E.on: Der Frieden ist zu Ende

E.on Chef Wulf Bernotat hat seinen Energiekonzern zum größten Versorger Europas gemacht.  Doch nun, im Glanze des Erfolges, zeigen sich die ersten Risse im multinationalen Geflecht. Die Belegschaft rebbeliert gegen ein Sparprogramm, mit dem 1,5 Mrd Euro zusammengschnurrt werden sollen. In der kommenden Woche kommt es sogar zu einer Demonstration vor der E.on Geschäftsstelle in Düsseldorf. Ein ungesehener Arbeitskampf in einen Konzern, in dem bislang nur eitel Sonnenschein zu erkennen war.

Die Amtszeit von Wulf Bernotat an der E.on-Spitze geht im kommenden Jahr zu Ende. Vielleicht schlagen deshalb die Wellen so hoch. Jedenfalls verschärft sich bei E.on ein Konflikt mit der eigenen Belegschaft. Nach meinen Informationen ruft die Gewerkschaft Verdi sowie die Betriebsräte der deutschen E.on-Gesellschaften für den kommenden Donnerstag zu einem Aktionstag vor der Düsseldorfer Konzernzentrale auf. Sie protestieren damit gegen befürchtete Einschnitte aus dem Pogramm "Perform to Win", mit dessen Hilfe in den kommenden drei Jahren bis zu 1,5 Mrd Euro eingespart werden sollen. E.on-Chef Wulf Bernotat hatte die Sparrunde im vergangenen Herbst angekündigt. Verdi rechnet mit über 4000 Mitarbeitern, die nach Düsseldorf kommen. Dies wäre die größte Demonstration, die E.on bislang erlebt hat. Bereits in den vergangenen Wochen hatten E.on Beschäftige 19.000 Unterschriften gesammelt, um gegen das Sparprogramm zu protestieren.

Wie aus Gewerkschaftskreisen zu erfahren war, verhandeln Konzernspitze und Arbeitnehmer derzeit um ein Eckpunktepapier in dem die Einschnitte fixiert werden sollen. Demnach soll vor allem in den zentraleuropäischen Geschäftsfeldern der Rotstift angesetzt werden. Betroffen seien zunächst die Vertriebsgesellschaften unter dem Dach der E.on Energie, sowie die Osteuropäischen Töchter, ohne die russischen Beteiligungen. Ferner sollen auch die Geschäfte in Großbritannien und Schweden zurechtgestutzt werden. Ziel sei es, Betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und den Wandel „möglichst sozialverträglich“ zu gestalten, wie ein E.on-Sprecher bestätigte.

Konflikte gibt es vor allem in der Frage, wie weit E.on Geschäfte auslagern darf. Den Informationen zufolge, sollen mehrere tausend Menschen aus den unterschiedlichen Betriebseinheiten in neue Beschäftigungsgesellschaften überführt werden. Vor allem der bereich der Informationstechnologie sei betroffen. Genaue Zahlen wollte keiner der an den Verhandlungen beteiligten Partner nennen. Dies sei der zentrale Gegenstand der Gespräche, hieß es. Zuletzt sollen die Overhead-Kosten in den Hauptverwaltungen von E.on Ruhrgas in Essen, E.on Energie in München und der E.on-Zentrale in Düsseldorf reduziert werden.

E.on Personalverstand Christoph Dänzer-Vanotti verteidigte die Sparrunde gegenüber dem Handblatt. Das Programm „Perform to Win“ ziele auf Effizienzsteigerungen. Dabei ließen sich zwar „Auswirkungen auf die Beschäftigung“ nicht vermeiden. Allerdings würden auch weiter Führungskräfte eingestellt, um das Wachstum des Konzerns zu sichern.

Der Betriebsrat der E.on Wassersparte Anton Baumgartner sagte nun: „Wir werden jetzt nach Düsseldorf kommen, um unsere Forderungen zu verdeutlichen.“ Den Mitarbeitern gehe es vor allem um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, sagte Baumgartner.

Ausgezwitschert: Wo sind die SPD-Twitterer?

Es ist ruhig geworden auf Twitter. Die Sozialdemokraten schweigen. Ist der Flirt mit dem 2.0 schon vorbei oder stehen SPD-Zwitscherer nur unter Schock?

SPD und Twitter: Is there anybody out there?

