Nahverkehr: „Wir alle zahlen den Preis für alte Strukturen“

Uwe Knüpfer, einer der Initiatoren des gestrigen Verkehrsgipfels, will, dass auch im Ruhrgebiet die Busse und Bahnen häufiger fahren. Aber dazu braucht es auch neue Strukturen.

Uwe Knüpfer Foto: Privat

Ruhrbarone: Herr Knüpfer, was ist als einer der Veranstalter Ihr Fazit des gestrigen Verkehrsgipfel?
Uwe Knüpfer: Zum Teil wurde uns ein beeindruckendes Schauspiel geboten. Die Vertreter der hiesigen Verkehrsunternehmen konnten wortreich erklären, warum es so, wie es ist, gut ist und es nicht anders geht. Martin Sindelar von den Wiener Linien und Hans-Werner Franz vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zeigten, dass Nahverkehr in Großstädten anders funktioniert als im Ruhrgebiet – und zwar schnell, mit dichtem Takt und preiswert.

Die Nahverkehrsbosse im Ruhrgebiet sind also einfalls- und phantasielos?
Das haben Sie jetzt gesagt. Die können ja gar nicht anders. Jeder kann nur in den Grenzen denken, planen und fahren, die ihm gesetzt sind. Aber der Zusammenschluss der Nahverkehrsbetriebe Essens, Duisburgs und Mülheims zeigt ja, dass einige Städte die Zeichen der Zeit erkannt haben. Die meisten setzen allerdings noch auf die Bewahrung überholter Strukturen. Den Preis zahlen wir alle: in Form teurer Tickets, langer Wartezeiten, unverständlicher Tarifstrukturen und lausiger Verbindungen, sobald man es wagt, nicht sichtbare Stadtgrenzen zu überfahren.

Ein guter Nahverkehr ist eine teure Sache, und Geld ist knapp im Revier.
Knüpfer: In Berlin auch, und selbst in Wien ist man finanziell nicht auf Rosen gebettet. Aber der Wiener Nahverkehr kommt mit deutlich weniger Personal aus und leistet mehr als die Heerschar der Gesellschaften im Ruhrgebiet.

Sie wollen den Busfahrern ihre Jobs wegnehmen?
Knüpfer: Nein, würden Nahverkehrsunternehmen zusammengelegt, würde kein Busfahrer seinen Job verlieren. Aber ein paar Vorstände und sonstige Häuptlinge bekämen die Chance, sich neu zu orientieren. Außerdem geht es ja nicht nur um Einsparungen: Die Beispiele aus Wien und Berlin zeigen, dass ein attraktiver Nahverkehr mehr Nutzer anzieht und auch höhere Einnahmen bedeutet. Man muss nur mutig und groß denken. Im Ruhrgebiet wird im Bereich Nahverkehr eher klein gedacht. Und über Mut müssen wir leider gar nicht erst reden. In Wien soll bald 40 Prozent der Verkehrsleistung vom Öffentlichen Nahverkehr erbracht werden – im Ruhrgebiet sind es gerade einmal elf Prozent. Die Ruhrstadt hat dadurch einen strukturellen Nachteil.

Wie hoch schätzen Sie denn die Bedeutung eines gut funktionierenden Nahverkehrssystems für den Wettbewerb mit anderen Regionen ein?
Als sehr hoch. Ein leistungsfähiges Nahverkehrssystem wird sowohl von Unternehmen als auch von Menschen, die ins Revier ziehen, einfach vorausgesetzt. Entsprechend peinlich ist die Leistung, die ihnen hier geboten wird: Ein Zehn-Minuten-Takt, wie wir ihn fordern, ist keine Spinnerei – in Wien fährt die U-Bahn tagsüber im 2,5-Minuten-Takt und nachts alle zehn Minuten. Wir haben uns daran gewöhnt, abgespeist zu werden. Aber vielleicht ändert sich das ja jetzt. Immerhin haben alle Anwesenden unserer Resolution zugestimmt. Und die Zukunftskommission der Landesregierung hat den Ausbau des ÖPNV an Ruhr und Rhein als Kernaufgabe der Landespolitik identifiziert. Unter dem Titel „10-10-60“ fasst unsere Resolution das Ziel in einer griffigen Formel zusammen: Vorbild des Nahverkehrssystems der Region muss die Vorzeige-Metropole des Landes sein. Wie in Berlin muss es auch in der Städtelandschaft Ruhrgebiet möglich sein, innerhalb von zehn Minuten die nächste ÖPNV-Haltesselle zu erreichen, maximal zehn Minuten bis zur Abfahrt des nächsten Busses oder der nächsten Bahn warten zu müssen und innerhalb von 60 Minuten jedes Ziel innerhalb der Metropolregion Ruhr zu erreichen – 10-10-60 eben. Zu Preisen wie in Berlin. Dort kostet eine Fahrt durch die komplette Metropole 2,10 Euro. Dafür kommen sie in der Ruhrstadt heute gerade von Herne bis Bochum-Mitte.

