Teure Typberatung

Brauchte Englisch-Unterricht: Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) / MUNLV

Zehntausende gibt die schwarz-gelbe Landesregierung für ihre persönliche Beratung aus, Millionen für ihre Selbstbeweihräucherung auf Festen. Offenbar lässt sich aber jede Partei gerne schön coachen: Auch rot-grün hatte jahrelang ein teures Beraterheer um sich.

Englisch zu sprechen fällt NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg offenbar schwer. Der christdemokratische Landwirt ließ sich von Steuergeldern Unterricht in der Weltsprache erteilen. Kosten 480 Euro. Auch seine Parteifreundin und Düsseldorfer Bildungsministerin Barbara Sommer ließ sich coachen: Seit ihrem Amtsantritt vor vier Jahren gab sie für die "persönliche Vorbereitung, Sprechtraining und Medienberatung" knapp 50 000 Euro aus. Rüttgers selber mag das persönliche Medien-Coaching. Siehe hier: klack

Ihre kostspieligen Typberatungen musste die schwarz-gelbe Landesregierung nun fein säuberlich auflisten: Die oppositionelle SPD hatte eine große Anfrage zum Thema "Lobbyismus und Öffentlichkeitsarbeit" gestellt. Die in den Umfragen glänzende konservative Regierung sollte bloß gestellt werden. Dumm nur, dass die jahrzehntelang regierenden Sozialdemokraten offenbar das Geld für ihre persönliche Performance genauso locker ausgegeben haben: Ihre Etats für Beratung und Werbekampagnen sind in etwa gleich hoch. Siehe hier: klick

Auch das ist nun transparent: Die CDU hatte ihrerseits mit einer großen Anfrage die Regierungsjahre von Johannes Rau, Wolfgang Clement und Peer Steinbrück unter die Lupe genommen.

 

Üblicherweise stellt eine solche Anfrage nur die Opposition. "Wir haben Gleichstand hergestellt", sagt ein Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Nach seinen Berechnungen habe die SPD sogar mehr ausgegeben. "Irrtum", sagt hingegen Wolfram Kuschke, der Transparenz-Beauftragte der SPD-Fraktion. Er glaubt, die CDU habe "alle Grenzen überschritten".

Schon jetzt ist absehbar: Beide Regierungen lassen sich gleichermaßen gerne beraten, Sätze vorsprechen und Deutungen einpauken. Persönliche Coachs konzipieren Reden mit ihnen, Politikwissenschaftler setzen sich in die Bürosessel von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) um Wahlergebnisse zu interpretieren. Und auf groß angelegten Straßenfesten und Jubiläen ließen sich beide Regierungen gerne feiern. Alleine der NRW-Tag schlägt mit 300 000 Euro zu Buche. Offiziell sollten die Termine den Landespatriotismus der Bürger stärken, am Landtag wurden Hüpfburgen aufgebaut und Luftballons an Kinder verteilt. Aber natürlich redet dort auch Rüttgers und macht Werbung für seine Regierung.

Die endgültige Rechnung wollen beide Parteien erst in ein paar Wochen aufmachen. Bis Mitte August sollen die 13 000 Seiten umfassenden Antworten analysiert und verglichen sein — gerade noch rechtzeitig, um vor der Kommunalwahl am 30. August für Schlagzeilen zu sorgen.

Warum schaffen wir den Religionsunterricht nicht ab?

Künftig soll es in NRW auch bekenntnisorientierten Religionsunterricht für Muslime geben. Vernünftiger wäre es, Religion und Schule ganz zu trennen.

Von Victor Hugo stammt der schöne Satz: "In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer; Und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer." In Deutschland stimmt er nicht: Hier ist sogenannter bekenntnisorientierter Religionsunterricht in der Regel in Pflichtfach für Schüler, und Lehrer werben für Religion.

Bekenntnisorientierter Religionsunterricht bedeutet nichts anderes, als dass Religionsgemeinschaften die Unterrichtsinhalte bestimmen und, bezahlt vom Steuerzahler, die Schule nutzen können, um ihre Lehre zu verbreiten.

Nun sollen nach Wunsch von Integrationsminister Laschet auch muslimische Kinder in NRW flächendeckend bekenntnisorientierten Religionsunterricht erhalten. Klar, 1,5 Millionen Muslimen in NRW kann man nicht die Rechte verwehren, die man der immer kleineren Zahl der Christen zugesteht. Wenn es bekenntnisorientierten Religionsunterricht für Christen gibt, muss es ihn auch für Muslime geben. Punkt.

Aber warum gibt es überhaupt bekenntnisorientierten Religionsunterricht? Schule soll Wissen und Werte vermitteln. Wertevermittlung geht auch lässig ohne Religion und Wissen über Religionen könnte man in einem Fach wie „Religionswissenschaft“ den Kindern und Jugendlichen beibringen. Man könnte die Bezüge zwischen den Religionen aufzeigen, klar machen, wer sich bei wem bedient hat und dass beispielsweise die Jungfrauengeburt in mehr als einer Glaubensrichtung vorkommt. Man könnte aufzeigen, dass der jüdische Glaube viel mit der Verschleppung der Israeliten nach Babylon zu tun hat und auch warum es eher moderate und militante Suren im Koran gibt, was sehr eng mit ihrem Entstehungszeitraum zu tun hatte. Dafür braucht man objektive Wissenschaftler und keine Verkünder von Meinungen, die Religionsgemeinschaften festlegen.

Die Zeit, die Kinder im Religionsunterricht verbringen, kann man aber auch gut für Mathe, Fremdsprachen oder Sport nutzen. Bekenntnisorientierter Religionsunterricht ist  überflüssig.

