Fünf neue Süchte für Sabine Bätzing

Als ich jung war, war alles ganz einfach: Süchtige waren schlank, hatten Nadeln im Arm und gingen auf David Bowie Konzerte. Spätestens seitdem Sabine Bätzing Drogenbeauftrage der Bundesregierung ist, ist das vorbei.

Sabine Bätzing (Mitte, ohne Hut) kann auch Spaß haben. Ausriss: Seelsorgeeinheit Rheinbrohl

Denn Bätzing hat sich der Suchtproduktion verschrieben: Haschh, Heroin und Hagebuttenlikör reichen ihr nicht mehr. Sie will neue Süchte denn mit jeder Sucht steigt die Bedeutung ihres Amtes und ein wenig natürlich auch ihre eigene Bedeutung. Und: Neue Süchte sind immer ein guter Grund um etwas zu verbieten. Zum Beispiel Online-Spiele für Jugendliche. Aber es muß weiter gehen. Ich habe mir mal fünf Süchte angeschaut, um die sich Bätzing unbedingt kümmern muß, wenn das Abendland gerettet werden soll.

1.  Lesesucht – Hilflose Menschen glauben sie wären Intellektuelle, werden aber von einer skrupellosen Verlagsmafia auf subtile Weise dazu gezwungen, immer neue Bücher zu kaufen.

2. Parteisucht: Irgendwann mal sind die Opfer dieser Sucht ganz naiv in eine Partei eingetreten. Nun, Jahrzehnte später, hat die mit ihren ursprünglichen Zielen nix mehr zu tun aber mit Streuselkuchen, Bratwurst und Bier und sogenannten „gemütlichen Beisammensein“ werden die Mitglieder immer wieder auf neue daran gehindert, sich endlich loszureissen.

3. Kindersucht: Es fängt mit einem an und das ist ja noch ganz niedlich. Dann kommt ein zweites, ein drittes und so geht es immer weiter. Um die Kindersucht finanzieren zu können schleichen sich manche der Kidjunks in Ministerien ein.

4. Redesucht: Trotz aller Mühe: Die Betroffenen sind nicht in der Lage auch nur an einem Mikrofon vorbei zu gehen. Was gefragt wird interessiert sie nicht. Sie erzählen einfach was ihnen in den Sinn kommt.

5. Arbeitssucht: Es ist mit der Arbeit wie mit vielen anderen Drogen:  Den Kick bekommt man längst nicht mehr, es geht nur noch darum die Schmerzen des Entzugs zu lindern: Jeden Tag schleppen sich Millionen Deutsche gegen ihren Willen in Büros und Fabriken. Ein Leben ohne Job? Undenkbar!

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Foto: Görges

Bochum-Total:
Fans trotzdem dem Unwetter…Der Westen

Schützen: Ballern lernen in den Ferien…Ruhr Nachrichten

Weltuntergang: 2012 ist Schicht…Kueperpunk

Kulturhauptstadt: Linz mit gemischter Bilanz…Presse

Traumzeit: Festibal startet heute…RP Online

A40: Vollsperrung und Design…WDR

Tonträger: Nachruf auf die Popkomm…Berliner Zeitung

Parteiwechsel: "Warum ich nicht zu den Piraten gehe"…Zeitrafferin

Schützen II: Das Lied von Schützne-Willy…RP Online

Jackson: Abschiedsfeier in Dortmund…Ruhr Nachrichten

Möllemann: Westerwelles Schatten…Sprengsatz

 

4 FÜR DEN FLUR – Runterkommen am Wochenende

So, mir reicht es jetzt. Die Reihe "3 FÜR 7" handelt kurz, knapp und schnodderig die extrem kulturvolle Sparte ab, und das jeden Dienstag. Aber was macht das brave Arbeitervolk hier in der Gegend nach wie vor am liebsten? Genau dann weggehen, wenn jedeR ausgeht, nämlich am Freitag und Samstag. Fatal, und das wird sich ohne ein gewisses Zutun wohl nie ändern. Also werden von nun an total coole Underground-Clubnächte derart unverschämt freitäglich in alle Welt hinausposaunt, bis der Untergrund endlich dahin geht, wo er hingehört: Zu den Werktagen, wie in sonst jeder bescheuerten Super-Menschenansammlungswohngegend auch. Danke, gern geschehen.

Freitags gehen immer die besonders Sauf(-und-so)-Bedürftigen auf die Piste, deshalb macht sich anscheinend kaum jemand die Mühe, da Programm-mäßig überhaupt noch etwas Besonderes abzuliefern. Also gut, könnt Ihr haben: Opening des Panic Room (ehemals in Steele) am Essener Pferdemarkt. Und zwar schon ab 18 Uhr mit Unmengen an Flaschenbiersorten, Rock aus den letzten vier Jahrzehnten, extrem kleinteiliger Trashdeko und den Garagejunggöttern Torpedo Monkeys (sowie noch ner Band mit einem allerdings viel zu langen Namen). Danach kann man dann höchstens noch in den Goldclub (jetzt seit einem Monat im Girardet Center) einfallen, um sich von Thorsten Pop Missile (sonst vor allem Hundertmeister Duisburg) die eher schaumgebremste, nie zu trendige BritPop-Packung (weit gefasst, dieser Begriff) zu geben und dabei beobachten, wie in diesem Etablissement mal wieder Essener Normalvolk und Semi-Szene (nicht) aneinander vorbeitanzen.

