Abschied für einen, der mal so eine Art Ruhrbaron war

Wulf Bernotat ist Chef des Energiekonzerns E.on. Er führte das Unternehmen nach der Fusion von VEBA und VIAG weg von seinen Wurzeln als Firma der Ruhrbarone hin zum größten Energiekonzern Europas. Nun wird Bernotat seinen Posten räumen.

Foto: Kai-Uwe Knoth

Wenn Wulf Bernotat zu reden anfängt, werden die Menschen leise. Sie hören zu. Der E.on-Chef spricht mit einer sanftrauchigen Stimme, bestimmt und eindeutig. Er sagt Wahrheiten, die mancher nicht hören will. Zum Beispiel sagt er, dass man bei aller Begeisterung für die Öko-Energien nicht vergessen dürfe, dass diese auch in den kommenden 20 Jahren nicht ganz Deutschland mit Strom und Wärme versorgen könnten. Irgendwo müsse der Rest herkommen. Aus Gas, aus Kohle oder aus der Kernkraft. Irgendwoher. Das versteht jeder. Auch der politische Gegner. "Wer soll den Rest liefern?" fragt Bernotat dann. "Das müssen wir tun." Wenn Bernotat seinen Punkt gemacht hat, lehnt er sich zurück, hebt seinen Kopf und lächelt. Dann sieht Deutschlands mächtigster Energiemanager ein wenig aus, wie ein Universitäts-Professor, der seinen Studenten eine Lehre erteilt hat.

Auch auf der Hauptversammlung seines Konzerns E.on lächelte Bernotat am Ende seiner langen Rede entspannt. Auch hier hatte er seinen Punkt gemacht: unerwartet, doch nachvollziehbar und klar. Bernotat will seinen Vertrag nicht über Mai 2010 hinaus verlängern. Der Chef des mit Abstand größten Energiekonzerns Europas gibt sein Amt ab, freiwillig und ohne Streit.

Und damit sticht Bernotat heraus aus der Klasse der deutschen Topmanager. Gerade in den Dax-Konzernen gab es in den vergangenen Jahren kaum einen Vorstand, der freiwillig abgezogen wäre. Ob Telekom, Post, Siemens oder Bahn: Immer gab es Krach, Krawall und Chaos. Der Skandal war Standard beim Führungswechsel. Lange bevor die Wirtschaftskrise das Vertrauen der Öffentlichkeit in Elite der Unternehmensführer erschütterte, hatten Krawall-Manager das Ansehen ihres Berufsstandes bereits verspielt.

Selbst in Bernotats eigener Branche, der relativ krisenfesten Energiewirtschaft, ging in den vergangenen Jahren kaum etwas ohne Hauen und Stechen. Schon die Art, wie der Chef des Erzrivalen RWE, Harry Roels, trotz unbestreitbarer Erfolge aus dem Amt gemobbt und durch den Stahlmagnaten Jürgen Großmann ersetzt wurde, stieß bei Aktionäre sauer auf. Nicht anders der Umgang bei Vattenfall Europe, wo mit Klaus Rauscher und Hans-Jürgen Kramer innerhalb von zwei Jahren gleich zwei Vorstandschef ihren Hut nahmen. Oder der Fall von Utz Claassen, der bis heute mit seinem Ex-Arbeitgeber Energie Baden-Württemberg vor Gericht liegt.

Ganz anders beim Branchenprimus E.on. Seit mehr als drei Wochen steht Bernotats Beschluss fest. Intern wurden die Führungskräfte informiert und die wichtigsten Aufsichtsräte eingeweiht. Nichts drang nach draußen. Kein Streit der Nachrücker brandete auf, die ihre Chancen wittern. Es bleibt Bernotat selbst vorbehalten, den Zeitpunkt seines Ausscheidens bekannt zu geben. Bezeichnenderweise wählt er die Hauptversammlung seines Konzerns. Üblicherweise gibt es hier nackte Zahlen und lange Antworten und lange Fragen. Aber Bernotat wählte diesen Ort, um seinen Rückzug bekannt zu machen. Damit bedankte er sich für das Vertrauen, das ihm die Eigner des Versorgers E.on entgegenbrachten.