Da LEGst di nida!

Ein Tusch für die WAZ! Ein Jahr nach dem Verkauf der LEG und der Veräußerung von 93.000 Wohnungen mit knapp 300.000 Bewohnern hat Kollege Meinerz mal nachgeforscht, wem die LEG jetzt gehört: klick. Es ist nicht der Immobilieninvestor Whitehall! Der Kollege hat einen erstaunlichen Namensalat um Rosen, Kronen und Vendetta1 aufgestöbert. Und das ist leider gar nicht so komisch, weil echte Mieter betroffen sind

Hinter dem offiziellen LEG Käufer, der us-amerikanischen Immobiliengesellschaft Whitehall Real Estate Funds, die übrigens eigentlich der ehemaligen Investmentbank Goldman Sachs gehörte, verbergen sich laut WAZ lauter Dubiositäten: Vorneweg die "Lancaster GmbH und Co KG", die vormals u.a. "Vendetta 1 GMbH" hieß, zwei Mitarbeiter und 25.000 Euro auf Tasche hatte. Oder die "Kronentausend230 GmbH & Co VorratsKG", die jetzt Rote Rose GmbH heißt, deren Mutter dafür Weisse Rose GmbH.

Bewohner und Öffentlichkeit wurden seinerzeit von der noch amtierenden Landesregierung bzw. dem nicht mehr amtierenden Bauminister beruhigt mit einer für zehn Jahre geltenden "Sozialcharta". Aber was solche Vereinbarungen wohl Wert sind, wenn 2008 im Landtag und bei der LEG nur von einer Veräußerung an Whitehall die Rede war, während der Kreis Wesel oder die Stadt Gevelsberg bereits an die als Lancaster GmbH firmierende Gesellschaft verkauft haben? Eigentlich guter Stoff für einen Untersuchungsausschuss – noch einen. Zumal sich die Landesregierung auf seltsame Geheimhaltungsregeln auch gegenüber dem Landtag beruft.

Steuern auf das Internet, um die Zeitungen zu retten?

In den Niederlanden wird derzeit ein Vorschlag heftig diskutiert, mit dem die Zukunft der Zeitungen gesichert werden soll. Und zwar berichtet das Nederlands Dagblad heute, dass Steuern auf Internetzugänge erhoben werden sollen, um damit Innovationen im Zeitungsbusiness zu finanzieren. Entsprechenden Ideen habe der Vorsitzende der Pressezukunftskommission, Elco Brinkman, dem zuständigen Minister für Medien, Ronald Plasterk, unterbreitet. Da absurde Finanzideen immer öfter über Grenzen schwappen, könnte das auch ein Thema in Deutschland werden, wo schon der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Abgaben auf Telefone und Tischcomputer saniert werden soll.

Konkret will Brinkman, ein ehemaliger Minister der konservativen CDA,  dass dem Trend zu Kostenloszeitungen etwas entegegen gesetzt wird. Dazu sollen Leute, die kein Zeitungsabo haben, insgesamt rund 20 Mio Euro quasi als Zwangsabo im Jahr bezahlen. Die Zeitungen selbst sollen dann das Geld in "innovative Internetprojekte" stecken. Warum eigentlich diese Subventionen? Bislang haben die alten Medien doch alles innovative versenkt, oder?

