Foto: Hannelore Kraft
Die SPD-Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende in NRW, Hannelore Kraft, hat ein Problem. Und die Zenit GmbH aus Mülheim hat ein Problem. Das Ganze geht, wie gesagt, auf den Förderskandal aus dem Jahr 2007 zurück, in dessen Verlauf die Rolle der Zenit GmbH beim „Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet“ durchleuchtet wurde. Das Problem? Hannelore Kraft und die Zenit GmbH verbindet eine gemeinsame Geschichte.
Die SPD-Politikerin Kraft war mit der Zenit GmbH verbunden. Zunächst bis 2001 als Beschäftigte, danach in ihrem Job als Wissenschaftsministerin. Aus dem Ministerium ging Geld an die Zenit GmbH und Kraft verlieh hier und da einen Preis im Rahmen des Wettbewerbs. Hannelore Kraft hat mittlerweile aus ihrem Lebenslauf auf ihrer Homepage den Hinweis auf die Zenit GmbH gelöscht. Angeblich, weil da zuwenig Platz im Internet war. Komisch. Die Praktika aus der Studentenzeit haben gerade noch reingepasst. Und die Zenit GmbH bestreitet, in den Förderskandal verwickelt gewesen zu sein.
Ich habe jetzt mal ein wenig recherchiert. Dabei habe ich den vertraulichen Bericht des Landesrechungshofes eingesehen. Nach dieser Sicht der Dinge ist die Behauptung der Zenit GmbH, nicht in einen Förderskandal verwickelt gewesen zu sein, recht mutig. Es ging um insgesamt 102 Mio Euro:
Der Zukunftswettbewerb NRW wurde 1999 gestartet. Ganz nach dem üblichen Verfahren der alten Wolfgang-Clement-Zeit wurde zunächst der Unternehmensberater Roland Berger für mehr als 400.000 Euro engagiert, eine Studie über einen Zukunftswettbewerb zu schreiben. Darin stellte Berger sieben Kriterien auf, nach denen in einem Wettbewerb die besten Förderprojekte ausgewählt werden sollten.
Im Jahr 2000 wurde der Zukunftswettbewerb zum größten Teil auf die Zenit übertragen. Die Mülheimer Firma übernahm das Projektbüro.
Eine Jury wurde eingesetzt – unter Beteiligung der Zenit. Diese Jury sollte die Projekte auswählen. Und hier beginnen die Probleme:
In der zweiten Phase entscheid die Jury nämlich nur noch über die Großprojekte.
Die Projekte bis zu 500.000 Euro wurden direkt in einer kleinen Runde, einem „Arbeitskreis“, verteilt. Hier saßen Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Projektsträger Jülich – und der Zenit.
In einer Stellungnahme der Zenit ist von diesem Arbeitskreis nicht die Rede. Vielmehr wird alle Verantwortung der Jury „unter Vorsitz von Herrn Prof. Neipp“ zugeschoben.
Erstaunlich, denn die Frage lautet: was ist in dem Arbeitsauschuss passiert? Was wurde da verteilt, an wen und warum?
Mir drängt sich der Eindruck auf, dass nicht alles koscher gelaufen ist.
Laut Landesrechnungshof wurden die sieben Kritierien, die Berger vorgeschlagen hatte, auf vier reduziert. Die Zenit bewertete auf dieser Basis die Projekte. Weiter heißt es: „Eine Gewichtung fehlte“.
Danach meldet die Zenit GmbH am 23. Mai 2000, dass aufgrund der weichgespülten Kriterien eigentlich kein Wettbewerb mehr möglich ist. Projektvorschläge seien nicht miteinander vergleichbar. Es heißt 2002, "dass als Hauptproblem des Zukunftswettbewerbes ein fehlender Wettbewerb zu nennen sei.“
Dann schreibt der Landesrechnungshof, dass vom kleinen Arbeitskreis Projekte zur Förderung empfohlen wurden, obwohl diese nicht den ohnehin aufgeweichten Kriterien des Zukunftswettbewerbes genügt hätten. Ist das nicht seltsam?
Man gewinnt den Eindruck, dass willkürliche Entscheidungen in kleiner Runde getroffen werden konnten. Ist deswegen die Zenit so nervös?
Um jeden Zweifel zu beseitigen stelle ich der Zenit GmbH hiermit folgende Fragen:
Wer saß zwischen 2000 und 2006 im Arbeitskreis des Zukunftswettbewerb Ruhrgebiet?
Welche Projekte wurden vom Arbeitskreis zur Förderung vorgeschlagen?
Welche dieser vorgeschlagenen Projekte erhielten danach eine Förderung?
Wer hatte auf der Seiten der Zenit GmbH diese Projeke zuvor bewertet?
Ich habe diese Fragen auch an die Zenit GmbH per Email geschickt. Sobald ich Antwort erhalte werde ich drüber berichten.
