3 für 7 – Ausgehtipps am Dienstag

Bei der Zusammenstellung der Themen dieser Woche fiel dem Autor einmal wieder etwas auf. Nämlich wie von der Pressemitteilung bis hin zum Kuratieren von Ausstellungen selten die tatsächliche Aussage einer Veranstaltung transportiert wird. Das mag manchmal gewisse diplomatische Gründe gegenüber Beteiligten oder Sponsoren haben, macht aber meist den Zugang für Uneingeweihte besonders schwer. Deshalb diesmal in schonungsloser Offenheit die reine Wahrheit über: Klaviere, Geister, Sozialismus.

Bereits gestartet: Das Klavier-Festival Ruhr. Da gibt es eigentlich wenig Geheimnisvolles, sollte mensch meinen. Es fallen aber zumindest die Programmänderungen ins Auge: Am Mittwoch dann doch Ivo Pogorelich im Dortmunder Konzerthaus, ein frisch aus dem Kloster kommender Meisterpianist. Nächsten Montag außer Plan auch noch Gabriela Montero in der Essener Philharmonie, eine Venezolanerin, die eher mehr als weniger Improvisation "riskiert". Weitere große Namen: Anne-Sophie Mutter am 16. Juni ebenfalls in der Philharmonie zu Essen, drei Tage später Frank McComb in der Bochumer Jahrhunderthalle, Chick Corea am 9. Juli im Dortmunder Konzerthaus, Herbie Hancock u.a. eine Tag darauf in der Essener Philharmonie. Letzteres Konzert ist übrigens bereits ausverkauft – um die Wahrheit zu sagen.

Kommen wir zu Künstlern, die den Spuren von Geistern in der Maschine folgen. Inke Arns vom Hardware MedienKunst Verein sagt es diplomatisch: Die an "Wach sind nur die Geister" beteiligten Künstler glaubten nicht zwingend an diese, sondern seien mehr an der Ästhetik des Themas interessiert. Dabei war das doch letztens genau Thema bei den Ruhrbaronen! Und was ist eigentlich problematischer: Im Umgang mit Maschinen als Medien für zwischenmenschliche Kommunikation jedwede Instinkte rationalistisch ausschließen? Oder offen bleiben für Dinge, die zwischen den Zeilen stehen, unprogrammiert sind, jenseits des Erwartbaren liegen? Insofern gibt es da wirklich nichts zu belächeln bei dieser Veranstaltung in der Dortmunder Phoenix-Halle.

Ebenfalls nicht zu belächeln, aber auch nicht zwingend einfach hinnehmbar: Sozialistisch geprägte Erziehung im Ruhrgebiet. Menschen, die einfach kategorisch nicht an die reale Welt gewöhnt wurden, sondern zu Rebellen, Künstlern oder einfach Bohemians erzogen wurden. Wie ist denn nun das wieder zu bewerten? Eine davon ist Eva Kurowski (Foto: Asso Verlag), und sie hat jetzt ein Buch zu präsentieren: "Avanti Popoloch". Morgen. Im Druckluft. Als Tochter von Kuro ("Trompeter, Marxist, Grafiker") recht bald dem Helge Schneider Umfeld zugerechnet hat sie einiges zu erzählen von der Instrumentalisierung von Kindern bei Ostermärschen bis hin zum Colaverbot und letztlich vielleicht der Emanzipation vom Übervater durch die … Mischung aus Künstlerinnen- und Mutterrolle ausgerechnet? Sehr interessant. Jedenfalls wird sie das sprachlich so verpacken, dass alle Beteiligten lachen oder zumindest lächeln werden – und dann zurück in ähnliche Verhältnisse gehen, aber zumindest im Hinterkopf um einige geteilte Erfahrungen reicher. Und das ist dann natürlich ganz große Ruhrgebietskultur, um das mal regional-typisch so zu sagen dass es auch klar wird.