Samstag? Besser, wahrscheinlich weil am Sonntag weniger Leute arbeiten – ein Hoch der Arbeit natürlich, blabla, nix dagegen, muss schon, etc. Also: Ganz schön massenkompatibel "Summer Sounds" (ist das noch Englisch?) heißt die Sommerreihe (16 – 22 Uhr) in verschiedenen Parks von Dortmund, und niemanden wird wundern, dass Helmich und Sänger (sonst auch im Taxi des domicil) den Anfang machen, und das – als Westpark Unit auch noch. Da können sie sich auch schön äh eingrooven für die DeepHouse-Saison im von der Stadt gestifteten FZW-Club demnächst. Glückwunsch, nun lebenslänglich DJ, haha. Zum Glück auch noch dabei, aber woanders: Ralf Odermann, und das dann eher ultra-klassisch an alter Stätte, die jetzt Stargate heißt, aber natürlich zum nur zweimal im Jahr stattfindenden Logo-Club. Ahl Männer, all right. Noch mehr Urgestein? Geier, Koth (beide Rote Liebe früher mal), DNMK, Casio (alles Mögliche früher mal, nun vor allem Residents) und ein gewisser Martin Eyerer machen im Goethebunker zum einen auf Disco-MinimalHouse-Connection und zum anderen auf Broken/BigBeat-Techno-Connection. Letzteres auf dem großen, ersteres auf dem kleinen Floor im Goethebunker. Genau, und Beatplantation (Foto: irgendeinE AutonomeR) im Landschaftspark in Duisburg ist auch noch. Viel Spaß! (Fortsetzung dieser Party-Reihe hier: unregelmäßig.)

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Scharfes aus der Welt des Tangos

Ich glaube, ich bin der einzige Ruhrbaron, der dem Tango Argentino frönt. Die dazu notwendigen Fähigkeiten habe ich mir vor über zehn Jahren in mehreren Kursen in der Tanzschule La Boca in der Ruhrstadt Bochum angeeignet. Seitdem gehe ich regelmäßig dieser weltweit schönsten Form der  Nachtarbeit nach. Aber Tango ist nicht nur Tanz sondern eine Reise durch eine eigene Kultur aus Musik, Geschichte, Events, Kunst, Philosophie und Literatur. Vor kurzem bekam ich dabei dieses kleine, fast quadratische, geradezu niedliche Büchlein in die Hand. Mit dem eher romantisch-harmlos daherkommend Titel: Der Tangoengel.

Aber  das Ding enthält hochexplosiven Stoff. Nicht nur für Tangotänzer. Es geht im Kern um das Verhältnis von Tanz und Sex. Ich habe noch nie so viel, so ausschweifend und gleichzeitig so genau darüber gelesen wie in diesem 124  Seiten starken Parforceritt in Sachen erotischer Physik. Die Autorin, die aus gutem Grund einen Decknamen gewählt hat und über die der Verleger nicht mehr zu sagen bereit ist, als dass sie weiblich ist, nimmt kein Blatt vor den Mund. Im Gegenteil! Und doch ist der Text an keiner Stelle pornographisch. Er ist vielmehr grundehrlich, direkt bis zur Provokation, hintergründig und – sofern es das Thema überhaupt zulässt –  sogar ironisch und witzig. Mit einem Satz: Er ist im positiven Sinne verdorben, ist von geradezu praller Lasterhaftigkeit.
 
Die Story selbst ist dagegen eher traurig und bitter. Zumindest gibt es kein Happyend. Sie hat eigentlich überhaupt kein richtiges Ende, denn man fängt nach dem letzten Satz fast automatisch an, die Geschichte erneut von vorne zu lesen. Wieso? Weil sie mit dem Abend danach beginnt, um dann die Nacht davor zu beschreiben. Die Sache wird sozusagen von hinten aufgerollt, aus dem Rückspiegel betrachtet. Die beiden Hauptfiguren befinden sich dabei auf der Milonga (so nennt man beim Tango die Tanz-Location) , die der Ausgangspunkt der Nachtgeschichte ist. Der räumliche und soziale zumindest. Der emotionale Ausgangspunkt ist der Tanz, das gemeinsame Tanzen zur Tangomusik. Die Begegnung in der Bewegung, die zu einer Bewegung in der Begegnung geführt hat. Zu einer Dynamik, die am Ende keiner der beiden Beteiligten mehr kontrollieren konnte und wollte. Die irgendwie überraschend und doch unausweichlich von der Vertikalen in die Horizontale führte, und (wie so oft bei Tango-Affären) zu einem bösen Erwachen.
Das in der Tangoliteratur immer wieder thematisierte Begehren wird hier zu Ende gedacht, phantasiert, erzählt. Rein literarisch gesehen an machen Stellen noch verbesserungsfähig, aber nichtsdestotrotz und meines Wissens erstmalig in solch einer   inneren Konsequenz, mutigen Offenheit und  im wahrsten Sinne des Wortes eindringlichen Körperlichkeit. Und zwar aus der Sicht beider Protagonisten, das heißt in diesem Fall aus der weiblichen und der männlichen, was der Leser angenehmerweise am diesbezüglich wechselnden Schrifttypus gut nachverfolgen kann. Es war für mich immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die Autorin dabei auch in der männlichen Seele auskennt, beziehungsweise sich in diese hineinzuversetzen in der Lage ist.
 