Bernotat kann auf eine lange Karriere im Energiegeschäft zurückblicken. 1976 fing er als Justitiar bei der Shell AG in Hamburg an. Schnell stieg er auf in das internationale Geschäft, leitete in den frühen Achtziger Jahren von London aus den Aufbau ds Kraftstoffhandels im verschlossenen Osteuropa. Bernotat lernte Russisch, flog nach Moskau und eröffnete sogar ein Büro in der Zentrale des Weltkommunismus. Später er das deutsche Erdgas-Geschäft des Energiemultis, wurde General Manager für Portugal, danach Chef des gesamten Geschäfts auf der Südlichen Weltkugel. Bis er 1996 zur weit verzweigten Veba AG nach Düsseldorf wechselte.

Damit begann Bernotats Karriere im hart umkämpften deutschen Energiegeschäft. Die Privatisierung der Konzerne stand an und die Befreiung der Märkte. Die Veba AG war hier ein Unikat der alten Ruhrbarone, der Konzern ging zurück bis auf den Gründer der ersten modernen Revier-Zechen im neunzehnten Jahrhundert, den Iren Thomas William Mulvany. Dessen Büste stand immer noch in der Eingangshalle der Veba, als Bernotat antrat. Zunächst als Vorstand der Veba-Ölholding, dann als Chef der Handelssparte. Auf dieser Position begleitete er die Fusion mit der bayrischen VIAG zum neuen Energieriesen E.on.

Von Beginn an verband Bernotat eine enge Freundschaft zum Veba-Vorstand Ulrich Hartmann, seinem Förderer im Konzern. Nach dessen Wechsel auf den Posten als E.on-Aufsichtsratschef kam Bernotat am 1. Mai 2003 an die E.on-Spitze. Die alte Büste des Iren verschwand im Keller. Bernotat führte E.on durch geschickt Zukäufe und eine Konzentration auf das Kerngeschäft aus Strom und Gas an Europas Spitze.

Weiter ging es nicht. Nach sechs Jahren Mühen in vorderster Front wirkte Bernotat zuletzt müde. In einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ sagte er vor wenigen Wochen: Er arbeite täglich daran, „ein langfristig erfolgreiches Unternehmen zu entwickeln, das ich in gutem Zustand meinem Nachfolger übergeben kann.“ Zugleich zeigte er wenig Lust darauf, weiter als „Außenminister“ des E.on-Konzerns gebetsmühlenartig die immer gleichen Argumente über Atomenergie und Kohlekraftwerke zu wiederholen. „Ich frage mich manchmal“, gab Bernotat freimütig zu: „ob es sich bei all dieser Polemik überhaupt lohnt, permanent den Dialog zu führen.“ Zudem wurde nach Jahren des Aufstiegs die Lage im Konzern härter. Schon lange ist ein Nachfolger für Bernotat ausgeguckt. Johannes Teyssen arbeitet als Chief Operating Officer (COO) und ist Bernotats Stellvertreter. Vor ein paar Jahren wurde Teyssen mal als künftiger Vorstandschef von RWE gehandelt. Doch alle Offerten lehnte Teyssen ab, mit dem Hinweis, er habe sein Wort gegeben, Bernotat an der Spitze von E.on abzulösen.

Einen Konkurrenten hat Teyssen nicht mehr zu fürchten. Finanzvorstand Marcus Schenck hat mit den hohen Schulden von E.on nach den Zukäufen alle Hände voll zu tun. Der Vorstand für die neuen Märkte, Lutz Feldmann, muss die Geschäftsfelder in Spanien und Frankreich nach vorne bringen.

Tatsächlich ist die Situation von E.on derzeit nicht rosig, Gewinnwarnungen, steigende Schulden und fallende Umsätze bereiten genauso Sorgen wie sich abzeichnende Kartellstrafen in dreistellige Millionenhöhe. Vor drei Monaten gab Bernotat das erste Sparprogramm samt Abschreibungen von 3,3 Milliarden Euro auf Töchter in den USA, Italien, Spanien und Frankreich bekannt. Dazu geriet der Börsenkurs unter Druck und sinkende Umsätze verdüsterten die Aussichten in diesem Jahr. Das waren die Menschen bei E.on höchstens vom Hauptkonkurrenten RWE gewohnt – aber doch nicht im eigenen Haus. Hier gab es bislang vor allem beständige Kursgewinne und üppige Dividenden.