Im Überblick:
Das Klavierfestival Ruhr geht an über 25 Spielstätten noch bis zum 17. Juli.
"Wach sind nur die Geister" ist noch bis zum 18. Oktober in der Phoenix-Halle.
Eva Kurowski liest am morgigen Mittwoch ab 20 Uhr im Druckluft.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Nazis: Zahl der Straftaten gestiegen…Spiegel

Pro NRW: Gegendemo in Gelsenkirchen…Hometown Glory

Armutsreport: Dortmund ist die ärmste Stadt in NRW…Der Westen

Armutsreport II: Der Überblick…Stern

Armutsreport III: Wie die Deutschen sich arm rechnen…Welt

Opel: Wer wird Retter?…FAZ

Karstadt: Arcandor will nicht mit Kaufhof…Welt

Umwelt: Riesen-Revier-Reservat?…Bild

KIndergartenstreik: Eltern murren leise…Ruhr Nachrichten

Studi-Pisa: Kommen die dümmsten Nüsse aus der Ruhrgebiet?…Der Westen

Ruhr2010: Pleitgen: Ich bin konservativ…Spiesser

 

Update: Die schwierige Kulturhauptstadt

Heute hat mich ein Bekannter gefragt, warum wir Ruhrbarone nicht mehr und intensiver auf die Kulturhauptstadt einprügeln. Ich habe gestockt und gesagt, nun, eigentlich finde ich die Kulturhauptstadt verdammt wichtig. Ohne die Kulturhauptstadt wären heute wahrscheinlich die meisten Projekte der Internationalen Bauausstellung IBA platt wie tausend andere Brachen. Und eigentlich fand ich die IBA nicht schlecht.

Gut, sagte mein Gesprächpartner, die IBA wurde von vielleicht einem duzend Leute gemacht. Bei der Kulturhauptstadt sind bald sechs Duzend beschäftigt.

Ich musste kurz stutzen und zugeben, dass es eigentlich immer schwieriger wird, das Prestigeprojekt von Heinz-Dieter Klink, Oliver Scheytt, Fritz Pleitgen und Wulf Bernotat zu verteidigen. Es hagelt schlechte Nachrichten.

Zunächst die Nummer mit der Vernetzung. Sie ist nicht da. Der einzige offizielle Partner – eine Rechtsanwaltkanzlei. Die Hauptsponsoren – nicht mal alle mit Logo vertreten. Die Metro/Haniel ist immer noch nicht dabei. Sei es weil die Ruhr 2010 es nicht gebacken bekommt, das Logo einzubauen, sei es, weil die Metro/Haniel kein Logo geschickt hat.Sei es, weil die Metro/Haniel keinen Vertrag unterschrieben hat.

Und dann die internen Dinge. Kann sich noch wer an die Logo-Posse erinnern? Dass alle Blogger nur das Ruhr2010-Logo nach einer vorhergehenden Gewissenprüfung verwenden sollten?

— Update: —

Ein Freund hat mir gerade das Co-Branding-Paper der Kulturhauptstadt geschickt. 60 Seiten. Hier kann man es runterladen. Klack. Auf Seite 13 steht das "Wording" der Ruhr 2010. Man darf nicht sagen. "Die Ruhr 2010 hat zum Ziel…."  Man MUSS sagen: "RUHR.2010 hat zum Ziel…" Man soll auch nicht schreiben: "Europäische Kulturhauptstadt". Stattdessen soll man verbreiten: "Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010"

Tja, wenn die da sonst keine Sorgen haben und stattdessen genügend Zeit finden für ihr Logo 60 Seiten vollzumachen. Hach….

Ich werde weiter die Ruhr 2010 schreiben, schließlich ist das eine GmbH. Also eigentlich die Ruhr 2010 GmbH.

— Update Ende —

Naja, damit hörte die Logo-Kiste nicht auf. Ich weiß von einem Bekannten aus der Ruhrpresse, der produziert im Jahr mehrere hunderttausend Broschüren, Hefte und Bücher, durchaus weltweit. Jedenfalls bot der Scheytt in einem persönlichen Gespräch an, das Ruhr 2010 Logo in seine Veröffentlichungen zu pressen. Nach dem Motto: „Schöne Grüße aus der Kulturhauptstadt 2010“.

Scheytt sagte, dann müsse man über Lizenzgebühren reden.

Lizenzgebühren, die der Mann mit den Publikationen kriegt?

Nein, Lizenzgebühren die Scheytt haben wollte, damit der Mann das Ruhr2010-Logo nutzen durfte, um es in seinen Magazinen, Büchern und Broschüren zu drucken. Scheytt konnte nicht verstehen, dass es Werbung für seine Kulturhauptstadt ist, wenn das Logo ein paar hunderttausendfach gedruckt wird. Dafür müsste die Ruhr2010 eigentlich jede Menge Geld zahlen. Der Mann ist ein renomierter Unternehmer im Revier und kein Haiopai.