Als trendbewußte junge Menschen  sind natürlich auch die Ruhrbarone  auf Twitter vertreten und haben mittlerweile über 300 Follower. Um einige von ihnen machen wir uns mittlerweile allerdings ernsthaft Sorgen: Viele unserer sozialdemokratischen Freunde schweigen seit dem vergangenen Wochenende. Vorbei die Zeiten, in denen uns begeisterte Nachrichten über Martin Schulz erreichten ("Martin Schulz hat das Tempodrom zum Kochen gebracht!") oder uns tiefe Eingriffe in den Alltag sozialdemokratischer Aktivisten gewährt wurde ("Gute SPD-Sitzung, Wahlhelfervorbesprechung war interessant"). Seit Sonntag herrscht Schweigen auf allen Kanälen. Selbst der verzweifelte Aufruf des Vorwärts an die SPD -Twitterer zu zeigen, wo es für die  SPD gut gelaufen ist, fand nur wenig Resonanz. Gut, ich weiß jetzt das die SPD bei den Kreistagswahlen in Eilhofen gut abgeschnitten hat (siehe Bild) und dank Google auch wo Eilhofen liegt – im Osnabrücker Land (Ich hoffe es ist das richtige Eilhofen), aber ansonsten? Ist der Flirt der SPD mit dem Web 2.0 schon wieder vorbei? Haben die Genossen das Gefühl, das alles nix gebracht hat und man es jetzt auch wieder sein lassen kann oder ist das der normale Nach-Wahl–Kater? Man braucht ja auch immer ein paar Tage um sich von Silvester zu erholen.

Was mir bei den meisten SPD-Twitterern (und denen der anderen Parteien auch) auffiehl: Twitter wurde nicht so sehr für  Dialoge genutzt, sondern nur zum  absondern von Nachrichten (Machen wir auch  so, ich weiß).  Haben die Parteikids das Potenzial des Mediums nicht erkannt, hat Twitter vielleicht gar kein Potenzial für den politischen Dialog oder sehe ich Gespenster und spätestens mit Beginnn  des Kommunalwahlkampfes in NRW in ein paar Wochen geht alles wieder los?

Trickbetrug im Biohof Rüttenscheid

Eine wahre Geschichte, die man fast in die Rubrik „Mythen des Ruhrgebiets“ einordnen möchte. Da ist der kleine schnuckelige Bioladen hinterm Markt in Rüttenscheid, wo sich trotz der Konkurrenz der Bio-Handelsmarken der Discounter noch gut und gesund einkaufen lässt. Vor dem Biohof ist ein Hasenstall, der von den 2 – 6jährigen frequentiert wird, während die Elternteile drinnen ihre Einkäufe erledigen. Man kann auch schön davor einen Kaffee trinken.

Heutzutage muss der Bioladen den gleichen Service wie ein Supermarkt bieten. Dementsprechend gibt es dort auch Mineralwasser. Flasche für Flasche zu kaufen ist mühselig. Daher auch hier der Trend zum Großeinkauf.

Am letzten Samstag holt eine Kundin ihre Wasserkisten im Wert von 100 Euro ab. Besagte Kundin lädt nun ihr Wasser ein und eine freundliche Person, die dort ihren Kaffee trinkt, fragt, ob sie denn beim Verladen helfen möge. Besagter Wasserkäufer nimmt das Angebot an. Im Glauben, dass die helfende Hand eine Mitarbeiterin sei, bezahlt sie gleich dort auf dem Hof, anstelle wie üblich bei der Inhaberin an der Kasse im Laden. Besagte "helfende Hand" macht sich jedoch mit den 100 Euro aus dem Staub.

Ob dieser seltsam nach "Spinne in der Yuccapalme" anhörenden Geschichte mag sich die Inhaberin schon fragen, ob diese Geschichte, die ihr die Wasserkäuferin bei telefonischer Nachfrage, wann sie die Rechnung begleichen möchte, erzählt wirklich wahr ist. Der Chronist kann sie hier nur wiedergeben und sich über das Schlechte im Menschen wundern.

 

Update: Demo gegen Pro NRW Landesparteitag

Am Sonntag, den 14. Juni plant Pro NRW einen Landesparteitag in Gelsenkirchen. Eine Gegendemo findet statt.

