Kollegenschelte

Ich weiß, man soll sich nicht über Kollegen aufregen. Ich tue das auch nicht gerne. Aber in diesem Fall geht es nicht anders. Hat eigentlich irgendwer da draußen mal den Wahlkampfblog der WAZ gesehen – da auf derwesten.de? "Mein Gott", hab ich gedacht, als ich da über die derwesten.de-Seite "Wahl und Kampf" gesurft bin, "was ein Kack."

Sie brauchen ein Beispiel für Belanglosigkeit? Wie wär es hiermit: Zitat

"Hallo Wahlkampf?!? Ein bisschen lauter bitte. Hallo Wahlkampf, wo bist Du?!?"

aus dem Blog-Beitrag: "Wahlkampf, bitte melden!"

Gibt es keine guten Geschichten aus dem Wahlkampf? Nichts was man wegbloggen kann? Klar gibt es das und damit sind wir beim Grundproblem des Zeitungseigenen Wahlkampfblogs der WAZ. Politik ist Wahlkampf, Streit ist Wahlkampf, Polemik ist Wahlkampf. Jetzt gerade. Jetzt. Da draußen auf jeder Ebene. Vom Dorf in Harsewinkel bis nach Berlin.

Auch in der WAZ findet das Ringen um Programme und Köpfe statt. Auch in derwesten.de. Aber eben weil dort alles stattfindet, was spannend ist, bleibt für Wahl und Kampf nur Wahl und Krampf übrig. Zitat:

Manchmal kann Politik richtig gut schmecken. Ja, Sie haben richtig gelesen. In Billerbeck im Kreis Coesfeld vertreibt eine Bäckerei bis zur Wahl am 30. August Gebäck mit den Gesichtern der Bürgermeister-Kandidaten.

Keine Kommentare, keine Trackbacks. Warum auch? Das ist belanglos. Vielleicht wird der Blog auch nur deshalb alle paar Tage aktualisiert. Wie sehen die Zugriffszahlen der Krampfgeburt aus? Mit Sicherheit mies.

Ich denke jeder sieht das. Wenn das aber gesehen wird, warum wird das nicht beendet?

Sorry für die Kollegenschelte – aber das musste raus. Ich nehme an, andere haben sich auch schon drüber aufgeregt und drüber geschrieben. Sorry, habs nicht nachgesehen – komme gerade aus dem Urlaub wieder und dachte ich seh nicht richtig.

Biedermanni mit Gerichtserfahrung

Im Kreis Recklinghausen buhlt due rechtspopulistische "Unabhängige Bürgerpartei" im Kommunalwahlkampf um stimmen. Sie will die Politik "ehrlicher" machen. Sie könnte damit in den eigenen Reihen anfangen.

Sie wollen Kinder,  die Probleme mit der deutschen Sprache haben, in Sonderschulen abschieben und spielen sich als Saubermänner im Kampf  gegen die angeblich hohe Kriminalität im Kreis Recklinghausen auf: Die von ehemaligen CDU-Mitgliedern aus Herten gegründete Unabhängige Bürgerpartei (UBP) versucht mit Ressentiments und Angst bei der Kommunalwahl Stimmen und Mandate zu gewinnen.

Auch der Resozialisierung von Straftätern, vor allem mit Migrationshintergrund sieht die UBP kritisch: "Nach unserer Überzeugung kommt „Opferschutz vor Täterschutz“! Gesetzgebung und Rechtsprechung haben in jüngerer Zeit im Strafverfahren die Folgen der Bestrafung für den Täter (Resozialisierungsgedanke) zu sehr in den Vordergrund gerückt. Dadurch sind die Prinzipien der Gerechtigkeit und des Schutzes der Öffentlichkeit viel zu sehr in den Hintergrund geraten. Unsere Grundposition ist, dass hier eine neue Balance gefunden werden muss. Keine falsche Toleranz gegenüber straffällig gewordenen Migranten: Tüchtige Einwanderer, die sich an unsere Gesetze halten, sind uns herzlich willkommen! Wer jedoch unsere Gastfreundschaft missbraucht, sollte unserer Ansicht nach mit einer Verweigerung staatlicher Hilfeleistungen und Abschiebung rechnen müssen. Der Staat war in der Vergangenheit oft zu nachsichtig und hat die Bevölkerung nicht hinreichend vor ausländischen Mehrfachtätern geschützt."