So starb die Nummer. Sie starb so, wie die Projektanträge, die einfach in der Ruhr 2010 verschwunden sind oder die Einladungen zur Eröffnungsveranstaltung. Intern hieß es mal, eine Praktikantin habe die Adressen vertrödelt. Was weiß ich.

Ich weiß aber, dass es extrem schlecht kommt, wenn ein Projektantrag der Emschergenossenschaft im Trubel untergeht.

Natürlich ist es nicht leicht, so viele Kulturleute wie im Ruhrgebiet unter einen Hut zu bekommen.

Aber darf das eine Entschuldigung dafür sein, wenn man Städten wie Oberhausen Teile der Finanzierung für Einzelprojekte wie diese Kanalgeschichte aufbürdet, dann bemerkt, dass Oberhausen seinen Eigenanteil nicht bezahlen kann und anschließend versucht, die Geschichte zu vertuschen? Was sollen die Oberhausener denken, wenn jetzt auch noch die Nummer im Gasometer mit den Religionen platzt? Da hat doch keiner mehr Lust mitzumachen. Diese Demotivation ist flächengreifend im Ruhrgebiet zu spüren.

Ja, ich gebe zu, es ist schwer die Kulturhauptstadt zu verteidigen. Trotzdem muss sie ein Erfolg werden. Ich weiß nicht wie. Die Luftballone über den Schächten drohen zu platzen. Die Zweite Stadt ist geplatzt. Nur das Picknick auf der A40 nicht. Die Finanzierung ist mager und wird durch ausbleibende Sponsoren immer magerer.

Ich weiß nicht wie. Aber die Kulturhauptstadt muss zum Erfolg werden. Und wenn Scheytt und Pleitgen das nicht können, dann müssen vielleicht andere ran. Gibt es noch eine Chance? Oder ist alles zu spät und wir müssen mit den beiden Matadoren da durch?

Was sagen eigentlich Klink und Bernotat dazu?

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?Ich hoffe, dass es bei der Grundaussage dreier Verwaltungseinheiten bleibt?

Während die CDU im Ruhrgebiet droht, von der Forderung eines eigenen Ruhrbezirks abzurücken, hat das Ruhrgebiet neue Verbündete bekommen: Die Kammern im Rheinland. Sie setzen auf Kooperation und Bürokratieabbau. Wir sprachen mit Dr. Udo Siepmann, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf.

Ruhrbarone: Seit wann verfolgen die IHKs Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln und Mittlerer Niederrhein ihre Rheinland-Initiative?

Dr. Udo Siepmann: Eine engere Zusammenarbeit im Rheinland haben unsere Vollversammlungen schon im Jahre 2003 explizit gefordert. Im vergangenen Jahr haben unsere fünf Kammern (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln und Krefeld) die IHK-Initiative Rheinland ins Leben gerufen. Dahinter steht unsere Überzeugung, dass nunmehr Politik und Verwaltung, aber auch die breite Öffentlichkeit erkennen müssen, dass das Rheinland in Deutschland der einzige Ballungsraum ist, der noch nicht in den Strukturen einer Metropolregion arbeitet. Wir verkaufen somit unsere gemeinsamen Stärken unter Wert.

Ruhrbarone:Sie sprechen sich auch immer wieder für einen eigenen Bezirk für das Rheinland aus. Was hat das Rheinland nach Ansicht der Kammern von einem eigenen Regierungsbezirk?

Siepmann: Die Frage ist doch nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Das zeigt ja auch schon das Ruhrgebiet. Denn dort wird man ja ab Herbst nicht nur die Kompetenz für die Regionalplanung bekommen, sondern man kooperiert auch in anderen Feldern sehr intensiv, obwohl es noch keinen Regierungsbezirk Ruhr gibt. Um genau diese kooperativen Strukturen, vor allem auch um die gemeinsame Regionalplanung geht es den IHKs im Rheinland. Wenn eine solche Kooperation gut und nachhaltig funktioniert, dann stellt sich vermutlich irgendwann in der Zukunft fast automatisch die Frage, warum sich die administrativen Strukturen diesem Kooperationsraum nicht anpassen sollten.

Ruhrbarone: Warum setzen Sie nicht wie das Land auf eine Metropolregion Rhein-Ruhr, die ja auch auf EU-Ebene verankert ist?