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Wir leben in einem immer säkulareren Land und es ist Zeit, die Privilegien der Religionsgemeinschaften abzubauen und nicht, sie auf weitere Religionsgemeinschaften auszuweiten.

Sensationelle Studie: Auch Ruhris mögen die Natur

Neues vom Sommerloch (1):  Für den Regionalverband Ruhr hat das Essener Marktforschungsinstitut Academic Data zu Beginn des Jahres 1.000 Interviews geführt. Die Umfrage zu  "Lebenswelten von Frauen und Männern an der Ruhr" förderte völlig spektakuläre Ergebnisse zu Tage. Laut Informationsdienst Ruhr sind die beliebtesten Erholungsorte der Region nämlich nicht das Kamener Kreuz oder Duisburg-Bruckhausen. Ganz vorne liegen Ausflüge an die Stauseen im "Ruhrtal", sowie in den Westfalen- und Grugapark.

Foto: ruhrbarone.de

"Im Grünen und am Wasser, mit Wandern und Rad", fasst der RVR-eigene Informationsdienst die Studienergebnisse zusammen, würden die Menschen im Ruhrgebiet "gerne ihre Freizeit verbringen". 42 Prozent der Befragten hätten angegeben, das Naturorte zu ihren Lieblingsorten im Ruhrgebiet gehörten. Weit vor Einkaufszentren, Stadien oder Kulturstätten.

Leider versteckt sich der eigentliche Informationskern der Studie hinter all diesen Banalitäten übers Wandern, die Natur, Parks und Freizeitverhalten der "Frauen und Männer an der Ruhr". Denn ausgerechnet zwischen Rhein, Lippe und Ruhr sind mehr als 90 Prozent der Bevölkerung mit ihrem Wohnumfeld "zufrieden" – und das ist ein bundesdeutscher Spitzenwert! 

Kraft hatte politische Verantwortung als SPD-Ministerin

Foto: Hannelore Kraft

Die SPD-Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende in NRW, Hannelore Kraft, hat ein Problem. Und die Zenit GmbH aus Mülheim hat ein Problem. Das Ganze geht, wie gesagt, auf den Förderskandal aus dem Jahr 2007 zurück, in dessen Verlauf die Rolle der Zenit GmbH beim „Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet“ durchleuchtet wurde. Das Problem? Hannelore Kraft und die Zenit GmbH verbindet eine gemeinsame Geschichte.

Die SPD-Politikerin Kraft war mit der Zenit GmbH verbunden. Zunächst bis 2001 als Beschäftigte, danach in ihrem Job als Wissenschaftsministerin. Aus dem Ministerium ging Geld an die Zenit GmbH und Kraft verlieh hier und da einen Preis im Rahmen des Wettbewerbs. Hannelore Kraft hat mittlerweile aus ihrem Lebenslauf auf ihrer Homepage den Hinweis auf die Zenit GmbH gelöscht. Angeblich, weil da zuwenig Platz im Internet war. Komisch. Die Praktika aus der Studentenzeit haben gerade noch reingepasst. Und die Zenit GmbH bestreitet, in den Förderskandal verwickelt gewesen zu sein.

Ich habe jetzt mal ein wenig recherchiert. Dabei habe ich den vertraulichen Bericht des Landesrechungshofes eingesehen. Nach dieser Sicht der Dinge ist die Behauptung der Zenit GmbH, nicht in einen Förderskandal verwickelt gewesen zu sein, recht mutig. Es ging um insgesamt 102 Mio Euro:

Der Zukunftswettbewerb NRW wurde 1999 gestartet. Ganz nach dem üblichen Verfahren der alten Wolfgang-Clement-Zeit wurde zunächst der Unternehmensberater Roland Berger für mehr als 400.000 Euro engagiert, eine Studie über einen Zukunftswettbewerb zu schreiben. Darin stellte Berger sieben Kriterien auf, nach denen in einem Wettbewerb die besten Förderprojekte ausgewählt werden sollten.

Im Jahr 2000 wurde der Zukunftswettbewerb zum größten Teil auf die Zenit übertragen. Die Mülheimer Firma übernahm das Projektbüro.

Eine Jury wurde eingesetzt – unter Beteiligung der Zenit. Diese Jury sollte die Projekte auswählen. Und hier beginnen die Probleme:

In der zweiten Phase entscheid die Jury nämlich nur noch über die Großprojekte.

Die Projekte bis zu 500.000 Euro wurden direkt in einer kleinen Runde, einem „Arbeitskreis“, verteilt. Hier saßen Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Projektsträger Jülich – und der Zenit.

In einer Stellungnahme der Zenit ist von diesem Arbeitskreis nicht die Rede. Vielmehr wird alle Verantwortung der Jury „unter Vorsitz von Herrn Prof. Neipp“ zugeschoben.

Erstaunlich, denn die Frage lautet: was ist in dem Arbeitsauschuss passiert? Was wurde da verteilt, an wen und warum?

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass nicht alles koscher gelaufen ist.

Laut Landesrechnungshof wurden die sieben Kritierien, die Berger vorgeschlagen hatte, auf vier reduziert. Die Zenit bewertete auf dieser Basis die Projekte. Weiter heißt es: „Eine Gewichtung fehlte“.

Danach meldet die Zenit GmbH am 23. Mai 2000, dass aufgrund der weichgespülten Kriterien eigentlich kein Wettbewerb mehr möglich ist. Projektvorschläge seien nicht miteinander vergleichbar. Es heißt 2002, "dass als Hauptproblem des Zukunftswettbewerbes ein fehlender Wettbewerb zu nennen sei.“

Dann schreibt der Landesrechnungshof, dass vom kleinen Arbeitskreis Projekte zur Förderung empfohlen wurden, obwohl diese nicht den ohnehin aufgeweichten Kriterien des Zukunftswettbewerbes genügt hätten. Ist das nicht seltsam?