Die entscheidenden Seiten des Berichtes kann man hier herunterladen: klack
Aber ich will nicht von einem zweiten, wichtigeren Punkt ablenken: Was hat Kraft mit dem ganzen zu tun? Wenn Sie bis 2001 bei der Zenit GmbH beschäftigt war, hätte sie mit dem Zukunftswettbewerb zu tun haben können. Die Vorarbeiten zu dem Projekt begannen ja im Jahr 1999 und die Zenit führt das Projektbüro seit 2000. Die Zenit GmbH und Hannelore Kraft bestreiten, dass die SPD-Politikerin in ihrer Zenit-Zeit in den Wettbewerb involviert war. Das müssen wir hier hinnehmen.
Ich finde das auch gar nicht so entscheidend. Ich finde einen anderen Punkt wichtiger: Kraft genoss als NRW-Wissenschaftsministerin die Früchte des zweifelhaften Wettbewerbs. Sie ließ sich bei den Preisübergaben feiern. In den Städten des Landes. Zudem hat ihr Haus die Zenit GmbH zumindest mitfinanziert. Wie viel die Zenit für die Arbeit als Projektbüro bekommen hat, kann ich nicht sagen. Im Bericht des Landesrechnungshofes heißt es, niemand habe eine genaue Aufstellung gemacht. Erst später bei der Kontrolle der Rechnungsprüfer habe das Wissenschaftsministerium versucht herauszubekommen, wie viel Geld unter anderem an die Zenit GmbH geflossen sei: Die Rede ist da von 6 Mio Euro. Wie sich das Geld aufteilt, ist leider nicht aus dem Bericht ersichtlich.
Aber hätte Kraft nicht in Ihrer Rolle als Wissenschaftsministerin, die sich mit der Zenit aus jahrelanger Erfahrung auskennt, dafür sorgen müssen, dass der Zukunftswettbewerb sauber und nach ordentlichen, nachvollziehbaren Kritierien abgewickelt wird? Zumal sie es sich ja als Politikerin nicht nehmen lies, Preise für den Wettbewerb zu verleihen – zum Beispiel in Bochum? Ich sehe hier eine große politische Verantwortung bei Kraft. Sie hätte auch im Verlauf des Wettbewerbs eingreifen können und müssen.
Allein: Sie tat es nicht.
Der Rechtsanwalt von Hannelore Kraft bestreitet, dass seine Mandantin in den Förderskandal verwickelt war. Er hat mir mit einer Klage gedroht, wenn ich nicht bis Montag eine Unterlassungserklärung unterschreibe. Auch die CDU wurde vom Kraft-Anwalt bedroht, weil die Partei meine Geschichte aufgegriffen hat.
Ich habe die Erklärung nicht unterschrieben. Bis jetzt habe ich nichts mehr vom Rechtsanwalt gehört. Ich hoffe, das bleibt so.
Auch die CDU will sich nicht beugen. Mal sehen, wie der Tanz weitergeht.
Ich habe jedenfalls aus Kreisen der SPD einiges über Kraft gehört, als ich gestern in Düsseldorf unterwegs war. Zunächst wurde mir erzählt, dass Kraft es gewagt habe, den SPD-Bundesvorsitzenden Franz Müntefering auf einer Präsidiumssitzung in Berlin direkt nach der Europawahl leicht zu kritisieren. Müntefering kommt aus Nordrhein-Westfalen. Er hat hier viele Freunde. Jedenfalls soll Münte ein paar Kollegen angerufen haben, die in der auf die Kritik folgenden SPD-Fraktionssitzung im Düsseldorfer Landtag am nächsten Tag Hannelore Kraft angriffen. Um was es bei den Angriffen ging, weiß ich nicht. Wie dem auch sei. Mir wurde erzählt, Kraft sei danach den Tränen nahe gewesen. Zu einer anschließenden Besprechung habe sie sich erheblich verspätet, da sie sich erst habe fangen müssen.
Aus der SPD-Spitze heraus wird diese Geschichte bestritten.
Ich glaube trotzdem, dass sie stimmt. Mir haben die Story mehrere Leute erzählt.
Sieht so eine SPD-Landeschefin in Nordrhein-Westfalen aus?
Aus den Ortsverbänden und aus SPD-Kreisen in Düsseldorf haben mich im Laufe der Woche eine Menge Anrufe und Emails erreicht. In den meisten Schreiben wird mir mitgeteilt, dass man nicht glücklich sei über die Entwicklung. Dass man die Klagedrohung von Kraft für einen erheblichen Fehler halte.
Ich sehe das genauso. Es hätte nicht soweit kommen müssen. Die ganze Nummer hätte wahrscheinlich mit einem Anruf, einem Gespräch, einem Interview erledigt werden können. Der geänderte Lebenslauf war ursprünglich eine kleine Nummer, eine Blognummer. Aber Kraft wollte nicht sprechen, sie wollte Justiz.