Siepmann: Die Landesregierung hat in der Tat in ihrem Landesentwicklungsplan (LEP) aus dem Jahre 1996 noch von einer Metropolregion Rhein-Ruhr gesprochen. Die Wirklichkeit aber ist darüber längst hinweggegangen. Das Ruhrgebiet versteht sich als eigenständige Metropolregion, und so wird es auch als Mitglied im Initiativkreis Europäische Metropolregionen (IKM) geführt. Machen wir uns nichts vor: eine Metropolregion auf dem Papier zu definieren, ist etwas völlig anderes, als sich im wirklichen Leben mit einer solch großen Raumeinheit zu identifizieren und sie auch politisch mit Inhalten zu füllen. Hier unterliegt auch der Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow der Illusion, dass dies in einer Großregion Rhein-Ruhr bereits heute funktionieren könnte.

Ruhrbarone: Wie sehen Sie die in den vergangenen Jahren intensivierten Kooperationsbemühungen im Ruhrgebiet?

Siepmann: Sehr positiv, denn hier zeigt sich, dass man eine ganze Menge bewegen kann, wenn Wirtschaft und Gebietskörperschaften an einem Strang ziehen, zum Beispiel im externen Standort- und Kulturmarketing. Insofern ist es auch nur konsequent, dass mit dem RVR-Gesetz ein rechtlicher Rahmen geschaffen wurde, der die Zusammenarbeit auf eine solide Grundlage stellt und mit der gemeinsamen Regionalplanung ab Ende 2009 eine logische Abrundung erfährt. Das genau motiviert uns auch, etwas Ähnliches für das Rheinland in enger Kooperation mit den Kommunen auf die Beine zu stellen.

Ruhrbarone: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Landesregierung bei ihren ursprünglichen Plänen, im Land drei Bezirke zu schaffen, bleibt? Gerade aus Westfalen gibt es Widerstände, und die Union scheint in dieser Frage eher mutlos.

Siepmann: Schon die rot-grüne Landesregierung hat sich an dem Thema Verwaltungsstrukturreform die Zähne ausgebissen, und die derzeitige Landesregierung hat das Projekt zeitlich gestreckt. Für das Rheinland und das Ruhrgebiet wären in der Tat aufgrund ihres räumlichen Zuschnitts als Nord-Süd- oder West-Ost-Achse die Probleme leichter lösbar als in Westfalen. Ich hoffe dennoch, dass es bei der Grundaussage dreier Verwaltungseinheiten bleibt, die ja auch im geltenden Kooperationsvertrag steht. Ich sehe den zeitlichen Aufschub als große Chance für eine besonders sorgfältige Vorbereitung.
 
Ruhrbarone: Zum guten Schluss: Warum passen Ruhrgebiet und Rheinland nicht zusammen?

Siepmann: Es wird – wie bei der leider gescheiterten gemeinsamen Olympia-Bewerbung –  auch in Zukunft immer wieder fallweise win-win-Situationen einer guten Zusammenarbeit von Rhein und Ruhr geben können. Strukturell aber sind hinsichtlich ihrer jeweiligen Probleme die Räume sehr unterschiedlich aufgestellt. Im Rheinland fehlt es im Übrigen derzeit an Instrumenten, um überhaupt Ziele und Verhandlungsmandate zu definieren. Das bedeutet: man sollte den zweiten Schritt – Zusammenarbeit von Rhein und Ruhr – nicht vor dem ersten – der engeren Zusammenarbeit nicht nur an der Ruhr, sondern künftig hoffentlich auch am Rhein – tun. Dann werden wir sehen, wo wir bei allen strukturellen Unterschieden win-win-Situationen entdecken.
 

„Ruhrbezirk in dieser Legislaturperiode…“

Eigentlich war die Landesregierung angetreten, den Verwaltungswirrwarr in NRW aufzulösen: Aus fünf aufgeblasenen Regierungsbezirken sollten drei abgespeckte Regionalbezirke entstehen. Nun verlässt der Mut sogar die CDU-Ruhr. Wie gut, dass es da die Kammern im Rheinland gibt.