Man gewinnt den Eindruck, dass willkürliche Entscheidungen in kleiner Runde getroffen werden konnten. Ist deswegen die Zenit so nervös?

Um jeden Zweifel zu beseitigen stelle ich der Zenit GmbH hiermit folgende Fragen:

Wer saß zwischen 2000 und 2006 im Arbeitskreis des Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet?

Welche Projekte wurden vom Arbeitskreis zur Förderung vorgeschlagen?

Welche dieser vorgeschlagenen Projekte erhielten danach eine Förderung?

Wer hatte auf der Seiten der Zenit GmbH diese Projeke zuvor bewertet?

Ich habe diese Fragen auch an die Zenit GmbH per Email geschickt. Sobald ich Antwort erhalte werde ich drüber berichten.

Die entscheidenden Seiten des Berichtes kann man hier herunterladen: klack

Aber ich will nicht von einem zweiten, wichtigeren Punkt ablenken: Was hat Kraft mit dem ganzen zu tun? Wenn Sie bis 2001 bei der Zenit GmbH beschäftigt war, hätte sie mit dem Zukunftswettbewerb zu tun haben können. Die Vorarbeiten zu dem Projekt begannen ja im Jahr 1999 und die Zenit führt das Projektbüro seit 2000. Die Zenit GmbH und Hannelore Kraft bestreiten, dass die SPD-Politikerin in ihrer Zenit-Zeit in den Wettbewerb involviert war. Das müssen wir hier hinnehmen.

Ich finde das auch gar nicht so entscheidend. Ich finde einen anderen Punkt wichtiger: Kraft genoss als NRW-Wissenschaftsministerin die Früchte des zweifelhaften Wettbewerbs. Sie ließ sich bei den Preisübergaben feiern. In den Städten des Landes. Zudem hat ihr Haus die Zenit GmbH zumindest mitfinanziert. Wie viel die Zenit für die Arbeit als Projektbüro bekommen hat, kann ich nicht sagen. Im Bericht des Landesrechnungshofes heißt es, niemand habe eine genaue Aufstellung gemacht. Erst später bei der Kontrolle der Rechnungsprüfer habe das Wissenschaftsministerium versucht herauszubekommen, wie viel Geld unter anderem an die Zenit GmbH geflossen sei: Die Rede ist da von 6 Mio Euro. Wie sich das Geld aufteilt, ist leider nicht aus dem Bericht ersichtlich.

Aber hätte Kraft nicht in Ihrer Rolle als Wissenschaftsministerin, die sich mit der Zenit aus jahrelanger Erfahrung auskennt, dafür sorgen müssen, dass der Zukunftswettbewerb sauber und nach ordentlichen, nachvollziehbaren Kritierien abgewickelt wird? Zumal sie es sich ja als Politikerin nicht nehmen lies, Preise für den Wettbewerb zu verleihen – zum Beispiel in Bochum? Ich sehe hier eine große politische Verantwortung bei Kraft. Sie hätte auch im Verlauf des Wettbewerbs eingreifen können und müssen.

Allein: Sie tat es nicht.

Der Rechtsanwalt von Hannelore Kraft bestreitet, dass seine Mandantin in den Förderskandal verwickelt war. Er hat mir mit einer Klage gedroht, wenn ich nicht bis Montag eine Unterlassungserklärung unterschreibe. Auch die CDU wurde vom Kraft-Anwalt bedroht, weil die Partei meine Geschichte aufgegriffen hat.

Ich habe die Erklärung nicht unterschrieben. Bis jetzt habe ich nichts mehr vom Rechtsanwalt gehört. Ich hoffe, das bleibt so.

Auch die CDU will sich nicht beugen. Mal sehen, wie der Tanz weitergeht.

Ich habe jedenfalls aus Kreisen der SPD einiges über Kraft gehört, als ich gestern in Düsseldorf unterwegs war. Zunächst wurde mir erzählt, dass Kraft es gewagt habe, den SPD-Bundesvorsitzenden Franz Müntefering auf einer Präsidiumssitzung in Berlin direkt nach der Europawahl leicht zu kritisieren. Müntefering kommt aus Nordrhein-Westfalen. Er hat hier viele Freunde. Jedenfalls soll Münte ein paar Kollegen angerufen haben, die in der auf die Kritik folgenden SPD-Fraktionssitzung im Düsseldorfer Landtag am nächsten Tag Hannelore Kraft angriffen. Um was es bei den Angriffen ging, weiß ich nicht. Wie dem auch sei. Mir wurde erzählt, Kraft sei danach den Tränen nahe gewesen. Zu einer anschließenden Besprechung habe sie sich erheblich verspätet, da sie sich erst habe fangen müssen.

Aus der SPD-Spitze heraus wird diese Geschichte bestritten.

Ich glaube trotzdem, dass sie stimmt. Mir haben die Story mehrere Leute erzählt.

Sieht so eine SPD-Landeschefin in Nordrhein-Westfalen aus?

Aus den Ortsverbänden und aus SPD-Kreisen in Düsseldorf haben mich im Laufe der Woche eine Menge Anrufe und Emails erreicht. In den meisten Schreiben wird mir mitgeteilt, dass man nicht glücklich sei über die Entwicklung. Dass man die Klagedrohung von Kraft für einen erheblichen Fehler halte.