Bernotat hat sich seit über zwei Jahren immer weiter aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und stattdessen nach außen gewirkt. Er kümmerte sich um die Politik, versuchte die Rahmenbedingungen für die Energieversorger zu verbessern, verstand sich als Sprachrohr der Branche. Aber auch hier war das Geschäft mühsam. Öffentlich verteidigte Bernotat steigende Strompreise und Investitionen in Kohlekraftwerke. Das sorgte für miese Stimmung in Berlin, wo man die Botschaft einfach nicht hören wollte.

Vielleicht war es dieser Dauerdruck, den Bernotat bewog, jetzt seinen Rückzug bekannt zu machen. Vielleicht war es aber auch die Einsicht, dass der richtige Zeitpunkt gekommen sei, die Zukunft des Konzerns in die Hände des gut zehn Jahre jüngeren Teyssen zu legen – bevor eine offene Rebellion gegen den Älteren ausbricht.

Bernotat sucht nun eine „internationale Tätigkeit jenseits des operativen Geschäfts“. Ihm stehen viele Türen offen. Er bewegt sich fließend in sechs Sprachen und kennt das internationale Energiegeschäft. ich bin gespannt, welchen Weg er geht.

Und ich frage mich, wo die Mulvany-Büste jetzt steht.

Ganz schön deutsche Muslime

Die wirklich interessante Gallup-Studie zu Muslimen in Westeuropa erschüttert lieb gewordene Ansichten: Deutsche Muslime, fanden die Londoner Meinungsforscher in Zusammenarbeit mit der Coexist Foundation heraus, sind kreuzbrave Leute, die Vertrauen haben in deutsche Gerichte, Polizei und Wahlen, nur ein Viertel ist für die Todesstrafe, genauso wie der Rest der Bevölkerung.

Foto: ruhrbarone

Deutsche Muslime legen zudem großen Wert auf gute Aus- und Sprachbildung und sie sehen optimistisch in die Zukunft: Während nur ein Dittel der nicht muslimischen Bevölkerung damit rechnet, sich wirtschaftlich zu verbessern, glaubt  jeder zweite Deutsch-Muslime an den persönlichen Aufschwung. Nochmal: Befragt wurden muslimische deutsche Staatbürger.

Auch die WAZ hat der Studie eine halbe Seite eingeräumt, freilich etwas weniger Platz als dem Porträt von Müntes Neuer, was nicht schlimm ist. Blöder, dass die Autorin des Beitrags fortwährend zwischen Muslimen und Deutschen unterscheidet, als könne man nicht zugleich Muslim und Deutscher sein. Auch das nicht wirklich überraschend: Ein weniger gutes Ergebnis der Gallup-Studie besagt nämlich, das fast 40 Prozent der in Deutschland Befragten sich isoliert fühlen, kein Interesse an anderen Religionen haben und sich von anderen nicht genügend respektiert zu fühlen.

„Das Anbringen der Israelfahnen war eine Solidaritätsbekundung“

Während einer antiisraelischen Demonstration am 10. Januar in Duisburg hatte der Student Michael P. zwei Israelfahnen am Balkon und dem Fenster seiner Wohnung an der Demostrecke angebracht. Die Polizei stürmte die Wohnung und entfernte die Fahnen. Ein Gutachten bestätigte das Vorgehen der Polizei. Bei den Ruhrbaronen nimmt P. zu diesem Gutachten Stellung.

Das Stürmen einer Wohnung durch die Polizei, um zwei Israelfahnen zu entfernen, die antiisraeilische Demonstranten erzürnten, die mit Fahnen der terroritischen und in Deutschland verbotenen Hamas durch Duisburg zogen sorgte international für Aufmerksamkeit. Michael P., der die Fahnen anbrachte, erklärte uns damals die Gründe für sein Handeln.