In meinen Augen ist das dahinter stehende Politikverständnis fatal für eine Partei wie die SPD. Man kann nicht Kritik mit Gerichten abbügeln. Man muss Argumente finden, den Wettstreit der Worte suchen. Und auch Niederlagen akzeptieren.
Warum hat Kraft zum Beispiel nach dem Sieg vor dem Landesverfassungsgericht in Münster wegen des Zusammenlegens von Europa- und Kommunalwahl noch einmal geklagt, um das Zusammenlegen von Bundestags- und Kommunalwahl zu erzwingen?
Hannelore Kraft machte aus einem grandiosen Sieg, eine peinliche Niederlage und entließ den angeschlagenen Innenminister Wolf (FDP) aus der Buhmann-Ecke. Kraft hat alle politischen Vorteile aus dieser Geschichte verspielt. Erinnert sich in der SPD einer daran? Justiz ist nicht die Lösung.
Dann möchte ich noch etwas hier kritisieren. Während ich offen arbeite und meine Argumente und Belege unter meinem Namen präsentiere, ziehen es einige aus der SPD vor, mich unter Pseudonym mies anzumachen.
Damit wir uns richtig verstehen. Ich habe nichts dagegen, wenn Leute anonym kommentieren. Dafür ist die Kommentarfunktion da. Ich kann auch mit Kritik umgehen, solange sie nicht beleidigend ist.
Und ich finde es ausgesprochen fair, wenn ein Kommentator schreibt, dass er in der SPD ist, wenn er Kraft verteidigt.
Aber ich finde es unmöglich, wenn jemand von einem Server aus dem Willi-Brandt-Haus in Berlin, Wilhelmstraße 141, folgende Sachen schreibt, so wie es ein gewisser „Helmut van Houdt“ tat, der in der Telefonzentrale der SPD in Berlin unbekannt ist.
Ich hoffe, jeder hat schon mal onaniert, aber diese vermutete Tatsachenbehauptung gibt mir nicht das Recht Menschen als Wixer zu bezeichnen.“
Ich persönlich fasse diese verklausulierte Nummer als Beleidigung auf. Ich denke jeder kann nachvollziehen, wie das gemeint ist. Damit hören aber die „Helmut van Houdt“-Tiraden nicht auf. Er schreibt:
Einen Rat will ich David, ob er unterschreiben soll oder auf eine Klage warten soll, nicht erteilen. Aber vielleicht sollte David all diejenigen bitten, die ihm jetzt leichtfertig raten den juristischen Weg abzuwarten, ihm eine höhere Geldsumme für die eventuellen Kosten zu spenden.“
Auch das finde ich unverschämt. Der Mann vom SPD-Server droht hier zwischen den Zeilen mit einem kostspieligen Prozess. Er will mich damit einschüchtern und bedrohen. Ich soll mich nicht auf die Unterstützung verlassen, die mich in den vergangenen Tagen erreicht hat. Ich kann die Worte aus dem Willy-Brandt-Haus gut verstehen, ich bin nicht dumm.
Weiter schreibt „„Helmut van Houdt“
Wer ist David S.? Wer bezahlt David S.? David S. ist ein sich gerne mit dem Adelstitel "Baron" schmückender vermutlich aus dem Ruhrgebiet stammender nicht mehr ganz so junger Mann, der mit großem pseudo-moralischen Anspruch in der Bloggerwelt seine Duftmarken zu setzen versteht.“
Einen Wächterpreis hat unser Held nämlich auch erhalten, dem uninformierten Leser und Leserin sei gesagt, dieser Preis wurde nicht im Iran verliehen. Die sprachliche Nähe zu undemokratischen Gruppen aus dem Iran ist zufällig und liegt nur im allzu sorglosen Umgang mit Sprache begründet.
Schade, trotz intensiver Suche, konnte ich die Internetseite unseres Helden nicht finden, ich hätte sie hier gerne angegeben. Mit einem Lebenslauf von David S. kann ich dementsprechend auch nicht dienen. Was höre ich da jemanden rufen, mein Held versteckt seinen Lebenslauf, er hat ihn aufpoliert, er hält ihn versteckt!
Um es noch einmal zu verdeutlichen, David hat in St. Petersburg gelebt. Einen lückenlosen Lebenslauf von David konnte ich trotz intensivstem Suchen nicht im Netz finden. David hat für die TAZ gearbeitet.
Behaupte ich allerdings, dass D. im Auftrag der Russenmafia die TAZ unterwandern wollte, und deswegen auch kein Lebenslauf von ihm zu finden ist, so hätte David das Recht gegen diese wertende Behauptung gerichtlich vorzugehen
Auf meine offene Anfrage, was er von mir will, ob er mir drohen will, schreibt „Helmut van Houdt“ abschließend vom SPD-Server im Willy-Brandt-Haus in Kommentar 105:
Mir wird das ganze hier zu blöd, ihr ständiges Gemaule, ob Sie von mir bedroht werden, das ist doch paranoid!
Danke an Elmar für die Tipps