Ich sehe das genauso. Es hätte nicht soweit kommen müssen. Die ganze Nummer hätte wahrscheinlich mit einem Anruf, einem Gespräch, einem Interview erledigt werden können. Der geänderte Lebenslauf war ursprünglich eine kleine Nummer, eine Blognummer. Aber Kraft wollte nicht sprechen, sie wollte Justiz.

In meinen Augen ist das dahinter stehende Politikverständnis fatal für eine Partei wie die SPD. Man kann nicht Kritik mit Gerichten abbügeln. Man muss Argumente finden, den Wettstreit der Worte suchen. Und auch Niederlagen akzeptieren.

Warum hat Kraft zum Beispiel nach dem Sieg vor dem Landesverfassungsgericht in Münster wegen des Zusammenlegens von Europa- und Kommunalwahl noch einmal geklagt, um das Zusammenlegen von Bundestags- und Kommunalwahl zu erzwingen?

Hannelore Kraft machte aus einem grandiosen Sieg, eine peinliche Niederlage und entließ den angeschlagenen Innenminister Wolf (FDP) aus der Buhmann-Ecke. Kraft hat alle politischen Vorteile aus dieser Geschichte verspielt. Erinnert sich in der SPD einer daran? Justiz ist nicht die Lösung.

Dann möchte ich noch etwas hier kritisieren. Während ich offen arbeite und meine Argumente und Belege unter meinem Namen präsentiere, ziehen es einige aus der SPD vor, mich unter Pseudonym mies anzumachen.

Damit wir uns richtig verstehen. Ich habe nichts dagegen, wenn Leute anonym kommentieren. Dafür ist die Kommentarfunktion da. Ich kann auch mit Kritik umgehen, solange sie nicht beleidigend ist.

Und ich finde es ausgesprochen fair, wenn ein Kommentator schreibt, dass er in der SPD ist, wenn er Kraft verteidigt.

Aber ich finde es unmöglich, wenn jemand von einem Server aus dem Willi-Brandt-Haus in Berlin, Wilhelmstraße 141, folgende Sachen schreibt, so wie es ein gewisser „Helmut van Houdt“ tat, der in der Telefonzentrale der SPD in Berlin unbekannt ist.

Ich hoffe, jeder hat schon mal onaniert, aber diese vermutete Tatsachenbehauptung gibt mir nicht das Recht Menschen als Wixer zu bezeichnen.“

Ich persönlich fasse diese verklausulierte Nummer als Beleidigung auf. Ich denke jeder kann nachvollziehen, wie das gemeint ist. Damit hören aber die „Helmut van Houdt“-Tiraden nicht auf. Er schreibt:

Einen Rat will ich David, ob er unterschreiben soll oder auf eine Klage warten soll, nicht erteilen. Aber vielleicht sollte David all diejenigen bitten, die ihm jetzt leichtfertig raten den juristischen Weg abzuwarten, ihm eine höhere Geldsumme für die eventuellen Kosten zu spenden.“

Auch das finde ich unverschämt. Der Mann vom SPD-Server droht hier zwischen den Zeilen mit einem kostspieligen Prozess. Er will mich damit einschüchtern und bedrohen. Ich soll mich nicht auf die Unterstützung verlassen, die mich in den vergangenen Tagen erreicht hat. Ich kann die Worte aus dem Willy-Brandt-Haus gut verstehen, ich bin nicht dumm.

Weiter schreibt „„Helmut van Houdt“

Wer ist David S.? Wer bezahlt David S.? David S. ist ein sich gerne mit dem Adelstitel "Baron" schmückender vermutlich aus dem Ruhrgebiet stammender nicht mehr ganz so junger Mann, der mit großem pseudo-moralischen Anspruch in der Bloggerwelt seine Duftmarken zu setzen versteht.“

Einen Wächterpreis hat unser Held nämlich auch erhalten, dem uninformierten Leser und Leserin sei gesagt, dieser Preis wurde nicht im Iran verliehen. Die sprachliche Nähe zu undemokratischen Gruppen aus dem Iran ist zufällig und liegt nur im allzu sorglosen Umgang mit Sprache begründet.

Schade, trotz intensiver Suche, konnte ich die Internetseite unseres Helden nicht finden, ich hätte sie hier gerne angegeben. Mit einem Lebenslauf von David S. kann ich dementsprechend auch nicht dienen. Was höre ich da jemanden rufen, mein Held versteckt seinen Lebenslauf, er hat ihn aufpoliert, er hält ihn versteckt!

Um es noch einmal zu verdeutlichen, David hat in St. Petersburg gelebt. Einen lückenlosen Lebenslauf von David konnte ich trotz intensivstem Suchen nicht im Netz finden. David hat für die TAZ gearbeitet.

Behaupte ich allerdings, dass D. im Auftrag der Russenmafia die TAZ unterwandern wollte, und deswegen auch kein Lebenslauf von ihm zu finden ist, so hätte David das Recht gegen diese wertende Behauptung gerichtlich vorzugehen

Auf meine offene Anfrage, was er von mir will, ob er mir drohen will, schreibt „Helmut van Houdt“ abschließend vom SPD-Server im Willy-Brandt-Haus in Kommentar 105:

Mir wird das ganze hier zu blöd, ihr ständiges Gemaule, ob Sie von mir bedroht werden, das ist doch paranoid!

Danke an Elmar für die Tipps

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Auch Gorny will Sperren

Dass Kinderpornografie nur der Auftakt für weitere Sperren war, wussten wir alle. Nun will die Musikindustrie Internetseiten bei Urheberrechtsverletzungen sperren lassen.