Hinter der manchmal beängstigend materialistischen Beschreibung der körperlichen Vorgänge lässt die Autorin in den ebenso niedergeschriebenen Gedanken der „Matadore“ immer wieder deren emotionale Betroffenheit aufscheinen und stellt dabei Stück für Stück die Motive und (Hinter)Gründe ihres Handelns vor. Tanz wird dabei, im immer schneller werdenden Wechsel, zu Sex – und umgekehrt, bis das eine vom anderen nicht mehr zu unterscheiden ist. Zumindest nicht für die beiden Akteure. Ihre Erinnerungen vermischen sich zusehends mit der Gegenwart. Ihre Wünsche und vor allem ihre Ängste werden eins mit der Realität, oder genauer mit der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Realität. Lust wird zur Last, Träume zu Alpträumen. Dazwischen immer wieder der Versuch, Sex und Liebe zu verbinden, Leidenschaft und Zärtlichkeit miteinander zu versöhnen. Aber es gelingt nicht. Keinem von beiden. Wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen.
 
So wird ganz nebenbei die diesbezügliche emotionale und soziale Ambivalenz des Tango und insbesondere der Tangoszene abgehandelt, ohne die Freuden und die Glücksgefühle beim Tanzen dabei aus den Augen zu verlieren. Totale Einsamkeit und totale Nähe liegen hier nämlich genauso nahe beieinander wie Schein und Sein. Und Sex löst bekanntlich keine Probleme. Er kann sie sogar – wie wir alle wissen – noch potenzieren. Hier treibt er sie auf die Spitze, ist tragender Teil der Dramaturgie.

Das Büchlein wird übrigens in der Ruhrstadt Herne beim Frisch-Texte-Verlag produziert : Klack
 

Ist die Zukunft des Papiers elektronisch?

Foto: Flickr.com / Yaisog

Alle warten gespannt auf die Zukunft der Medien, reden vom Ende des Druckergewerbes und dann kommt das: Ein eBook Marke Sony PRS-505. Ich hab das Ding ausprobiert. Ein Erfahrungsbericht:

Seit geraumer Zeit frage ich mich, welche Zukunft das Printbusiness hat. Gibt es neue Geschäftsmodelle für Verlage und Reporter, für Buchhändler und Grossisten? Es heißt, das Internet sei das elektronische Grab einer ganzen Branche. Ich muss dann immer an die Menschen denken, die anfingen automatische Webstühle zu bekämpfen. Der Kampf gegen die Technik hatte keinen Erfolg – und heute gibt es billige Kleider für alle, die Textil-Industrie beschäftigt immer noch Millionen Arbeiter – und wir leben zumindest in Europa, da wo die mechanischen Webstühle erfunden wurden, nicht im Elend. Mit anderen Worten: Ich glaube an den Fortschritt und daran, dass man nur die richtige Idee braucht, um eine Branche neu zu erfinden.

So sehe ich auch die Herausforderung an das alte Printgewerbe durch das Netz. Der freie Wissensfluss ist eine Chance, etwas komplett Neues zu generieren. Auch für Verlage. Eine Idee war mal, so ne Art Handyvertrag für Zeitungen und Zeitschriften zu gestalten.

Grundsätzlich kann man ja sagen, die Verleger verkaufen bislang nur Papier. Und um diesen langweiligen Stoff interessant zu machen, bedrucken sie ihn mit möglichst spannenden Geschichten. Stories wollen die Leute haben, also zahlen sie für gepresste Zellulose. Aus diesem Grund ist eine Zeitung mehr wert, als zum Beispiel eine Rolle Klopapier.

Auch im elektronischen Zeitalter wollen die Menschen spannende Geschichten lesen, hören, sehen. Wäre es da nicht klug, statt Papier, elektrische Lesegeräte für digitale Zeitungen zu verkaufen? Der Deal könnte doch so aussehen: Der Verleger verkauft ein Lesegerät für 1 Euro. Dafür muss der Kunde ein Zweijahresabo zum Preis 24 Euro je Monat für die digitale Zeitung abschließen, plus ein Bonusabo auf eine Zeitschrift der Wahl. Die Zeitung und das Magazin werden dann jeden Tag auf das Lesegerät gebeamt. Plus Extra-Features, wie Archiv-Nutzung und kleine Einspielfilme. Was weiß ich.

Diese Idee finde ich gut. Könnte doch ein Weg sein.

Nun: Dazu braucht man aber ein taugliches Lesegerät. Und da fangen die Probleme an: Ich habe das Sony PRS-505 getestet. Das derzeit einzige eBook, das in Deutschland zu haben ist. Die Zukunft also, die jede Zeitung weghauen soll. Zum Preis von 347,90 Euro.

Beim auspacken fiel mir die sehr elegante Schutzhülle auf. Richtig schick. Das Beste zum Angeben im Zug oder im Flugzeug. Edel, schlicht, Leder. Liegt in der Hand, weich, wie ein Pfirsich. Toll.

Dann muss man das Ding aufklappen. Der Bildschirm ist in etwa so groß wie ein Reklambuch. Der Kontrast auf dem eingeschalteten Bildschirm: Schwarze Eckbuchstaben auf schlammigen Recyclingpapier. Kennt noch wer diese Öko-Alternativ-Flugblätter aus den 80er Jahren. Ich meine die Druckqualität von den Dingern? Ungefähr so sieht das aus.

Dies sei Leseoptimiert, heißt es in einer Presseerklärung zum Gerät. So könne der Kontrast am besten hergestellt werden, um auch in der Sonne lesen zu können und im Schatten.

Ok. Lesen selbst geht aber erstmal gar nicht, weil der Akku leer ist. Es gibt in der Packung kein Netzgerät. Das Ding muss an den PC angeschlossen werden. Also Rechner hochfahren, ankabeln, warten. Eine Stunde, zwei Stunden, gefühlte drei Stunden. Dann ist der Akku voll.

Ich fange an zu testen. Auf dem eBook sind einige Romane. Vor allem aber Leseproben. Einer der frei geschalteten Romane heißt: "Gut gegen Nordwind".