Und zwar ab 9.00 Uhr auf dem Marktplatz von Gelsenkirchen-Horst, genau gegenüber dem Ort des Parteitags: Der wird im Schloss-Horst stattfinden. Die Demo geht bis 16.00 Uhr.  Mehr darüber bei Hometown-Glory und bei den Gelsenkirchener Falken. Vom Hometown-Glory-Macher Malte stammt auch die Grafik. Update: Die Stadt war heute auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster mit ihrem Versuch gescheitert, den Parteitag zu untersagen.

Mehr zu diesem Thema:

Verwaltungsgericht entscheidet für Pro NRW

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Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ausriss: Arcandor

Arcandor: Konkurrenten wollen fleddern…Spiegel

Arcandor II: Warum es Opel II nicht geben durfte…Welt

Medizin: Homöopathie tötet (via zoom)…HPD

NRW: Rüttgers gegen Neoliberalismus…Der Westen

Stasi: CDU will Stasi-Überprüfung für Landtagskandidaten…Ruhr Nachrichten

Sauerland: Ende der Bleiberegelung…Zoom

Schützen: Schießstände sollen bleiben…Ruhr Nachrichten

Bergkamen: Wasserstadt vom Scheitern bedroht…Hellweg Anzeiger

Oberhausen: Ab 21 Uhr beginnt die Nacht…Der Westen

Erinnerung: Casis erstes Konzert….2.0

 

 

Kreis Recklinghausen: Aus WAZ wird wäzlein

Nachem die WAZ schon vor einigen Jahren zahlreiche Lokalausgaben im Kreis Recklinghausen eingestellt hat geht es nun an die Kreisredaktion:  Das Personal wird nach  WDR-Angaben drastisch reduziert.

Ein Modell sollte die Vest-Redaktion werden, die an die Stelle  der bereits vor Jahren geschlossenen acht Lokalredaktionen im Kreis Recklinghausen trat. Ein WAZ-Mitarbeiter erklärte uns vor wenigen Monaten das damals vorgestelle Konzept, das nicht aufging: "Die Verlagsleitung hat uns damals erklärt, wie gut die Aufgabe der einzelnen Lokalteile wäre. Das Vest Recklinghausen sei mit Essen zu vergleichen und eine gemeinsame Redaktion würde Sinn machen. Wir haben dadurch nur Leser verloren. In vielen der Städte war die WAZ allerdings immer schwach und kam nie gegen die Blätter von Bauer an."

Daraus zieht das Unternehmen nach einer  Meldung des WDR nun die Konsequenzen: Die WAZ wird ihre Vest-Redaktion von jetzt 29 auf nur noch 10 Redakteure runterfahren. Wie die für ein Einzugsgebiet mit mehreren 100.000 Menschen eine auch nur halbwegs lesenswerte Zeitung machen sollen bleibt ein Geheimnis der Verlagsleitung. Passend zu der Umstrukturierung findet morgen eine Demonstration der WAZ-Mitarbeiter vor der Konzernzentrale in Essen statt. Von der WAZ war heute keine Stellung mehr zu dem Thema zu erhalten.

 

Deutsche Kinderhilfe dubios

Grafik: Ruhrbarone

Die Deutsche Kinderhilfe ist ein Verein, der in den vergangenen Monaten immer öfter aufgefallen ist. Vor allem dann, wenn es um den öffentlichen Kampf PRO Netzsperren von Zensursula ging. Und diese unsägliche Kampagne pro BKA-Listen. Doch wer ist das überhaupt – die "Deutsche Kinderhilfe"? Der Kollege Kristian Frigelj von der Welt hat sich schon im vergangenen Jahr auf die Suche gemacht, und ein Netzwerk von dubiosen Datenhändlern, Adressensammlern, Firmen und Vereinen aufgetan. Das eigentliche Ziel dieses Netzes ist nicht leicht zu verstehen. Man könnte sagen, es geht darum, aus der Sorge um Kinder Geld zu machen. Der Deutsche Spendenrat hat die Deutsche Kinderhilfe schon vor etlichen Monaten wegen mehrerer Vergehen ausgeschlossen – auch wenn die Kinderhilfe sagt, sie sei einem Ausschluss durch freiwilliges Ausscheiden zuvorgekommen.