In der vergangenen Woche war die ganze Angelegenheit Thema im Landtag. Ein Gutachten eines FH-Juristen bestätigte das Vorgehen der Polizei und unterstellte P. den Sturm seiner Wohnung durch die Polizei beabsichtigt zu haben. Bei den Ruhrbaronen nimmt P. Stellung zu dem Gutachten:

Selbstverständlichkeit den Judenfeinden entgegenzuwirken

 

Das Rechtsgutachten, das dem Innenministerium NRW seit einer Woche vorliegt, attestiert der Polizei nun ein unverholendes Recht auf ihr Beleidigt sein, wurde doch insbesondere die Polizeiführung demnach im Januar zu unrecht kritisiert.

Das Eindringen in die beiden Wohnungen und die Sicherstellung der israelischen Fahnen war laut dem Gutachter Prof. Vahle rechtmäßig. Warum jedoch lediglich 280 Polizeibeamte für rund 10.000 Demonstrationsteilnehmer aus dem Spektrum von Milli Görüs einberäumt wurden, bleibt weiterhin Berufsgeheimnis. Zumal Duisburgs Polizeisprecher damals noch verlauten ließ, „wer die muslimischen Mitbürger kenne, wüsste, dass sie emotional oft schnell in Fahrt gerieten“.

Zur Entschuldigung verhalf diese Äußerung damals auch nicht mehr, jedoch vermittelte sie einen guten Eindruck über den Geisteszustand einiger Verantwortlicher. Auch die Beweggründe, während und nach der Demonstration von Festnahmen abzusehen, bleiben bisweilen unklar.

Ebenfalls wird der spätere Vorfall außer acht gelassen, bei dem einige Demonstrationsteilnehmer eine weitere Person auf dem Balkon mit antisemitischen Hasstiraden beschimpften und die danebenstehende Polizei nichts gegen jene Demonstranten unternahm. Stattdessen erteilten sie der missliebigen Person, unmittelbar im Anschluss daran, einen Platzverweis für die Wohnung. 

Die Entschuldigung für den Einsatz meinte man schließlich im Motiv des Studenten gefunden zu haben, ginge es ihm doch weniger um ein Zeichen der Solidarität mit dem jüdischen Staate, als um eine gezielte, penibel ausgedachte Aktion, um der Duisburger Polizei und damit der Bundesrepublik nachhaltig Schaden zuzufügen.

Mit diesem Erklärungsansatz tat sich schon im Januar das Oberhaupt des hiesigen Verfassungsschutzes Hartwig Möller hervor, attestierte er mir doch eine solide antideutsche Gesinnung und verwies direkt auf die Gefährlichkeiten dieser Gruppierung, die beinahe 200 Mitglieder im bevölkerungsreichsten Bundesland auf die Beine zustellen vermag. Ein wahrhaftig immenses Bedrohungspotenzial für NRW…

Der Rechtswissenschaftler Prof. Vahle nahm diese Behauptung in seinem Rechtsgutachten willfährig auf und unter der Betrachtung von Verdachtsmomenten trumpfte er in seinem Rechtsgutachten dann auch so richtig auf: Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte ich einen rechtswidrigen Zugriff veranlassen und dieses Fehlverhalten anschließend publik machen wollen.

Ergo stamme das Video im Internet von mir und wurden auch die beiden Israelfahnen, nur Momente bevor der Mob an dem Wohnhaus entlang marschierte, herausgehangen, um einen Polizeieinsatz zu provozieren!

Argumentative Absicherung fand er bei diesem Phantasma, einmal durch meine staatlich geprüfte antideutsche Gesinnung und gleichzeitig durch Vermerke in sog. Merkblättern. Aus denen geht hervor, dass ich in den letzten Jahren „einschlägig in Erscheinung“ trat, beispielsweise durch politisch motivierte Sachbeschädigung (Beschädigung von Republikanerplakaten).

Jedoch handelte es sich dabei erstens allesamt um Vergehen, die mehr als vier Jahre zurückliegen und die zweitens für das Aufhängen jener blau-weißen Stofftücher keine Rolle zu spielen haben.

Kompliziert, ja nahezu absurd wird es, da ich mich schon seit Jahren dieser linken Szenerie entzogen, ich niemals ein Video von dem umstrittenen Polizeieinsatz gedreht habe und die Fahnen schon in der Nacht und am Morgen des zehnten Januars angebracht wurden.

Somit sollten die Verdachtsmomente gegen mich eventuell noch einmal überdacht werden.