Mit Straftätern mit Migrationshintergrund  kennt sich die UBP aus. Ihr Kreistagsmitglied, das auch im Hertener Rat sitzt und  Vorsitzender der UBP-Herten ist, gehört zu dieser Gruppe: Der persischstämmige Rechtspopulist Borsu Alinaghi ist seit seiner Jugend immer wieder straffällig geworden. Ob Diebstahl  oder Körperverletzung gegen ein Kind – mit dem Strafgesetzt kommt  Alinaghi immer wieder in Konflikt. 

OK, man könnte sagen, da nimmt sich einer eines Themas an, von dem er Ahnung hat. Man könnte aber auch zu der Erkenntnis kommen, dass da jemand einen extrem schmierigen und verlogenen Wahlkampf macht. 

Leis is nice

"Landtag NRW- Raum der Stille." Mein Header der Woche! Nur eine dürre Betreffzeile in der Mailbox, Zuschrift der Landtags-Pressestelle. Doch was für eine gute Idee: der Landtag, das Parlament – still, kein Wort.

Stattdessen meditierende Oppositionsführerinnen, tiefenentspannte Fraktionsgeschäftsführer, in sich ruhende Hinterbänkler, keine Zwischenrufe, keine kaugummiaufblasende Schulklasse auf der Besuchertribüne, keine Abgeordneten mit Handy am Kopf, Hand vorm Mund, einarmig mühen sie sich an der Saaltür, atemlose Interviews, keine stolzierenden Politiker in Wandelhallen. Stattdessen, endlich: Sense, Schluss, Silenzio im Raum der Stille*. Quiet nice.

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Arcandor: Konzern wird aufgeteilt…FTD

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Die perfekte Welle – Solarworld für neue Energiewirtschaft

Der Vorstandschef des Bonner Sonnenkonzerns Solarworld Frank Asbeck ist einer der streitbarsten Vertreter der Enereuerbaren Energien. Er hat sich beim gescheiterten Energiegipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit E.on-Chef Wulf Bernotat angelegt und kämpft vehement gegen Ideen wie Desertec. Immer wieder sorgt er mit spektakulären Ideen für Aufsehen. Etwa als er Opel kaufen wollte, um aus dem Autobauer einen Ökomobilisten zu schmieden. In einem Gastbeitrag für die Ruhrbarone erklärt der ehemalige grüne Lokalpolitiker Frank Asbeck, wie er sich die neue Welt nach der Finanzkrise vorstellt.

Wellen gehören zum Sommer. Ihr Auslöser ist übrigens die Sonne, die die Luft erwärmt und für Wind sorgt. Wellen werden mit Energie erzeugt.

Auch die Wirtschaftsentwicklung vollzieht sich in Wellen. Erst kommt der Aufschwung, dann folgen Stagnation und Rezession. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise ist mehr als nur das Erschlaffen eines x-beliebigen Konjunkturzyklus. Sie markiert das Ende einer Wirtschaftsordnung, die sich auf fossile, auf endliche Energien verlässt.

Der russische Ökonom Nikolai Kondratjew und nach ihm Joseph Schumpeter haben bereits Anfang des letzten Jahrhunderts die „langen Wellen“ beschrieben, die die uns geläufigen fünf- bis siebenjährigen Konjunkturzyklen überlagern, und die von der Überwindung zentraler Knappheiten angestoßen werden. Engpässe in der kapitalistischen Produktion müssen mit neuen Basis-Innovationen überwunden werden. Zu diesen Technologien zählten damals die Dampfmaschine, die Eisenbahn oder das Automobil. Ihr flächendeckender Einsatz führte zu einem gewaltigen Schub der Produktivität und hievte die Wirtschaftsgesellschaften auf neue Wohlstandsniveaus, wenn auch nur in wenigen Staaten der Welt. Ursächlich war dies immer verbunden mit einer Weiterentwicklung der Energieerzeugung: Zuerst die Nutzung von Holz, und Kohle, später von Öl, dann der Ausbau der Stromversorgung. Der letzte dieser Zyklen wurde durch Computer und Internet und den Aufbau mobiler Datennetze ausgelöst, welche die Informationsknappheit aufhoben. Doch dieser Impuls verpufft, das Kapital sucht sich schon lange keine investiven Wege mehr, sondern sieht sein Heil in der Spekulation – ein Zeichen, dass die Zeit reif ist.