Einer der sich noch intensiv mit der Deutschen Kinderhilfe beschäftigt hat, ist Markus Kurth. Der 42-Jährige Sozialpolitiker ist Bundestagsabgeordneter der Grünen. Ich hab mit ihm über den Verein gesprochen.

Ruhrbarone: Haben Sie was gegen Kinder?

Markus Kurth: Ganz und gar nicht. Kinder sind etwas ganz tolles. Ätzend ist der Missbrauch von Kindern für PR-Geschichten und Schein-Politik. Keinem der vielen armen Kinder, die es in Deutschland gibt, geht es durch den Aktionismus von Frau von der Leyen oder der Kinderhilfe besser. Dabei könnte man ganz viel machen, um sofort Abhilfe zu schaffen. Eine kostenlose, gesunde Mahlzeit in der Schule für alle Kinder würde direkt wirken.

Warum sehen sie dann die Rolle der "Deutschen Kinderhilfe" kritisch?

Ich halte nichts von Leuten, die viel Wind machen, aber nichts essentiell bewegen. Dabei gibt es doch ganz konkrete Dinge für Kinder, die man tun kann. Alle Experten wissen, dass die Regelsätze für Kinder z.B. viel zu niedrig sind. Sie müssen endlich an die tatsächlichen Bedarfe angepasst werden. Aber das kostet natürlich Geld. Und das darf nach den neokonservativen Ideologen nicht fließen. Stattdessen soll dann lamoyantes Gequatsche über die Schlechtigkeit der Welt die Probleme lösen.

Wo ist Ihnen die "Deutschen Kinderhilfe" bislang aufgefallen?

Mein Blut hat das Konstrukt zum ersten Mal in Wallung gebracht, als der Kinderhilfe-Chef Ehrmann dem nach seinen Bierzelt-Ausfällen in Bedrängnis geratenen JU-Chef Missfelder Schützenhilfe geleistet hat. In dem Zeitungsartikel, in dem Ehrmann zitiert wurde, war eben von der „Deutschen Kinderhilfe“ die Rede. Suggeriert wurde, da würde sich ein Experte äußern. Da wurde ich stutzig. Ich bin seit 2002 im Bundestag und habe mich eingehend mit Kinderarmut beschäftigt. Die Kinderhilfe als kompetente Organisation war mir da nie untergekommen. Da habe ich dann einfach mal ein wenig recherchiert.

Die "Deutschen Kinderhilfe" sagt, sie wäre transparent. Sehen Sie das auch so?

Transparent ist ein Verein, wenn jeder nach Anerkennung der in der Satzung verankerten Ziele Mitglied mit allen Rechten werden kann und die Aktivitäten und die wesentlichen Geldströme in jeder Hinsicht kontrolliert werden können. Daran habe ich bei der Kinderhilfe meine Zweifel. Daran ändern auch bestimmte Testate nichts. Denn schon in der Kommunalpolitik lernt man, dass es darauf ankommt, was genau testiert wird.

Wie beurteilen Sie das Geschäftsmodell der "Deutschen Kinderhilfe"?

Das ist ein Geschäft auf Kosten Dritter. Im Ergebnis bekommen von der Leyen und Konsorten Aufmerksamkeit und Ehrmann ölt seine Maschinerie mit wertvollen Kontakten. Auf der Strecke bleiben die Kinder, denen es wirklich schlecht geht, denn gute Sozialsysteme lassen sich schlecht bebildern. Weil soziale Sicherung zu sperrig ist, muss dann die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger leiden. Es soll eine Sperrungsinfrastruktur im Netz aufgebaut werden, die prinzipiell gegen jede dort zirkulierende Information eingesetzt werden kann aber gerade Kinderpornoseiten nicht verhindert.

Foto: Präventionsrat Hildesheim

Kennen Sie auch das Modell der Notinseln?

„Modell“ ist nett gesagt. Die Idee ist aber basal und kann von jeder einigermaßen intakten Stadtverwaltung auch ohne fremde Hilfe umgesetzt werden. Da kann sich das Jugendamt einfach mal mit den örtlichen Gewerbetreibenden hinsetzen und so etwas aufziehen. Die städtische Pressestelle flankiert das ganze und dann müssen die örtlichen Geschäfte nur noch mitziehen. Dafür muss man nicht viele hundert Euro zahlen. Eine Stadtverwaltung muss so etwas schon selbst hinbekommen.