Eingeknickt? Oliver Wittke

Irgendwann einmal war Oliver Wittke ein eifriger Kämpfer für einen eigenen Ruhrbezirk. Ob als Oberbürgermeister von Gelsenkirchen oder als Verkehrsminister im Kabinett von Jürgen Rüttgers, Wittke stieg immer in den Ring, wenn es darum ging, die Idee eines eigenen Bezirks für das Ruhrgebiet voranzutreiben. Noch im Sommer 2005 erklärte Wittke in einem Interview: „Wie werden noch in dieser Legislaturperiode die fünf Regierungsbezirke und die beiden Landschaftsverbände zu drei Regionalbezirken zusammenschließen – einen für Westfalen, einen für das Rheinland und einen für das Ruhrgebiet. Im letzteren wird auch der Regionalverband Ruhr aufgehen.“ Gut vier Jahre später auf seiner ersten Pressekonferenz als Nachfolger von Norbert Lammert als Vorsitzender der CDU-Ruhr war von der Energie des Aufbruchs nichts mehr geblieben: „Der Regionalverband Ruhr bekommt im Herbst 2009 die Regionalplanung übertragen. Dann wir er erst einmal zeigen müssen, ob er es kann bevor man mit neuen Forderungen auftreten kann.“

Widerstände
Es waren die Widerstände gegen die von Lammert ins Wahlprogramm der CDU hineingedrückte Verwaltungsreform, die den 2005 als Tiger losgesprungenen Witt-ke im Frühjahr 2009 als Bettvorleger landen ließen. Und die Widerstände sind groß, nicht nur in der Union. In allen Parteien wehren sich die Fraktionsmitglieder und Fraktionsgeschäftsführer der Parlamente der Landschaftsverbände und Regionalräte gegen die Abschaffung der Gremien, die den meist drittrangigen Lokalpolitikern zumindest in ihren Heimatkommunen einen Hauch von Bedeutung gaben. Üppige Sitzungsgelder tun ein Übriges, die Liebe zu den überflüssigen Gremien besonders leidenschaftlich glühen zu lassen.

Kammerbezirke
Und vom ersten Tag an gingen die Grenzkammern auf die Barrikaden. Ob Duisburg, Niederrhein, Südwestfalen oder Nordwestfalen: Alle IHKs, deren Kammergebiet sich sowohl im Ruhrgebiet als auch in Westfalen oder dem Rheinland befindet, sind erbitterte Gegner der Verwaltungsreform. Dabei werden sie weniger von der Sorge um die Interessen ihrer Mitglieder geleitet als von der Angst, einer Verwaltungsreform könne eine Reform der Kammerbezirke folgen – und damit der Verlust von Personal, Geldern und Pöstchen.
Die Sorge haben die Kammern im Rheinland nicht. Sie fordern eine Verwaltungsreform und sehen für das Rheinland und das Ruhrgebiet große Vorteile. Vielleicht weckt die Unterstützung der rheinischen Kammern ja wieder den Tiger in Wittke.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Opel: Fiat sucht die Entscheidung…Handelsblatt

Streik: Erzieherinnen machen weiter…RP Online

Kaufhäuser: Schluckt Kaufhof Karstadt?…Ruhr Nachrichten

Industrie: Neuew Stahlwerk in Schwerte…Ruhr Nachrichten

Ruhr-Marathon: Warten im Regen…Der Westen

Ruhr Marathon II: Eine Mauer durch den Pott…Kueperpunk

Rheinpark: Strand-Urlaub in Hochfeld…Der Westen

Stau: Tamilen besetzten A52…Stern

Pro NRW: Anzeige gegen Landesvorstandsmitglied…Hometown Glory

Wissensmaschine: Mehr Alpha als Wolframß…2.0

Glücksritter in der Casa Box

 

 

Seit Freitag sind die "Glücksritter" in der Essener Casa Box zu sehen. Ein Stück von Mirjam Strunk, das sich die Frage stellt: Was ist Glück?

Schon Aristoteles versuchte sich an dieser Frage. Ist Glück ein Zustand, ein Prozess oder schlichtweg unerreichbar? In einer Welt aus Finanzkrisen, perfektem Sex und absoluten Karrieren scheinen immer nur die Anderen zu wissen, was uns glücklich macht. Das Stück „Glücksritter“ gibt uns diese Frage zurück – holt sie zurück in das kollektive Bewusstsein. Es zeigt junge und alte Menschen die sich erfrischend authentisch und herrlich unkonventionell auf die Suche nach Antworten machen. Dabei gewährt uns Regisseurin Mirjam Strunk Einblicke in die ganz privaten Gedanken der Darsteller und provoziert zugleich mit grotesken, bis hin zu befremdlichen Ideen unserer Gesellschaft. Was bedeutet Glück für einen Millionär, eine Prostituierte oder einen Sterbenden? Die Glücksritter beweisen Mut zur Kritik, die sich nicht nur auf „die Anderen“ richtet, sondern zugleich jeden Einzelnen skeptisch unter die Lupe nimmt. Ein bewegendes Spiel mit den Gegensätzen und Gemeinsamkeiten der Menschen, das so wunderbar absurd ist, wie das Leben selbst.