Dank an Angelika 🙂

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3 FÜR 7 – Höllenwochenende-Special

Viel Hartes diese Woche in Kruppstahlhausen. Barbaren an aggressiv klingenden Saiteninstrumenten in einem "Landschaftspark", Emo-Industrialrock in der Philipshalle sowie Menschen verschleißende Industriearchitektur im schönen Schein modernen Lichtdesigns und mit Kleinkunst und Führungen drumherum als Aperitif. Es bricht anscheinend diese regionaltypische Kultursommerromantik aus, die in letzter Zeit besonders gerne auf laut und massenkompatibel macht. Also direkt mitten rein, Drumrumreden bringt ja auch nicht weiter, und die Rosinen aus den Bombern gepickt.

Samstag. Extraschicht heißt diese Veranstaltung für hiesige und auswärtige Touristen im Ruhrgebiet, bei der einerseits Leute an Orte geführt werden, die sie sonst nie im Traum freiwillig besuchen würden, und diese zudem dann auch noch hübsch verfremdet werden, damit alles nicht zu sehr nach "Strukturwandel", "dysfunktionales Museum", "leer stehendes Industriemagnatenmonument" oder "Kulturpleitegeierabenteuerspielplatz" aussieht. Jene Orte also, die allgemein hier gerne "Industriedenkmäler" genannt werden. Diesmal sind folgende im besonderen Blickpunkt des Geschehens: Die Emscherinsel Herne, Phoenix in Dortmund, die Henrichshütte Hattingen und die gesetzten Dauerbrenner Landschaftspark Duisburg-Nord und Zollverein Essen. Es gibt neben Lichtdesign und Kleinkunst vor allem Führungen und Offene Türen, der Star ist halt mal wieder die Architektur – der IBA-Mythos ist einfach unbesiegbar.

Sonntag. Warum also nicht gleich a walk on the Devil Side? Oder direkt da campen, in Duisburg-Nord, wo um zehn Minuten nach 10 Uhr morgens direkt ein Highlight von heutzutage spielt mit den Kamikaze Queens, bevor dann nur noch totaal mächtige Untote aus den 70ern, 80ern und 90ern auftreten wie die geschätzten Misfits, Clawfinger, Sepultura, Motörhead, die Cro Mags und Sodom. Anthrax übrigens schon direkt nach den Kamikaze Queens (Foto: Miguel Lopes). Peter Pan Speedrock, die Bloodhound Gang und Soulfly sind ebenso wie noch etwa sieben andere auch dabei auf den zwei Bühnen. Moderation macht Silvia Superstar von den Killer Barbies.

Montag. Wenn man sich den Tag freigenommen hat, höchste Zeit die Aggression ein wenig nach innen und nicht etwa auf den Chef zu richten. Das könnte am Dienstag sonst zu Komplikationen führen. Also lieber ins Stahlbad, im Grunde natürlich in die Philipshalle, genau,  zu Nine Inch Nails, ein bisschen Emotionen abhärten, die Frustrationstoleranz flexen, den Gefühlshaushalt beizen lassen. Und dann wieder ab an die Maschinen, aber spätestens!

Im Überblick:
Extraschicht am 27. Juni ab 18 Uhr.
Devil Side am 28. Juni ab 10 Uhr.
Nine Inch Nails am 29. Juni ab 20 Uhr.

SPD und Grüne beschließen Untersuchungsausschuss gegen Uhlenberg

Foto: Eckhard Uhlenberg (CDU) / MUNLV

Ich habe oft über das dubiose Verfahren gegen den ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium Harald F. berichtet. Enge Vertraute von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) haben das Verfahren durch Anzeigen angeschoben und Privatermittlungen befeuert.  Es gab einen bundesweiten Polizeieinsatz. Einen Mega-Lauschangriff mit tausenden abgehörten Gesprächen und Emails. Vor wenig hatten die Ermittler Respekt. Mindestens ein Bundestagsabgeordneter wurde belauscht, ein Landtagsabgeordneter und viele Reporter. Mittlerweile dauern die Ermittlungen über ein Jahr – Alles ohne Ergebnis. Jetzt haben SPD und Grüne beschlossen, den möglichen Machtmißbrauch in einem Untersuchungsauschuss im NRW-Landtag zu durchleuchten.