Das Anbringen zweier Israelfahnen war eine, wenn auch bescheidene, Solidaritätsbekundung für den jüdischen Staat und es handelte sich dabei gleichzeitig um eine notwendige Selbstverständlichkeit den Judenfeinden entgegenzuwirken.

Das ein Stück Stoff einen 10.000 Menschen zählenden Mob zur Raserei bringen würde, hätte ich mir zum damaligen Zeitpunkt nicht erträumen lassen.

Eben so wenig das Grundgesetze so schnell außer Kraft gesetzt werden können, damit Sympathisanten des antisemitischen Terrors sich im Recht fühlen dürfen.

Sich jedoch Fehler einzugestehen, dazu fehlt den Verantwortlichen anscheinend der Mut.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Interview: Franz Müntefering und Michelle Schuhmann…Pottblog

Duisburg: Ban on Israel Flag during Rally upheld…Jerusalem Post

Ruhr2010: Essener Reisebedarf…Kölner Stadtanzeiger

Verbote: Linkspartei will Duisburger Stadtteil trockenlegen…Der Westen

Verbote II: SPD-Ministerin will Computerspiele verbieten…Spiegel

Zensur: 50.000…2.0

Opel: Betriebsrat sieht dramatische Lage…Der Westen

Nazikrawalle: Resolution im Dortmunder Rat…Ruhr Nachrichten

Pro NRW: Demo verboten…Kölnische Rundschau

Recklinghausen: Widerstamd gegen Arcaden wächst…WDR

Krise: Kein Konjunkturpaket in NRW…RP

TV: Onkel-Fisch Show…Coffee and TV

Krise II: Auch die Unis sind betroffen…Der Westen

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Nazi-Angriff auf DGB keine Überraschung

 

Der Dortmunder DGB-Chef Eberhard Weber hat die Polizei bereits am 30. April auf die möglichen Gefahren, die für den 1. Mai von rechts drohen, hingewiesen. Damit widerspricht er entschieden der Darstellung der Dortmunder Polizei, der Angriff der Neonazis auf die DGB-Kundgebung sei eine Überraschung gewesen.

So hatte sie begründet, dass zunächst zu wenig Polizeikräfte vor Ort waren, um die friedlichen Gewerkschaftsdemonstranten vor den rechten Attacken zu schützen. Bereits am Spätnachmittag des 30. April hat Weber die Polizei darauf aufmerksam gemacht, dass in Hannover der geplante Aufmarsch der Neonazis am 1. Mai verboten bliebe und somit eine neue Lage entstanden sei. Er habe unter Angabe einer Internetadresse auch einschlägige Textpassagen vorgelesen: „Demo ist verboten – Werdet anderswo aktiv! Bleibt nicht zu Hause! Besucht die anderen angemeldeten Demonstrationen oder reagiert mit kreativen Aktionen flexibel! Widerstand lässt sich nicht verbieten! Sprung auf marsch, marsch!"

 

Die Polizei habe sich dies laut Gewerkschafter Weber interessiert angehört und zugesagt, den Staatsschutz um Aufklärung zu bitten. Das Ergebnis ist bekannt. Die Dortmunder Polizei muss sich fragen lassen, ob sie die rechte Bedrohung immer noch nicht ausreichend ernst nimmt. Der dortige Polizeipräsident Hans Schulze ist für seine liberale Genehmigungspraxis rechter Aufmärsche bekannt.

Weber: „Die fehlende Aufklärung trotz meiner Hinweise, eine geradezu dilettantische und naive Einschätzung der Sicherheitslage durch die Verantwortlichen und die als borniert empfundene Argumentation des Innenministers stellen sich für mich inzwischen als Sicherheitsrisiko dar.“ Wolf hatte gesagt, es hätten keine konkreten Hinweise für gewalttätige Übergriffe vorgelegen.

Für den 5. September planen die Neonazis wieder einen großen Aufmarsch in Dortmund. Wenn er vor dem Hintergrund der aktuellen Attacken nicht doch noch verboten wird, sollte das Ruhrgebiet an diesem Tag gemeinsam in Dortmund Flagge zeigen gegen rechts. Am kommenden Donnerstag diskutiert der Dortmunder Stadtrat über die Vorfälle.