Eine Liebesgeschichte, die sich per Email entwickelt. Lauter Emails untereinander, die sich irgendwelche Leute hin- und her schicken. Was weiß ich, 5000?

Emails in einem Buch zu lesen mag spannend sein, da es ein Konzeptbruch ist. Emails in einem elektronischen Device zu schmökern, ist „geht so“. Da nervt schon ein Blackberry. Emails von fremden Leuten zu lesen, die nur von sich erzählen, ist langweilig. Emails von fremden Leuten zu lesen, die ihr Seelenleben ausbreiten ist zum fremdschämen peinlich.

Was ich damit sagen will. Das Buch passt zum eBook.

Es gibt drei Schriftgrößen, die man frei einstellen kann. Nicht lesbar, lesbar, und Kartoffelstempel.

Nicht lesbar ist zu klein. Die Kontraste verschwimmen. Gemessen ist die Schrift zwar so groß wie die Schrift in einem Magazin, aber weil der Hintergrund des Readers so grau wie ein Regenhimmel ist, strengt das Lesen ungemein an.

Lesbar ist lesbar, aber auf einer Seite taucht soviel Text wie in einem Blackberry-Handy auf. Wer will einen Roman auf dem Blackberry lesen? Eben.

Kartoffelstempel ist so groß, dass der Text pro Seite ungefähr der Länge einer SMS entspricht. Absolut untauglich für alle Menschen, die nicht fast blind sind.

Das Problem wird durch die Größe des gesamten Gerätes definiert. Es ist im Außenumfang so groß wie ein normales Buch – also perfekt groß. Aber auf der Innenseite mussten so viele Steuerelemente angebracht werden, dass der Lesebildschirm zu klein geraten ist – wie gesagt Reklamgröße.

Wer hat gerne Reklamhefte gelesen? Ok, der Streber aus der ersten Reihe. Aber wer noch?

Ich will jetzt was gutes Lesen. Auf dem eBook ist nichts, was mich interessiert.

Ich könnte jetzt für 20 Euro oder so einen neuen Roman runterladen. Durchaus guten Stoff. Das geht. Aber für einen Test ist mir das zu teuer. Vor allem weil ich das Gerät nach einer Woche wieder abgebe. Und danach kann ich mir den für 20 Euro angeschafften Roman nicht in mein Regal stellen. Ich kann ihn auch nicht meiner Frau geben, oder einem Kumpel schenken. Ich kann ihn auch nicht verleihen, einpacken oder unter ein zu kurzes Stuhlbein schieben. Ich kann nicht mal damit ein Feuer anmachen.

Ich kann den 20-Euro-Roman eigentlich nur auf dem eBook lesen.

Das eBook akzeptiert aber auch PDF-Dateien. Ich will mir ein paar auf das Gerät laden. Das geht sehr einfach und komfortabel über ein mitgeliefertes Programm. Diese Seite der Technik passt.

Ich muss zum Beispiel noch eine Akte zu einem Prozess lesen. Das Ding hat knapp 8000 Seiten. Da ich morgen lange im Zug unterwegs bin – von Oberhausen nach München -, will ich das Monster auf dem eBook lesen und mir unterwegs Notizen machen.

8000 Seiten passen nicht auf das eBook. Der frei verfügbare, eingebaute Speicher hat unter 300 MB.

Kein Flachs. Das ist wahr.

Mein Handy hat mehr Speicherplatz und ist viermal so klein.

Ich lade einen Teil der Akten auf das Gerät. Das klappt. Ich kann die Akten öffnen. Im Schriftgrößemodus „nicht lesbar.“ Die anderen Modi funktionieren nicht. Mist.

Am nächsten Tag versuche ich aus Neugierde trotzdem zu schmökern. Es ermüdet unheimlich. Allein das Umblättern. Von Seite zu Seite können Sekunden vergehen. Schnell mal ein paar Seiten überschlagen – das läuft nicht. Nach einer Stunde gebe ich auf. Vor allem der Kontrast stört nach einer Weile extrem. Man darf sich das nicht schwarz auf weiß vorstellen, sondern nur so sehr dunkelgrau auf ziemlich hellgrau.

Wie gesagt, ich bin im Zug nach Süddeutschland. Ich schau, was das Gerät sonst noch kann. Die Steuerung ist OK. Ich kann das eBook intuitiv bedienen. Meine Oma würde das zwar nie hinkriegen. Meine Mutter wohl auch nicht. Und mein Vater hätte keine Lust auf dem Minibildschirm. Aber meine Frau kann damit sofort umgehen. Allerdings will sie das Gerät nur einmal in die Hand nehmen. Sie findet die Schrift zu klein.

Aber ich will ja von der Zugfahrt erzählen. Jedenfalls hab ich herausgefunden, dass der Sony Reader Bilder anzeigen kann.

In schwarz-weiß.

Ich denke an ein Bild auf einem 10 Jahre alten Siemens-Handy. Die Auflösung ist sehr gut, keine Frage, obwohl die Kontraste in den Weißbereichen verwischen. Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Wieso kann ich auf einem modernen Kühlschrank Spielfilme schauen und auf einem eBook nur schwarz-weiß Bilder? Leuchtet mir nicht ein.

Naja, damit bin ich an der Stelle auch am Ende. Ich hab dran gedacht, mir eine PDF-Zeitung auf das Gerät runterzuladen. Wäre doch mal interessant auf so ein Stück auf dem eBook zu lesen. Da gibt es einige Auswahl im Netz.

Mist. Das eBook hat keinen Netzzugang. Weder mobil, noch über LAN. Einfach nicht vorgesehen der Netzzugang. Wo ist da der Nutzen einen mobilen Gerätes?