Hier mehr zum Thema:

Die Akte F – wie das NRW-Umweltministerium einen Ex-Mitarbeiter verfolgt

Berichte aus dem Sumpf, in dem Uhlenberg und das LKA sitzen

Abhörskandal im PFT-Fall

Mega-Lauschangriff in NRW

Der Fall F. – Ministerium erhält Einblick in Ermittlungsakte

Offene Akten für die Belastungszeugin

Verfahren Harald F – Pleite für die Staatsanwatschaft dräut

Die Gas-Leitung nach Asien kommt

Foto: Nabucco

Vor ein paar Tagen war ich in Berlin. Da saß ein Mann aus Turkmenistan in der RWE-Repräsentanz. Um ihn herum, der offizielle Trubel. Spitzenpolitikern von SPD und CDU, führende Managern aus der deutschen Energiebranche und die üblichen Verdächtigen. Der Gast aus Turkmenistan trank Weißwein. Wie sich später herausstellte, war er Diplomat. Er sagte, sein Land werde RWE so viel Gas liefern, wie gewünscht wird. Schon jetzt habe Präsident Gurbanguly Berdymuchamedow den Männern aus Essen erlaubt, eigene Gasfelder im kaspischen Meer aufzuschließen und anschließend auszubeuten. Der Gast sagte, sein Land wolle sich nach Westen orientieren. Entsprechende Rahmenverträge seien unterschrieben, versichern später RWE-Manager. Den Namen des Gastes aus Turkmenistan will ich lieber nicht nennen. Das Land ist eine Diktatur. Und Diplomaten dürfen da nicht frei reden. Ich will ja nicht, dass der Gast im Gulag verschwindet.

Mit der Zusicherung der Turkmenen genügend Gas für die Nabucco-Pipeline zu liefern, steht das Projekt zum Bau der 3300 km langen Leitung vor dem Durchbruch. In diesen Tagen werden die Regierungsvereinbarungen zwischen allen beteiligten Transit-Ländern endverhandelt, versichern mehrere an den Verfahren beteiligte Personen. Innerhalb der nächsten Wochen sei mit einer Unterzeichnung der Dokumente in Ankara zu rechnen, sagte der Politikchef von RWE Supply and Trading, Neil McMillan. Damit würde der Weg frei für eines der ehrgeizigsten Vorhaben der Europäischen Union der vergangenen Jahre. Der Bau soll bereits 2011 beginnen.

Mit der Nabucco-Pipeline soll vor allem die Versorgung Südeuropas und Deutschlands breiter aufgestellt werden, um die Abhängigkeit von Russland und der Ukraine zu verringern. Die EU greift für das Projekt tief in die Tasche. Über verschiedene Förderbanken und öffentliche Geldtöpfe fließen insgesamt knapp 3,8 Mrd Euro in die Pipeline – nahezu die Hälfte der gesamten Investitionssumme. Das öffentliche Geld wird dringend gebraucht, um das Projekt zu realisieren. Denn mitten in der Finanzkrise sind die Banken vorsichtig geworden. Und Transitländer wie Ungarn oder Bulgarien sind mit ihren Energieversorgern keine beliebten Kreditnehmer. Alleine die Europäische Investitionsbank will deshalb einen Kredit über 2,5 Mrd Euro bereitstellen. Dazu kommt ein Milliarden-Kredit über die Europäische Bank für Wiederaufbau sowie ein direkter Zuschuss in dreistelliger Millionen-Höhe aus dem Konjunkturprogramm der EU.

Tatsächlich unterstützt die europäische Politik das Projekt nach Kräften. EU-Kommissar Andris Piebalgs wirbt auf ausgedehnten Reisen durch Europa und Asien um Zustimmung. Sowohl die Union als auch die Einzelländer haben sich bereit erklärt, für Nabucco Ausnahmen aus der staatlichen Regulierung zu machen. Nur 50 Prozent der Lieferkapazitäten sollen offen ausgeschrieben werden, den Rest dürfen die sechs Partner des Baukonsortiums um RWE und den österreichischen Versorger OMV frei unter sich aufteilen. Erst vor wenigen Tagen war der Leiter der Energiepolitischen Abteilung aus dem Bundeswirtschaftsministerium, Detlef Dauke in Azerbaijan, um in dem kaspischen Land für die Zusammenarbeit zu werben. Dauke versprach den Azeris: “Dieses Projekt wird eine neue Phase in der Europäischen Wirtschaftsgeschichte eröffnen und ist die Basis für die weitere Kooperation unserer Länder.“ Der Präsident Azerbaijans, Ilham Alijev, garantiert mehr als sieben Mrd Kubikmeter Gas für die Nabucco-Pipeline im Jahr.