Dieter Gorny, Vorsitzender des Bundesverbands der Musikindustrie, fordert in Der Westen die Sperrung von Internetseiten bei Urheberrechtsverletzungen. Der Musikfunktionär sieht durch die angeblich zunehmende Zahl der Raubkopien das Geschäftsmodell der Musikindustrie in Gefahr. 

Dass Gorny, auch als Direktor bei der Kulturhauptstadt aktiv, so schnell aus den Büschen kommen würde, wundert mich ein wenig. Ich habe geglaubt, dass die Enttabuisierung der Sperren langsamer und konsensorientierter laufen würde, und als nächstes Nazi-Sites thematisiert werden würden. Dass die Schamfrist so schnell vorbeisein würde, hätte ich nicht gedacht. So irrt man sich.

In dem Interview spricht sich Gorny auch gegen eine Kulturflatrate aus, die ich für eine gute Idee halte. Gorny sieht in ihr einen Schritt zur Überwachung aller und fragt sich, ob es dann den Handel mit CDs nicht mehr geben wird. Gorny: "Was heißt das eigentlich für den haptischen Handel – gibt es den dann nicht mehr? Verkauft dann Media Markt keine DVDs, die Meyer’sche keine Bücher mehr?" Im Idealfall werden die Künstler künftig direkt an ihren Produkten verdienen – ohne Media Markt und Musikindustrie – und ohne Funktionäre wie Gorny. Das Dumme ist, dass Gorny gut vernetzt ist, Zugang zur Politik hat und mit im Raum sitzt, wenn in der Politik über Fragen wie Urheberrecht diskutiert wird. Auch wenn die von ihm initiierte Messe Popkomm mittlerweile floppt, und der von ihm gegründete Sender Viva längst vom Wettbewerber MTV übernommen wurde, unterstellen viele Gorny eine gewisse Kompetenz in Musikfragen.

Die Umsatzeinbrüche der Musikindustrie auf Raubkopien abzuschieben halte ich für etwas blauäugig – diese These ignoriert den demografischen Wandel – es gibt wesentlich weniger Jugendliche als vor 30 Jahren, und die sind nun einmal die Hauptzielgruppe – und Musik ist viel präsenter als früher: Mainstream-Pop und mehr kann ich auch ohne das Internet heute ständig über Radios,  TV und das Internet hören. Die Motivation, Geld für ein omnipräsentes Produkt auszugeben, das ich ständig gratis legal konsumieren kann (nur nicht genau zu dem Zeitpunkt an dem ich es will) ist natürlich gering.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Festival: Bochum Total startet…Ruhr Nachrichten

Lobbyismus: Rot-Gründ und Schwarz-Geld auf Augenhöhe…Der Westem

Duisburg: OB greift Arbeitsagentur-Chefin an…Der Westen

Autos: RWE plant Tesla-Roadschow…Basic Thinking

Kneipen: De Prins eröffnet wieder…Der Westen

Opel: Betriebrat wirft GM Zockerei vor…Stern

Dortmund: Probleme im Brückviertel…Ruhr Nachrichten

Bildung: Lehrernotstand in NRW…Prospero

Geld: Linssen will armen Städten helfen…Borkener Zeitung

Fußball: Cranger-Kirmes Cup…Reviersport

Trauer: Karl Malden ist tot…FIXMBR

Wie sich „Volksparteien“ dem Volk entfremden – ein Lehrstück um ein Festspielhaus für Bonn

Foto: Lohmeyer/jokerfoto.de

 

 

Zunächst vorausgeschickt: ich bin Partei. Im wörtlichen Sinne. Ich arbeite im Hauptberuf für die Bonner Stadtratsfraktion der Grünen. Ich bin im Ruhrgebiet erwachsen geworden, und habe daher, wie fast alle dort, eine Art Haßliebe zur SPD. Ja, ich habe sie auch vereinzelt gewählt. Und ich verstehe sie nicht mehr.

 

Jetzt zum Lehrstück: Karin Hempel-Soos, eine umtriebige und respektable Kulturlobbyistin (und Sozialdemokratin), Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister mit Bonner Wohnsitz (und Sozialdemokrat), Bärbel Dieckmann, Bonner Oberbürgermeisterin (und zeitweilig stellv. SPD-Bundesvorsitzende) und Klaus Zumwinkel, zeitweilig Vorstandschef der Deutschen Post und Aufsichtsratschef der Telekom (war der eigentlich auch Sozialdemokrat?) hatten sich ausgemalt, wie chic es doch wäre, in der "Beethovenstadt Bonn" ein Festspielhaus zu haben, auf dass die Stadt "mit Bayreuth und Salzburg gesellschaftlich konkurrieren" könne (Hempel-Soos). Die drei "Dax-Konzerne" Telekom, Post und Postbank – zufällig alles Konzerne mit Staatsbeteiligung, vertreten durch den Genossen Peer – könnten den Bau der Stadt schenken, mit einem kulturellen Imagetransfer und Steuerminderungswirkung für sich selbst inklusive.

Eine politische Mehrheit im Stadtrat zu finden war das geringste Problem. Die dankbare Begeisterung verteilte sich gleichmässig über CDU, SPD, FDP und Bürgerbund. Nur die Grünen stellten dauernd kritische Fragen nach inhaltlichem Konzept, Finanzierung, durchgerechneten Businessplänen. Meckerer eben. (Die Linkspartei hat in Bonn nur einen Einzelabgeordneten)

Mittlerweile ist einiges dumm gelaufen. Eine Wirtschaftskrise ist ausgebrochen. Zumwinkel ist verhaftet worden. Telekom und Post wollen, dass ihre Beschäftigten weniger Geld bekommen und zum Ausgleich dafür mehr arbeiten. Die Stiftungssumme für die Stiftung, die das Festspielhaus betreiben soll, will nicht zusammenkommen, obwohl der Genosse Peer – was kostet die Welt? – schon knapp 40 Mio. dafür gestiftet hat. Die affärengestählte Stadtsparkasse KölnBonn hat sich auch nicht lange bitten lassen.

