interessieren und damit werden wir uns beschäftigen müssen.
Sehen Sie Raum für Steuersenkungen?
Da muss Politik konsistent bleiben. Im Wahlkampf neigen ja viele dazu, Versprechungen zu machen. Die FDP verspricht Steuersenkungen und ausgeglichene Haushalte. Das ist nicht realistisch. Wir sagen, dass wir erst die Haushalte in Ordnung bringen müssen und dann die Steuern senken können. Beides gleichzeitig machen zu wollen, halte ich für fahrlässig.
Steuersenkungen sollen zu mehr Wachstum führen und somit über den Umweg einer wachsenden Wirtschaft die Haushalte entlasten.
Jede Steuersenkung muss gegenfinanziert sein und darf nicht über Schulden finanziert werden. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Klar ist aber auch, dass der Staat nicht so weiter machen darf wie in den letzten Jahren, als wir trotz Rekordeinnahmen immer noch neue Schulden gemacht haben. Wir werden auch sparen müssen und das über alle Ressorts – mit einer Ausnahme: im Bildungsbereich. Das Geld, das wir dort ausgeben, sind Investitionen in unsere Zukunft.