Selbst mit der Türkei zeichnet sich eine schnelle Lösung der Probleme ab. Bislang wollten die Türken 15 Prozent des Gases, das durch die Nabucco nach Westen fließt, für den eigenen Bedarf abzweigen. Damit sollte die Abhängigkeit von Russland reduziert werden. Nun heißt es, eine türkische Ländergesellschaft soll den Handel im Land abwickeln und so den türkischen Staat in das Projekt einbinden, samt Steuerzahlungen und dem direkten Zugriff auf die Ressourcen, berichten Verhandlungsteilnehmer. Im Gegenzug würden die Türken ihre Forderung auf Garantiebezüge fallenlassen.

Erst eine Explosion in Turkmenistan brachte den Durchbruch in den Pipelinen-Verhandlungen. Der turkmenische Gast in der Berliner RWE-Repräsentanz berichtet davon, warum sein Land unbedingt Gas nach Europa verkaufen will. Turkmenistan hat die größten Reserven in der Region und könnte die Nabucco alleine befüllen. Die Geschichte des RWE-Gastes beginnt im April. Im Aufschwung der vergangenen Jahre hatten die Russen langfristige Festpreis-Verträge über Gasimporte aus Turkmenistan unterzeichnet. Da aber die Preise für den Weiterverkauf in den Westen mit den Ölpreisen seit Beginn der Wirtschaftskrise stark fielen, versuchten die Russen neu zu verhandeln. Sie wollten die Tarife drücken. Als das nicht klappte, kündigte der russische Staatskonzern Gazprom am 7. April den Stopp der Importe aus Turkmenistan innerhalb von 24 Stunden an – offiziell um Wartungsarbeiten durchzuführen. Die Turkmenen waren nicht in der Lage die Lieferungen schnell genug herunterzufahren. Nachdem die Pipeline gesperrt waren, explodierte eine Leitung im Abschnitt Dowletabat-Derjalyk. Die Exporte aus Turkmenistan wurden danach auf unbestimmte Zeit eingestellt. Ein Schock für die Turkmenen, wie ihn die Europäer nach dem russisch-ukrainischen Gaststreit erleben mussten. „Wir vertrauen den Russen nicht mehr“, sagte der turkmenische Gast. „Wir wollen lieber direkt nach Europa liefern.“

Die Turkmenen sind nicht die einzigen Lieferanten, die bereit stehen. Der österreichische Energieversorger OMV hat mit dem Irak ein Lieferabkommen geschlossen. Demnach sollen Felder im kurdischen Autonomiegebiet entwickelt werden. Fast sechs Mrd Euro wollen die Österreicher zusammen mit Partnern investieren, um über die Nabucco bis zu drei Mrd Kubikmeter Gas im Jahr nach Westen zu schicken. Die Türken zeigen sich bereit, den Anschluss Kurdistans an die Nabucco zu akzeptieren. Da das Geschäft über die Irakische Regierung abgewickelt werde, müssten die Kurden nicht de facto als Staatsmacht anerkannt werden, heißt es.

Selbst mit dem Iran rechnen die Planer der Nabucco-Pipeline mittelfristig. Der iranische Ölminister Gholam-Hossein Nozari besuchte vor wenigen Wochen Deutschland, um hier über eine Beteiligung an der Nabucco zu sprechen. Wie Vertraute berichten, wird daran gedacht, iranische Felder über Syrien und Irak anzubinden. Selbst über die Türkei sehen die Planungen bereits jetzt einen Anschluss des Iran an das Europäisch-Asiatische Leitungsnetz vor. Noch ist eine Öffnung des Vorhabens für den Iran politisch nicht durchsetzbar. Die USA und Europa treten gemeinsam für strikte Sanktionen ein, um das iranische Atomprogramm zu verhindern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll RWE-Managern sogar gedroht haben, das Nabucco-Projekt scheitern zu lassen, falls Gespräche mit dem Iran bekannt werden sollten.

