Der Vorstandschef des Bonner Sonnenkonzerns Solarworld Frank Asbeck ist einer der streitbarsten Vertreter der Enereuerbaren Energien. Er hat sich beim gescheiterten Energiegipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit E.on-Chef Wulf Bernotat angelegt und kämpft vehement gegen Ideen wie Desertec. Immer wieder sorgt er mit spektakulären Ideen für Aufsehen. Etwa als er Opel kaufen wollte, um aus dem Autobauer einen Ökomobilisten zu schmieden. In einem Gastbeitrag für die Ruhrbarone erklärt der ehemalige grüne Lokalpolitiker Frank Asbeck, wie er sich die neue Welt nach der Finanzkrise vorstellt.
Wellen gehören zum Sommer. Ihr Auslöser ist übrigens die Sonne, die die Luft erwärmt und für Wind sorgt. Wellen werden mit Energie erzeugt.
Auch die Wirtschaftsentwicklung vollzieht sich in Wellen. Erst kommt der Aufschwung, dann folgen Stagnation und Rezession. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise ist mehr als nur das Erschlaffen eines x-beliebigen Konjunkturzyklus. Sie markiert das Ende einer Wirtschaftsordnung, die sich auf fossile, auf endliche Energien verlässt.
Der russische Ökonom Nikolai Kondratjew und nach ihm Joseph Schumpeter haben bereits Anfang des letzten Jahrhunderts die „langen Wellen“ beschrieben, die die uns geläufigen fünf- bis siebenjährigen Konjunkturzyklen überlagern, und die von der Überwindung zentraler Knappheiten angestoßen werden. Engpässe in der kapitalistischen Produktion müssen mit neuen Basis-Innovationen überwunden werden. Zu diesen Technologien zählten damals die Dampfmaschine, die Eisenbahn oder das Automobil. Ihr flächendeckender Einsatz führte zu einem gewaltigen Schub der Produktivität und hievte die Wirtschaftsgesellschaften auf neue Wohlstandsniveaus, wenn auch nur in wenigen Staaten der Welt. Ursächlich war dies immer verbunden mit einer Weiterentwicklung der Energieerzeugung: Zuerst die Nutzung von Holz, und Kohle, später von Öl, dann der Ausbau der Stromversorgung. Der letzte dieser Zyklen wurde durch Computer und Internet und den Aufbau mobiler Datennetze ausgelöst, welche die Informationsknappheit aufhoben. Doch dieser Impuls verpufft, das Kapital sucht sich schon lange keine investiven Wege mehr, sondern sieht sein Heil in der Spekulation – ein Zeichen, dass die Zeit reif ist.
Ohne grundlegende Veränderung ist aber kein erneuter Aufschwungsboom zu erwarten. Woher soll er auch kommen, wenn alles beim Alten bleibt? Die Aufgaben sind mehr als deutlich. Endliche Energieträger und die Restriktionen des Klimawandels grenzen unsere Ökonomie ein. Weite Teile der Welt spüren dies noch deutlicher als wir. Zwei Milliarden Menschen haben gegenwärtig überhaupt keinen Zugang zu Energie, geschweige denn zu ausreichender Nahrungsversorgung.
So wie die einzelnen Kondratjew-Zyklen der Vergangenheit durch die Überwindung von Knappheiten ausgelöst wurden, gilt dies auch für die Neue Welle von Morgen. Sie hat bereits begonnen. Deren Basis-Technologien sind die Effizienttechnologien und die Erneuerbaren Energien, vor allem die Solarstromtechnologie. Denn die Sonne ist die einzige Energiequelle, die überall verfügbar ist und grundsätzlich nicht knapp wird – zumindest nicht in den nächsten fünf Milliarden Jahren. Ihre Energielieferung auf die Erde beträgt das 3.000fache dessen, was von uns Menschen verbraucht wird. Die Solarstromtechnologie ist inzwischen reif, um massenhaft wirtschaftliche Anwendungen zu ermöglichen. Bereits Anfang des nächsten Jahrzehnts wird es auf jedem Dach in Deutschland möglich sein, den Strom billiger zu produzieren als er aus der Steckdose kommt. Hausbesitzer werden zu Stromerzeugern, so wie es bereits 500.000 Betreiber in Deutschland erfolgreich vorgemacht haben. Die deutschen Dachflächen reichen aus, um alleine ein Drittel des gesamten Stromverbrauches zu decken. Dafür braucht man nicht erst große Leitungen nach Nordafrika legen. Für weite Teile Afrikas allerdings bedeutet der Einsatz von Solartechnologie erstmals überhaupt die Möglichkeit, wirtschaftliche Entwicklung zu vollziehen.
Damit wird die nächste „lange Welle“ der Ökonomie eine der ganz großen. Die Wirtschaft der Industrieländer kann ihre größten Schranken überwinden. Abhängigkeiten werden abgebaut, im Großen, aber auch im Kleinen für jeden einzelnen Stromverbraucher, beziehungsweise dann Stromerzeuger. Die Sonne wird diese neue Wirtschaftswelle antreiben. Und das ist gar nicht so besonders – mit den Meereswellen macht sie das schon seit Jahrmillionen.