Keymis: Unternehmen lassen Ruhr2010 hängen

Oliver Keymis ist Kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag und zugleich dessen Vizepräsident. Im Ruhrbarone-Interview fordert Keymis mehr Engagement der Revier-Unternehmen für die Kulturhauptstadt.

Ruhrbarone: Die Eröffnungsfeier des Kulturhauptstadtjahres in der Schalke Arena fällt aus. Bei uns im Blog gab es einige Kommentatoren, die das begrüßt haben.

Oliver Keymis: So eine Haltung verstehe ich nicht. Es wäre für das Ruhrgebiet wichtig gewesen, fulminant in das Kulturhauptstadtjahr zu starten. Im Augenblick sieht es so aus, als ob diese Chance vertan wäre. Ich hoffe, dass man noch was retten kann.

Ruhrbarone: Das ZDF könnte die gesamten Kosten einer solchen Show übernehmen.

Keymis: Das ZDF war bereit sich mit zwei Millionen Euro an den Kosten zu beteiligen. Das ist eine Menge Geld. Hinter den Gebühren stecken Menschen wie meine Mutter, die keine tausend Euro Rente hat und ordnungsgemäß ihre Rundfunkgebühren zahlt. Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender müssen sorgsam mit den Gebührengeldern umgehen.

Ruhrbarone: Um Thomas Gottschalk und den kompletten "Wetten Dass…-Tross" einmal im Jahr nach Mallorca zu verfrachten reicht es.

Keymis: Das Problem ist doch nicht in erster Linie das ZDF oder, wie es bei den Ruhrbaronen stand, Fritz Pleitgen. Das Problem ist doch, dass offenbar die Unternehmen des Reviers die Kulturhauptstadt haben hängen lassen.

Ruhrbarone: Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise seit bestehen der Bundesrepublik. Wie soll ein Unternehmen, wie beispielsweise ThyssenKrupp, das tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt hat und vielleicht bald Massenentlassungen vornehmen wird, seinen Mitarbeitern erklären, dass sie Geld für Kultursponsoring ausgeben?

Keymis: Auch in der Krise schütten die Unternehmen Dividenden und Boni aus – dafür ist immer Geld da. Gerade gestern Abend lieferte die Sendung "Hart, aber fair" in der ARD dafür einige eindrucksvolle Beispiele. Für die MitarbeiterInnen und eine einmalige Groß-Veranstaltung von nationaler und internationaler Bedeutung wie das Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 soll nun plötzlich kein Geld mehr da sein? Der Landtag von NRW hat in einem gemeinsamen Beschluss aller vier Fraktionen noch im Dezember 2008 zusätzliche 10,6 Mio. EURO für die 53 Kommunen beschlossen, die gemeinsam das Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 gestalten.
Wo sind die großen Unternehmen oder auch die namhaften Unternehmer des Ruhrgebiets? Die Albrecht-Brüder? Wo ist Evonik – jetzt, wo noch Hilfe benötigt wird! Wir reden von rund sieben Millionen Euro, die in der RUHR.2010-Kasse fehlen – das ist für Sie und mich eine Menge Geld, aber es gibt im Ruhrgebiet genug ‚einfluss-reiche‘ Persönlichkeiten, die eine solche Summe ohne Schmerzen aufbringen könnten.

Es gärt im Münsterland. Kommunen tun sich zusammen gegen RWE

Foto. Flickr.com / lychee_vanilla

Das Münsterland ist flach und voller Wasserburgen. Dass man sich hier wehren muss, wissen die Menschen seit Jahrhunderten. Gerade bereiten sie sich auf einen heftigen Streit mit dem Energieversorger RWE vor. Ein Bericht von Gast-Ruhrbaron Ralf Köpke

Wie ein Rädelsführer, mit langen Haaren, zotteligem Bart und bis an die Zähne bewaffnet, wie in der Literatur beschrieben, sieht Dieter Emthaus nicht aus. Wie auch − der 59-jährige mit gelichtetem Haupthaar ist Bürgermeister der Kleinstadt Ascheberg mit rund 15 000 Einwohnern südlich von Münster. Dass ihn das Düsseldorfer Handelsblatt dennoch als „Rädelsführer“ bezeichnete, hängt damit zusammen, dass Emthaus auf die Barrikaden gegangen ist – im übertragenen Sinne, versteht sich: Er koordiniert den Widerstand von anfangs neun, mittlerweile acht Kommunen aus dem Kreis Coesfeld gegen den Energiekonzern RWE.