Und dann ist der Akku leer.

Auch kein Flachs. Das war kurz hinter Frankfurt. Um das eBook zu laden musste ich den Laptop hochfahren.

Jetzt war der Computer an. Ich hab noch ein wenig im Internet gesurft, mir die Akten in ordentlicher Auflösung angesehen, nebenbei elektronische Notizen gemacht. Was man halt so tut.

Am nächsten Morgen war das eBook dann wieder aufgeladen. Ich hab es mit zum Frühstück genommen. Einige Leute haben neidisch auf das lederne Mäppchen geschaut. Ich habe mir einen Kaffee eingeschüttet und hätte jetzt gerne eine Zeitung gelesen. Doch wie gesagt, auf dem eBook waren nur Bücher mit Liebesemails von irgendwelchen Vögeln und so. Runterladen von irgendwas Nettem? Niente.

Bei Kaffee und Toastbrot musste ich daran denken, was ich von einem elektronischen Lesegerät erwarte. Ich will morgens eine Zeitung auf dem Gerät haben. Ich will damit Bücher und Akten lesen. Ich will damit im Netz neuen Stoff laden können. Ich will alles in Farbe haben, mit einem tollen Kontrast.

Das alles kann das eBook nicht.

Mein Fazit:

Das eBook von Sony ist der erste Pfannekuchen einer langen Serie von elektronischen Lesegeräten. Der erste Pfannekuchen misslingt immer.

Es kommen aber mehr Pfannekuchen. Und spätestens der übernächste wird prima – hoffentlich.

Ach ja, Amazon bringt den Kindle derzeit nicht in Deutschland raus, weil die Amis sich nicht mit den Mobilfunkanbietern auf einen Tarif für das Herunterladen elektrischer Bücher einigen können.

Könnte sein, dass dies der entscheidende Streit ist, warum es mit den Stromheften nicht vorangeht.

Waldorfschule: Vorsicht Steiner

Nach dem „PISA-Schock“ suchen immer mehr Eltern nach einer Alternative zur öffentlichen Schule. Oft fällt ihre Wahl auf eine der 213 anthroposophisch geprägten Waldorfschulen in Deutschland.

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart als Betriebsschule der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik gegründet. Die pädagogische Leitung lag bei Rudolf Steiner. Die von ihm entwickelte Weltanschauung „Anthroposophie“ ist bis heute verbindliche Grundlage des Unterrichts jeder Waldorfschule.

Nach anthroposophischem Selbstverständnis hatte Rudolf Steiner unmittelbaren Zugang zur „Geistigen Welt“, sprich: Steiner hatte hellseherische Fähigkeiten. Die Anthroposophie schöpft damit aus esoterischen und okkulten Quellen. Rudolf Steiner (1861–1925) promovierte 1891 in Philosophie; die 1894 versuchte Habilitation scheiterte. Um 1900 kam er in Kontakt mit Helena Petrovna Blavatskys esoterischer „Theosophie“. Von 1902 bis 1912 leitete Steiner die deutsche Sektion der „Theosophischen Gesellschaft“, die er 1912/13 abspaltete und unter dem Namen „Anthroposophie“ neu gründete. Bis heute ist Rudolf Steiner die unangefochtene Autorität der Anthroposophie und der Waldorfpädagogik. Wie weit die Verehrung geht, mag man am Umfang der Steiner-Gesamtausgabe ermessen: Sie hat zurzeit 354 Bände. Wir sprachen mit Andreas Lichte, einem ausgebildeten Waldorflehrer und heutigem Kritiker der Waldorfbewegung.


Ruhrbarone: Herr Lichte, Sie haben eine Fortbildung zum Waldorflehrer abgeschlossen aber trotz Job-Angebotes darauf verzichtet, in der wunderbaren Waldorfwelt zu arbeiten – warum?

Andreas Lichte: Als ich mich entschloss, Kunst- und Werklehrer in der Waldorfschule zu werden, wusste ich noch nicht, dass die wichtigste Qualifikation eines Waldorflehrers darin besteht, Rudolf Steiner (den Gründer der Waldorfschulen und der Anthroposophie) als absolute Autorität zu verehren, z.B. so etwas:
„Der Mensch steht der Außenwelt gegenüber. Das Geistig-Seelische strebt danach, ihn fortwährend aufzusaugen. Daher blättern wir außen fortwährend ab, schuppen ab. Und wenn der Geist nicht stark genug ist, müssen wir uns Stücke, wie zum Beispiel die Fingernägel, abschneiden, weil der Geist sie, von außen kommend, saugend zerstören will.“

Was soll das sein? Der Heilige Rudolf, Schutzpatron der Maniküren?
Ich bitte schon um ein wenig mehr Respekt vor der Waldorfpädagogik! Das ist ein Zitat aus Steiners „Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik“ [GA 293, S. 93f]. Wie der Titel dieses in jedem Waldorfseminar gelesenen Standardwerkes schon sagt, ist das die Basis der Arbeit des Waldorflehrers …

Wir gehen mal davon aus, dass Sie das bewusst aus dem Zusammenhang gerissen zitieren …
Sind Sie bei Anthroposophen in die Schule gegangen? Anthroposophen mögen es gar nicht, wenn öffentlich wird, was Rudolf Steiner wirklich sagte, dann heisst es jedes mal: „Aus dem Zusammenhang gerissen!“. Ist es aber nicht. Es wird alles noch viel, viel überzeugender, wenn Sie auch den Kontext kennen, lesen Sie doch bitte selber nach. Hier