Und jetzt kommen auch noch die Bonner Bürgerinnen und Bürger. Sie wollen wissen, wer die Kosten übernimmt, wenn die Baukosten – völlig überraschend – während des Baus steigen sollten. Wer das Programm bestimmen wird in der Stiftung, die Konzerne oder die Vertreter der Öffentlichkeit? Wie hoch die jährlichen Betriebsdefizite sein werden (die Meinungen dazu schwanken zwischen 1,5 und 10 Mio.)? Woher die BesucherInnen kommen sollen? Aus Köln, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund, wo bereits solche Häuser stehen oder in Bau oder Planung sind? (Frau Hempel-Soos denkt an Flugzeugladungen voller Japaner) Fragen, die im Ruhrgebiet ja schon bestens bekannt sind. In Münster war ein Bürgerentscheid gegen ein Konzerthaus (und gegen CDUSPDFDP) erfolgreich. In Bonn wird das nun gefürchtet; ein Antrag der Grünen, dass der Rat einen Bürgerentscheid durchführen lässt, wurde abgelehnt.

Aus gutem Grund. Denn gar nicht lustig finden die Menschen in Bonn, dass die denkmalsgeschützte Beethovenhalle (Baujahr 1959), die immerhin in öffentlichem Eigentum ist, für den neuen Stararchitektinnenbau (Zarah Hadid) abgerissen werden soll. Und dass niemand weiss, wie der Sanierungsbedarf der Bonner Oper (ca. 20 Mio. Euro) finanziert werden soll. Sie fürchten, dass die bestehenden Kultureinrichtungen bluten müssen, damit der Imagetransfer der Dax-Konzerne funktioniert und sind nicht amüsiert.

Undankbare Bürger! Meinen die Parteien und Konzerne. Doch, nein. Der Finanzvorstand der Telekom Höttges (Schuri, ist der mit dem berühmten Eisenfuß von ’66 verwandt?) sieht Nacharbeitsbedarf. Auf Empfängen soll er sogar gewispert haben, dass es "keinen Cent" von ihm gäbe, wenn die Lage so bleibe, wie sie ist. Hempel-Soos lobbyiert in Berlin, um noch 10 Mio. zusätzliche Euro loszueisen, denn es droht ja die Gefahr, dass der Genosse Peer schon im September in den Ruhestand versetzt wird.

Graf Lambsdorff, ja der Alte, Parteispenden-Otto, setzte sich bei einer überlaufenen Veranstaltung der Grünen zum Bonner Festspielhaus mit Gattin demonstrativ in die erste Reihe. Nachdem seine Gattin in der Publikumsdiskussion den grünen OB-Kandidaten ausdrücklich gelobt hatte, wies der Graf persönlich den Post-Sprecher Harnischfeger auf das in seinen Augen nicht EU-konforme Ausschreibungsverfahren für den Festspielhausbau hin. So könnte das Scheitern des Projekts kommen: Schuld ist dann Brüssel, und alle kommen heil wieder raus.

Alle? Nein. Zugegeben wird das alles natürlich erst nach der Wahl (Kommunal: 30.8.; Bundes 27.9.). Die niederländischen Sozialdemokraten sind bei der Europawahl von 22 auf 12% gefallen. Muss es in Deutschland auch erst so weit kommen?

Wer gegen wen? Wie die Funzelliga startet

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Im Frühjahr wurde die Einführung der Funzelliga vom außerordentlichen DFB-Funzeltag in Düsseldorf abgenickt. Und morgen, Donnerstag 2. Juli um 11 Uhr ist es soweit. Die Liga stellt – natürlich live – den Spielplan für die beiden ersten Funzelligen vor, die am Freitag, 7. August mit dem "obligatorischen Freitagspiel" starten. Und wetten, dass zum Auftakt Magaths Schalke auf Ex-Magaths Wolfsburg trifft?!

Abb: ruhrbarone.de

Danach wird der Fußball aber ziemlich unübersichtlich. Zwischen Freitag 18 Uhr und Montag 22.15 gibt es rund 20 Stunden Livefußball im Fernsehen. Und bei dieser Dauerbefunzelung ist die 3. Liga – beginnt bereits Ende Juli – noch gar nicht mitgerechnet. Es kommen noch einmal zehn Spiele (zwei am Freitag, sechsmal Samstag, zweimal Sonntag; zumeist 14 Uhr) dazu – in der Regel.

Natürlich gibt es auch einige Ausnahmen vom so genannten "Kernspieltag". Aus den fünf "Parallelspielen" am Samstag um 15.30 werden nach "Abstellungsperioden des Weltverbands FIFA" sechs und das Freitagabendspiel um 20.30 wird stattdessen von Zweitligisten ausgetragen. Außerdem finden in fünf UEFA-Cup-Wochen keine Samstagsspiele während der ARD-Sportschau statt. Was ja ohnehin keinen Sinn macht, außer dass sich zwei Sendeformate hübsch kannibalisieren. Natürlich steht der Samstags-Sieger auch schon fest – es ist der gute alte Videotext.