Termine: 01. Juni 2009, 07. Juni 2009

Infos unter: theater-essen.de/asp/gesamt_einzelstuecke.asp

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Zappa lebt – in Bochum

 

Papa wäre hocherfreut gewesen: Sohnemann Dweezil Zappa (Foto) setzt nun schon seit geraumer Zeit die schrägen Töne seines Daddys auf der Bühne um und rockte in Bochum die bestuhlte Jahrhunderthalle. Trotz des fortgeschrittenen Alters der meisten Zappa-Jünger hielt es diese bei der fast dreistündigen Show oftmals nicht auf den Sitzen, denn Zappas Klangkaskaden mit All-Time-Favourites wie "Zombie Woof" sind immer noch schlichtweg umwerfend.

HIER geht es zu weiteren Fotos des Konzerts.

 

Rettet den Blätterwald (5) – Heute: TV klar

Das (Lokal- bzw. National-)Fernsehen! Und dann noch ein Magazin zum Thema! Erinnerungen werden wach: Knackige Uhrzeiten und Sendungstitel. Manche bekamen gar einen kleinen Text, wenige andere gar ein Foto. „Programmzeitschriften“ nennen dieses Genre auch heute noch manche Menschen – und einige kaufen sie auch noch! Diese lose ArtikelSerie hingegen behandelt Printobjekte, zu denen der Autor fast jedes Mal nahezu feierlich schwört, sie ob totaler Nutzlosigkeit nach Veröffentlichung des Artikels nie wieder zu kaufen. Diesmal also Thema im deutschen Blätterwald: Besonders kleinkarierte Depressiva.

Die aktuelle Ausgabe (sorry, das Foto ist zum Selbst-Interpretieren): Auf dem Cover das Profil einer nahezu Mitleid heischenden Frau namens Suzan Anbeh, die irgendetwas mit einer Sendung namens „Kriminalist“ zu tun hat. Eine „Sommerpause“ wird hierzu angekündigt. Ein erstaunlicher Aufmacher. Darunter der Identitätstifter-Werbeslogan „Alles drin, alles dran, alles klar!“ mit der Detail reichen Erläuterung „Rezepte, Medizin-Tipps, Schicksale, Horoskop, Rätsel, Verbraucher-Tipps, Ihr aktuelles TV-Programm“ nebenan. Was genau soll die Fernsehnation sonst noch interessieren? Aha: „Giftalarm in Parks & Gärten“, „Musikantenstadl“, „Schutzimpfungen“, „Toskana“. Bestimmt irgendwie nahe liegend.

Ins Heft: Die erste Anzeige wirbt offensichtlich Verlag intern für das Blatt „Mein Hund & Ich“. Neben dem Inhaltsverzeichnis zeigt das „Bild der Woche“ einen einsamen kleinen Jungen in einem ansonsten leeren Stadion. Darunter wird in aller Kürze erklärt, warum Suzan Anbeh sich von ihrem Schauspielerkollegen-Lebensgefährten getrennt hat. Ein Cartoon, ein Spruch von Otto Waalkes und ein Witz sollen die Seite 3 anscheinend „abrunden“. Die Rubrik „Im Brennpunkt“ beschäftigt sich mit dem Einheiraten in Großfamilien und gibt ein paar Verbrauchertipps dazu, bevor es nach dem Umblättern schon in die Toskana geht. Eine nachvollziehbare Abfolge: Harte Themen, weiche Themen, Kreuzworträtsel.
Es folgen „Gesundheit“ und „Schönheit“ (Kurz-Rubriken) und Werbung für ein Medikament gegen „nachlassende mentale Leistungsfähigkeit“. „Für Erwachsene ab 18 Jahren“ natürlich, Zielgruppen konform quasi. „Blumen & Pflanzen“ ist die nächste einseitige Rubrik, es folgt „Verbraucher“, „Recht“, „Menschen wie wir“ und Werbung für Billigflieger (Toskana?) sowie für Salatdressing. Eine Saskia Vester winkt, denn es geht in das Herz des Magazins: Das TV-Programm.