Solch einen Wahnsinn müssen Waldorflehrer als Wahrheit akzeptieren?
Falls Sie erwägen sollten, Waldorflehrer zu werden, sollten Sie schon ein wenig flexibel sein … wie sagte Michael Handtmann, Leiter des „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“ bei meinem Vorstellungsgespräch: „Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie Anthroposoph werden … Sie sollten schon ein wenig Offenheit für weltanschauliche Fragen mitbringen, mehr nicht …“

Im Ernst: Worin besteht denn nun die Qualifikation des Waldorflehrers?
Vielleicht sollten wir die Waldorfschüler fragen? Deren Spruch zur Sache:
„Und reicht es nicht zum Strassenkehrer, dann werd’ ich eben Waldorflehrer!“

Es gibt Straßen die es in sich haben.
Kennen Sie Prof. Hermann Avenarius ? Er ist einer der renommiertesten Deutschen Schulrechtler. Er stellte kürzlich in „Frontal 21“, ZDF, fest, dass die Ausbildung der Waldorflehrer ein Verstoß gegen das Grundgesetz ist, da die im GG genannten Mindestanforderungen nicht erfüllt werden – GG, Artikel 7, Absatz 4, Satz 3: "Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen (…) in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen …"

Die Waldorflehrer sind also schlechter qualifiziert als Lehrer an öffentlichen Schulen?
Lehrer, die an öffentlichen Schulen unterrichten dürfen, könnten jederzeit an einer Waldorfschule arbeiten. Umgekehrt gilt dies nicht: Die Ausbildung an den anthroposophischen Waldorfseminaren wird nicht für den öffentlichen Schuldienst anerkannt. Deswegen sind Waldorflehrer auch vielfach völlig unkritisch: Wer sich in der Waldorfschule unbeliebt macht, dadurch seinen Arbeitsplatz verliert, steht vor dem Nichts, hat keine berufliche Alternative.

Wo sollten Waldorflehrer denn kritischer sein?

„Steiner“? Haben wir den Namen schon einmal gehört? Alles, was in der „pädagogischen Schicksalsgemeinschaft“ Waldorfschule passiert, basiert letztlich auf Steiner, auch wenn das von den Verantwortlichen routinemässig geleugnet wird – man möchte ja keine möglichen Kunden abschrecken …

Werden die Eltern über den weltanschaulichen Hintergrund der Waldorfschulen aufgeklärt?
Waren Sie schon einmal auf einem Eltern-Informationsabend einer Waldorfschule? Ich schon. Da heisst es: „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“. Und: „Anthroposophie? Was soll das sein?“ Es wird abgestritten, dass die Anthroposophie auch nur die geringste Rolle im Unterricht spielen könnte.

Offiziell heisst es ja, dass nur die Pädagogik auf Rudolf Steiner beruhe, die Anthroposophie selber aber nicht unterrichtet werde.
Mir wurde nach dem Besuch einer Informations-Veranstaltung einer sich modern und liberal gebenden Waldorfschule ein Geschichts-Epochenheft zugespielt. Der Inhalt: Das anthroposophische Geschichtsverständnis nach Rudolf Steiner, kindgerecht aufbereitet. Inklusive Atlantis.

Sie meinen „Atlantis“?
 „Atlantis“ fällt natürlich sofort ins Auge, weil das Heft damit beginnt und der Stoff so exotisch ist.

Was haben Sie denn daran auszusetzen, dass griechische Mythologie – der Atlantismythos Platons – in der Schule unterrichtet wird?

Platon? Es ist Steiner für Kinder! Ich habe ein Geschichts-Epochenheft mit Steiner verglichen, es ist eine fast wörtliche Wiedergabe von Steiners Neo-Atlantis-Mythos. Danach leben wir  alle im „Fünften Nachatlantischen Zeitalter“.

Ist uns neu.
Atlantis spielt eine entscheidende Rolle im anthroposophischen Geschichtsverständnis: Atlantis ist für den Anthroposophen eine historische Tatsache. Im „Atlantischen Zeitalter“ werden die Voraussetzungen für die heutige Menschheit geschaffen: Die Rassen entstehen und es beginnt eine fiktive Völkerwanderung, angeführt von „Manu“, dem „Menschheitsführer“ …

Wohin geht denn die Reise?
Lichte: Kurz gesagt: „Vom Menschen zum Arier“ (siehe Abbildung oben).

Der Mensch steht am Anfang der Evolution?
Das ist Anthroposophie …

Das ist Humbug!
Sie sagen es! Und das ist für mich das eigentlich Erstaunliche: Wieso bemerken die Eltern nicht, womit ihre Kinder in der Waldorfschule Zeit verschwenden? Schaut denn niemand in die Hefte? Systematische Kindesvernachlässigung? Zu verstehen, dass Atlantis und die sich daran anschliessenden „Kulturepochen“ Original Steiner sind, ist ja eine Sache, aber dass das krudeste Esoterik ist, sollte jedem doch sofort klar sein.