Das Oktett mit zusammen rund 120 000 Einwohnern will die Netze zurückkaufen und ein gemeinsames Stadtwerk gründen, Arbeitstitel: Gemeinsame oder Vereinigte Stadtwerke Münsterland (GSM). Bei der Übernahme der Netze allein soll es nicht bleiben, auch die Strom- und später die Gasversorgung soll das Gemeinschaftsunternehmen übernehmen. Wenn das geschafft ist, so der Wunsch, soll das interkommunale Stadtwerk auch die Bäder managen und schnelle DSL-Verbindungen anbieten. Denn außer mit RWE haben die Kommunen im Kreis Coesfeld auch mit der Telekom schlechte Erfahrungen gemacht. Dass manche Gewerbeansiedlung an fehlenden Internetverbindungen scheiterte, hat in der Region oft genug für Gesprächstoff und Frust gesorgt.

Das Wegbrechen von acht Kommunen aus dem RWE-Reich auf einen Schlag wäre ein Novum in der bundesdeutschen Energiegeschichte. Warum Ascheberg, Billerbeck, Havixbeck, Lüdinghausen, Nordkirchen, Olfen, Rosendahl und Senden, alles Städte mit überwiegend satten CDU-Mehrheiten in den Rathäusern, RWE die rote Karte zeigen wollen, hat einen Grund: Tiefe Verärgerung über das Geschäftsgebaren der Essener. „Wir fühlen uns zumindest von dem Unternehmen nicht ernstgenommen, falsch informiert und nicht als Partner akzeptiert“, beschreibt Emthaus die Seelenlage. „Zu Zeiten der früheren VEW sah das ganz anders aus.“

Dass RWE nach den Worten von Emthaus zunehmend Tarif- zu Sondervertragskunden umfirmiere, um so die Konzessionsabgabe zu senken, habe die Verbitterung noch gesteigert. Dagegen fällt kaum ein böses Wort über die Gelsenwasser AG, den zweiten Versorger im Kreis Coesfeld, der die Mehrzahl der Kommunen mit Gas und Frischwasser beliefert. Beim Ärgern allein wollten es die münsterländischen Gemeinden nicht belassen: Bis zum Jahr 2013 laufen bei ihnen sukzessive die Stromkonzessionsverträge aus. „Das ist eine historische Chance, damit wir nicht länger Bittsteller bleiben“, sagt Aschebergs Bürgermeister Emthaus. Sein Amtskollege aus Olfen, Josef Himmelmann, sieht in dem GSMProjekt zudem die Chance, den Kreis Coesfeld wirtschaftlich zu stärken: „Die Wertschöpfung entsteht in der Region, und wir möchten an den Entscheidungen mitwirken, die im Augenblick in Essen oder sonst wo getroffen werden.“

Auf dem Weg zu den Stadtwerken Münsterland erreichten die acht Kommunen im März einen ersten wichtigen Meilenstein: Alle Stadtoberhäupter unterzeichneten eine Rahmenvereinbarung für die künftige Zusammenarbeit. Dass sich der Rat in Nottuln im vergangenen Oktober gegen die geplante gemeinsame Netzbetriebsgesellschaft entschieden hatte, wurmt Aschebergs Bürgermeister heute noch. Emthaus stellt aber klar: „Für Nottuln steht die Tür jederzeit offen.“

Anfang Mai sollen nun die Verträge für die Netzbetriebsgesellschaft, an der jede der acht Kommunen den gleichen Anteil hält, unterzeichnet werden, für Emthaus der zweite Meilenstein: „Von diesem Vertrag können die Räte dann nicht mehr zurück.“ Was wichtig ist: Die bevorstehende Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen könnte zu neuen Mehrheiten im Kreis Coesfeld führen und eventuell den einen oder anderen Politiker noch einmal zum Nachdenken bringen. Nottuln lässt grüßen. Bislang gibt es aber einen parteiübergreifenden Konsens für die GSM-Gründung, was beispielsweise eine Stellungnahme der Sozialdemokraten aus Senden zeigt. „Wir begrüßen ausdrücklich den einstimmigen Beschluss für die Gemeinsamen Stadtwerke Münsterland in unserem Haupt- und Finanzausschuss“, sagte Ortsvereinsvorsitzender Lothar Lonz.