Das ganze noch einmal in einer grafischen Zusammenfassung, gute Unterhaltung:

 

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Interview mit Kultautor Jeffrey Thomas

Jeffrey Thomas wurde am 3. Oktober 1957 geboren und ist Autor grandioser Sci-Fi-Epen. Seine erschaffene Stadt Paxton, kurz Punktown genannt, begeistert rund um den Globus Science-Fiction und Horror-Fans. Seine Kurzgeschichten wurden unter anderem in St. Martins The Year’s best Fantasy and Horror # 14, The Year’s best Horror Stories # 12, The Year’s best Fantastic Fiction und Quick Chills II: The Best Horror Fiction from the Speciality Press veröffentlicht. Wir haben uns ausführlich mit Thomas unterhalten.

Ruhrbarone: Zunächst einmal Jeffrey, würdest du gern in Punktown leben?

Jeffrey Thomas: Vielleicht nicht dort leben, denn es ist ein gefährlicher Ort, aber ich würde dort liebend gern regelmäßig zu Besuch sein, weil es ebenso ein reichlich faszinierender Ort ist. Das ist die Sache mit Punktown – ich möchte nicht, dass es nur unheimlich ist. Unsere eigene Welt ist nicht nur Angst einflößend. Sie ist vielschichtig, und Punktown genauso – nur vergrößert. Ich sehe Punktown wirklich nicht als absolute Dystopie. Ich denke, es ist auch schön dort, teilweise.

Wenn ich mir deine Biographie anschaue, dann scheint es, als hätte der Autor in dir lange geschlafen. Wann hast du zu schreiben begonnen und wie hast du eine ganze Stadt erfunden?

Eigentlich begann ich in sehr jungem Alter zu schreiben (meinen ersten Roman beendete ich mit 14); es ist bloß so, dass es eine lange Zeit gedauert hat, bis meine Werke veröffentlicht wurden. In den späten 80er Jahren begann ich, Kurzgeschichten an kleine Pressepublikationen zu verkaufen, und meine ersten beiden Bücher – die englischsprachige Punktown-Ausgabe und die Horrorsammlung Terror Incognita – erschienen im Jahr 2000. Seitdem habe ich viele Bücher veröffentlicht, einige davon wurden ins Deutsche, Russische, Griechische und Chinesische übersetzt, und diese Bücher enthielten viel von dem Stoff, den ich bereits in den 80ern geschrieben hatte, bloß eben erst spät verkaufen konnte. Zur Herkunft von Punktown: Die ganze Idee kam mir 1980 – als hätte sie im Schatten meines Unterbewusstseins nur darauf gewartet. Ab dann begann ich Romane zu schreiben, die in Punktown spielen, später kamen Kurzgeschichten dazu, vermutlich habe ich genauso viel unveröffentlichtes Punktown-Material wie veröffentlichtes. Und ich schreibe weiter!

Irgendwo las ich etwas über eine mysteriös verloren gegangene Punktown-Homepage. Ist daran etwas Wahres und wenn, was ist passiert?

Im Jahr 2000 erschuf ich zur Vermarktung der Punktown Originalausgabe eine kostenlose Webseite namens „Punktown City Limits“ und ich war ziemlich erfinderisch. Wenn man auf verschiedene Seiten schaute, spielten Musik und von mir verzerrte Soundeffekte im Hintergrund, und ich stellte seltsame Bilder und von mir erschaffene Kunstwerke ein, und ich schrieb kleine Geschichten darüber. Ich postete Probegeschichten in voller Länge. Und dann, ohne ausreichende Warnung, wurden all diese freien Webseiten eingestellt, bevor ich die Chance hatte, sie irgendwohin zu verschieben oder zu speichern, oder sie zumindest auszudrucken, so verlor ich die Kurzgeschichten. Es ist traurig, es war eine lustige kleine Seite, und ich fand niemals die Zeit, wieder etwas ähnliches zu erstellen.

Wenn ich mir Punktown als Kinofilm vorstelle, sehe ich ich etwas zwischen dem Sin City- Filmstil und Blade Runner trifft den Herr der Ringe. Gibt es Pläne, die Geschichte auf die große Leinwand zu bringen?

Ha … Zuweilen ziehen die Leute den Vergleich zu Sin City, aber ich habe bereits lang vor dem Film über Punktown geschrieben – sogar ein paar Jahre bevor Blade Runner erschien. Aber diese Filme fangen etwas von dem Punktown-Gefühl ein, wie auch Das fünfte Element (vielleicht noch stärker). Herr der Ringe? Da bin ich mir nicht so sicher … aber ich habe ihn noch nie gesehen. Es gab tatsächlich einiges Interesse an meiner Punktown-Arbeit. Ridley Scotts Produktionsfirma fragte nach einer Kopie meines auf Punktown basierenden Romans Deadstock, als dieser eine lobende Rezension im Publisher`s Weekly erhielt, und New Line Cinema fragte kürzlich nach all meinen Punktown Büchern. Nicholas Cages Produktionsfirma interessierte sich für meinen düsteren Fantasy-Roman Letters from hades, und andere Hollywood-Typen haben sich den Roman auch angesehen. Momentan bin ich im Gespräch mit dem Regisseur von The Blair Witch Projekt. Aber bis heute hat mir niemand ein wirkliches Angebot gemacht. Also warte ich und hoffe, dass es irgendwann passiert. Meine Geschichten sind sehr visuell, was sie für die Filmemacher attraktiv macht, aber sie haben auch gelegentlich komplexe und unkonventionelle Inhalte, was es schwierig oder anspruchsvoll macht, sie in einen Film zu übersetzen. Immerhin wurde eine Reihe meiner Punktown-Geschichten in einer Serie deutscher Hörspiel-CDs von der Firma Lausch umgesetzt, und sie haben da eine brillante Arbeit abgeliefert.

Wächst Paxton weiter oder konzentrierst du dich zukünftig auf andere Geschichten?