Sie sagten vorhin, dass in Atlantis „die Rassen entstehen“ …
Und nach anthroposophischer Auffassung bis mindestens zum Jahre 3573 bestehen bleiben, dann endet die „Fünfte Nachatlantische Kulturepoche“. „Rassen“ wie „Rassismus“. Das ist nicht meine Privatmeinung, sondern wurde von einer Deutschen Bundesbehörde, der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) festgestellt, in ihrer Entscheidung zu zwei Büchern Steiners, Zitat: „Der Inhalt des Buches ist nach Ansicht des 12er-Gremiums in Teilen als zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen.”
Die BPjM nahm eine juristische Bewertung vor, sie konnte nur Textstellen beanstanden, die eindeutig ihren juristischen Kriterien entsprachen. Auch beurteilte sie nicht Steiners Gesamtwerk. Das tut der Historiker Helmut Zander in seinem preisgekrönten Monumental-Werk „Anthroposophie in Deutschland“, Zitat: „Steiner ordnete die Rassen einer Fortschrittsgeschichte zu, in der beispielsweise heutige Indianer als »degenerierte Menschenrasse« im »Hinsterben« (GA 105, 106, 107 [1908]) oder schwarze Afrikaner als defiziente Spezies der Menschen- und Bewusstseinsentwicklung, als »degenerierte«, »zurückgebliebene« Rasse (ebd., 106) erschienen. Umgekehrt habe die weisse Rasse »das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet« (GA 107, 288 [1909]). Dies sind nur Kernsätze einer Rassentheorie, die Steiner 1904 erstmals formulierte, um sie 1910 in einem komplexen System und in zunehmender Abgrenzung zu theosophischen Positionen auszufalten. Mit seinem Ausstieg aus der Theosophie hat er diese Vorstellungen keinesfalls über Bord geworfen, sondern sie 1923 nochmals in Vortragen vor Arbeitern des Goetheanum in vergröberter, »popularisierter« Form wiederholt, aber ohne Revision im inhaltlichen Bestand. Die weisse war nun »die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse« (GA 349, 67 [1923]). (…) Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von »degenerierten«, »zurückgebliebenen« oder »zukünftigen« Rassen keine »Unfälle«, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“

„Rassentheorie“ passt nicht zum Image der Waldörfler
Noch böser aber die Reaktion der Anthroposophie, die in ihrer Leugnung von Steiners Rassismus ihrem Ruf als „Sekte“ mehr als gerecht wird. Da setzt man sich auch ganz locker über Vereinbarungen mit einer Deutschen Bundesbehörde hinweg.

Wie akut ist denn der Rassismus in der Waldorfschule?
Akut kann er IN der Waldorfschule gar nicht werden, da Waldorfschulen weitgehend „ausländerfreie Zonen“ sind.

 Waldorfschulen betonen doch immer wieder ihr soziales Engagement.
In Deutschen Waldorfschulen gibt es kaum Kinder mit „Migrationshintergrund“, oder Kinder aus „sozial benachteiligtem“ Milieu. Das ist auch der INOFFIZIELLE Grund für ihren Erfolg: Bei der privilegierten Klientel überrascht es nicht, dass die Abiturquote nicht so schlecht ist. Auch können finanziell besser gestellte Eltern den umfangreichen Nachhilfeunterricht bezahlen, der nötig ist, um die Defizite der Schule auszugleichen.

Wenn die Waldorfschulen so schlecht sind, wie Sie sie darstellen – unqualifizierte Lehrer, krude Esoterik – warum entscheiden sich dann so viele Eltern für sie?
WEIL sie ausländerfreie Zonen sind. Das sagt Ihnen natürlich niemand sofort, da braucht es schon ein wenig Fingerspitzengefühl, um nach stundenlangem Diskutieren die Antwort zu bekommen: „Ich wohne in Kreuzberg. Da schicke ich mein Kind doch nicht in eine Schule mit hohem Ausländeranteil …“

Gibt es vielleicht auch noch andere Gründe?
Attraktiv könnte für Eltern auch sein, dass es an Waldorfschulen leichter ist, einen staatlich anerkannten Abschluss zu erlangen. So wie die Ausbildung der Waldorflehrer ein bisher ungeahndeter Verstoß gegen das Grundgesetz ist, so gibt es zahlreiche Sonderregelungen für die Abschlüsse an Waldorfschulen, die einer strengen juristischen Überprüfung wohl kaum standhalten dürften. Schauen Sie sich beispielsweise die „Verordnung über den Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I an Waldorfschulen“ des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 2008 an – ein „Lex Waldorf“.

Wie erklären Sie es sich, dass den Waldorfschulen von der Politik all diese Privilegien eingeräumt werden?
Das fragen Sie am besten selber NRW Kultusministerin Dr. Barbara Sommer. Ich kann Ihnen von der Berliner Schulaufsicht berichten, dass auf unzählige Anfragen und Beschwerden zur Waldorfpädagogik nur mit nichts sagenden Standard-Briefen „geantwortet“ wurde. Ich verabschiede mich mal mit einem Auszug aus dem Brief eines Vaters, der an Landesschulrat Hans-Jürgen Pokall ging – nicht an „Dr. Sommer“, wie man vielleicht zu Recht vermuten könnte …:

„(…) Es stellt sich heraus, dass Steiner auch noch Visionen zum Wesen der Sexualität hat. Ich möchte mir gar nicht erst vorstellen, was für gravierende Folgen es für Heranwachsende hätte, wenn sie auch nur in kleinsten Dosen mit Steiners »Sexualkunde« in Berührung kämen, Zitat Steiner:

»Ursprünglich war auch der Mensch ein ätherisches Wesen von pflanzlicher Substanz. Damals hatte der Mensch diejenige stoffliche Natur, welche heute die Pflanze noch besitzt. Hätte der Mensch nicht die pflanzliche Substanz zum Fleisch umgewandelt, so wäre er keusch und rein geblieben wie die Pflanze. (…)

Die Fortpflanzungsorgane haben am längsten ihren pflanzlichen Charakter bewahrt. Alte Sagen und Mythen berichten uns noch von Hermaphroditen (…).