Ohne grundlegende Veränderung ist aber kein erneuter Aufschwungsboom zu erwarten. Woher soll er auch kommen, wenn alles beim Alten bleibt? Die Aufgaben sind mehr als deutlich. Endliche Energieträger und die Restriktionen des Klimawandels grenzen unsere Ökonomie ein. Weite Teile der Welt spüren dies noch deutlicher als wir. Zwei Milliarden Menschen haben gegenwärtig überhaupt keinen Zugang zu Energie, geschweige denn zu ausreichender Nahrungsversorgung.

So wie die einzelnen Kondratjew-Zyklen der Vergangenheit durch die Überwindung von Knappheiten ausgelöst wurden, gilt dies auch für die Neue Welle von Morgen. Sie hat bereits begonnen. Deren Basis-Technologien sind die Effizienttechnologien und die Erneuerbaren Energien, vor allem die Solarstromtechnologie. Denn die Sonne ist die einzige Energiequelle, die überall verfügbar ist und grundsätzlich nicht knapp wird – zumindest nicht in den nächsten fünf Milliarden Jahren. Ihre Energielieferung auf die Erde beträgt das 3.000fache dessen, was von uns Menschen verbraucht wird. Die Solarstromtechnologie ist inzwischen reif, um massenhaft wirtschaftliche Anwendungen zu ermöglichen. Bereits Anfang des nächsten Jahrzehnts wird es auf jedem Dach in Deutschland möglich sein, den Strom billiger zu produzieren als er aus der Steckdose kommt. Hausbesitzer werden zu Stromerzeugern, so wie es bereits 500.000 Betreiber in Deutschland erfolgreich vorgemacht haben. Die deutschen Dachflächen reichen aus, um alleine ein Drittel des gesamten Stromverbrauches zu decken. Dafür braucht man nicht erst große Leitungen nach Nordafrika legen. Für weite Teile Afrikas allerdings bedeutet der Einsatz von Solartechnologie erstmals überhaupt die Möglichkeit, wirtschaftliche Entwicklung zu vollziehen.

Damit wird die nächste „lange Welle“ der Ökonomie eine der ganz großen. Die Wirtschaft der Industrieländer kann ihre größten Schranken überwinden. Abhängigkeiten werden abgebaut, im Großen, aber auch im Kleinen für jeden einzelnen Stromverbraucher, beziehungsweise dann Stromerzeuger. Die Sonne wird diese neue Wirtschaftswelle antreiben. Und das ist gar nicht so besonders – mit den Meereswellen macht sie das schon seit Jahrmillionen.

Lengsfeld lesen!

Das Wahlplakat von Vera Lengsfeld sorgt für Aufmerksamkeit. Die hätte ihr Doppeltagebuch auch verdient.

OK, PR-Coup gelungen. In einem bislang langweiligen Wahlkampf setzte Vera Lengsfelds Mopsplakat Maßstäbe. Aber die Frau hat auch was zu sagen. Vera Lengsfeld kämpfte als Bürgerrechtlerin engagiert gegen die DDR, wurde von ihrem eigenen Mann bespitzelt und saß vor ihrer Zeit bei der CDU für die Grünen im Bundestag. Nun hat sie ein interessantes Projekt: Sie führt ein Doppeltagebuch: Die Einträge spiegeln die Ereignisse kurz vor dem Fall der Mauer und dem Ende der Ostzone wieder und schlagen eine Brücke zur Gegenwart, zum Beispiel zur Lage der Opposition im Iran. Manchmal wird es arg wahlkämpferisch, aber selbst dann erreicht Lengsfeld ein Niveau, von dem die meisten anderen Bundestagskandidaten nur träumen. Ach so, und Lengsfeld ist seit langem Bloggerin: Sie schreibt bei der Achse des Guten.