Zunächst die „TV-Hits der Woche“. Unterteilt in: „Sport“. „Spielfilme“. „Reportage“. „Show“. „Unterhaltung“. „Serie“. Deren Unter-Rubrizierungen: „Höhepunkte“. „Komödie“. „Familienfilm“. „Reportage“ (bei „Reportage“). „Show“ (bei „Show“). „Quizshow“. „Krimiserie“. Schauspielernamen werden genannt, Wiederholungen gekennzeichnet, Wochentage, Daten und Dauer unter die Kurzinhalte gestellt. Größer: Uhrzeiten! Sendernamen! Und dann beginnt die Kästchenwelt erst richtig, ordentlich zum Wochenende, am Samstag: „Politik und Report“, „Sport“ und „Unterhaltung“ links. „Die Spielfilmhighlights des Tages“ rechts. Es gibt Bewertungsfaktoren unter den klassischen Bewertungssternchen wie: „Spass“. „Action“. „Trick“. „Spannung“. „Musik“. „Gefühl“. „Anspruch“. Es gibt Genrenamen: „Liebesdrama“. „Fantasyfilm“. „Komödie“. „Krimi“. „Katastrophenfilm“. „Sci-Fi-Thriller“. „Satire“. „Thriller“. „Action“. „Krimireihe“. „Erotik-Thriller“. Es ist alles von oben nach unten und von links nach rechts in Hinblick auf die Uhrzeit sortiert.
Es gibt weitere Sub-Rubriken: Produktionsland und –jahr. Dauer. Drei bis vier Schauspielernamen. FSK-Freigabe. Es gibt kurze Produktionsdetails unter dem Inhalt, so  zum Beispiel „Gastauftritt von Pierre Brice (80) als Kosmetik-Vertreter“. Am unteren Rand der Seite findet sich eine Legende, die die Sternchen erklärt: Ein Stern bedeutet „wems gefällt“, vier Sterne bedeuten „sehr gut“. Ein „R“ weist darauf hin, dass unter Umständen auch einmal ein Regisseur genannt werden könnte. Die Produktionsdetails werden hier „Info“ genannt. Free-TV-Premieren bekommen ebenfalls ein eigenes Kennzeichen. Am oberen Rand wird nebenbei auf einen „TED“ und den Videotext dazu hingewiesen. Es gibt auch: Erstausstrahlungen. Diese bekommen ein „NEU“. Eine Detail reiche Angelegenheit? Akribisch womöglich? Hiernach kommt jedenfalls erst das eigentliche Programm des Tages – auf den nächsten beiden Seiten. Mehr als eintausend Sendungen.

Vier Spalten links, vier Spalten rechts. Farbschemata für Sender und Tageszeiten. Das Morgenprogramm nur in Titeln, aber mit einer Altersangabe für Kinder zu jeder Sendung. Stopper rufen „FILM“ oder „TIPP“, einmal pro Doppelseite aber auch „TIPP DES TAGES“ – es gibt nie zwei Tipps des Tages. Die Sendungen ab 20.15 Uhr erhalten alle ein Foto und einen längeren Text. Dasselbe geschieht um einiges kleiner mit je einer Nachmittagssendung pro Kanal. Auf der folgenden Doppelseite befinden sich dann die „nächsten“ zwölf Kanäle im oberen Drittel, darunter noch einmal zwölf ohne Texte und Fotos. Es werden ausschließlich deutschsprachige Sender präsentiert, inklusive zweier österreichischen und eines schweizerischen. Es gibt: Technische Unterscheidungsmerkmale in der Legende am unteren Rand: „Mehrkanalton“. „Für Hörgeschädigte“. „Hörfilm“. „Schwarzweiß“. „Dolby Surround“. „Dolby Digital 5.1“. Und so geht es über die Heftmitte bis zum Ende, bis hin zu einem Freitag.

Der Abschluss des Heftes: Kurzrubriken. „Kochen & Geniessen“. „Rätseln & Mehr“. Anschriften der Sender. TV-Vorschau. Auf der Rückseite eine Anzeige mit der großen Überschrift „Eines morgens konnte ich wieder ohne Schmerzen gehen“. Unter dieser eine kleine Rubrizierung: „TATSACHEN-BERICHT“. Mensch weiß Bescheid: Diese Sorte Logik hat uns erst fit gemacht für das geliebte Internet. Nur sieht der „Volkskörper“ heute fast global aus. Na, Gott sei Dank.