Foto: Hannelore Kraft
Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Das sagt ein Sprichwort. Gerade ist das erste Eilverfahren gegen die CDU im Streit um die Verwicklung der Zenit GmbH und der SPD-Spitzenkandidatin für die kommenden Landtagswahlen, Hannelore Kraft, in einen Förderskandal im Jahr 2007 vor dem Kölner Landgericht zu Ende gegangen. Es gab ein Urteil. Das Ergebnis würde ich als Unentschieden bezeichnen. Jeder wird versuchen seine Vorteile draus zu ziehen. Wie dem auch sei, politisch und publizitisch hat Kraft schon vorher verloren. Hier die Resultate aus dem aktuellen Verfahren:
Die CDU darf weiter sagen: „Kraftilantis Lebenslauf-Lüge“ – mit Bezug auf das Streichen der Zenit GmbH aus dem Online-Lebenslauf von Hannelore Kraft. Dieser Streitpunkt wurde nicht ausgeurteilt, da Krafts Rechtsanwalt den Punkt kurz vor der Urteilsfindung zurückgezogen hat.
Die CDU darf aber laut Urteil nicht mehr den Eindruck erwecken, Hannelore Kraft habe während ihrer Tätigkeit für die Zenit GmbH eine Rolle in einem Förderskandal gespielt.
Gut. Aber ging es darum? Und was bedeutet das? Da sind wir bei der Sache mit dem Gericht und der Hand Gottes.
Die CDU hatte unter der Überschrift „Kraftilants Lebenslauf-Lüge“ gefragt, ob Hannelore Kraft die Zenit GmbH aus ihrem Lebenslauf gestrichen hat, weil die Zenit GmbH in einem Förderskandal verwickelt war und dabei die Rolle von Frau Kraft hinterfragt wurde. Dabei bezog sich die CDU auf die Berichterstattung bei den Ruhrbaronen.
Der Rechtsanwalt von Kraft hat daraus eine Eindruckserweckung gemacht. Und zwar hat er gesagt, es könne der Eindruck entstehen, Kraft sei in ihrer Zenit-Zeit in einen Förderskandal verstrickt gewesen. Aber das wurde nie gesagt. Es wurde gesagt, dass die Rolle von Kraft im Förderskandal um den Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet hinterfragt wurde.
Egal. Krafts Rechtsanwalt sagt, der erweckte Eindruck dürfe so nicht stehen bleiben. Und das Gericht hat ihm in diesem Punkt Recht gegeben.
Dabei sollte man wissen, dass die Nummer mit der Eindrucksberichterstattung ein ziemlich übles Ding in der modernen Presserechtssprechung ist. Damit kann sich ein Rechtsanwalt irgendwas ausdenken und das untersagen lassen, um so eine Berichterstattung zu verhindern. Aber egal. Das müssen wir hinnehmen.
Dafür hat das Gericht die Aussage mit der Lebenslauf-Lüge durchgehen lassen. Das sei im Wahlkampf zu ertragen, sagte das Gericht und Krafts Rechtsanwalt nahm den Antrag wie gesagt kurz vor dem Urteil zurück.
Was bedeutet das für die Berichterstattung in den Ruhrbaronen? Ich weiß es nicht. Mal sehen.
Zunächst finde ich nach wie vor meine Aussagen richtig, dass Kraft eine Rolle in dem Förderskandal um den Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet gespielt hat. Sie war als Wissenschaftsministerin für die Abwicklung des Wettbewerbs politisch mitverantwortlich und hat wie dargelegt sogar in ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete noch für die Zenit GmbH im Zusammenhang mit dem Zukunftswettbewerb gearbeitet. Zudem wurde, wie ich geschrieben habe, in dem Skandal, der 2007 aufbrach, die Rolle von Kraft hinterfragt.
Hier bestreitet Kraft, dass es überhaupt einen Förderskandal gab, in dem die Zenit GmbH verwickelt war. Ihre Rolle habe also gar nicht in dem Skandal kritisch hinterfragt werden können.
Um zu überprüfen, was Kraft behauptet, muss zunächst geklärt werden, was ein Skandal überhaupt ist? In Wikipedia steht, ein Skandal ist, „ein aufsehenerregendes Ärgernis und die damit zusammenhängenden Ereignisse oder Verhaltensweisen.“
Das ist hier gegeben, finde ich. Der Landesrechnungshof hat den Zukunftswettbewerb kritisiert. Darüber haben Medien berichtet. Und die Zenit GmbH war in den Skandal verwickelt. Denn sie hat als Projektbüro den Zukunftwettbewerb koordiniert. Natürlich gab es keine strafrechtlichen Konsequenzen aus dem Skandal, auch wenn hier 102 Mio Euro in einem Wettbewerb verteilt wurden, den man kaum als Wettbewerb bezeichnen kann, da es keine vergleichbaren Kriterien zwischen den Wettbewerbern gab, wie der Landesrechnungshof kritisierte.
Aber ich meine, das ist auch nicht nötig. Es muss keine kriminelle Handlungen gegeben haben, damit aus einer Kritik des Landesrechnungshofes ein Skandal wird.
Mich erinnert die Argumentation stark an rückwirkende Geschichtsschreibung. Der Skandal aus dem Frühjahr 2007 soll rückwirkend zu einem Nichtskandal gemacht werden.
Wie gesagt, ich sehe den Skandal und ich sehe, dass Kraft in dem Skandal eine Rolle gespielt hat. Politisch sowieso als Wissenschaftsministerin, weil sie hier für die Durchführung des Zukunftswettbewerbes mitverantwortlich war. Und auch direkt, weil sie in ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete für den Zukunftswettbewerb – wenn auch nur sieben Stunden – gearbeitet hat, um Förderanträge auf ihren „betriebswirtschaftlichen Sinn“ zu prüfen, wie Kraft bestätigt.
Was sagt Kraft weiter zu dem Ganzen? Sie hat sich vor dem Gericht eingelassen. So sagt sie, sie habe in ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete den „Draht“ zur Zenit GmbH aufrechterhalten und auch weiter für die Zenit GmbH gearbeitet, bis sie Ministerin wurde, da sich „berufliche Optionen“ aufrechtzuhalten. Das ist verständlich und auch in Ordnung.
Warum kürzt sie dann die Zeit bei der Zenit GmbH nachträglich aus ihrem Lebenslauf? Kraft sagt, ihr habe mal einer gesagt, man schreibe nicht die Firma in den Lebenslauf. Deswegen habe sie diese Passage in dem Lebenslauf weggelassen mit dem sie Wahlkampf machen will – auch wenn sie zwölf Jahre bei Zenit gearbeitet habe. Zudem wollte sie den Lebenslauf kürzer machen, damit er leichter zu erfassen sei. Die Praktika als Studentin habe sie in dem Lebenslauf belassen, um ihre „Auslandskompetenz“ zu zeigen.
Gut. Kann man glauben, kann man auch nicht glauben.
Der Streit wird jedenfalls weitergehen. Die CDU will in Berufung gegen das Urteil gehen. Der Rechtsanwalt der CDU, Stephan Holthoff-Pförtner, sagte mir: „Das Urteil bietet für beide Seite Steine statt Brot. Wir werden in die Berufung gehen, für den Teil, den wir jetzt nicht gewonnen haben“
Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
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