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3 FÜR 7 – Festival-Special

Gestern fragte ich einen dieser renommierten Essener Schlagzeuger beim Milchkaffee, ob Marc Ribot eigentlich immer diese Topstars (Elvis Costello, Marianne Faithfull, Iggy Pop) für die Ruhrtriennale klar macht, weil er davon ausgeht dass solche Namen bei Kulturlobby und Publikum des Ruhrgebietes ziemlich sicher geläufig sein müssten. Auch ging es um den schönen Job des Moers-Machers. Und um die Frage, ob Tim Isfort nun noch eine oder zwei Chancen hat, das Traumzeit Festival nach vorne zu bringen. Und um das Erbe von Glastonbury. Und um das Wetter in Haldern und beim Melt!, die Gegend um SonneMondSterne herum, wie kurz genau man beim Werden Open Air war und ob man zu Essen.Original geht. Im folgenden geht es um: Die Ruhrtriennale, das Micro!Festival und das Kanalfestival.

Beginnen wir klein und in Dortmund (mal was anderes als immer diese Superlativheischerei in Bezug auf U und Co). Es gibt hier nämlich doch noch ähem "Kultur live für lau" jenseits von Stadtfesten. Das Micro!Festival auf dem Dortmunder Friedensplatz widmet sich auf vielerlei phantasievolle Weise dem Straßentheater, mit Gästen aus aller Welt und einem Konzept, das eher nach Kinderaugen als Kulturanthropologie verlangt. Ein wertvoller, origineller Teil der hiesigen Veranstaltungskultur.

Einen größer, aber dafür nach Datteln: Beim Kanalfestival hat man es eher mit einem jener zu tun, bei dem Erwachsene immer etwa 55 und Kinder immer 8 Jahre alt sind. Es gibt also eine Spielwiese für die Kleinen und Schlager und Beatmusik für die Älteren. Das führt nicht zwingend zu einem katastrophalen Booking übrigens, denn es kommen immerhin The Rattles, aber es gibt halt auch die "beste deutsche Beatles Coverband von 2002", noch ne Coverband, Fackelschwimmen und eine Wasserski-Nachtshow, Zauber und Akrobatik, die Erste Deutsche Schlagerpartei, die Donots und Olaf Henning. Nebst weiteren. Ehrlich gesagt empfindet der Autor das alles als eine äußerst amüsante Mischung.

Und nun mit allem Gebotenen an Handkuss, Hofknicks und "Will-Freikarte-Haben"-Attitüde an die Ruhrtriennale, haha. Nun, was gibt es denn in diesem Jahr? Pop und Faithfull zum Beispiel, genau. Letztere teilt sich die Bühne nicht nur mit Ribot, sondern auch mit Carla Bozulich (Foto: Triennale). Und das sehr bald, nämlich am kommenden Samstag und Sonntag. An dieser Stelle also noch ein wenig Namedropping für weitere Produktionen im August: Willy Decker hat Arnold Schönbergs Oper "Moses und Aron" für die Bochumer Jahrhunderthalle neu inszeniert. Moslemische, jüdische und christliche Musiker unter der Leitung von Jordi Savall bringen ihre Sicht auf "Jerusalem – Die Stadt der zwei Frieden" auf die Bühne. Zudem gibt es die Junge Triennale, Kino mit Krzysztof KieÅ›lowski, Matinees, eine Lesung mit der Korrespondenz zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan und natürlich einiges mehr – ja, "einiges mehr" auch schon im August. Ist ja Ruhrtriennale! Da geht es doch um etwas!

Das Micro!Festival findet von Freitag bis Sonntag statt.
Das Kanalfestival auch.
Die Ruhrtriennale beginnt am Samstag und endet Mitte Oktober.