Manche glauben, das Feigenblatt, das die ersten Menschen im Paradies gehabt haben, sei ein Ausdruck der Scham. Nein, in dieser Erzählung hat sich die Erinnerung daran bewahrt, daß die Menschen an Stelle der fleischlichen Fortpflanzungsorgane solche pflanzlicher Natur gehabt haben (…).

Der Mensch wird nicht auf seiner jetzigen Stufe stehenbleiben. Wie er von der reinen Keuschheit der Pflanze in die Sinnlichkeit der Begierdenwelt hinabgestiegen ist, so wird er aus dieser wieder heraufsteigen mit reiner geläuterter Substanz zum keuschen Zustande.(…)

Wieso wird eine Schule staatlich gefördert, die sich ausdrücklich auf Rudolf Steiner beruft – einen prima-facie an einer psychischen Störung leidenden Menschen?"

Zum Interviewpartner: Andreas Lichte ist ausgebildeter Waldorflehrer und Grafiker, lebt in Berlin. Er ist Autor kritischer Artikel zur Waldorfpädagogik und Anthroposophie. Er erstellte für die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) ein Gutachten zur Indizierung zweier Werke Rudolf Steiners, die fortan nur noch in kommentierter Form erscheinen dürfen.

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Eine Torte bleibt eine Torte

Wegen eines kleinen Aliens mit einer Torte aus dem Spiel Super Bomberman auf einem Anti-Nazi-Demo-Aufruf wurde der Betreiber der Webseite Bo-Alternativ, Martin Budich, wegen des Aufrufs zur schweren und gefährlichen Körperverletzung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, und heute kam es zum Prozess. Er endete im Freispruch. Die Torte war ne Torte.

Budich soll, so hieß es noch in der Anklageschrift, öffentlich zur Begehung gefährlicher Körperverletzungen und zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz aufgerufen haben. Tatwerkzeug: Der kleine Kerl rechts. Anlass: Eine Nazi-Demo im Oktober in Bochum. Heute dann im Prozess plädierte selbst die Staatsanwaltschaft auf Freispruch – und so endete dann auch der Prozess gegen Martin Budich, den Betreiber von Bo-Alternativ, mit selbigem.

Mehr dazu – natürlich – auf www.bo-alternativ.de

Rechtspopulisten wollen Kinder in Sonderschulen abschieben

Am rechten Rand wird es eng: In Nordrhein-Westfalen werden zur Kommunalwahl so viele rechtspopulistische Listen antreten wie nie zuvor. Sie machen Wahlkampf mit der Angst vor Kriminalität und Überfremdung.

Ausriss: UBP-Homepage

Ob Pro-Köln und seine zunehmende  Zahl von Ablegern, die Liste WIR oder die sogenannte Unabhängige Bürgerpartei (UBP): Wenn am 30. August im bevölkerungsreichsten Bundesland Kommunalwahlen stattfinden, werden sich zahlreiche rechtspopulistische Parteien und Listen wieder um Mandate in den Stadt- und Gemeinderäten bemühen. Sie betreiben ein Geschäft mit der Angst. Selbst im Kreis Recklinghausen, der nach der Kriminalitätsstatistik weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt, gehen WIR und UBP mit der angeblich an jeder Ecke lauernden Gefahr auf Stimmenfang. Der UBP ist immerhin zu gute zu halten, dass sie weiß, wovon sie spricht: Ihr Kreistagsmitglied Borsu Alinaghi ist seit seiner Jugend immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten und wurde erst vor wenigen Monaten schuldig gesprochen, ein Kind getreten zu haben. In Gelsenkirchen schwadroniert die vom Berufsstudenten Kevin Gareth Hauer angeführte Liste Pro Gelsenkirchen sogar von rechtsfreien Räumen, und das in einer Stadt, die zu den sichersten Großstädten der Republik gehört.

Für die Recklinghäuser WIR hatte der Rechtsdrift Folgen: Die FDP hat die Zusammenarbeit mit der Liste im Rat für beendet erklärt und will auch nach den Wahlen nicht mehr mit WIR zusammen arbeiten.

Nun sorgt ein weiterer Vorschlag der UBP im nördlichen Ruhrgebiet für Diskussionsstoff: Die Liste, die in mehreren Städten für den Rat kandidiert und auch in den Recklinghäuser Kreistag einziehen will, fordert, Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse nicht in die Grundschule zu lassen sondern in Sonderschulen, neudeutsch Förderschulen, zu stecken: „Sollten Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung trotz Förderung immer noch keine ausreichende Sprachkompetenz besitzen, ist eine Einschulung in eine Förderschule erforderlich, mit der jederzeitigen Möglichkeit wieder zu einer allgemeinen Grundschule zu wechseln, sobald der Rückstand aufgeholt ist.“ Dass von dieser Regelung vor allem Migrantenkinder betroffen sein würden, liegt auf der Hand.

Für Andreas Scholz von der Integrationsliste Recklinghausen ist die Verfrachtung der Kinder in eine Förderschule der Garant dafür, ihnen langfristig alle Jobperspektiven zu verbauen: „Wer so etwas vorschlägt will Kindern nicht helfen, er will sie abschieben“ und auch Hertens Bürgermeister Uli Paetzel (SPD) ist von dem Vorschlag nicht angetan: „Wir schaffen es mit großem Aufwand, dass 93 Prozent aller Kinder mit guten Deutschkenntnissen eingeschult werden. Die verbliebenen sieben Prozent müssen in der Regelschule gefördert werden.“ Davon ab widerspreche der Vorschlag nicht nur geltendem Recht sondern sei schlicht nicht durchzuführen: „Wenn eine britische Familie nach Herten zieht, sollen deren Kinder automatisch auf die Sonderschule kommen?“