Mit der Gründung der Netzgesellschaft allein ist es nicht getan. Da den acht Gemeinden jegliche Erfahrung im Energiesektor fehlt, suchen sie einen strategischen Partner für die GSM. „Das Interesse ist bundesweit riesengroß“, berichtet Emthaus von zahlreichen Anfragen. So würden allzu gerne die Stadtwerke Münster oder die Kommunalversorger aus Coesfeld und Dülmen, die einzigen beiden Stadtwerke im Kreis Coesfeld, bei GSM einsteigen.

Interesse haben aber auch Branchengrößen wie der Veolia-Konzern oder die Stadtwerke Düsseldorf signalisiert. „Es wird ein ergebnisoffenes, transparentes und europaweites Ausschreibungsverfahren geben, das wir Ende Mai starten werden“, beschreibt Martin Brück von Oertzen von der Sozietät Wolter-Hoppenberg mit Sitz in Hamm das weitere Vorgehen. Die Auswertung der Angebote wird nicht die einzige Arbeit für den Energierechtsspezialisten, der die Kommunen berät, bleiben. Absehbar ist nach seinen Worten, dass es mit RWE zu Streitigkeiten bei der Bewertung des Netzkaufpreises kommen wird.

Auch im Kreis Coesfeld gehe es um die noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage, ob die Netze auf Basis des so genannten Sachzeit- oder des Ertragswertes zu bewerten seien. Wenn Anfang Mai die Netzbetriebsgesellschaft gegründet wird, sieht auch Anwalt Brück von Oertzen juristisch keinen Weg mehr, die Abnabelung vom RWE-Konzern zu stoppen: „Der Zug ist in Bewegung gekommen.“ Wann es die Stadtwerke Münsterland wirklich geben wird, kann nicht einmal Initiator Emthaus genau sagen: „Mir geht das alles nicht schnell genug, am liebsten wäre mir die Gründung im ersten Halbjahr 2009 gewesen.“

Absehbar ist nur, dass Aschebergs Bürgermeister die GSM-Gründung nicht mehr als Stadtoberhaupt erleben wird. Bei der bevorstehenden Kommunalwahl hat der parteilose Verwaltungschef, der mittlerweile zwölfeinhalb Jahre im Amt ist, auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die Fundamente seien aber gelegt, auf die seine Nachfolger die GSM aufbauen könnten. Die GSM-Gründung hat für Emthaus Signalwirkung: „Unser Vorgehen wird an vielen Orten mit besonderem Interesse verfolgt. Ich weiß, dass es auch bei Kommunen im Kreis Warendorf und Steinfurt gärt, da auch dort die Unzufriedenheit mit RWE sehr groß ist.“

RWE nimmt wichtige Hürde bei Essent-Kauf

Es ist das wichtigste Geschäft des RWE seit der Fusion mit dem Dortmunder Regionalversorgers VEW. Die Übernahme des holländischen Energieunternehmens Essent. Und jetzt ist RWE einen großen Schritt vorangekommen. Gestern abend stimmte das Regionalparlament der Provinz Overijssel den Plänen zu, die kommunalen Anteile an RWE zu verkaufen. Die Provinz Overijssel hält rund 20 Prozent an Essent.

Zuvor hatten sich gerade Abgeordnete der holländischen Arbeiterpartei kritisch zu dem Verkauf geäußert. Es hieß, RWE tue nicht genügend für den Umweltschutz. Unter anderem aus diesem Grund hatte auch das Regionalparlament der Provinz Brabant den Verkauf seines Anteils von rund 30 Prozent abgelehnt. Hier sind allerdings nicht die Stimmen der Abgeordneten entscheidend, sie geben lediglich eine Empfehlung ab. Die Provinzregierung von Brabant wird in der kommenden Woche über den Verkauf bestimmen. Das Geschäft hat ein Volumen von insgesamt rund 9,3 Mrd. Euro.

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