Doch ungeachtet dieses Druckes ist zumindest ein deutscher Gasversorger schon vor Ort. Der Regionalversorger Bayerngas hat ein Büro in Teheran eröffnet, um über Energiegeschäfte zu verhandeln. Das Unternehmen gehörte früher zum E.on Konzern und war mit Ruhrgas eng verbunden, heute ist es im Besitz süddeutscher Kommunen. Ein Bayerngas-Sprecher sagte: „Die Ressourcen des Iran sind attraktiv.“ Sollte sich der politische Wind im Land tatsächlich drehen, könnte es sinnvoll sein, den Iran über Gaslieferungen wieder in die Weltwirtschaft einzubinden. „Die Russen haben im kalten Krieg ja auch Gas nach Deutschland geliefert.“

Mehr Geld für RVR-Töchter

Der Regionalverband Ruhr (RVR) hat gestern beschlossen den beiden prominentesten Tochterfirmen mehr Geld zuzuschustern – in Zeiten klammer Kassen. Zum einen soll die Kultur Ruhr GmbH 950.000 Euro außerplanmäßig bekommen. Dann ist die von Hanns-Ludwig Brauser (SPD) geleitete Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (wmr) nicht mit ihrem Etat ausgekommen. Der Nachschlag hier: 800.000 Euro.

Zunächst zur Kultur Ruhr: Die Kunstfirma des Verbandes macht vor allem das Theaterfestival Ruhr-Triennale. Der neue Intendant Willy Decker hat eine Produktion gestartet, die finanziell aus dem Ruder gelaufen ist, wie es beim RVR heißt. Die Mehrausgaben liegen demnach in diesem Jahr bei rund 2 Mio Euro. Davon muss der RVR eben die 950.000 Euro tragen. Weitere 700.000 Euro zahlt das Land.

In einer Dringlichkeitsentscheidung hat RVR-Direktor Klink schon im März 2009 den Mehrausgaben zugestimmt. Allerdings soll das Geld nur verschoben werden. Das heißt: Die runde Million des RVR wird in diesem Jahr ausgeschüttet und im nächsten Jahr aus dem Etat der Ruhr-Triennale gekürzt. Das gleiche will das Land machen. Es werden einfach Projekte von einem Haushaltsjahr in das nächste verschoben.

Intendant Decker hat zugesagt, dass die verfrühte Ausschüttung der Euros keine Qualitätseinbussen im kommenden Jahr mit sich bringen würde. Wie es heißt, will die Kultur Ruhr GmbH auch versuchen noch Sponsoren zu gewinnen, die die Mindereinnahmen im kommenden Jahr ausgleichen sollen. Bin gespannt, ob das stimmt.

Anders sieht die Lage bei der wmr aus. Hier braucht Brausers Firma mehr Geld. Und zwar 800.000 Euro. Um an das Geld zu kommen, spannt Brauser seine Phantasie an. Zunächst will er 200.000 Euro aus einem angeblich erwirtschafteten Überschuss des RVR aus dem Jahr 2006. Das Geld soll ihm jetzt ausgezahlt werden. Hier ist die Frage, wem das Geld eigentlich zusteht? Sprich, wem und welchen Projekten das Geld weggenommen werden soll? Wenn man die Nachschusspflichten bei den Revierparks in den vergangenen Jahren verfolgt hat, kann man sich kaum vorstellen, dass es einen Überschuss geben soll, der quasi frei herumliegt und nun von Brauser aufgegessen werden soll.

Noch spannender ist aber die avisierte Herkunft der restlichen 600.000 Euro die Brauser haben will. In der Vorlage für die RVR-Verbandsversammlung heißt es, dass durch Mehreinnahmen aus Steuern in diesem Jahr 600.000 Euro zusätzlich über die Verbandsumlage in die RVR-Kassen gespült würden. Dieses Geld will Brauser haben. Zitat:

„Nach heutigen Erkenntnissen ergibt sich für 2009 eine Mehreinnahme von ca. 600,0 TE, die zur Finanzierung der wmr herangezogen werden soll.“

Unbeachtet bleibt bei dieser Aussage die Wirtschaftskrise, die derzeit die gesamten kommunalen Haushalte aufgrund von wegbrechenden Steuereinnahmen ruiniert – und damit auch die Verbandsumlage. Hier geht der RVR also sehenden Auges in ein Defizit. Tolle Finanzpolitik sieht anders aus.

Die Ausschüttungen an die wmr sind allerdings trotzdem beschlossen worden.

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