Beides! Punktown wird weiter wachsen und sich entwickeln, ich bin mir sicher, sogar hinter meinem Rücken, wenn ich mich eine Weile abwende. Aber ich vermute, ich werde weiterhin viele meiner Geschichten auf ewig in Punktown ansiedeln, weil dort alles passieren kann. Es ist eine Szenerie, die sich für so viele Arten von Handlung eignet. Aber ich möchte auch frei sein, über andere Umgebungen zu schreiben, einschließlich unserer eigenen Welt. Eben erst habe ich eine Kurzgeschichte verkauft, die im heutigen Vietnam spielt (welches ich sechs Mal besuchte), Lovecraft’s Cthulhu Mythos einbeziehend, und gegenwärtig arbeite ich an einem Roman aus der Hölle namens The fall of hades, eine Fortsetzung zu meinem Letters from hades.

Deine Sprache ist radikal, manchmal ekelst du deine Leser. Bist du im wirklichen Leben ein Freund der radikalen Worte und Sprache oder ist das „nur“ deine schreibende Stimme? Ekelst du dich manchmal selber beim Schreiben?

Ich habe die schlechte Angewohnheit, viel zu fluchen, wie viele Amerikaner könnte man sagen, wenn du jemals einen Martin Scorsese Film gesehen hast! Der Job eines Autoren ist es, eine Reaktion beim Leser hervorzurufen, egal ob es Angst, Tränen oder Gelächter sind. Den Leser zu ekeln ist ein legitimes Ziel, wenn es für die Geschichte nützlich ist. Manchmal ist es eine gute Sache, eine wichtige Sache, den Leser zu ekeln. Wenn ich mich beispielsweise von religiös angetriebenen Mördern abgestoßen fühle, kann ich wollen, dass die Abscheu über einen fiktiven Text den Leser erreicht. Aber Ekel kann mit dem Wunsch, den Leser zu verunsichern, leicht verknüpft sein, Angst in ihnen zu provozieren, zu reiner Unterhaltung statt zum Nachdenken anzuregen. Ekel ist nur eine weitere Farbe auf der Künstlerpalette. Ekele ich mich mit meinem Geschriebenen selbst? Nicht wirklich, nicht mehr als ich mich selber erschrecke. Seit das Schreiben eine intellektuelle Praxis ist, realisiere ich, dass was ich schreibe erschreckend oder ekelig ist – würde ich den selben Stoff in dem Buch eines anderes lesen, würde es mich klar erschrecken oder ekeln – aber ich scheine immun gegenüber meinen eigenen Werken zu sein. Merkwürdigerweise jedoch kann ich mich mit meinen eigenen Geschichten zum weinen und lachen bringen oder mich selbst erregen. Also ich weiß nicht genau, warum ich mich nicht erschrecken oder ekeln kann.

Woher erhältst du deine Inspiration? Und wie gefällt es dir, dass in Deutschland Bilder von HR Giger die Titel deiner Romane zieren? Ist das für dich ästhetisch, wenn du an das Punktown-Kunstwerk denkst?

Ich erhalte meine Inspiration von überall her. Aus dem wirklichen Leben, von Orten und Menschen, die ich kenne, aus Träumen, von Musik, die ich höre, aus Büchern, die ich lese, Filmen und Videospielen (aber man sollte vorsichtig „Inspiration“ von „Einfluss“ trennen sage ich immer). Giger ist mein Lieblingskünstler, seit ich seine Arbeiten vor dreißig Jahren erstmalig gesehen habe, und er hat mich natürlich inspiriert, er ist der einflussreichste Künstler, den das fantastische Genre jemals gekannt hat. Es hat sich also ein Traum erfüllt – jenseits meiner Träume, wirklich – damit, dass er einverstanden war, mit seiner Kunst die Hardcover-Ausgabe des deutschsprachigen Punktowns (im Festa Verlag) zu zieren. Und er unterschrieb auch jede Kopie dieser Ausgabe. Es ist noch immer schwer für mich, das zu glauben. Übrigens wählte er genau das Bild für das Cover, von dem ich gehofft hatte, dass er es wählt. Er ist ein Genie, dessen Arbeit in seiner eigenwilligen Mischung aus dem Schönem mit dem Revoltierenden, dem Organischen mit dem Mechanischem, nicht übertroffen werden kann.

Du bist mit deinen Kurzgeschichten bekannt geworden. In vielen Ländern (wie Deutschland) gibt es aber keinen Markt für Kurzgeschichten (es gibt dort keine Magazine oder ähnliches dafür). Denkst du, es ist schwieriger eine Kurzgeschichte oder einen 300-Seiten-Roman zu schreiben?

Es kann schwerer sein, eine Kurzgeschichte zu schreiben, weil man prägnant sein muss. Es gibt so viel weniger Raum, in dem sich ein Charakter entwickeln und die Handlung aufbauen muss, um den Leser zu fesseln. Aber es geht. Ich habe Gedichte gelesen, die in mir eine größere Reaktion hervorgerufen haben als ganze Romane. Es hängt allein von der Fertigkeit des Schreibers ab. Aber aus irgendeinem Grund gibt es einen kleineren Markt für Sammlungen von Kurzgeschichten als für Romane. Ich weiß nicht, weshalb – Kurzgeschichten sind in der Freizeit so leicht zu verschlingen. Und man könnte argumentieren, dass sich Horrorgeschichten besser für die kurze Form eignen, seitdem sie sich aus gruseligen Lagerfeuergeschichten und beängstigenden, warnenden Märchen entwickelt haben.

Jeffrey Thomas, wir danken für das Gespräch!

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