Sehen Sie dort ähnliche Strukturen wie bei der "Deutschen Kinderhilfe" erwachsen?

Es gibt auffällige Ähnlichkeiten. Es geht um Kinder. Es geht um emotional aufgeladene Themen. Es geht um „Law and Order“ und nicht um Sozialtransfers. Also ideal für Neokonservative. Außerdem kann man sowohl aus den PR-Auftritten als auch den Notinseln Geld saugen. Wenn man so will geht es um verwandte Geschäftsmodelle ohne Schaffung von Mehrwert.

Was halten Sie von den Notinseln?

Ein Aufkleber, der Hilfe in bestimmten Situationen verheißt, ist prinzipiell nichts schlechtes. Noch besser ist, wenn die Hilfe dann auch kommt. Ähnliche Projekte gibt es ja seit Jahren für Opfer rechtsradikaler Gewalt. Ich will das nicht verurteilen. Aber wer Geld mit so etwas verdient, hat meines Erachtens schon ein moralisches Rechtfertigungsproblem.

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Wirtschaftsweiser Schmidt: „Auch der Staat hätte die Arcandor-Arbeitsplätze nicht retten können!“

Die Arcandor-Spitze hat einen Insolvenz-Antrag beim das Amtsgericht Essen gesstellt. Die endgültige Entscheidung ist gerade im Konzernvorstand gefallen. Die Besitzer waren wohl nicht bereit, sich stärker an der Rettung des Konzerns zu beteiligen.  Betroffen sind gut 43.000 Mitarbeiter. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat sich für die 5000 Mitarbeiter von Opel in die Bresche geworfen – bei Arcondor in Essen war von ihm nichts zu sehen. Für Christoph M. Schmidt, dem Präsidenten des RWI-Essen, ein Schritt in die richtige Richtung.

Für Christoph M. Schmidt vom RWI, der sich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, den  sogenannten Wirtschaftsweisen, erst heute in der FAZ angesichts der Arcandor-Misere gegen einen zweiten Fall Opel ausgesprochen hat, gab es gute Gründe, warum sich der Staat bei Arcandor zurückgehalten hat: "Der Staat kann Unternehmen retten, aber keine Arbeitsplätze. Hätte er Arcandor gerettet, wären Jobs bei Konkurrenten wie Kaufhof, die ja erfolgreich am Markt agieren, gefährdet worden." Der Grund: Im seit Jahrzehnten schrumpfenden Markt der Kaufhäuser hätte das Überleben eines  gescheiterten Markteilnehmers den Wettbewerb verzerrt und die erfolgreichen Unternehmen unter Druck gesetzt. Dass der Arcandor-Vorstand, der sich wohl Aufgrund der Weigerung der Anteilseigner, sich an der Sanierung stärker als bislang zu beteiligen,  sein Sanierungskonzept nicht nachbesserte kommentierte der Wirtschaftsweise knapp: "Die Anteilseigner werden gute Gründe haben, ihr Geld nicht in die Arcandor-Sanierung zu investieren."  

In den Karstadt Filialen wird nach eine Mitteilung des Konzerns der Verkauf erst einmal weiter gehen. Nicht von der Insolvenz der Arcandor AG betroffen sind die börsennotierte Thomas Cook Group, an der Arcandor nur über Aktienbesitz beteiligt ist sowie Spezialversender der Primondo-Gruppe und der TV-Händler HSE 24. Auch die Karstadt Warenhaus GmbH, die Primondo GmbH und die Quelle GmbH haben Insolvenz beantragt.

 

Arcandor (2): Megaphon, megageil?

Arcandor will also Insolvenz anmelden, klack. Dabei hatte der erst seit März amtierende Vorstandsvorsitzende Karl-Gerhard Eick gestern noch einmal forsch getrommelt. Der erfahrene Spitzenmanager, gebürtige Ulmer und FC Bayern Aufsichtsrat erklomm vor der Konzernzentrale eine Haushaltsleiter, heizte seiner Belegschaft per Megaphon ("Wir kämpfen bis zur letzten Minute") kräftig ein, die Untergebenen klatschten, die Essener Sonne schien. Eick zeigte sich hemdsärmlig und trotz der Schwere der Lage (noch?) ganz gut drauf. Oder wie müssen wir DAS!!! verstehen?

Fotoquelle: ruhrbarone/sz